Donnerstag, 24. Oktober 2024

Dilexit nos: Neue Enzyklika von Papst Franziskus

heute Mittag wird das Dokument des Papstes über die Verehrung des Herzens Jesu veröffentlicht. Der Papst hatte die Enzyklika mit dem Titel „Dilexit nos“ (Er hat uns geliebt) bei einer Generalaudienz im vergangenen Juni angekündigt. Der Text wird die Überlegungen früherer lehramtlicher Texte zusammenfassen. Der Untertitel lautet: „Enzyklika über die menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu“.

VaticanNews kündigt diese vierte Enzyklika im Pontifikat von Jorge Mario Bergoglio im Internet an.
Franziskus selbst hatte die Veröffentlichung im Herbst bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz am 5. Juni (dem Monat, der traditionell dem Heiligsten Herzen Jesu gewidmet ist) angekündigt und den Wunsch geäußert, dass der Text die Menschen dazu anregen möge, über die Aspekte „der Liebe des Herrn nachzudenken, die den Weg der kirchlichen Erneuerung erhellen können; aber auch, dass er einer Welt, die ihr Herz verloren zu haben scheint, etwas Wichtiges sagen möge“. Der Papst erklärte bei dieser Gelegenheit auch, dass das Dokument „die wertvollen Überlegungen früherer lehramtlicher Texte und eine lange Geschichte, die auf die Heilige Schrift zurückgeht, zusammenfassen wird, um heute der ganzen Kirche diesen Kult, der von geistiger Schönheit erfüllt ist, neu vorzuschlagen“.
Auch "Kirche und Leben" weist auf die Erscheinung und die Bedeutung von Enzykliken als päpstliche Lehrschreiben hin.
Eine Enzyklika ist ein päpstliches Lehrschreiben. Es ist an die katholische Weltkirche, gelegentlich zudem an „alle Menschen guten Willens“, also auch an Nichtkatholiken, gerichtet. Enzykliken beanspruchen ein hohes Maß an Verbindlichkeit. Sie werden in der katholischen Kirche als Ausdruck der obersten Lehrgewalt des Papstes verstanden, sind aber keine unfehlbaren Lehrentscheidungen im dogmatischen Sinn.

Auch wir werden dieses neue lehramtliche Schreiben sicher studieren, wollen uns aber nicht an Spekulationen darüber beteiligen, ob die Enzyklika auch dem Umgang (insbesondere kirchlicher) Arbeitgeber mit ihren Mitarbeitenden und deren gewerkschaftlichen Rechten anspricht. Es gäbe da ja auch im Vatikan den einen oder anderen Anlass.
Weil wir die Enzyklika erst besprechen können, wenn wir sie gelesen haben, und am 28.10. die bayerischen Herbstferien beginnen, werden wir mit diesem Beitrag wohl wieder unsere Blogpause antreten. Sie wird voraussichtlich bis Anfang November andauern.

Mittwoch, 23. Oktober 2024

Studie: Rund 306.000 Betreuungsplätze für Kleinkinder fehlen

Eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) bestätigt die schon seit Jahren bekannten Berichte von ver.di. Die Frankfurter Rundschau berichtet darüber:
Während in diesem Jahr der Berechnung zufolge in Westdeutschland 277.900 Plätze für unter Dreijährige fehlen, sind es in Ostdeutschland lediglich 28.200. Im Jahr 2023 lag die Lücke in Westdeutschland noch bei 310.200 Plätzen, im Osten bei 34.200. Ein konstanter Rückgang des Plätzemangels ist den IW-Zahlen aber nicht zu entnehmen. Insgesamt war das Ausmaß des ungedeckten Bedarfs an Kita-Plätzen für unter Dreijährige in den vergangenen zehn Jahren schwankend - aber auf hohem Niveau. In der Berechnung wurden nach Angaben des Studienautors Wido Geis-Thöne sowohl potenzielle Krippenplätze als auch mögliche Betreuungsplätze bei Tagesmüttern oder Tagesvätern berücksichtigt.

Dienstag, 22. Oktober 2024

Ausbildung und Studium in der Pflege – ihr seid gefragt!

 Liebe Kolleg*innen, 

 

die Befragung zum ver.di-Ausbildungsreport Pflegeberufe 2024 läuft und ihr seid gefragt.

 

Was läuft gut in deiner Ausbildung/deinem Studium? Was nicht?

Mach jetzt mit und fülle unseren Fragenbogen einfach online aus. Das dauert keine 15 Minuten.

 

Eure Antworten helfen uns, unsere betriebliche und politische Arbeit besser zu machen und konkrete Verbesserungen in der Ausbildung/im Studium zu erreichen.

Die Ergebnisse des letzten Reports haben gezeigt, dass ihr für eine gute Ausbildung mehr strukturierte Praxisanleitung braucht. Deshalb fordern wir einen Mindestumfang von 30 Prozent strukturierter und geplanter Praxisanleitung und bringen diese Forderung in die Politik ein.

 

Also ran an die Befragung! Verteilt sie weiter und ladet eure Kolleg*innen ein, mitzumachen. Gern auch unseren Insta-Post teilen: 

https://www.instagram.com/reel/C_Ne037tTEv/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=MzRlODBiNWFlZA==

 

Macht jetzt mit und berichtet uns von euren Erfahrungen

Qualität von Ausbildung und Studium in der Pflege (efs-survey.com)

 

Bei Fragen wendet euch gerne an: pflegereport@verdi.de

 

Herzlichen Dank für eure Unterstützung.

 

Liebe Grüße

 

 

                                      

Carolin Hack

Jugendkoordinatorin

ver.di Landesbezirk Bayern

Fachbereich C - Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft

 

ver.di FB C Jugend Bayern

Neumarkter Str. 22

81673 München

 

Telefon: 089.59977 364

Handy:  01514  3277814

jugend.bayern@verdi.de

https://gesundheit-soziales-bildung-bayern.verdi.de/jugend

Zur Bearbeitung Ihres Anliegens werden personenbezogene Daten durch die zuständigen Stellen der Gewerkschaft ver.di gemäß der europäischen Datenschutzgrundverordnung und dem deutschen Datenschutzrecht verarbeitet. Im Rahmen dieser Zweckbestimmung werden die Daten ausschließlich zur Erfüllung der Aufgaben an diesbezüglich besonders Beauftragte weitergegeben und genutzt. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nur mit Ihrer gesonderten Einwilligung. Weitere Hinweise zum Datenschutz finden Sie unter https://datenschutz.verdi.de

  

Sonntag, 20. Oktober 2024

Sonntagsnotizen - zum Kirchenamt

In unserem Blog haben wir immer wieder einmal das "kirchliche Amt" oder das "Kirchenamt" und das eigene Ämterverständnis thematisiert. Beispielhaft möchten wir auf diese Beiträge verweisen:
Eine ungetaufte Erzieherin in der KiTa - geht das, oder muss sich die Pädagogin taufen lassen?
Ist die Tätigkeit eines MAV-Mitgliedes oder von MAV-Vorsitzenden die Ausübung eines Kirchenamtes?

Heute möchten wir die Reflektion eines durchaus geschätzten Generalvikars vom 8. Oktober zum Thema wiedergeben (Quelle). Er sieht das "Kirchenamt" wohl auch auf der geistlichen Ebene, dass also die Inhaber eines Kirchenamtes nur geweihte Kleriker sein können - und bestätigt damit unsere Überlegungen, die infolge des II. Vaticanum auch kirchenrechtlich normiert wurden:
"So wie die Ämter des Papstes und der Diözesanbischöfe dogmatisch und subsidiär kirchenrechtlich momentan ausgestaltet sind, sind sie nicht wirklich lebbar und stellen eine permanente Überforderung der Amtsträger dar.", sagt Thomas Schüller in diesem theologisch differenzierten und realitätsorientierten Beitrag. Die Überhöhung des kirchlichen Amtes ist nicht nur eine Überforderung für deren Träger, die dadurch oftmals sich selbst gleich mit überhöhen und die Realität völlig ausblenden. Und die Realität beschreibt Thomas Schüller sehr zutreffend, wenn er darauf aufmerksam macht, dass das kirchliche Amt heute kaum noch auf ernsthafte Akzeptanz stößt: "Kirchenrechtliche Anordnungen wie lehramtliche Weisungen laufen ins Leere, werden von den Gläubigen nicht rezipiert oder ignoriert. Normative Anordnungen, in der Regel Gesetze, die von den Normunterworfenen regelmäßig nicht beachtet werden, verlieren ihre Verbindlichkeit." Die Folgen sind fatal und im kirchlichen Alltag jederzeit zu beobachten: Amtliche Verlautbarungen und Dokumente, lehramtliche Äußerungen, kirchliche Gesetze werden zwar zuweilen noch innerkirchlich aufgeregt diskutiert, eine Wirkung im Leben der Gläubigen haben sie jedoch weitgehend nicht mehr. Letztlich verliert damit auch das kirchliche Amt an Bedeutung und Wirksamkeit. Deshalb ist es so wichtig, in den synodalen Debatten nach ernsthaften Korrekturen und Weiterentwicklungen der Ausgestaltung des Amtes und der Entscheidungsprozesse in der katholischen Kirche zu suchen.
Anlass für diese Reflektion war der folgende Artikel, der aber auch eine Trennung von Leitungs- und Weihegewalt befürwortet:
Bischöfliches Amt und Synodalität – kirchenrechtliche Aporien und theologische Fallstricke!

