Freitag, 30. August 2024

Breaking news: Weimar und Streikrecht - keine gütliche Einigung

Nun ist es also klar:
Erfurt (epd). Im Streit um einen geplanten Streik der Gewerkschaft ver.di im evangelischen Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar ist vor dem Arbeitsgericht Erfurt eine gütliche Einigung gescheitert. Sowohl Kläger als auch Beklagte gaben am Freitag beim Gütetermin zu Protokoll, eine Einigung auf der Basis eines Urteils anzustreben.
berichtet evangelisch.de
In einem weiteren Beitrag führt evangelisch.de aus:
Im Streit um einen geplanten Streik der Gewerkschaft ver.di im evangelischen Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar ist vor dem Arbeitsgericht Erfurt eine gütliche Einigung gescheitert. Geklagt hat die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und die Diakonie Mitteldeutschland. Damit wollen die Kläger die Gewerkschaft daran hindern, ihre Mitglieder und andere Arbeitnehmer zu Streiks oder anderen Arbeitskampfmaßnahmen am Klinikum aufzurufen.
..

Mit dem Verbot von Streikmöglichkeiten solle sichergestellt werden, dass die gemeinnützige Arbeit in den Einrichtungen nicht von Arbeitskämpfen unterbrochen werde.

"Das ist auch ein ethisches Gebot", sagte Stolte. Denn auch die Patienten im Weimarer Krankenhaus seien auf die Kontinuität einer medizinischen Versorgung angewiesen. Er kritisierte zugleich, dass sich ver.di weigere, in den kirchlichen Tarifkommissionen mitzuarbeiten. Ver.di argumentierte vor Gericht, geltende Bestimmungen wie etwa die Verpflichtung ihrer Vertreter zur Verschwiegenheit in den Tarifkommissionen behindere die Rückkopplung mit den Arbeitnehmern in kirchlichen Einrichtungen. Gewerkschaftsarbeit sei so kaum möglich. Zudem sieht das kirchliche Arbeitsrecht nach Angaben des von ver.di beauftragten Anwalts, Bernhard Baumann-Czichom, einen neutralen Schlichter vor, der eine für beide Seiten verbindliche Entscheidung vorlege. Aber die Arbeitnehmer hätten keinen Einfluss darauf, wer zum Schlichter bestellt werde.

Das Urteil sei für die Gewerkschaft von grundsätzlicher Bedeutung, sagte Baumann-Czichom. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Verfahren erst vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe oder dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg entschieden werde.
Die Positionen beider Seiten waren - und sind - auch diametral entgegengesetzt. Wobei die Argumentation der Arbeitgeberseite nicht einmal im Ansatz überzeugend ist. Danach könnte in keinem Krankenhaus - auch nicht in öffentlichen Kliniken - ein Arbeitskampf stattfinden. Die Mitarbeitenden wären in den Klinken ringsum auf das "kollektive betteln" (Bundesarbeitsgericht, bestätigt durch Bundesverfassungsgericht) angewiesen.
Sogar "Schönheitsoperationen" oder (wir berichteten schon am 6. August) die gewerblichen Betätigungen der Weimarer Klinik wären vor jeder Auseinandersetzung geschützt.

Zum Abschied von Ingo Brüggenjürgen: „Kirchliche Kommunikation braucht keinen Propagandasender, sondern Glaubwürdigkeit“

das jedenfalls erklärt der in den Ruhestand geschickte Chefredakteur des Domradio, Ingo Brüggenjürgen (Köln), in einem Interview mit der Kölner Rundschau.
Es hilft doch der Kirche wenig, wenn die katholischen Medienmacher hier oder bei anderen kirchlichen Defiziten wegschauen und nur Heils-und Heldenlieder singen. Kirchliche Kommunikation braucht keinen Propagandasender, sondern Glaubwürdigkeit. Kritische Journalisten, die sagen, was Sache ist. Die umfassend und möglichst objektiv berichten und die die Fragen stellen, die gestellt werden müssen. Wenn dann noch einordnende Kommentare dazu kommen, wird die Sache wie beim Domradio rund.
Das schlimmste, das einer religiösen Gemeinschaft passieren kann, ist tatsächlich der Verlust der Glaubwürdigkeit.
Was Glaubwürdigkeit mit der katholischen Soziallehre und dem Gewerkschaftsprinzip einerseits - und der "Dienstgemeinschaft" und dem "Dritten Weg" andererseits zu tun hat, haben wir hier oft genug erklärt.

