Montag, 27. November 2023

40 Jahre CIC / 1983

Vor genau 40 Jahren, am 27. November 1983, trat der neue Kodex des Kirchenrechts (Codex Iuris Canonici - CIC) in Kraft.
Er ist, wie die überwiegende Lehrmeinung sagt, die Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils, das 1965 zu Ende ging. Allerdings ist auch der CIC - so wie jedes andere Textdokument auch - zu "interpretieren". Und dafür gibt es verschiedene Methoden, deren Inhalt und Reihenfolge gelehrt wird.
Was wollte der Gesetzgeber?
Diese Interpretationsmethode ist im weltlichen Recht absolut nachrangig. Es gibt zwar eine amtliche Begründung für Gesetze, die von den Gerichten auch herangezogen wird, wenn andere vorrangige Interpretationsmethoden kein vernünftiges Ergebnis bringen - aber Gesetzgeber, das ist im weltlichen Bereich ein Parlament. Und von daher ist es relativ unrelevant, was denn die einzelnen Mitglieder eines Parlaments mit dem Gesetzgebungsakt erreichen wollten. In einem hierarchischen System ist das anders. Und deshalb regelt der CIC/1983 gleich zu Anfang:
Can. 17 — Kirchliche Gesetze sind zu verstehen gemäß der im Text und im Kontext wohl erwogenen eigenen Wortbedeutung; wenn sie zweifelhaft und dunkel bleibt, ist zurückzugreifen auf Parallelstellen, wenn es solche gibt, auf Zweck und Umstände des Gesetzes und auf die Absicht des Gesetzgebers.
Das Konzil bildet die Grundlage für das Verständnis der kirchrechtlichen Normen und dessen Anwendung. Die Konzilstexte können daher zur Auslegung des Gesetzes herangezogen werden.
Zum heutigen Tag bringt katholisch.de ein Interview mit dem Innsbrucker Kirchenrechtler Wilhelm Rees, auf das wir diesbezüglich hinweisen.

Warum wir das schreiben?
Nun, kirchennahe Arbeitsrechtler (die meist der evangelischen Kirche zugehören und vom katholischen Kirchenrecht daher oft wenig verstehen) behaupten gerne, ein - den Kirchen angeblich verfassungsrechtlich zugestandenes - Recht auf kircheneigene Regelungen im Arbeitsrecht, die vom staatlichen Arbeitsrecht abweichen.
Wir verweisen dagegen immer wieder gerne darauf, dass das katholische Kirchenrecht auf theologischer Grundlage aufbaut und dann auf die folgende Regelung:
Can. 1286 — Die Vermögensverwalter haben:
1° bei der Beschäftigung von Arbeitskräften auch das weltliche Arbeits- und Sozialrecht genauestens gemäß den von der Kirche überlieferten Grundsätzen zu beachten;
2° denjenigen, die aufgrund eines Vertrages Arbeit leisten, einen gerechten und angemessenen Lohn zu zahlen, so daß sie in der Lage sind, für ihre und ihrer Angehörigen Bedürfnisse angemessen aufzukommen.
und interpretieren:
1.
die genaueste Beachtung des weltlichen Arbeits- und Sozialrechts lässt für kircheneigene arbeitsrechtliche Besonderheiten ("Dritter Weg") kaum Raum, zumindest aber gibt es keine theologische Grundlage oder gar Notwendigkeiten für abweichende Regelungen (es sei denn zur Umsetzung der von der Kirche überlieferten Grundsätze)
2.
diese von der Kirche überlieferten Grundsätze - namentlich der päpstlichen Sozialenzykliken - verlangen die Umsetzung des "Gewerkschaftsprinzips" auch und gerade in der Kirche
und
3.
die Bedürfnisse sind auch im Alter unter Berücksichtigung der Angehörigen (Witwen und Waisen) zu erfüllen. Armutslöhne, die zur Altersarmut führen, sind daher in kirchlichen Einrichtungen unzulässig. Unter diesem Stichwort haben wir dann auch mehrfach auf Fehlentwicklungen hingewiesen, z.B. vor knapp 10 Jahren.

Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen - Ergebnisse

Es sollte klar sein, dass die Caritas nicht auf einer Insel isoliert im Meer schwimmt. Viele andere Entwicklungen beeinflussen die Caritas. Deshalb erlauben wir uns auch immer wieder einen Blick über den Tellerrand - insbesondere, wenn es die Sozialen Dienste betrifft.
Über den Abschlss der Verhandlungen zum TV der Diakonie NS haben wir schon informiert. Das Flugblatt mit den Ergebnissen ist nun da. Hierin sind die wichtigsten Punkte nochmal niedergeschrieben. Einige Fragestellungen aus den Diskussionen der ersten Stunden nach Abschluss wurden mit aufgenommen.
Klar ist, dass einige Themen betrieblich neu geregelt werden müssen. Dies liegt daran, dass viele von den Themen mit dem DDN aus verschiedenen Gründen nicht zu verhandeln waren.
Quelle: Facebook

Sonntag, 26. November 2023

Sonntagsnotizen - Zehn Jahre Evangelii Gaudium: Dokument, das provokative Kraft bewahrt hat

So betitelt Vatikan-News seine Rückschau auf ein Dokument, dem wir bisher einige Beiträge widmen durften.
„Evangelii gaudium ist nicht nur das erste Dokument, es ist auch das programmatische Dokument des Pontifikats von Papst Franziskus, das schreibt er selbst auf den ersten Seiten“
und
...es gibt auch einige große Neuerungen (Anm. zur Synode von 2012): zum Beispiel zur sozialen Dimension, zur Notwendigkeit, dass die Kirche arm sein muss, zum Beharren auf einem Kulturwandel im Umgang mit verschiedenen Themen. Es ist ein programmatisches Dokument, das noch immer seine ganze treibende und provokative Kraft bewahrt hat.“
(Zitiert aus Vatican-News)