Bischofssynode in Rom und Synodaler Ausschuss in Deutschland ringen aktuell um das Verständnis von Synodalität. Thomas Schüller (Münster) benennt Aporien, die sich zwischen dem Wunsch nach Synodalität und dem katholischen Verständnis des Bischofsamts ergeben.
...
Judith Hahn kann in ihrer Kirchenrechtssoziologie eindrucksvoll nachweisen, dass zwischen papalem und bischöflichem Anspruch, alles alleine entscheiden und anordnen zu können, und der tatsächlichen Annahme ihrer Vorgaben durch die Normunterworfenen eine Kluft besteht, die faktisch zur nahezu vollständigen Wirkungslosigkeit führt. Kirchenrechtliche Anordnungen wie lehramtliche Weisungen laufen ins Leere, werden von den Gläubigen nicht rezipiert oder ignoriert. Kirchenrechtlich gibt es für Papst und Bischöfe kaum Sanktionsinstrumente, die tatsächlich zu einer Verhaltenskorrektur führen, ausgenommen bei Klerikern und abhängig Beschäftigten. Normative Anordnungen, in der Regel Gesetze, die von den Normunterworfenen regelmäßig nicht beachtet werden, verlieren ihre Verbindlichkeit, taugen nicht, das Miteinander der Gläubigen bezogen auf das Evangelium wirkmächtig zu gestalten.
...
Durch die vom Papstamt abgeleitete monarchische Nachbildung des Amtes des Diözesanbischofs ohne Gewaltenteilung auf dem I. Vatikanum bietet sich der Bischofskonferenz zurzeit nicht wirklich eine Möglichkeit, effektive bischöfliche Kollegialität zu realisieren. Sie steht bei römischen Kurialen, aber auch bei nicht wenigen Diözesanbischöfen selbst, die um ihre uneingeschränkte Amtsvollmacht fürchten, unter dem Generalverdacht, entweder nationale Sonderwege einzuschlagen (Stichwort: Gallikanismus/ Febronianismus) oder faktisch die Amtsgewalt des einzelnen Diözesanbischofs zu unterminieren.
...
In der päpstlichen Praxis, aber auch in Förderplänen einzelner Bistümer, die Frauen in Leitungspositionen bringen, wird kirchenrechtlich erkennbar, dass man hier – wie vor dem II. Vatikanum und wie im alten CIC/1917 – wieder deutlich zwischen Weihe- und Leitungsgewalt unterscheidet. Bekanntlich hatte das II. Vatikanum versucht, beide Gewalten mit dem Begriff der potestas sacra zu einer Einheit zu verbinden. ... Franziskus hat kein Problem damit, Frauen mit umfassender Leitungsgewalt auszustatten. Im gleichen Atemzug allerdings sperrt er sie von der Weihegewalt aus mit dem Hinweis, die Priesterweihe würde sie klerikalisieren und widerspreche ihrem Wesen als Frau. Die Weihe ist nun aber die Grundlage für die Übertragung der höchsten Leitungsämter in der katholischen Kirche, nämlich des Papst- und Bischofsamtes. Sie bleiben Männern reserviert.
...
(Quelle und mehr)

Es wird spannend zu beobachten, wie sich der Begriff des Kirchenamtes entwickelt.
Bleibt es bei dem Weg des II. Vatikanums, das kirchliche Ämter an das Weiheamt gekoppelt sind? Dann darf und kann aber ein Verstoß gegen das Ämterrecht - mit Ausnahme einer Amtsanmaßung - nicht zu kirchenrechtlichen Sanktionen gegen abhängig Beschäftigte führen.
Wird die Leitungsgewalt von der Weihe getrennt? Auch dann wäre zu beachten, dass abhängig Beschäftigte keine Leitungsgewalt ausüben. Abhängig Beschäftigte werden allenfalls weisungsgebunden tätig - entweder im Einzelfall oder in Form genereller Handlungsvorgaben. "Abhängigkeit" und "Leitungsfunktion" (= materielle Entscheidungskompetenz) schließen sich dogmatisch aus. Auch dann kann es zu keinen kirchenrechtlichen Sanktionen gegenüber abhängig Beschäftigten kommen. Abhängig Beschäftigte sind lediglich im Rahmen ihrer Tätigkeit weisungsgebunden. Und ansonsten sind sie ihrem eigenen Gewissen und auch den staatlichen Rechtsnormen unterworfen. Letztere können sogar vorrangig gegenüber kirchlichen Weisungen sein. Denn eine kirhcliche Weisung, gegen staatliche Rechtsnormen zu verstoßen, überschreitet den verfasungsrechtlichen "Schrankenvorbehalt". Bei Anweisungen, strafbanere Handlungen zu begehen, ist das offensichtlich. Bei einer Anweisung, Ordnungswidrigkeiten zu begehen, muss dieser Vorbehalt genauso gelten. Kein Bischof darf einer oder einem abhängig Beschäftigten anordnen, den Dienstwagen im "Halteverbot" abzustellen. Dann darf aber auch kein Bischof einen abhängig Beschäftigten dazu auffordern, diskriminierende Handlungen zu begehen. Es wäre auch Aufgabe einer MAV, hier auf Rechtstreue im kirchlichen Verhalten zu trennen.

Freitag, 18. Oktober 2024

Kurzbericht von der MAV-Fachtagung in Nürnberg

67 Mitglieder bayerischer Mitarbeitervertretungen evangelischer und katholischer Einrichtungen fanden sich in Nürnberg zu unserer MAV-Fachtagung zusammen. Schwerpunktthema Arbeitszeit. Neben dem Thema Arbeitszeit wurde auch ein Ausblick auf die kommende Tarifrunde im öffentlichen Dienst geworfen, deren Ergebnisse sich auch auf die Arbeitsvertragsrichtlinien im kirchlichen Bereich auswirken. Den Beteiligten ist klar, Lohnerhöhungen, Verbesserungen bei Arbeitszeit, freien Tagen, Urlaub, etc. sind kein Geschenk des Himmels und schon gar nicht der Kirchenleitungen, die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst kämpfen auch für die Beschäftigten im kirchlichen Dienst. Im Anschluss der Fachtagung fanden sich Gewerkschafter*innen in den MAV'en zusammen, diskutierten und beschlossen eine Soli-Resolution zur Unterstützung unserer Kolleg*innen in der TR ÖD.
Diese findet ihr hier!

Dienstag, 15. Oktober 2024

Ver.di zum Urteil des LAG in Sachen "Klinikum Weimar"

Die Pressemeldung von ver.di ist hier zu finden
Das Thüringer Landesarbeitsgericht bestätigt die vorläufige Untersagung des Streiks

Pressemitteilung vom 11.10.2024

Sophien - und Hufelandklinikum Weimar

Das Thüringer Landesarbeitsgericht bestätigt die vorläufige Untersagung des Streiks am Sophien- und Hufeland-Klinikum in Weimar. Endgültiger Ausgang des Rechtsstreits um die Frage der Existenz eines Streikrechts weiterhin offen

Das Thema ist nicht vom Tisch, wir machen weiter


Am 11. Oktober hat das Thüringer Landesarbeitsgericht in Erfurt im einstweiligen Verfügungsverfahren (Schnellrechtsschutz) vorerst die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Erfurt zur Untersagung des für den 14. Oktober 2024 geplanten Streiks bestätigt. Das Landesarbeitsgericht sah sich nicht in Lage, alle Aspekte des rechtlich komplexen Sachverhalts im Eilverfahren zu würdigen. Daher verwies das Landesarbeitsgericht auf das laufende Hauptsacheverfahren, in welchem im Rahmen einer weiterreichenden Prüfung die aufgeworfenen Rechtsfragen nun abschließend geklärt werden müssen. ....
Quelle und mehr

Das Thema beschäftigt die Juristen seit Jahren immer wieder. Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Jürgen Kühling, gelangte in einem Gutachten, das er schon im Auftrag der damaligen ÖTV erstellte hatte, zu dem Ergebnis, dass auch im kirchlichen Dienst ein Arbeitskampf zur Erzwingung eines Tarifabschlusses geführt werden dürfe. Das Gutachten, das Wolfram Schiering auf seiner Homepage eingestellt hat, ist auch heute noch von gleicher Aktualität und hat von seiner Argumentationskraft nichts verloren. Denn die verfassungsrechtliche Lage ist unverändert. Wir werden sehen, was der Rechtsweg nun ergibt - und welche neuen Volten sich kirchennahe Juristen ausdenken, um das Streikrecht erneut in Frage - und die Kirchen und ihre Wirtschaftsbetriebe außerhalb der staatlichen Rechtsordnung - zu stellen.

Montag, 14. Oktober 2024

Ver.di Forderungen im Öffentlichen Dienst

Bereits seit Tagen stehen die Forderungen von ver.di für die kommende Tarifrunde fest. Über die Inhalte der Forderung kann sich jedes ver.di Mitglied direkt bei der Gewerkschaft selbst oder allgemein im Internet informieren. Wir beschränken uns daher auf die Wiedergabe von Medienberichten in Auszügen.

Der Bayerische Rundfunk (BR) berichtet:
Verdi und der Beamtenbund dbb verlangen acht Prozent mehr Geld für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen – mindestens aber 350 Euro pro Monat. Warum die Tarifverhandlungen schwierig werden dürften.
....
Verdi-Chef Frank Werneke sagte, es gebe an vielen Stellen des öffentlichen Dienstes eine "extreme Belastungssituation". Der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach räumte zwar ein, die Forderungen seien ambitioniert, "aber keineswegs zu hoch". Im öffentlichen Dienst fehlten eine halbe Million Menschen. Viele Kolleginnen und Kollegen litten deshalb an Überlastung.
Zu den weiteren Forderungen gehören unter anderem drei zusätzliche freie Tage für alle sowie ein weiterer freier Tag für Gewerkschaftsmitglieder. Über ein Arbeitszeitkonto sollen Beschäftigte entscheiden können, ob sie etwa Überstunden ausgezahlt bekommen wollen oder diese auf das Konto gebucht werden sollen. Auszubildende sollen den Gewerkschaften zufolge 200 Euro mehr im Monat bekommen.....

Das HANDELSBLATT informiert:
Die Gewerkschaften Verdi und Beamtenbund haben ihre Forderung für die nächste Tarifrunde des öffentlichen Dienstes beschlossen. Die Verhandlungen starten im Januar. ...