Wir kennen Ingo Brüggenjürgen nicht persönlich. Aber wir haben das Domradio und seine Kommentare nicht ohne Grund zu unserer (fast) täglichen "Pflichtlektüre" gemacht, und aus der Distanz der "Lesenden" vieles an der Arbeit dort schätzen gelernt. Und deshalb, Herr Brüggenjürgen, wünschen wir Ihnen zum 1. September Alles Gute - und Gottes Segen für Ihren weiteren Lebensweg.

Montag, 26. August 2024

Katholischer Kita-Verband will Personal entlastet sehen

berichtet das Domradio und führt aus:
Viele Kitas im Teufelskreis
Mitarbeitende in Kitas sind laut einer Analyse überdurchschnittlich oft krank. Der Verband Katholischer Tageseinrichtungen fordert deshalb umfassende Investitionen in bessere Arbeitsbedingungen.

...
Um die Zukunft des Kita-Systems nachhaltig zu sichern, seien umfassende Investitionen in bessere Arbeitsbedingungen und die Attraktivität des Berufs unerlässlich, so der Verband weiter.
...
Laut einer am Dienstag in Gütersloh vorgestellten Analyse der Bertelsmann-Stiftung sind Kita-Mitarbeitende überdurchschnittlich oft krank. 2023 seien sie im Schnitt an 30 Tagen und damit 10 Tage mehr als alle Berufstätigen arbeitsunfähig gewesen, so die Stiftung unter Bezug auf Krankenkassendaten.
...
es freut uns schon irgendwie, dass der Verband Katholischer Kindertageseinrichtungen (für Kinder) die seit Jahren erhobene Forderung unserer ver.di aufgreift. Denn wer sollte noch besser um die Probleme "vor Ort" wissen als die Mitarbeitenden selbst - und wer sollte deren Erkenntnisse noch besser transportieren und auf Abhilfe drängen als die Gewerkschaft?
Noch mehr freuen würden wir uns aber, wenn es nicht bei "Lippenbekenntnissen" des Verbandes bleiben würde, sondern gemeinsam mit unserer ver.di die entsprechenden Vereinbarungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen schließen würde. Denn "von der Politik zu fordern" ist das Eine - gemeinsam zu agieren, selbst Abhilfe zu schaffen und damit auch die eigenen Verantwortung zu stärken ist das andere.
Die Analyse der Bertelsmann-Stiftung findet sich hier: "Dramatisch hohe Krankheitsausfälle beim Kita-Personal ...." bzw. hier "Krankenstand in Berufen der Kindertagesbetreuung und -erziehung - Eine Auswertung von Krankenkassendaten"

Weitere Berichte:
Kirche und Leben: Kita-Kollaps: Katholischer Verband fordert bessere Arbeitsbedingungen 22. August 2024
SPIEGEL: Kitamitarbeitende im Schnitt an 30 Tagen krankgeschrieben
Tagesschau: "Kita-Personal ist überdurchschnittlich oft krank" - Stand: 20.08.2024 09:09 Uhr

Freitag, 23. August 2024

Bayerische Reha Fachtagung am Dienstag, den 15. Oktober 2024 von 10-16 Uhr, im Gewerkschaftshaus Nürnberg

Die Dienstplangestaltung in Rehaeinrichtungen stellt Interessenvertretungen vor besondere Herausforderungen. Den besonderen Bedürfnisse der Patient*innen soll Rechnung getragen werden, natürlich aber auch den Interessen der Beschäftigten. Nicht selten sind in Rehaeinrichtungen alte „Erblasten“ wie geteilte Dienste vorhanden, die es den Dienstplanenden leicht machen, für die Beschäftigten jedoch einen nicht mehr hinnehmbaren Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung bedeuten. Arbeits(zeit)bedingungen verbessern! Richtig mitbestimmen! Darum geht es in unserer Bayerischen Fachtagung Reha.
Liebe Betriebs- und Personalrät*innen, liebe Mitarbeitervertreter*innen in den bayrischen Rehaeinrichtungen,

wir freuen uns Euch auf unsere diesjährige Reha Fachtagung, am Dienstag, den 15. Oktober 2024 von 10-16 Uhr, im Gewerkschaftshaus Nürnberg einladen zu dürfen.
Auf dieser Fachtagung wollen wir uns vor allem dem Thema

