Heute Abend erlauben wir uns wieder einen "Blick über den Gartenzaun":
Das Patent vom 13. Oktober 1781 ermöglichte den durch den Westfälischen Frieden anerkannten protestantischen Kirchen (Lutheranern und Reformierten) und den Orthodoxen in den Habsburger Kronländern erstmals seit der Gegenreformation wieder die Religionsausübung (in Österreich).
weiß WIKIPEDIA; wir möchten dieses "Toleranzpatent" daher als Beginn des modernen Staatskirchenrechs bezeichnen. Es war - wie auch im späteren Deutschland - ein Ergebnis der äußeren Zwänge.
"Cujus regio ..." - der Grundsatz
des Augsburger Religionsfriedens von 1555 - konnte nicht mehr aufrecht erhalten werden.
In Bayern waren mit der Ausweitung des bayerischen Staates nach Franken große protestantische Siedlungsgebiete unter bayerisch-katholische Herrschaft geraten. Wie sollte mit diesen "Neubürgern" umgegangen werden? Das Ergebnis war das Religionsedikt vom 17. Juni 1818, das eine Beilage zur bayerischen Verfassung von 1818 darstellte und die "äußeren Religionsverhältnisse" Bayerns regelte. Als Anlagen des Religionsedikts wurden am 22. Juli 1818 das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl vom 24. Oktober 1817 und das Protestantenedikt als einfache Gesetze veröffentlicht.
In Peußen hatte die die schrittweise Aufteilung des polnisch-litauischen Staatsgebietes in den Jahren
1772 (1. Teilung),
1793 (2. Teilung) und
1795 (3. Teilung) unter Russland, Preußen und Österreich und die mit der 3. Teilung erfolgte Auflösung der polnisch-litauischen Adelsrepublik unter umgekehrtem Vorzeichen ähnliche Auswirkungen. Wie sollte der preußisch-protestantische Herrscher mit den geschlossenen Siedlungsgebieten der katholischen, polnisch sprachigen neuen Untertanen umgehen? Das Ergebnis der Versuche, die Vertreter der katholischen Kirche in den preußischen Staatsdienst einzubinden, war der "
preußische Kulturkampf" gegen den (politischen) Einfluss der katholischen Kirche im Deutschen Kaiserreich von 1871 bis 1887. In dessen Folge standen dann letztendlich die heutigen "Neutralitätsgebote" des Staates in
religiösen Fragen - und das Reichskonkordat, das wesentliche Regelungen der Weimarer Reichsverfassung aufgenommen hat.
In anderen europäischen Staaten gab es andere Entwicklungen, die von einer völlig säkulären Verfassung (Frankreich) bis zur Staatskirche (Großbritannien) reichen. Derzeit erleben wir, wie diese unterschiedlichen Entwicklungen in eine gesamteuropäische Toleranzregelung zusammen gefügt werden. Dabei wird auch die "übergriffige Selbstbestimmungsmanie" der deutschen Kirchen etwas eingeschränkt, wie die Rechtsprechung etwa des EuGH zeigt. 1555 - 1781/1818 - 2000/2023 -> alle rund 220 bis maximal 250 Jahre scheint sich ein zyklischer Umbruch der Einstellung der Gesellschaft zu staatskirchenrechtlichen Grundlagen zu ereignen. Es bleibt spannend.
(gerade nochmal nachgeschaut - knapp 20.000 Online-Unterschriften und mit den Unterschriftslisten gut 66 % des gesetzten Zieles sind erreicht)