Im nd wird geschrieben:
Die Verdi-Forderungen für den öffentlichen Dienst sind berechtigt, ....
... Wie diese (Anm.: konfliktträchtige Tarifrunde) verläuft, ist von weitreichender Bedeutung, über die gut 2,5 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen sowie die insgesamt fast eine Million Beamt*innen und Pensionär*innen hinaus. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bestimmt indirekt auch die Bezahlung von Millionen weiterer Beschäftigter bei freien Trägern, Kirchen und anderswo.
Hinzu kommt: Dieser Tarifkonflikt ist immanent politisch. Es geht darum, ob die öffentliche Daseinsvorsorge weiter kaputtgespart wird, um Schuldenbremse und Steuervermeidung für Vermögende zu erhalten. Oder ob in das Gemeinwesen investiert wird. Attraktive Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst sind eine solche Investition. Ein Interesse daran haben nicht nur die dort Beschäftigten, sondern wir alle.

Die Süddeutsche Zeitung kommentiert:
Die Gewerkschaft Verdi fordert deutlich mehr Lohn für den öffentlichen Dienst. Völlig zu Recht. Doch es gibt da noch eine Idee, um Berufe mit großem Personalmangel attraktiver zu machen.
... Derzeit wird viel darüber geredet, das die Industrie Jobs abbaut. In anderen Bereichen suchen Arbeitgeber vrezweifelt Personal. Erzieherinnen und Erzieher etwa. ....
... Am besten wäre es, in besonders belastenden Mangelberufen wie der Pflege oder der Kinderbetreuung extra Zuschläge zu zahlen. Zumal nicht überall bei den Millionen öffentlichen Angestellten und Beamten der Stress und der Bedarf gleich groß sind....
Die meisten Beschäftigten in Deutschland wollen weniger Stunden arbeiten. Jedoch würde es den Personalmangel verschlimmern, würde pauschal die Arbeitszeit verkürzt. Verdis Idee besteht nun darin, die Beschäftigten wählen zu lassen. Ob sie die volle Lohnerhöhung nehmen oder lieber einen Teil in Freizeit umwandeln, je nach ihren Bedürfnissen. Auch dieses Modell, für das es Vorbilder gibt, würde Mangelberufe attraktiver machen. ...

Der Tagesspiegel meint:
Acht Prozent mehr für den öffentlichen Dienst: Tarifforderung für 2,5 Millionen Beschäftigte
Verdi, der Beamtenbund und die Gewerkschaften der Polizei und der Lehrer möchten mehr Geld und zusätzlich drei freie Tage. Arbeitgeber bieten zwei Prozent.
:
So teuer wie beim letzten Mal wird es nicht ganz.....

Die ZEIT schreibt:
Gewerkschaften für Beschäftigte im öffentlichen Dienst wollen acht Prozent mehr Gehalt erstreiten. Die Verhandlungen mit Bund und Kommunen dürften aber schwierig werden.

...
Die Gewerkschaften verhandeln für viele Berufszweige – unter anderem für Frauen und Männer, die als Erzieher, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Kranken- und Altenpfleger, Verwaltungsangestellte, Klärwerksmitarbeiter, Förster oder Ärzte arbeiten. Der aktuelle Tarifvertrag läuft nach zwei Jahren zum Jahresende aus.
Nach einer Laufzeit von zwölf Monaten soll neu über das Einkommen verhandelt werden, forderten die Gewerkschaften. Die Beamtinnen und Beamten sollen auf diese Weise zeitnah profitieren. Für die Beschäftigten der Länder wird separat verhandelt. Mit ihrer Forderung liegen ver.di und dbb leicht über der Forderung für die Lohnrunde der Metall- und Elektroindustrie. Die IG Metall hatte sieben Prozent mehr Geld verlangt.
...
2023 hatten Gewerkschaften noch die größte Tariferhöhung im öffentlichen Dienst seit Jahrzehnten erreicht. Damit sollte der damals drastische Anstieg der Verbraucher- und Energiepreise abgefedert werden. Während der Verhandlungen hatte ver.di regelmäßig Stadtverwaltungen, öffentliche Bäder, Müllabfuhren oder Krankenhäuser mit Warnstreiks lahmgelegt.
Verhandelt wird ab 24. Januar. Der Abschluss ist für Mitte März vorgesehen.




Anmerkung:
Die von ver.di in Auftrag gegebene Arbeitszeitbefragung ist die bislang umfangreichste Umfrage zu verschiedenen Arbeitszeitthemen und den sich daraus ergebenden Herausforderungen im öffentlichen Dienst. An der standardisierten Befragung haben sich fast 260.000 Beschäftigte aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes beteiligt.
Damit konnten aufschlussreiche Ergebnisse erzielt werden, die eine Grundlage für kommende Tarifrunden darstellen, aber auch in die langfristige zukünftige Betriebs- und Tarifarbeit einfließen werden. => mehr (klick)

Freitag, 11. Oktober 2024

Breaking news: Landesarbeitsgerichte untersagen Streiks

Update +++ Das Landesarbeitsgericht Berlin hat am heutigen Freitag, dem 11. Oktober 2024, den Streik für pädagogische Qualität und Entlastung bei den Kita-Eigenbetrieben Berlin untersagt. ver.di sieht in dem Urteil eine deutliche Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung sowohl in Berlin als auch bundesweit. Die Gewerkschaft kündigt vor diesem Hintergrund eine intensive Prüfung des Urteils an. Auf der Grundlage dieser Prüfung behält sich ver.di vor, das Land Berlin zu zwingen, ein Hauptsacheverfahren einzuleiten.
Quellen und mehr:
ver.di
Kommentar nd: "Überall Verlierer - Das gerichtlichen Verbot des Kita-Streiks trifft alle Beteiligten"

Auch das Thüringer Landesarbeitsgericht hat heute dem Vernehmen nach die vorläufige Untersagung des Streiks am Wophien- und Hufeland-Klinikum in Weimar bestätigt. Der endgültige Ausgang des Rechtsstreites um das Streikrecht ist damit weiterhin offen.

Quellen und mehr:
mdr Thüringen:

Weimar und kein Ende

Das Arbeitsgericht Erfurt hat in einer einstweiligen Verfügung an seiner Rechtsauffassung festgehalten und den für 14. Oktober erneut angekündigten Warnstreik am Sophien-Hufeland-Klinikum der Diakonie untersgt.
Verdi legte sofort nach der Urteilsverkündung Berufung ein. Das Thüringer Landesarbeitsgericht will heute, am Freitag, darüber entscheiden.

...
Das (Erfurter) Gericht räumte im Verlaufe der mündlichen Erörterung ein, dass das Verfahren grundsätzliche Rechtsfragen berühre, die diskutiert werden sollten. Allerdings sei dies im Rahmen der Entscheidung einer einstweiligen Verfügung nicht zu leisten.
Trotz diese genannten "grundsätzlichen Rechtsfragen, die geklärt werden sollten", dann in der Entscheidungsbegründung einen angekündigten Warnstreik als "offensichtlich rechtswidrig" zu bezeichnen, erscheint uns als problematisch und Verdrehung der Rechtslage.
Das kirchliche Selbstordnungs- und Selbsverwaltungsrecht besteht nur "im Rahmen des für alle geltenden Gesetzes". Das heißt, dass schon durch einfachgesetzliche Regelungen die Schranken der kirchlichen Befugnisse enger gezogen werden können. Will das Gericht nun tatsächlich unterstellen, dass die verfassungsrechtlich zugesicherten Rechte der Arbeitnehmer für MitarbeiterInnen von Einirchtungen im Besitz kirchlicher Träger nicht gelten? Denn nur mit dieser Unterstellung lässt sich die Begründung des Erfurter Gerichts verstehen.
Es ist eine bemerkenswerte Auffassung, dass in einem für das Gericht zweifelhaften Fall diese verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Arbeitnehmer hinter den behaupteten Ansprüchen der Arbeitgeber, außerhalb der staatlichen Rechtsordnung zu stehen, zurück treten sollen.

Quellen:
MDR Thüringen (zitierend),
MDR THÜRINGEN JOURNAL Mi 09.10.2024, 19:00Uhr. Video 02:03 min - verfügbar: bis 07.04.2025 ∙ 19:36 Uhr;
Tagesschau

Daniel Wenk schreibt dazu auf Facebook:
In Mitteldeutschland erleben die Interessenvertretungen seit 20 Jahren die Unwucht des Dritten Wegs.* Versuche der Beschäftigten Verbesserungen im Verfahren zu erreichen wurden ignoriert. Protest und Blockaden der Beschäftigten als einzigen Weg des Drucks im Dritten Weg durch nachjustieren im Gesetz ausgeschlossen. Ergebnis 🟰 nun können die Arbeitgeber auch ohne die Beschäftigten gewünschte Ergebnisse produzieren.*
Unterstützung erhalten sie inzwischen von ihrem von Kirche und Diakonie finanzierten Arbeitnehmer Verband VKM-EKM 🤯 praktisch: der Vorsitzende ist Referent beim Diakonischen Werk.
*Konsens? Parität? Gegnerunabhängigkeit? In Mitteldeutschland Fehlanzeige, stattdessen Kontroll- und Machterhalt von Kirche und Diakonie.* Morgen wird um 12:30 Uhr vor dem LAG in Erfurt verhandelt, ob sich Beschäftigte der diakonischen Klinik mit Macht für ihre Arbeitsbedingungen einsetzten können oder ob sie noch etwas Geduld benötigen. Dieses Modell kann und darf das Recht auf Streik nicht ersetzten‼️

Sonntag, 6. Oktober 2024

Sonntagsnotizen - der Bund Katholischer Unternehmer (BKU) und die kirchliche Sonder-(Irr-)Wege