Dienstplangestaltung

widmen.
Wie können wir mit den Mitteln der Mitbestimmung eine moderne Dienstplanung durchführen, die sowohl den Bedürfnissen der Beschäftigten wie auch deren der Patienten gerecht wird.
Wir werfen den Blick auf verschiedenen Dienstplankonzepte, deren Vor- und Nachteile, die Erneuerung eingefahrener Strukturen und vor allem die Mittel der Mitbestimmung im Bereich der Dienstplanung.
Besonders freut es uns das wir als weiteren Referenten den in der Ausschreibung noch nicht aufgeführten Experten für Dienstplangestaltung und Gewerkschaftssekretär Stefan Kimmel als zusätzlichen Referenten gewinnen konnten.

Die detaillierte Ausschreibung wie auch das Anmeldeformular und die Mailadresse zur Anmeldung findet ihr im Anhang. Ihr könnt sie auch bei Henz Neff, Gewerkschaftssekretär Bayern, bestellen.

Solidarische Grüße

Heinz Neff
heinz.neff@verdi.de
Gewerkschaftssekretär
mehr: ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft Bayern

Donnerstag, 22. August 2024

Bayerische MAV Fachtagung am 14.10.2024 von 10:00 – 16:00 – Gewerkschaftshaus Nürnberg, Kornmarkt 5-7, 90402 Nürnberg

Die bayerische MAV-Fachtagung hat sich schon seit Jahrzehnten bewährt. Dieses Jahr ist ein besonderes spannendes Thema angedacht, das auch die MAVen in katholischen Einrichtungen trifft:
Das Thema Arbeitszeit steht vermehrt im Zentrum gesellschaftlicher Diskussionen. Gewerkschaften und viele Arbeitsmediziner*innen fordern mehr Gesundheitsschutz für die Beschäftigten und daher die Verkürzung und stärkere Regulierung der Arbeitszeiten.

Dagegen gibt es starke Stimmen bei Arbeitgeberverbänden und auch politischen Kreisen, die gerade für eine größere Flexibilisierung und Ausweitung der Arbeitszeit eintreten, etwa durch die Streichung der täglichen Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz.

Diese Diskussion betrifft auch die ev. und kath. Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände. Die Mitarbeitervertretungen haben beim Thema Arbeitszeit weitgehende Mitbestimmungsrechte. Daher sollten wir uns informieren und in die Diskussion um Arbeitszeiten einbringen!

Die Fachtagung beleuchtet unter anderem folgende Themen:
Wie wirken sich Dauer und Verteilung der Arbeitszeit auf die Gesundheit aus?
Welche Belastungsfaktoren ergeben sich durchv die konkrete Gestaltung von Arbeitszeiten?
Gefährdungsbeurteilung Arbeitszeit – wie geht das?
Arbeitszeitregelungen im kirchlichen Bereich – welche Änderungsbedarfe gibt es?
AVR Caritas und AVR Diakonie, ABD und DiVO orientieren sich an den Tarifrunden im öffentlichen Dienst – das gilt vor allem für den kath. Bereich. Wie können sich Beschäftigte aus kirchlichen Einrichtungen in die Tarifrunde TVöD einbringen?
Diese uns weitere Informationen zur Anmeldung, der Freistellung und den Kosten können Sie dem Flyer entnehmen, der zum Download unter diesem Link (klick mich) bereitsteht.

Montag, 19. August 2024

 ver.di im Sozial- und Erziehungsdienst

💪
❣️

Wer mitmacht, kann auch mitentscheiden! Auch Deine Stimme zählt! Mach mit bei der ver.di-Forderungsbefragung! Gestalte die Tarif- und Besoldungsrunde für den öffentlichen Dienst Bund & Kommunen 2025 mit! Der Tarifabschluss dort ist für viele kirchliche Einrichtungen - soweit nicht ohnehin eine "Automatik" besteht - zumindest die Messlatte für "marktgerechte Tarife".
👏

Was konkret gefordert werden soll, entscheiden die Mitglieder. Neben den Mitgliederversammlungen in den Betrieben, Dienststellen und Bezirken, sind die Ergebnisse dieser Befragung Grundlage für den Forderungsbeschluss der ver.di- Bundestarifkommission ö.D.
👉

So einfach geht's:
1. Klicke auf den Link: https://verdi.uzbonn.de/tvoed25/
2. Beantworte die kurzen Fragen der Forderungs-Befragung
3. Fertig!




