Dienstag, 13. Januar 2015

Vor 95 Jahren...

...am Blutigen Dienstag 1920  haben die Arbeitnehmer der 15 größten Berliner Gewerkschaften für ein Betriebsrätegesetz demonstriert*, das auch die wirtschaftliche Bestimmung auf Betriebsebene nicht ausklammert; 45 Demonstranten werden getötet, 105 verletzt. Die Demonstration war vergeblich: das Betriebsrätegesetz wurde ohne wirtschaftliche Mitbestimmung auf Betriebsebene am 18. Januar 1920 beschlossen und dabei ist es dann - mit Ausnahme der Branchen Kohle und Stahl 1951 - bis zum heutigen Tag geblieben.


Die Kirchen sind sich zu vornehm, um das Betriebsverfassungsgesetz, um das damals gekämpft wurde, auf sich anwenden zu lassen. Die Katholische Kirche hat mit ihrer Mitarbeitervertretungs- ordnung dem sanften Druck von Politik und Öffentlichkeit entsprochen und ein eigenes Beteiligungsrecht geschaffen, das sich an Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsgesetzen orientiert, aber hinter diesen zurückbleibt. Das schlimmere ist aber, dass sie mit ihrer eigenen Rechtsgestaltung ihre Beschäftigten von der Solidarität der sonstigen Arbeitnehmer (unter denen es auch katholische gibt) entfremdet.

Subsidiär wäre es übrigens auch, keine Dinge zu regeln, die der Staat schon geregelt hat...




*Heribert Prantl hat in einem bemerkenswerten Samstagsessay ["Wirtschaft + Demokratie = ?" - SZ, 6.12.2014, S. 26] an dieses Datum erinnert und mit der aktuellen Debatte über den Streik der Lufthansa-Piloten verknüpft.

2 Kommentare:

  1. Wie war das doch gleich in "Mater et magistra", 91 ff?
    (Zitat)
    91. Wie schon Unser Vorgänger sind auch Wir der Meinung, daß die Arbeiter mit Recht aktive Teilnahme am Leben des sie beschäftigenden Unternehmens fordern.
    ...
    Mitwirken der Arbeiter auf allen Ebenen

    97. Offenkundig erleben die Arbeiterorganisationen in unserer Zeit einen mächtigen Aufschwung und haben ganz allgemein auf nationa1er und internationaler Ebene eine anerkannte Rechtsstellung. Sie treiben die Arbeiter nicht mehr in den Klassenkampf, sondern leiten sie zu sozialer Partnerschaft an. Dazu dienen vor allem die Gesamtarbeitsverträge zwischen den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden. Wir möchten darauf hinweisen, wie notwendig oder mindestens höchst angemessen es ist, daß die Arbeiterschaft Gelegenheit hat, ihre Meinung und ihr Gewicht auch über die Grenzen des Unternehmens hinaus geltend zu machen, und zwar in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.
    ...
    (Quelle)
    http://w2.vatican.va/content/john-xxiii/de/encyclicals/documents/hf_j-xxiii_enc_15051961_mater.html

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  2. "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist!" - und was "des Kaisers", also staatlich, sein soll regelt auch das Kirchenrecht. Das Arbeitsrecht ist demnach "nach Maßgabe der kirchlichen Soziallehre" dem Staat zugewiesen.
    (c. 1286 CIC)

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