Die Bundesregierung will Auftragsvergaben an das Zahlen von Tariflöhnen knüpfen. Dass damit keine "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" gemeint sein können, müsste eigentlich von Vorneherein klar sein. Denn "Allgemeine Geschäftsbedingungen" erlauben die beliebige Abwweichung in inidviduellen Vereinbarungen (§ 305b BGB) - und zwar auch zu Lasten von Arbeitnehmern.
Das gilt auch für kirchliche Regelungen des "Dritten Weges"
(BAG-Urteil vom 24.05.2018 6 AZR 308/17).
Auch die auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommenen Arbeitsvertragsrichtlinien sind keine Tarifverträge etwa iSd. gesetzlichen Öffnungsklausel (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG Urteil 6 AZR 210/22 - dazu unser Blogbeitrag vom 26.01.2024; ebenso HWK/Vogelsang 10. Aufl. § 4 EFZG Rn. 39; Malkmus in Feichtinger/Malkmus Entgeltfortzahlungsrecht 2. Aufl. § 4 EFZG Rn. 184; zu § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG BAG 25. März 2009 – 7 AZR 710/07 – Rn. 16 ff., BAGE 130, 146; aA Richardi KirchenArbR 8. Aufl. § 8 Rn. 8, § 15 Rn. 21; kritisch auch v. Tiling ZTR 2009, 458). (vgl. BAG 23. November 2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 12; 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 107, BAGE 143, 354; 22. Februar 2012 - 4 AZR 24/10 - Rn. 18). Eine normative Wirkung besteht nicht, weil das säkulare Recht für kirchliche Arbeitsrechtsregelungen keine unmittelbare und zwingende Geltung anordnet. Es fehlt eine § 4 Abs. 1 TVG entsprechende Bestimmung (BAG 13. November 2002 - 4 AZR 73/01 - zu I 3 b bb der Gründe, BAGE 103, 353).
Dennoch kommt der BKU in einem absurd anmutenden Vorschlag dazu, das kirchliche Arbeitsrecht als Vorbild für ein Tariftreuegesetz zu bezeichnen
Die in der Kirche praktizierte Sozialpartnerschaft sei ein Ansatz, der auch die Tarifpartnerschaft stärken könne, indem er "den Sozialpartnern ermöglicht, direkt und ohne zusätzliche bürokratische Hürden Lösungen zu finden". Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen sei dieses Vorgehen geeignet.
(Quelle: Domradio).
Auf gut deutsch: man soll so tun als ob, aber die Arbeitgeber sollen weiterhin die Möglichkeit haben, wesentliche Inhalte des Arbeitsvertrages wie etwas die Entlohnung "nach Belieben" zu vereinbaren. Verklausulierter kann man die Angst vor Gewerkschaften und verbindlichen Regelungen nicht beschreiben. Dem BKU wären wohl allenfalls noch die sogenannten "christlichen Gewerkschaften" genehm, die ja bekannt dafür sind, besonders christlich zu den Arbeitgebern zu sein.


Wie abstrus es ist, wenn kirchliche Arbeitgeber einseitig arbeitsrechtliche Regularien festlegen, kann man gleichzeitig im Vatikan bestaunen.
Man stelle sich vor: Ein Paar mit drei Kindern ist beim selben Arbeitgeber beschäftigt. Nun entschließt es sich zu heiraten. Anstelle einer Gratulation werden beide Ehepartner entlassen. Arbeitgeber: die Vatikanbank. Das ist nun genau so passiert.
(Quelle: katholisch.de)

Da gibt es nur eine Antwort: das kirchliche Sonderarbeitsrecht gehört in die Mülltonne der Geschichte, in Deutschland genauso wie im Vatikan ...

Mittwoch, 2. Oktober 2024

MDR - Umschau vom 24.09.2024: Kirchen-Beschäftigte fordern Recht auf Streik

Seit Wochen gibt es an einer Weimarer Klinik, die von der Diakonie betrieben wird, Proteste. Die Mitarbeiter fordern mehr Geld und Mitbestimmung, z.B. ein Streikrecht. Hintergrund ist das eigene Arbeitsrecht der Kirchen.
hier der Link zum Film (Video verfügbar: bis 24.09.2025 ∙ 20:50 Uhr)
Der Gehaltsvergleich ab 5:00 ist symptomatisch- und erklärt eigentlich alles ...

Montag, 30. September 2024

Steht der Vatikan vor der Zahlungsunfähigkeit?

Das Domradio (Köln) interpretiert einen Offenen Brief des Papstes an das Kardinalskollegium vom 16. Septemberauch in dieser Richtung:
27.09.2024 Warum der Papst einen Brandbrief an die Kardinäle schreibt
Offene Fragen
Ein Brief des Papstes an die Kardinäle der Heiligen Römischen Kirche ist extrem selten. Auch ältere Vaticanisti können sich nicht erinnern, wann es so etwas zuletzt gab. Doch am 16. September war es so weit. Ein Brief von Franziskus.

... bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass nichts weniger auf dem Spiel steht als das schiere Überleben der Leitungsbehörde der katholischen Weltkirche - oder, um es mit den Worten des Papstes zu sagen: "Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass wir heute vor strategischen Entscheidungen stehen, die wir mit großem Verantwortungssinn annehmen müssen, weil wir aufgerufen sind, die Zukunft unseres Auftrages sicherzustellen."
...
Keine echten Einsparungen
Vieles spricht dafür, dass der Heilige Stuhl vom Null-Defizit nach wie vor weit entfernt ist. Zwar wurden seit längerer Zeit keine Bilanzen mehr vorgelegt, aber die Rahmenbedingungen, die zu den letzten bekannten Zahlen aus dem Jahr 2022 über ein strukturelles Defizit in Höhe von etwa 60 Millionen Euro führten, haben sich nicht grundlegend geändert.
Dazu gehören auf der Ausgabenseite die unverändert hohen Personalkosten von jeweils etwa 2.000 Angestellten beim Vatikanstaat und bei der römischen Kurie. Durch schlechter bezahlte Überstunden konnten sie zwar minimal reduziert werden, aber da der Papst aus sozialen Gründen Entlassungen ablehnt, sind echte Einsparungen nicht möglich.

Stunde der Wahrheit für die Vatikan-Finanzen
Auch auf der Einnahmenseite wurden nur geringfügige Verbesserungen erzielt. ...

Sonntag, 29. September 2024

Sonntagsnotizen II - Papst gegen Eigennutz

In seiner Predigt anlässlich der sonntäglichen Messfreier in Brüssel hat Papst Franziskus mehrere klare "Ansagen gemacht", die auch für die Kirche in Deutschland von Bedeutung sein können. Der gesamte Text der Predigt ist von VaticanNews hier dokumentiert. Wir können uns daher auf zwei Punkte konzentrieren:
...Der Egoismus ist, wie alles, was die Liebe verhindert, ein „Ärgernis“, weil er die Kleinen erdrückt, die Würde der Menschen erniedrigt und den Schrei der Armen erstickt (vgl. Ps 9,13). Das galt zur Zeit des heiligen Paulus genauso wie für uns heute. Wenn man dem Leben der Einzelnen und der Gemeinschaften allein die Prinzipien des Eigennutzes und allein die Gesetzmäßigkeiten des Marktes zugrundelegt (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 54-58), entsteht eine Welt, in der es keinen Platz mehr gibt für die, die in Schwierigkeiten sind, keine Barmherzigkeit für die, die Fehler machen, kein Mitgefühl für die, die leiden und nicht zurechtkommen...
mit "Gesetzen des Marktes" müssen wir auch die sogenannten "caritativen Einrichtungen" der Kirchen ansprechen, die heute eben nicht mehr caritativ - also selbstlos - tätig sind, sondern ihre Leistungen "auf dem Markt anbieten" und sich den Marktmechanismen unterwerfen.
In einem anschließend folgenden Teil führte der Papst dann auch aus:
Das Wort Gottes ist eindeutig: Es sagt, dass man die „Klagerufe der Erntearbeiter“ und den „Schrei der Armen“ nicht ignorieren darf, nicht auslöschen kann, als wären sie ein falscher Ton im perfekten Konzert der Welt des Wohlstands. Auch können sie nicht gedämpft werden durch Formen einer oberflächlichen Scheinwohltätigkeit.
...
Wenn wir für die Zukunft säen wollen, auch auf sozialer und wirtschaftlicher Ebene, dann wird es gut sein, das Evangelium der Barmherzigkeit wieder zur Grundlage unserer Entscheidungen zu machen. ...
Die zweite Zitierung müssen wir einem Thema widmen, das auch die deutsche Kirche erschüttert. Der Papst meinte:
Denken wir an das, was passiert, wenn kleine Kinder von denen, die sich um sie kümmern sollten, skandalisiert, verletzt, missbraucht werden, an die Wunden des Schmerzes und der Hilflosigkeit vor allem bei den Opfern, aber auch in ihren Familien und in der Gemeinschaft. Mit meinem Geist und meinem Herzen gehe ich zurück zu den Geschichten einiger dieser Kleinen, die ich vorgestern getroffen habe. Ich habe ihnen zugehört, ich habe ihr Leid als Misshandelte gespürt, und ich wiederhole es hier: In der Kirche ist Platz für alle, für jeden, aber jeder wird verurteilt werden, und es gibt keinen Platz für Missbrauch, keinen Platz für das Vertuschen von Missbrauch! Ich bitte alle: Vertuscht keinen Missbrauch! Ich bitte die Bischöfe: Vertuschen Sie den Missbrauch nicht! Verurteilen Sie die Missbrauchstäter und helfen Sie ihnen, sich von der Krankheit des Missbrauchs zu heilen. Das Böse kann nicht versteckt werden: Das Böse muss an die Öffentlichkeit gebracht werden, es muss bekannt werden, wie es einige Missbrauchsopfer getan haben, und zwar mit Mut. Es muss bekanntwerden! Und der Missbrauchstäter muss verurteilt werden. Der Missbrauchstäter muss verurteilt werden, ob Laie, Priester oder Bischof: er muss verurteilt werden!
Wir möchten uns hier nicht auf das Thema "Missbrauch" fokussieren. Wir meinen aber,nciht nur die Vertuschung von Missbrauch, sondern auch von anderen von Fehlern, von Skandalen und Unzulänglichkeiten - das alles hat eine gemeinsame Ursache. Kirche soll "gut dastehen" - sie wird aber von Menschen repräsentiert, die Fehler machen und sich einfach irren können. "Erare humanum est", wie es so schön heißt.
Und einer der dauerhaftesten und fortwirkenden Skandale (vgl. Würzburger Synode) unserer Kirche ist, dass diese Kirche, die doch so für die Schwächeren in der Gesellschaft einsetzen soll - dass diese Kirche entscheidend und fortwirkend dazu beiträgt, dass es beispielsweise Armuts- bzw. Dumpinglöhne in der Altenpflege gibt. Auch das ist Missbrauch, und zwar der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, der den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden und ihren Mitgliedsunternehmen zugewachsen ist. Solange sich die kirchlichen Wohlfahrtsverbände allgemein verbindlichen Tarifverträgen verweigern, solange tragen sie Mitschuld. Und solange sind die Kirchen unglaubwürdig in und mit ihren Appellen. Und solange wird sich die Kirche sehr schwer tun, die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer für sich zu gewinnen.