Freitag, 16. August 2024

Weimar - was bisher geschah:

Unsere ver.di hat unter der Bezeichnung
Beteiligung unerwünscht
Beschäftigte des Sophien- und Hufeland-Klinikums Weimar fordern Tarifverhandlungen. Doch Kirche und Diakonie reagieren mit Ablehnung und Anklage.
den aktuellen Sachstand und einen Rückblick online gestellt (Quelle).

Glaubwürdig wäre, wenn sich kirchliche Arbeitgeber auch an die eigene Soziallehre halten würden. Aber da steht die Machtfrage dagegen.

Ergänzend noch ein Blick in die Presse:
Arbeitsrecht und »Dritter Weg«

Kirchliche Extrawürste

Krankenhausträger in Weimar will Streiks juristisch unterbinden

Montag, 12. August 2024

Heute von von 11.30 bis 14 Uhr: Pommes-Protest am Weimarer Klinikum

Der seit mehreren Monaten schwelende Tarifkonflikt am Sophien- und Hufeland-Klinikum liegt aktuell zur Entscheidung beim Erfurter Arbeitsgericht. Um die Beschäftigten auf originelle Art zu unterstützen, wird am Montag, 12. August, das „Frittenmobil“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) vorfahren.
berichtet die Thüringer Allgemeine

ergänzend die ver.di Pressemitteilung hier "klick"
Für den 13.08.2024 hat die ver.di Tarifkommission ein halbstündiges Treffen mit Bodo Ramelow vereinbart. Er wird sich von 17:45 Uhr bis 18:15 Uhr im Mascha, Schützengasse 2 in Weimar, über den aktuellen Sachstand informieren.

Donnerstag, 8. August 2024

Gute Erholung - und schöne Sommerferien

In Bayern sind ja schon seit letztem Monat die "Sommerferien" ausgebrochen. Anlässlich der "Weimarer Wirrnisse" haben wir die traditionelle Ferienpause - auch Blog-Redaktuere sind manchmal in Urlaub - noch etwas verschoben. Aber nun ist es endgültig so weit:
Auch der letzte Blog-Schreiberling verabschiedet sich aus der Bereitschaft in den Urlaub.

Wir werden die "Sendepause" möglicherweise unterbrechen, wenn wir brandaktuell Neues erfahren und berichten können. Bis dahin wünschen wir aber allen Lesern eine "Gute Erholung". Nach der Urlaubspause geht es mit frischen Kräften weiter !

Mittwoch, 7. August 2024

Weimar - erste Berichte

Gestern haben wir schon über erste Berichte von online-medien aus Thüringen informiert. Nachdem auch im Veranstaltungskalender der Stadt Weimar auf die "aktive Mittagspause" im Klinikum Weimar verwiesen worden war,
Aktive Mittagspause - Grundrechte auf Tarifverträge durchsetzen!
Montag, 05.08.2024
11:45 - 13:00 Uhr
sind wir natürlich auf weitere Berichte und Reaktionen gespannt. Die Veröffentlichung der "Print-Ausgaben" dauert naturgemäß etwas länger. Aber auch hier gibt es Reaktionen, die auch im Internet nachlesbar sind.

Zunächst:
ein Überblick über die Entwicklung von "Der Vorreiter Zeitung" - Arbeitskampf am Klinikum Weimar bleibt angespannt trotz Streikabsage
ein Überblick der Entwicklung ist auch im LabourNet Germany nachlesbar.

Dazu ver.di Gesundheit und Soziales in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf facebook

Medienspiegel (Auszug):
mdr: Demo am Hufeland-Klinikum: Beschäftigte fordern mehr Geld
mdr tv: Protest am Sophien- und Hufeland-Klinikum in Weimar (Video)
Tagesschau:
Demo am Hufeland-Klinikum: Beschäftigte fordern mehr Geld
Stand: 05.08.2024 17:02 Uhr

Rund 200 Beschäftigte des Hufeland-Klinikums in Weimar haben am Montag für mehr Geld und Mitspracherechte gestreikt. Aufgerufen dazu hatte die Gewerkschaft Verdi, die mit dem Klinikbetreiber auch vor Gericht streitet.