Sonntagsnotizen - der Papst in Luxemburg und Belgien: klares Bekenntnis zu einem vereinten, solidarischen Europa

Wie VaticanNews berichtet hat der Papst seine aktuelle Reise genutzt, um gezielt die Europäische Integration anzusprechen und einzufordern.

VaticanNews hat die Ansprachen des Papstes in unserem Nachbarland in vollem Wortlaut veröffentlicht. Beide beinhalten ein klares Bekenntnis zu einer solidarischen Europäischen Gemeinschaft. Wir möchten unseren Lesern den Hinweis auf diese Ansprachen nicht vorenthalten.

Die erste Ansprache: Papst an Politik und Zivilgesellschaft in Luxemburg
Hier die Ansprache des Papstes vor Vertretern der Politik und Zivilgesellschaft in Luxemburg vom 26. September 2024 im Wortlaut und in der deutschen Übersetzung.

Ein Auszug:
Durch seine Geschichte belehrt - die Geschichte ist die Lehrerin des Lebens -, hat Ihr Land sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit seinem Engagement für den Aufbau eines vereinten und solidarischen Europas hervorgetan, in dem jedes Land, ob groß oder klein, seine eigene Aufgabe hat, und in dem die Spaltungen, Streitigkeiten und Kriege, die durch extremen Nationalismus und schädliche Ideologien verursacht waren, endlich der Vergangenheit angehören. Die Ideologien sind immer ein Feind der Demokratie.
...
Luxemburg ist ein Land der offenen Türen, es hat ein schönes Zeugnis der Nicht-Diskriminierung und der Nicht-Ausgrenzung.

Berufung zum Austausch und zur Solidarität
In diesem Sinne bleiben die Worte des heiligen Johannes Paul II. bei seinem Besuch in Luxemburg im Jahr 1985 aktuell. Er sagte: »Auf diese Weise bleibt euer Land seiner Berufung treu, an diesem wichtigen Knotenpunkt der Zivilisationen ein Ort des intensiven Austauschs und der Zusammenarbeit zwischen einer wachsenden Zahl von Ländern zu sein. Ich wünsche inständig, dass dieser Wille zur Solidarität die nationalen Gemeinschaften immer stärker miteinander vereint und sich auf alle Nationen der Welt ausdeht, insbesondere die ärmsten« (Ansprache bei der Ankunft auf dem Flughafen in Luxemburg, 15. Mai 1985). Indem ich mir diese Aussagen zu eigen mache, erneuere ich insbesondere den Aufruf zur Schaffung solidarischer Beziehungen zwischen den Völkern, damit alle zu Teilnehmern und Protagonisten eines geregelten Prozesses ganzheitlicher Entwicklung werden können.
Die Soziallehre der Kirche zeigt die Merkmale eines solchen Fortschritts und die Wege zu seiner Verwirklichung auf. Auch ich habe auf der Linie dieses Lehramts zwei große Themen vertieft: die Bewahrung der Schöpfung und die Geschwisterlichkeit. Denn eine echte und ganzheitliche Entwicklung darf unser gemeinsames Haus nicht plündern und entwürdigen und keine Völker und sozialen Gruppen außen vor lassen, alle, alle Geschwister. Der Reichtum – vergessen wir das nicht – beinhaltet eine Verantwortung. ...


Die zweite Anspruche: Papst Franziskus‘ Rede in der Kathedrale von Luxemburg
Hier lesen Sie die Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Donnerstag bei einer Begegnung mit Kirchenleuten in der Kathedrale von Luxemburg gehalten hat, in vollem Wortlaut.
Ein Auszug:
Ja, der Geist des Evangeliums ist ein Geist des Annehmens, der Offenheit für alle, und er lässt keine Form der Ausgrenzung zu (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 47). Ich ermutige euch daher, diesem eurem Erbe, diesem Reichtum, den ihr habt, treu zu bleiben und euer Land weiterhin zu einem offenen Haus für jeden zu machen, der an eure Tür klopft und um Hilfe und Gastfreundschaft bittet.
Es handelt sich dabei um eine Pflicht der Gerechtigkeit, mehr noch als um eine Pflicht der Nächstenliebe, wie schon Johannes Paul II. sagte, als er an die christlichen Wurzeln der europäischen Kultur erinnerte. Er ermutigte gerade die jungen Menschen in Luxemburg, die Weichen für ein Europa nicht nur der Waren und Güter, sondern der Werte, der Menschen und der Herzen zu stellen, in dem das Evangelium »im Wort der Verkündigung und in den Zeichen der Liebe« weitergegeben wird (Ansprache an die Jugendlichen des Großherzogtums Luxemburg, 16. Mai 1985, 4)...

Die nächste Ansprache: Papst an belgische Autoritäten
Hier lesen Sie die Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Freitag bei seiner Begegnung mit den Autoritäten Belgiens.
Ein Auszug:
Europa braucht Belgien, um auf dem Weg des Friedens und der Geschwisterlichkeit unter seinen Völkern weiterzugehen. Dieses Land erinnert alle anderen daran, dass man die Büchse der Pandora öffnet, dass alle Winde heftig zu wehen beginnen und das Haus erschüttern und zu zerstören drohen, wenn man unter den verschiedensten und unhaltbaren Vorwänden beginnt, Grenzen und Verträge nicht mehr zu respektieren und es den Waffen überlässt, Recht zu schaffen und das geltende Recht umzustoßen. In diesem historischen Moment glaube ich, dass Belgien eine sehr wichtige Rolle spielt - ein praktisch weltweiter Krieg ist nämlich nicht weit entfernt.
Die Eintracht und der Frieden sind nämlich keine Errungenschaft, die man ein für alle Mal erlangt, sondern eine beständige Aufgabe und Mission, die es mit Beharrlichkeit und Geduld zu hegen und zu pflegen gilt. Denn wenn der Mensch aufhört, sich an das Vergangene zu erinnern (...) und daraus zu lernen, besitzt er die beunruhigende Fähigkeit, erneut zu fallen – auch nachdem er sich endlich wiederaufgerichtet hat –, und das Leid und den entsetzlichen Preis zu vergessen, den vorangegangene Generationen bezahlt haben. ...

Freitag, 27. September 2024

§ Urteil des BSG: Verletzt auf dem Rückweg vom Wochenendausflug? Das kann ein Arbeitsunfall sein

Der SPIEGEL berichtet über ein richtungsweisendes Urteil:
Eine evangelische Gemeindesekretärin wollte nach einem Kurzurlaub vor der Arbeit zu Hause vorbeifahren, um Schlüssel und Unterlagen abzuholen. ....

Wer nach einem privaten Wochenendausflug vor der Arbeit noch zu Hause einen Schlüssel oder dienstliche Unterlagen abholen muss, kann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel festgestellt (Aktenzeichen B 2 U 15/22 R). In dem konkreten Fall hatte eine evangelische Gemeindesekretärin aus dem Raum Dortmund einen Wochenendausflug gemacht und wollte am Montagmorgen in ihrer Wohnung Schlüssel und verschiedene Unterlagen für den anschließenden Arbeitstag abholen. Wenige Kilometer vor ihrer Wohnung verunglückte sie schwer, weil ein entgegenkommender Fahrer frontal in ihr Auto fuhr. Die Frau ist seither schwerbehindert. ....
Das Bundessozialgericht (BSG) entschied dazu:
Ein Arbeitsunfall kann demnach auch dann vorliegen, wenn jemand nach einem privaten Wochenendausflug auf dem Weg nach Hause verunglückt – wenn er oder sie vom Arbeitgeber angewiesen wurde, Schlüssel oder Dokumente von dort abzuholen. Auch ohne eine solche Anweisung könne es sich um einen Arbeitsunfall handeln, wenn der Mitarbeitende verpflichtet sei, »Arbeitsgeräte« – in diesem Fall Schlüssel und Unterlagen – aus Sicherheitsgründen zu Hause aufzubewahren.
zur Pressemitteilung des Bundessozialgerichts mit dem folgenden Hinweise zur Rechtslage:
Sozialgesetzbuch (SGB) Siebtes Buch (VII) - Gesetzliche Unfallversicherung
§ 8 Arbeitsunfall (idF des Gesetzes vom 7.8.1996, BGBl. I S. 1254 mWv 1.1.1997)

(1) 1Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)…
(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch
1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,

5. das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

Montag, 23. September 2024

Heute begann die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda (vom 23. bis 26. September 2024)

sie
steht ganz im Zeichen der bevorstehenden Weltsynode in Rom, der Konflikte in Nahost und der Ukraine sowie der Zukunft der Kirche in Deutschland.
Das berichtet VaticanNews unter Bezug auf den DBK-Vorsitzenden Bischof Georg Bätzing und sein Auftaktstatement vor Journalisten. Erwartungen hinsichlich der Umsetzung der eigenen Soziallehre und einem Bekenntnis zum Gewerkschaftsprinzip bestehen unsererseits - angesichts der weltpolitischen Themen, denen sich die Bischöfe vorrangig annehmen - nicht unbedingt.
Die Gespräche der Bischöfe selbst sind nicht öffentlich.
Unsere Kirche ist offenbar dabei, sich "gesund zu schrumpfen" (den Begriff haben wir einem Gastkommentar von Kirche und Leben entnommen). Und wir zitieren dann aus dem Kommentar noch einen weiteren Satz:
So kann man sich den eigenen Bedeutungsverlust natürlich auch schön reden.

Sonntag, 22. September 2024

Sonntagsnotizen - Weimar: »Rütteln an den Grundfesten«

berichtet ver.di auf Facebook und führt dazu aus:
Beschäftigte am kirchlichen Klinikum in Weimar fordern einen Tarifvertrag und verteidigen ihr Streikrecht. Statt 7 sind es jetzt 370 ver.di-Mitglieder

Ines Herboth ist enttäuscht von ihrem Arbeitgeber. Und wütend. Wie etwa 370 ihrer Kolleg*innen aus dem Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar hat sich die Krankenschwester bei ver.di organisiert und fordert einen Tarifvertrag. »In anderen Krankenhäusern ist es selbstverständlich, dass die Löhne und Arbeitsbedingungen auf Augenhöhe ausgehandelt werden – nur bei uns nicht.« Mit Verweis auf die sogenannten Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Diakonie Mitteldeutschland verweigert der kirchliche Träger Tarifverhandlungen mit ver.di. Schlimmer noch: Mit juristischen Mitteln versuchen Kirche, Diakonie und Klinikleitung, ihren Beschäftigten die Mitsprache über die eigenen Arbeitsbedingungen sowie das grundgesetzlich verbriefte Streikrecht abzusprechen.

Vorbild Niedersachsen

»Das ist traurig«, findet Ines Herboth, die seit über 35 Jahren am Klinikum Weimar arbeitet, aktuell als stellvertretende Leiterin einer Intensivstation. »Den Weg der Konfrontation hätte der Arbeitgeber nicht gehen müssen. Er hätte sich mit uns an einen Tisch setzen und darüber reden können, was zum Beispiel bei der Diakonie Niedersachsen möglich ist.« Dort besteht seit nunmehr zehn Jahren ein Tarifvertrag, der für rund 38.000 Beschäftigte gilt und regelmäßig weiterentwickelt wird.

Was mit Tarifverträgen möglich ist, hat Ines Herboth auch in Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen aus der nur gut 20 Kilometer entfernten, landeseigenen Uniklinik in Jena erfahren. Dort hat ver.di 2019 einen Tarifvertrag Entlastung durchgesetzt, der Personalbesetzungen festschreibt, sowie zusätzliche freie Tage als Belastungsausgleich, falls die Vorgaben unterschritten werden. »Auch Weimar muss für Beschäftigte attraktiver werden«, betont Ines Herboth, die sich in der ver.di-Tarifkommission engagiert. »Im Umkreis von 30 Kilometern gibt es vier Krankenhäuser, die bessere Bedingungen bieten.«

»Ein Wirtschaftsunternehmen«

Dabei geht es nicht nur um mehr Geld, sondern auch zum Beispiel um Sonderurlaub für langjährige Beschäftigte, Zusatzurlaub im Schichtdienst, eine geringere Wochenarbeitszeit sowie sechs arbeitsfreie Wochenenden im Quartal. Grundsätzlich fordert die ehrenamtliche ver.di-Tarifkommission, dass der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) zur Anwendung kommt. »Anders als die kirchlichen AVR sind Tarifverträge bindend, das ist für mich das Wichtigste«, sagt der Physiotherapeut Mario Golleo. »Bei Tarifverhandlungen können wir als Beschäftigte richtig mitreden – und das wollen wir.« Als der 48-Jährige vor einigen Jahren ver.di beitrat, war er das siebte Gewerkschaftsmitglied im Haus. Jetzt sind es rund 370.

Auch Silke Krause-Nebel hat sich in ver.di organisiert. Sie war schon einmal Mitglied, trat aber aus, weil sie das Gefühl hatte, nicht viel bewegen zu können. »Jetzt sind wir so viele, da können sie nicht mehr an uns vorbeigucken«, ist die gelernte Hebamme überzeugt. Die 59-Jährige ist seit 1985 am Weimarer Klinikum beschäftigt und kann sich noch gut an die Zeit vor 1998 erinnern, als es der Stadt gehörte. »Nach der Fusion und Übernahme durch die Kirche haben wir auch nicht anders gearbeitet als vorher«, betont Silke Krause-Nebel. Dass der evangelische Träger beim Umgang mit den Beschäftigten Sonderrechte für sich reklamiert, hält sie für scheinheilig. »Die Klinik ist ein Wirtschaftsunternehmen, das merkt man an allen Ecken und Enden.«

So auch im Archiv, wohin Silke Krause-Nebel 2016 nach einer längeren Krankheit wechselte. Im Zuge einer Umstrukturierung vergab die Klinikleitung einen Großteil der Aufgaben an einen externen Dienstleister. Die Folge: Von den ehemals neun sind noch zwei Beschäftigte übrig, die nun auch noch die Poststelle und die Bibliothek betreiben. Die Archivarbeit habe sich in den vergangenen Jahren massiv verändert, berichtet Silke Krause-Nebel. »Es reicht nicht mehr, Regalnummern auf Pappdeckel zu kleben, heute muss ich die Qualitätskontrolle einer zertifizierten Fremdfirma machen.« Doch in ihrer Bezahlung hat sich das nicht niedergeschlagen, auch nach fast zehn Jahren im Archiv gilt für sie immer noch »Erfahrungsstufe 1«.

Solche und andere Fragen würden die gelernte Hebamme und ihre Kolleg*innen gerne wie anderswo in Tarifverhandlungen regeln. Ihnen ist bewusst, dass sich dies angesichts der Haltung des Arbeitgebers nur in einer harten Auseinandersetzung durchsetzen lässt. »Wir rütteln an den Grundfesten, an ihrer Alleinherrschaft«, sagt die 59-Jährige. »Aber wir sind eine starke Truppe und halten zusammen. Wir werden es zumindest versuchen.«

ver.di in kirchlichen Betrieben.

Donnerstag, 19. September 2024

Aufruf: Tarifbotschafter*innen gesucht

Tarifbotschafter*innen sind aus erfolgreichen ver.di-Tarifauseinandersetzungen nicht mehr wegzudenken: Sie werden regelmäßig direkt von der ver.di-Verhandlungsführung über alle aktuellen Entwicklungen informiert und halten den direkten Kontakt zu den Kolleg*innen in ihren Dienststellen und Betrieben. Du willst Verantwortung übernehmen? Dann registrier' Dich bei Deinen örtlichen GewerkschaftssekretärInnen als Tarifbotschafter*in.

Dienstag, 17. September 2024

Programmhinweis - MDR und Weimar

Programmhinweis
📺 heute um 20:15 berichtet der MDR in der Umschau über die entschlossenen Kolleg*innen im Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar, im Kampf um ihr Selbstbestimmungsrecht bei der Gestaltung der eigenen Arbeitsbedingungen ✊ Ein Kamerateam hat die Kolleg*innen auf dem Weg zum Gütetermin beim Arbeitsgericht Erfurt begleitet. ‼
Quelle: MDR-Fernsehen - Zitat:
Die Themen:
* Kein Recht auf Streik: Warum Kirchen-Beschäftigte dagegen protestieren
die Aussage "kein Recht auf Streik" würden wir hinterfragen. Natürlich behauptet jeder Arbeitgeber, dass in seiner Einrichtung nicht gesreikt werden darf. Kirchliche Arbeitgeber kommen dann auch gleich mit irgendwelchem theologischen Brimborium und kirchenrechtlichen Regelungen.
Aber klar ist - das kirchliche Selbstverwaltungsrecht besteht nur "in den Schranken der für alle geltenden Gesetze" (vgl. Art. 140 GG i.V. mit Art. 137 Ab. 3 WRV). Und Art. 9 Grundgesetz schließt das Streikrecht ein. Wie jemand auch nur im Ansatz darauf kommen mag, dass das Grundgesetz mit seinen dort verfassungsrechtlich garantierten Grundrechten nicht für alle gelten soll, erschließt sich uns nicht.
Dazu gibt es - zumindest in der katholischen Kirche - kein theologisch begründbares Streikverbot. Das kann jeder im Katechismus und den päpstlichen Sozialenzykliken zum Streik nachlesen. Und bei den Protestanten müsste die Lehre genauso sein.

Sonntag, 15. September 2024

Der Wandel gesellschaftlicher Realitäten und das Spannungsverhältnis zwischen tradierten Werten und dem Schutz vor Diskriminierung - Welche Aufgabe kommt dem Verfassungsrichter bei der Bewältigung dieses Wandels zu?

Zu diesem Thema haben sich Vertreter der deutschsprachigen Verfassungsgerichte, des EuGH und des EGMR in Luxemburg im "Sechser-Treffen" ausgetauscht.
Eine Delegation des Bundesverfassungsgerichts unter Leitung des Präsidenten Prof. Dr. Stephan Harbarth, LL.M. (Yale) und der Vizepräsidentin Prof. Dr. Doris König hat vom 8. bis 9. September 2024 am „Sechser-Treffen“ der deutschsprachigen Verfassungsgerichte aus Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und Deutschland sowie des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte teilgenommen.
...
Beteiligt am diesjährigen Treffen war auch das Verfassungsgericht Luxemburg. ...
Quelle: Pressemitteilung Nr. 73/2024 des Bundesverfassungsgerichts vom 10. September 2024

Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass auch das Spannungsfeld zwischen kirchenspezifischen Anforderungen im Arbeitsrecht und der religiösen Diskreminierung angesprochen wurde. Denn auch, wenn die von den Kirchen in Deutschland beanspruchte Sonderrolle für Europa einmalig sein dürfte - so manches wird wohl auch in anderen europäischen Ländern stattfinden. Und ganz nebenbei ist es ja auch interessant, wie im "europäischen Ausland" der eine oder andere Konflikt gelöst wird. In dem Zusammenhang noch der kleine Hinweis, dass auch Südtirol trotz der Staatszugehörigkeit zu Italien deutschsprachig ist. Und dort - im katholischen Italien - ist schon vor Jahren von namhaften Vertretern der katholische Diözesenverwaltung Bozen-Brixen (italienisch Diocesi di Bolzano-Bressanone) völliges Unverständnis für die Marotten der katholischen Bistumer in Deutschland geäussert worden.