Fotos:
Fotos: ver.di

Dienstag, 6. August 2024

Verdi gegen Kirche: Streik-Streit am Weimarer Klinikum wird aus Gewerkschaftssicht zur juristischen Posse

berichtet aktuell die Thüringer Allgemeine und gleichlautend die Thüringer Landeszeitung und führt aus:
Zu einer aktiven Mittagspause hat die Gewerkschaft Verdi die Mitarbeitenden des Sophien- und Hufeland-Klinikums in Weimar am Montag aufgerufen.
(Bezahlschranke - die wir natürlich auch aus urheberrechtlichen Gründen respektieren müssen)

Anzumerken ist, dass die Klinik gewerblich tätig ist und sich - so wie viele vorgeblich "caritativ tätige kirchliche Einrichtungen" - offensichtlich mit ihren Einrichtungen "am Markt" bewegt. So bietet die Klinik-Küche Essen außer Haus (Grundlage ist ein Pressebericht der Klinik), sie "kocht nun für externe Mittagsgäste im Außer-Haus-Verkauf". Bestellt wird nach dem im Internet veröffentlichten Speeiseplan über den Klinik-Kontakt kueche@klinikum-weimar.de. Und beliefert werden nach dieser Veröffentlichug "täglich ... etwa 1500 Mittagessen für Kindergärten, Pflegeeinrichtungen, die Sophien- und Hufeland-Klinikum gGmbH und weitere Unternehmen". Die Klinik ist somit gewerblich "auf dem Markt" (in Konkurrenz zu anderen gewerblichen Anbietern wie Restaurants) tätig ... und das alles unter dem Deckmäntelchen der selbstlosen und caritativen kirchlichen Betätigung.
Wir zitieren uns an dieser Stelle mal wieder selbst:
Gewerblich tätig - da kommt es nicht einmal auf die Gewinnerzielungsabsicht an, sondern lediglich auf die Betätigung am Markt (vgl. unser Beitrag vom 01.08.2015 unter Bezug auf Hanau / Thüsing, »Grenzen und Möglichkeiten des Outsourcings aus dem kirchlichen Dienst« in KuR 2002, RNr. 350, S. 119 ff).
Und dass auch für gewerbliche tätige Betriebe eines öffentlich-rechtlich konstituierten Trägers keine Befreiung vom Personalvertretungsgesetz vorliegt, hat die Rechtsprechung anhand der Klosterbrauerei Andechs längst entschieden (vgl. unser Beitrag "Countdown" vom 30.07.2020 unter Bezug auf VGH München: Entscheidung vom 13.09.1989 - 17 P 89 00759)

Welche Chancen schon ein Warnstreik bietet, möchten wir bei der Gelegenheit am Beispiel einer anderen Klinik in Thüringen darlegen:
Hildburghausen
Helios und Verdi erneuern Manteltarifvertrag nach 21 Jahren
Nach fünf Streiktagen erreichte Verdi eine Einigung mit den Helios Fachkliniken Hildburghausen. So wird nun erstmals nach 21 Jahren der Manteltarifvertrag angepasst. Auch die Auszubildenden setzten bessere Bedingungen für sich durch.

Drei Verhandlungstermine und fünf Streiktage – so viel hat es gebraucht, bis ein Verhandlungsergebnis für die Helios Fachkliniken in Hildburghausen vorlag. Die Verdi-Mitglieder der Fachkliniken haben sich damit nach 21 Jahren einen neuen Manteltarifvertrag erkämpft.

Das Ergebnis: eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich auf 38,5h/ Woche, 30 Tage Urlaub für alle, die Erhöhung des Nachtschichturlaubs, die Einführung eines Zusatzurlaubs für Wechselschichtarbeit, Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung an Weihnachten und Silvester sowie die Einführung einer neuen Zulage für die Therapieberufe und weitere Verbesserungen vorsieht.

Bereits die Entgelttarifrunde im Jahr 2023 war von einem Warnstreik begleitet worden und hatte Entgeltsteigerungen von durchschnittlich über 14 Prozent im Volumen ergeben. Hierauf aufsattelnd wurden nun zusätzlich weitere Tabellensteigerungen von 3 Prozent für 2025 verhandelt.....
(Quelle: kma online)
Frag sich jetzt wirklich noch jemand, warum eine Gewerkschaft das Recht auf Streik nicht durch "kollektives Betteln" ersetzen will?