Freitag, 13. September 2024

Arm trotz Arbeit: Niedriglohnland Deutschland – „brauchen mehr Lohngerechtigkeit“

berichtete gestern die Frankfurter Rundschau und führte u.a. aus:
Berlin – Deutschland ist Niedriglohnland. Das verdeutlichen neu veröffentlichte Zahlen der Bundesregierung, denen eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag vorausging. Zwar ging der Anteil der Schlechtverdienenden zuletzt etwas zurück, im internationalen Vergleich steht die Bundesrepublik aber unterdurchschnittlich da. Besonders ostdeutsche Bundesländer sind betroffen.
...
Im Jahr 2023 zählten rund 3,36 Millionen sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte zu sogenannten Niedriglohnempfängern. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung und Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor, die IPPEN.MEDIA exklusiv vorliegen. Das entspricht einem Anteil von 15,3 Prozent der Arbeiterinnen und Arbeiter. Als Niedriglohn gelten Einkommen, die unter zwei Dritteln des Median-Bruttostundenverdiensts liegen. 2023 lag die Niedriglohnschwelle bei 13,04 Euro. Zum Vergleich: Der derzeitige Mindestlohn liegt bei 12,41 Euro. Heißt: fast jeder siebte Vollzeitarbeitende verdient in Deutschland so wenig, dass sein Gehalt oft nicht existenzsichernd ist.
Deutlicher ist die Lage in den neueren Bundesländern. ..... Zum jüngsten Stichtag, dem 31. Dezember 2023, lag der Wert ... noch immer bei 22,4 Prozent. Im Bundesschnitt sind die mittel- und ostdeutschen Bundesländer damit stark überrepräsentiert. Die fünf am stärksten betroffenen Landkreise liegen allesamt in Ostdeutschland.
...
Im EU-Vergleich steht Deutschland beim Niedriglohn nicht gut da. Zum letzten Erhebungsstand aus dem Jahr 2018 hatte Deutschland eine Niedriglohnempfänger-Quote von 20,68 Prozent. Der EU-Schnitt lag damals bei 15,22 Prozent.
...
In Thüringen erhalten Beschäftigte in der Pflege einen der bundesweit niedrigsten Stundenlöhne. Das geht aus Zahlen der Krankenkasse AOK plus hervor. Demnach liegt der übliche Satz für Fachpersonal im Freistaat mit mindestens dreijähriger Ausbildung bei durchschnittlich 22,81 Euro pro Stunde. Pflege- und Betreuungskräfte mit mindestens einjähriger Berufsausbildung erhalten im Schnitt einen Stundenlohn von 17,82 Euro, Hilfskräfte 16,84 Euro.(Quelle: mdr).

Mittwoch, 11. September 2024

Du sollst nicht streiken gegen Gott

Unter dieser Überschrift hat sich der Humanistische Pressedienst mit dem endlosen Thema "Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen" auseinandergesetzt:
Das kirchliche Arbeitsrecht und das strenge Gebot:
Du sollst nicht streiken gegen Gott

Kirchliche Arbeitgeber beschäftigen bei den Kirchen selbst und bei deren Wohlfahrtsverbänden wie Caritas und Diakonie bundesweit mehr als 1,5 Millionen Menschen. Wenn es darum geht, Forderungen ihrer Belegschaften nach arbeitsrechtlicher Gleichbehandlung abzuwehren, kennen sie kein Pardon. Das zeigt ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Erfurt. Die Kirchen- und Arbeitgeberseite besteht auf dem, was sie "Dritter Weg" nennt. Ein Weg, den jedoch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Diskriminierung ansehen – im Vergleich mit Angestellten bei weltlichen Unternehmen.

Die Gewerkschaft ver.di hatte für den 1. August zu einem Warnstreik an dem kirchlichen Sophien- und Hufeland-Klinikum in Weimar aufgerufen. Daraufhin beantragten die evangelische Kirche, das Diakonische Werk Mitteldeutschland und die Klinikleitung im Eilverfahren vor dem Erfurter Arbeitsgericht, den Streik zu untersagen. Entsprechend entschied das Arbeitsgericht und verbot den Warnstreik, den die Gewerkschaft denn auch absagte. Ein Richterspruch, den die Anwaltskanzlei, die Kirche und Klinikum vertreten hatte, denn auch triumphierend so kommentierte:
"Das Arbeitsgericht Erfurt hat im Ergebnis die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt *), gemäß der 'tariftreue' kirchliche Einrichtungen nicht bestreikt werden dürfen. Damit hat das Arbeitsgericht Erfurt ausdrücklich die verfassungsrechtlich geschützte Autonomie der Kirchen und ihrer Einrichtungen gestärkt, obwohl die Gewerkschaft Verdi behauptet, dass sich das Verständnis des Verhältnisses von Streikrecht und Kirchenautonomie wandele."
Ganz anders sehen das die gerichtlich gestoppten Arbeitnehmer des Klinikums. So sagte nach einer Pressemitteilung der Gewerkschaft ver.di der Fachkrankenpfleger Mathias Korn, der sich in der Mitarbeitervertretung des Klinikums und auch bei ver.di engagiert: "Wir fühlen uns wie vor den Kopf gestoßen. Wir wollen nichts anderes, als über unsere Arbeitsbedingungen so mitzubestimmen, wie es auch in weltlichen Betrieben möglich ist. Dass Diakonie und Kirche darauf mit Ablehnung und Anklage reagieren, finde ich als Beschäftigter, aber auch als Christ, sehr irritierend." Schließlich stehe die Kirche sonst für Dialog und Teilhabe. Gegenüber ihren eigenen Beschäftigten werde sie diesem Anspruch jedoch nicht gerecht.
....
die Überschrift trifft den Kern der amtskirchlichen Argumentation, und ist so schon vor Jahren vertreten worden.

Wir fragen dazu: Wie blasphemisch ist das denn?
Mit welchem Recht stellen sich die Gehaltsverhandler der kirchlichen Arbeitgeber auf die Stufe Gottes, mit welchem Recht beanspruchen diese Menschen eine "gottähnliche Stellung"?

Jetzt ist es nicht mal mehr "fünf nach zwölf" - es ist noch später.

Anmerkung:
*) Es ist ein sehr merkwürdiges Verständnis, dass die Anwälte der kirchlichen Arbeitgeber hier vom der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts haben.

Dienstag, 10. September 2024

Marienhospital in Oberhausen kurz vor dem Aus ! Wer gewinnt beim Grundstückswert?

Das Marienhospital in Oberhausen hat uns unter der Überschrift "Dienstgemeinschaft - meistbietend verhökert (Klinikum Oberhausen - KKO)" schon früher beschräftigt. Das KKO befand sich im Eigentum von drei katholischen Kirchengemeinden in Oberhausen sowie dem Bistum Essen, konnte aber im Sommer 2019 seinen Betrieb nicht mehr selbst finanzieren - und wurde daher an den Klinikkonzern Ameos verkauft.
... In einer ersten Stellungnahme äußerte sich die Gewerkschaft Verdi zum Verkauf an Ameos: „Die Kirche und die öffentliche Hand überlassen damit ein großes Stück der Oberhausener Krankenhausversorgung einem privaten Investor“, so Henrike Eickholt von Verdi Ruhr-West, die sich gewünscht hätte, dass die Häuser wieder in öffentliche Verantwortung kommen.
. Ameos hatte Ende 2019 das Katholische Klinikum Oberhausen (KKO) mit drei Krankenhäusern, Reha-Zentrum, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten übernommen. Das KKO befand sich im Eigentum von drei katholischen Kirchengemeinden in Oberhausen sowie dem Bistum Essen, war aber im Sommer 2019 zahlungsunfähig und musste Insolvenz anmelden. Das heißt aber nicht, dass wir "die Verstoßenen der Dienstgemeinschaft" nun ignorieren. Im Gegenteil: wir beobachten weiter wie sich der Trägerwechsel auswirkt.
Derzeit gibt es in Oberhausen noch sechs Klinik-Standorte: vom Betreiber Ameos das Clemens-Hospital (Sterkrade), das Josef-Hospital (Marienviertel) in Alt-Oberhausen und das Marienhospital (Osterfeld), das Evangelische Krankenhaus Oberhausen (EKO) (Bismarckviertel) in Alt-Oberhausen, das evangelische Johanniter-Krankenhaus (Sterkrade) und das St.-Elisabeth-Hospital (Styrum) des Betreibers Helios. Nun wird zunehmend deutlich, dass die Tage des Oberhausener Traditionskrankenhaus St. Marienhospital in Osterfeld endgültig gezählt sind.
Die WAZ schreibt dazu:
In der NRW-Krankenhausplanung hat eine Geriatrie in Oberhausen-Osterfeld keinen Platz. Es fehlt an wichtigen Stationen. ...

...
"Wir bekennen uns zum Standort Osterfeld", also zum St.-Marienhospital an der Nürnberger Straße, beteuerte dennoch die neue Oberhausener Ameos-Krankenhausdirektorin Sabrina Zientek jetzt in der Bezirksvertretung Osterfeld. Die Grünen-Politiker dort hatten einen Bericht zu aktuellen Situation erbeten. Aller Voraussicht nach wird die Altersmedizin (Geriatrie), die seit Anfang 2022 von Ameos eigentlich nur vorübergehend in Sterkrade untergebracht worden ist, trotzdem wohl nicht mehr dorthin zurückkehren. Das aber liegt jetzt nicht mehr an Ameos, sondern an der Landesregierung.

Denn das Land NRW hat bei seiner neuen Krankenhausplanung dem Fortbestand der Geriatrie in Osterfeld eine Absage erteilt. Begründung: Es fehlten an der Nürnberger Straße die Grundvoraussetzungen dafür. Alte Menschen haben neben ihrer Altersschwäche nicht selten viele andere Beschwerden, die es zu behandeln gilt. Der Schweizer Krankenhauskonzern hat der Rückkehr der Abteilung nach Osterfeld womöglich selbst die Grundlagen entzogen, als er seit 2019 nach dem Kauf von drei Krankenhäusern in Oberhausen wichtige andere Stationen in Osterfeld aufgelöst hat: die Orthopädie etwa oder die Chirurgie, das Darmzentrum, das Schlaflabor, die Innere Medizin und auch die Notaufnahme.
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Ameos hat demnach also systematisch der Zukunft der Klinik den Boden entzogen.
Da wäre es jetzt schon interessant, welchen Kaufpreis Ameos für die ehemals katholischen Kliniken in bester Stadtlage gezahlt hat - und welchen Marktpreis die Grundstücke 2019 bzw. fünf Jahre später, also heute, tatsächlich hatten und habben.
Ob die kirchlichen Verkäufer ein Rcükfallrecht oder eine Wertabschöpfungsklausel im damaligen Kaufvertrag berücksichtigt oder gefordert haben?
Wie hat die nach dem noch geltenden "Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens" zuständige staatliche Vermögensaufsicht gehandelt?
Wurde beim Verkauf 2019 seitens der kirchlichen Träger und der Staatsaufsicht wirklich mit aller gebotenen Sorgfalt vorgegangen?

Montag, 9. September 2024

Man muss immer wieder darauf hinweisen: kirchliche Einrichtungen - das sind nicht nur Pflegeeinrichtungen ...

sondern das kirchliche Interesse umfasst von der Geburt (oder sogar mit der Zeugung) bis zum Tod und zum Friedhof sämtliche Aspekte der menschlichen Betätigung. Und alle diese Interessen weden in kirchlichen Einrichtungen manifestiert. Diese sind von hierarisch geprägten Entscheidungsstrukturen mit sehr geringen Mitwirkungsrechten der Betroffenen geprägt.
Aktuell hat es wieder einmal eine Schule erwischt:
Nach mehr als 100 Jahren: Bistum Trier schließt katholische Schule
Veröffentlicht am 06.09.2024 um 12:34 Uhr

Boppard ‐ Paukenschlag zum neuen Schuljahr: Die Realschule Marienberg in Boppard am Rhein wird 2030 geschlossen. Das Bistum Trier will so Kosten einsparen. ....
Quelle: katholisch.de

Muss man hier betonen, dass auch die Arbeitnehmer kirchlicher Schulen in einer starken Gewerkschaft "gut vertreten" sind? Und am stärksten sind natürlich die DGB-Gewerkschaften, was die Mitarbeiterenden der kirchlichen Schulen betrifft: die sind sogar gemeinsam im Fachbereich C - Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft organisiert. Warum auch nicht von den Erkenntnissen und Erfahrungen profitieren, die ver.di KollegInnen in anderen Tätigkeitsfeldern mit unseren kirchlichen Arbeitgebern gemacht haben?

Sonntag, 8. September 2024

Sonntagsnotizen: »Streiks sind zulässig« - Interview mit Wolfgang Däubler, emeritierter Professor für deutsches und europäisches Arbeitsrecht an der Uni Bremen zu Weimar und darüber hinaus

Wolfgang Däubler, emeritierter Professor für deutsches und europäisches Arbeitsrecht an der Uni Bremen und Autor einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Standardwerke hat sich in einem Gutachten hat er sich kürzlich mit dem Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen beschäftigt. In einem Interview nimmt er zum aktuellen Gerichtsverfahren "Streikverbot in Weimar" ausführlich Stellung:
Die Beschäftigten des kirchlichen Sophien- und Hufeland-Klinikums Weimar fordern einen Tarifvertrag. Dass ver.di dafür zu Warnstreiks aufruft, versuchen evangelische Kirche, Diakonie und Klinikleitung mit juristischen Mitteln zu verhindern. Ihr Argument: Das kirchliche Arbeitsrecht schließe Arbeitskämpfe aus. Ganz grundsätzlich: Sind Streiks in kirchlichen Einrichtungen tatsächlich ausgeschlossen?

Es gibt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahre 2012, die besagt: Wenn es sich um eine kirchliche Einrichtung handelt, kann die Tarifautonomie einschließlich des Streikrechts unter ganz bestimmten Voraussetzungen ersetzt werden durch ein paritätisches Verhandlungs- und Schlichtungsverfahren. Das setzt aber erstens voraus, dass es sich wirklich um eine kirchliche Einrichtung handelt und dass das Verfahren, zweitens, tatsächlich paritätisch ist. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, bleibt es beim juristischen Normalfall: Streiks sind weiter zulässig, die Ausnahmen greifen nicht.
h ...
warum das so ist, wird hier im Interview prägnant erklärt:
Quelle "klick"

Freitag, 6. September 2024

Es brodelt im Vatikan - Vatikangewerkschaft ADLV macht mobil

In den vergangenen Monaten sorgte der Umgang mit den vatikanischen Angestellten immer wieder für Schlagzeilen. So drohten im Mai Angestellte der vatikanischen Museen damit, den Vatikan zu verklagen. Vor wenigen Tagen wandte sich die Vatikangewerkschaft mit einem Brandbrief an die Öffentlichkeit. Nun droht einem frisch verheirateten Paar wegen dieser Heirat die Kündigung.
Laut internen Regeln der Vatikanbank ist es Angestellten verboten, untereinander zu heiraten. Diese Vorschrift soll Interessenkonflikte und Seilschaften verhindern. Laut ADLV habe es zuletzt in diesem Fall Gespräche mit der Vatikanbank und der Kurie gegeben, doch seien diese ohne Erfolg gewesen.

Der aktuelle Fall macht unter dem Schlagwort "Romeo und Julia" Schlagzeilen. Das Paar habe Anfang des Monats kirchlich geheiratet, berichten italienische Medien. Nun habe es die Wahl, dass einer der beiden kündigt oder beide automatisch dreißig Tage nach der Eheschließung ihre Anstellung verlieren. Laut einem Bericht des Messaggero sollen beide schon einige Tage suspendiert worden sein, da sie öffentlich über die drohende Entlassung gesprochen haben.
berichtet katholisch.de

Man kann darüber nur noch den Kopf schütteln.
Wäre es denn besser, wenn die beiden "heimlich" zusammen wären? Ist dann kein Interessenskonflikt zu befürchten? Ist es nicht gerade sinnvoll, eine Beziehung offen zu leben, um einen Einsatz an unterschiedlichen Plätzen ohne die Gefahr eines Interessenskonfliktes zu ermöglichen?
Eine Kündigung - weil jemand ein ihm zustehendes kirchliches Sakrament in Anspruch nimmt ... gehts noch?

Und ganz allgemein jeztt die Frage:
Wenn man die Liebe zwischen zwei Menschen als Geschenk begreift - und die christliche Lehre als "frohe Botschaft": mit welchem Recht verlangt ein kirchlicher Arbeitgeber, dass die eigenen Mitarbeitenden dieses Geschenk ausschlagen?
Damit kommen wir dann endgültig in einen Spannungsbogen, der zwischen gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft und Zölibat zu endlosen Diskussionen führen könnte. Aber das wäre jetzt ein anderes Thema.

Montag, 2. September 2024

Missstände in der Pflege: Sind die Zeichen der Zeit ... erkannt?

In einem Gastkommentar bei "Kirche und Leben"(Münster) nimmt Ulrike Göken-Huismann (katholische Theologin, geistliche Leiterin der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands) zu Missständen in der Pflege Stellung:
Raus aus dem Pflegenotstand - Lippenbekenntnisse reichen nicht mehr!

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Lippenbekenntnisse reichen nicht mehr! Vernünftige Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen ganz oben auf der Agenda stehen. Nicht zuletzt als Angehörige der Generation Babyboomer frage ich mich, wann Gesundheitspolitiker*innen in Deutschland endlich wirkliche Lösungen des Pflegenotstands angehen wollen.

Auch in Kirche Luft nach oben

Auch in unserer Kirche ist bei diesem Thema noch viel Luft nach oben.
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die beeindruckende diakonische und seelsorgliche Arbeit in den verschiedensten Pflegeeinrichtungen vor Ort wird (zu) wenig wahrgenommen. Einrichtungen und Mitarbeitende von Diakonie und Caritas stehen eher am Rande. Ich rufe in Erinnerung, dass Liturgie, Verkündigung und Diakonie zusammengehören, sie sind die Grundvollzüge, Wesensmerkmale der Koinonia, der christlichen Gemeinschaft. Erstkommunionkatechese und Besuchsdienste im Altenheim sind gleich wichtig!

Wie soll die Zukunft der Pflege gestaltet und gesichert werden? Ich erwarte zeitnahe konkrete umfassende Handlungsschritte von Politik und Gesellschaft!
der Aufruf ist richtig, zweifellos - noch besser wäre es aber, gemeinsam mit der zuständigen DGB-Gewerkschaft an der Problemlösung zu arbeiten. Wer das Desaster um den Abschluss eines allgmein verbindlichen Tarifvertrages "Altenpflege" in Erinnerung hat, der weiß, dass die kirchlichen Arbeitgeber bisher das Gegenteil von Problemlösung getan haben - sie haben die Probleme verschärft (Mt 7,16; 12,33; Lk 6,43). Da müssen diejenigen, die das verbockt haben, also erst einmal eine Lernphase abschließen und glaubhaft belegen, dass sie einen "Kurswechsel" anstreben.