Donnerstag, 1. August 2024

Weimarer Wahnsinns-Karussel - 5. August, 12.00 bis 12:30 Uhr aktive Mittagspause

Die Rotationen, mit denen evangelische Kirche und Diakonie Mitteldeutschland am Rad drehen, werden immer schneller. Heute Vormittag haben wir gemeldet: "Streik in Weimar kurzfristig abgesagt". Inzwischen wird etwas mehr bekannt. Die Unterlassungsklage von Kirche, Diakonie und Klinikum Weimar umfasst 1000 Seiten! Das dürfte auch der Grund sein, weshalb das Arbeitsgericht Weimar die Verhandlung - wie berichtet - erst auf einen Termin nach dem geplanten Ausstand angesetzt hat

Anmerkung der Redaktion:
Es wäre vermutlich leicht gewesen, den angekündigten Streik ohne weiteres Abwarten durchzuführen.
Aber zum Einen gebietet es der Respekt vor dem Gericht, dessen Entscheidung abzuwarten - und
zum Anderen: ein so umfangreicher Schriftsatz muss auch zur Sicherheit der Streikenden intensiv geprüft werden. Denn wenn unsere ver.di zum Streik aufruft, dann soll jedes Risiko für die streikbereiten Mitglieder ausgeschlossen bzw. zumindest weitestgehend minimiert werden. Und 1000 Seiten lassen sich auch von den versierten Gewerkschaftsjuristen nicht in so kurzer Zeit prüfen.

Trotzdem: wir lassen nicht locker !

Am 5. August, 12.00 - 12:30 Uhr finden nun eine aktive Mittagspause statt - Protest in angesagt, und zwar nicht nur im Klinikum Weimar !.

Wenn Kirche und Diakonie mit solchen Schriftsätzen belegen, dass ihnen ihr selbst definiertes Selbstbestimmungsrecht wichiger ist als Beteilung und Grundrechte der eigenen Beschäftigten (und sie dafür sogar noch eine Menge Geld für Anwälte verpulvern), dann belegen wir, dass das verfassungsrechtlich geschützte Koalitions- und Selbstbestimmungsrecht der Mitarbeitenden wichtiger ist als die abstruse und übergriffige Geltungssucht einer Organisation, die sich bewusst als "ausserhalb und über der Verfassung stehend" darstellt.

edit:
wie wir der Pressemeldung einer Kanzlei "HEUKING" entnehmen, soll der Streik tatsächlich im Rahmen einer einstweiligen Verfügung untersagt worden sein.
Das Arbeitsgericht Erfurt hat im Ergebnis die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, gemäß der „tariftreue“ kirchliche Einrichtungen nicht bestreikt werden dürfen.
woher die Kanzlei diese Behauptung nimmt, ist uns nicht erklärlich. Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner Entscheidung zum "Streik im Dritten Weg" mit keiner Silbe auf irgendeine "tariftreue" verwiesen (wir berichteten). In der Entscheidung 1 AZR 179/11 (Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen - Dritter Weg) wurde vielmehr eindeutig klar gestellt:
Verfügt eine Religionsgesellschaft über ein am Leitbild der Dienstgemeinschaft ausgerichtetes Arbeitsrechtsregelungsverfahren, bei dem die Dienstnehmerseite und die Dienstgeberseite in einer paritätisch besetzten Kommission die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten gemeinsam aushandeln und einen Konflikt durch den neutralen Vorsitzenden einer Schlichtungskommission lösen (sog. Dritter Weg), dürfen Gewerkschaften nicht zu einem Streik aufrufen. Das gilt jedoch nur, soweit Gewerkschaften in dieses Verfahren organisatorisch eingebunden sind und das Verhandlungsergebnis für die Dienstgeberseite als Mindestarbeitsbedingung verbindlich ist.
An diesen Bedingungen scheitert ein Streikverbot:
1. die beklagte Gewerkschaft ist in das Verfahren der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht eingebunden und
2. die Regelungen des "Dritten Weges" sind nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 30.10.2019 - Aktenzeichen 6 AZR 465/18) nur "Allgemeine Geschäftsbedingungen". Diesen kann schon durch Gesetz keine Verbindlichkeit erwachsen. Individualrechtliche Vereinbarungen - auch zu Lasten der Beschäftigten - sind vorrangig (§ 305 b BGB). Diese gesetzliche Regelung ist "für alle geltendes Recht" und kann und darf daher durch kirchliche Normen gar nicht abbedungen werden (Schrankenvorbehalt). Der sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts stellte dazu in seinem Leitsatz zu einem Urteil aus 2018 fest (BAG-Urteil vom 24.05.2018 – 6 AZR 308/17):
»Ein kirchlicher Arbeitgeber kann in den durch das staatliche Arbeitsrecht gesetzten Grenzen wirksam Arbeitsverträge abschließen, die keine oder nur eine eingeschränkte Bezugnahme auf kirchliche Arbeitsvertragsregelungen vorsehen.«
In der Begründung heißt es unter anderem:
»[…] Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen wie den AVR-DD um Allgemeine Geschäftsbedingungen, welchen mangels normativer Wirkung in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen nur über Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen Wirkung verschafft werden kann […] Eine normative Wirkung besteht nicht, weil das säkulare Recht für kirchliche Arbeitsrechtsregelungen keine unmittelbare und zwingende Geltung anordnet. Es fehlt eine etwa § 4 Abs. 1 TVG entsprechende Bestimmung […]«
Ob der kirchliche Arbeitgeber das aktuelle gerade tut - darauf kommt es nicht an. Der kirchliche Arbeitgeber kann jederzeit, schon morgen oder sogar nur innerhalb von Stunden, abweichende Vereinbarungen treffen. Das ist entscheidend.
Und die zum Streik bereiten Mitglieder der Gewerkschaft fordern eine entsprechende abweichende Regelung - durch Abschluss eines Tarifvertrages.

Möglicherweise haben die 1000 Seiten der Kirche und Diakonie - vermutlich aus Kirchensteueraufkommen, Spenden oder zweckgebundenen Zuschüssen finanziert - die Richter beim Arbeitsgericht Weimar leicht verwirrt.

Breaking News - Streik in Weimar kurzfristig abgesagt

Wie mehrere Medien melden, ist der Streik seitens der Gewerkschaft kurzfristig abgesagt worden, weil
das Arbeitsgericht Erfurt die mündliche Verhandlung zum Eilverfahren auf einen Termin nach dem geplanten Ausstand angesetzt habe. "Dieses Verfahren haben wir so noch nicht erlebt", sagt Verdi-Landesfachbereichsleiter Bernd Becker.
Bemerkenswert ist die Argumentation der evangelischen Kirche und Diakonie. Sie führen aus:
Das evangelische Krankenhaus sei nicht befugt, in Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft einzutreten. Begründet wird (das) mit dem Kirchenrecht und dem sogenannten Dritten Weg. Demnach (sollen) Streiks in kirchlichen Einrichtungen nicht zulässig (sein).
Es ist ein merkwürdiges Rechtsverständnis, das da von der evangelischen Kirche vorgetragen wird. Denn eine kirchliche Regelungsbefugnis besteht nur "in den Schranken der für alle geltenden Gesetze". Dass das Koalitionsrecht und damit auch das Streikrecht ein "für alle geltendes Gesetz" sind, kann doch ernsthaft niemand bestreiten wollen. Die Protestanten gehen sogar noch weiter: sie wollen die "negative Koalitionsfreiheit" qua Kirchenrecht für alle verpflichtend durchsetzen. Wenn das nicht verfassungswidrig ist - was dann?

Quellen:
kma online: Warnstreik in Weimar wegen Gerichtsverfahren abgesagt
mdr: Gewerkschaft sagt Streik am Klinikum Weimar ab
n-tv Thüringen - Gewerkschaft: Kein Streik am Klinikum in Weimar
Tagesschau: Gewerkschaft sagt Streik am Klinikum Weimar ab
Thüringer Allgemeine: Vorerst kein Streik an Weimars Klinikum
Zeit Online - Gewerkschaft: Kein Streik am Klinikum in Weimar

edit:
Radio LOTTE: Verdi sagt Streik ab

Sonntagsnotizen - was ist "kirchenfeindliches Verhalten" (aus aktuellem Anlass schon am heutigen Donnerstag)

Der Begriff "kirchenfeindliches Verhalten" in der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" hat uns schon länger gestört. Es ist ein dehnbarer - "unbestimmter" - Rechtsbegriff, dem konkrete arbeitsrechtliche Folgen anhängen. Wir haben dann etwas provokant - aber nicht ohne erläuterten Hintergrund - gefragt:
Kann es noch so weit kommen, dass die verfassungsrechtlich garantierte gewerkschaftliche Betätigung als "kirchenfeindliches Verhalten" bezeichnet wird?
Die Rechtswissenschaft oder Juristerei bietet eine Fülle von Möglichkeiten an, diesen Begriff zu interpretieren. Eine der Möglichkeiten ist die sogenannte "systematische Interpretation". Dabei schaut man, ob der Begriff auch in anderen Normen vorkommt - und dort vielleicht sogar näher beschrieben ist.
Das Bistum Dresden-Meißen hat jüngst die Wahl- und Gremienordnung für Ortskirchen- und Pfarreiräte angepasst, damit Ehrenamtliche, die extremistische Positionen vertreten, künftig von den Gremien ausgeschlossen sind.
"Kirche+Leben" berichtet darüber dann auch:
Demnach ist eine "kirchenfeindliche Betätigung, die nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen" ein Ausschlusskriterium. Dazu zählten insbesondere öffentliche extremistische Äußerungen und eine - ebenfalls öffentlich wahrnehmbare - Mitgliedschaft in extremistischen Parteien oder Organisationen.

Außerdem fielen darunter Kandidaturen für Parteien oder Organisationen, die extremistische Haltungen und Positionen vertreten. Ferner sei die Übernahme von Ämtern oder Aufgaben in solchen Parteien ein Ausschlussgrund.

Das Bistum erwähnt die AfD nicht eigens, bezieht sich aber ausdrücklich auf das Papier "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar" der Deutschen Bischofskonferenz. Darin grenzen sich die katholischen Bischöfe deutlich von der AfD ab und bezeichnen sie als für Christen unwählbar. Das Bistum Dresden-Meißen betont, es lehne jede Form von Extremismus ab, da derartige Gesinnungen auf Ab- und Ausgrenzungen zielten, die sowohl die Menschenwürde als auch die Solidarität teilweise oder ganz infrage stellten.
Vor diesem Hintergrund scheint nun eine "Entwarnung" angezeigt zu sein:
Gewerkschaftliche Betätigung - inclusive des Aufrufs zum Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen - kann danach kein "kirchenfeindliches Verhalten" sein. Denn hierbei handelt es sich um keine extremistischen Betätigungen, sondern um Handlungen, die verfassungsrechtlich ausdrücklich geschützt sind.

Nun könnte man ja einwenden, für die Beurteilung komme es "auf die Sichtweise der jeweiligen Kirche" an. Und wenn die Kirche nun einmal einen Arbeitskampf als "kirchenfeindliches Verhalten" empfinde, dann ... dann antworten wir:
Mooooment amoi. So geht's ned: 
Denn
1. besteht die kirchliche Regelungsbefugnis nur im Rahmen der für alle geltenden Gesetze, und dass das Koalitionsrecht mit dem diesem inharent geltenden Arbeitskampfrecht ein - sogar verfassungsrechtlich geschütztes - für alle geltendes Recht ist, kann wohl niemand ernsthaft bestreiten, und
2. zumindest in der katholischen Kirche ist die gewerkschaftliche Betätigung ausdrücklich gefordert (Würzburger Synode, Beschluss Kirche und Arbeiterschaft) und gefördert (päpstliche Sozialenzykliken) - und das Streikrecht nicht nur dort sondern auch im Katechismus der katholischen Kirche umfassend und ausnahmslos für alle Berufe bestätigt. "Kirchenfeindlich" wäre eher das Gegenteil - den Arbeitnehmern dieses "Notwehrrecht" abzusprechen und sich so auch gegen das päpstliche Lehramt zu stemmen.

Merksatz: 
Jeder Arbeitgeber behauptet gerne, dass in seinem Betrieb nicht gestreikt werden dürfe - aber wenn ein Personalreferent, ein Pfarrer oder auch ein Bischof das behaupten, wird noch lange keine Glaubenswahrheit aus so einer Behauptung.