Lassen Sie uns am letzten Sonntag im Kirchenjahr - dem "Christkönigs-Sonntag" - daran erinnern, dass es für Christen nur einen König geben darf. Darin und in der "Gemeinschaft der Kirche" liegt das Ziel für den Aufbruch der Kirche, nicht in einer historisch schwer belasteten Ideologie der "Dienstgemeinschaft" oder in einem kirchengesetzlich erlassenen "Streikverbot". Das Streikverbot der Grundordnung des kirchlichen Dienstes (Grundordnung, GrO) dient der Machterhaltung. Es verurteilt zum "kollektiven Betteln" (vgl. BAG, Urteil vom 12. September 1984 - 1 AZR 342/83 -, juris, Rn. 96, bestätigt durch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 09. Juli 2020 - 1 BvR 719/19 -,) und verhindert eine faire Partnerschaft auf Augenhöhe. Es ist (auch vor dem heutigen Evangelium nach Mt 25, 31–46) "unkatholisch" und hat - soweit dies theologisch begründet wird - häretischen Charakter und schismatische Tendenzen. Die Solidarität untereinander und insbesondere mit den Schwächeren zeichnet das Gewerkschaftsprinzip aus.

Dass die Kirche "im Aufbruch" ist, kann niemand bestreiten. Auch wenn man manchmal den Eindruck hat, die Aufbrechenden würden in alle möglichen Richtungen los marschieren und dabei den Zusammenhalt untereinander verlieren. Manchmal, so wünscht man sich, wäre es sinnvoll, nicht irgendwohin aufzubrechen - es würde als ersten und enscheidenden Schritt schon ausreichen, eingefahrene, verkrustete und völlig überholte Strukturen aufzubrechen, und so die Einheit mit der Weltkirche wieder herzustellen. Oder sind uns die Protestanten dabei voraus? Sind sie dabei, in diesem Punkt katholischer als die deutschen Amtskatholiken zu werden?

P.S.: nur in den bayerischen Bistümern "müssen" die MAV-Vorsitzenden katholisch sein, und im Bistum Augsburg wird jeder Dispens schon von untergeordneten Chargen verwehrt (vgl. Kirchl. Arbeitsgericht Augsburg, Az. 1 MV 19/19, nicht veröffentlicht). Dort können nur KatholikInnen MAV-Vorsitzende werden - was soll das?

Freitag, 24. November 2023

Die (katholische) rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) dringt auf Reform des kirchlichen Arbeitsrechts

berichtet katholisch.de und führt aus:
...Der sogenannte Dritte Weg zum Aushandeln von Gehältern und Arbeitsbedingungen könne außerhalb der Kirche kaum noch nachvollzogen werden, sagte sie am Mittwochabend beim Parlamentarischen Abend der evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz im Mainzer Landtag.
...
"Es wäre sehr schlau, von der Kirche zu sagen: Wir packen das mal am Schopf", sagte Dreyer. Ein Festhalten an dem Sonderweg im Arbeitsrecht schade der eigenen Glaubwürdigkeit. ...
vgl. taz-archiv: Dreyer ruft zu Reformen auf

Malu Dreyer greift eine Debatte auf, die wir hier schon seit Jahren führen.

Wenn dann von katholisch.de gebetsmühlenartig wiederholt wird:
Das Grundgesetz räumt den großen Kirchen weitreichende Freiheiten bei der Ausgestaltung des Arbeitsrechts für ihre Mitarbeiter ein. Für kirchliche Beschäftigte werden Gehälter und Arbeitszeiten zwischen Mitarbeiter-Vertretern und Kirchenverwaltung in paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommissionen ausgehandelt. Streiks und Aussperrungen sind nicht zulässig. Hintergrund des sogenannten Dritten Wegs ist der Gedanke, dass alle Kirchenmitarbeiter eine Dienstgemeinschaft bilden. (epd)
dann wird diese ständige Wiederholung noch immer nicht zur Wahrheit:
1. Die Gestaltung des Arbeitsvertragsrechts insbesondere mit nichtkirchlichen Beschäftigten ist keine eigene, interne Angelegenheit der jeweiligen Kirche. Verträge sind immer eine mehrseitige Regelung, und keine interne und einseitig regelbare Materie.
2. Die Verweigerung von Tarifverträgen ist lediglich Ausfluß der verfassungsrechtlich jedermann - und daher auch den Kirchen - zugestandenen "negativen Koalitionsfreiheit". Jeder Arbeitgeber könnte für seine Beschäftigten auf Tarifverträge verzichten und Dritte, Vierte oder Fünfte Wege einführen.
3. Dem steht die verfassungsrechtlich ebenso geschützte positive Koalitionsfreiheit der kirchlichen Beschäftigten einschließlich des Streikrechts gegenüber.
4. Die Dienstgemeinschaft ist ein historisch schwer belasteter Begriff mit einer knapp hundertjährigen Geschichte. Sie steht im Kontext zur Betriebs- und Volksgemeinschaft und war auch ein faschistischer Kampfbegriff gegen die "Gemeinschaft der Kirche".
5. Zumindest für die katholische Kirche ist die eigene Soziallehre (dokumentiert durch päpstliche Sozialenzykliken) auch über das universelle Kirchenrecht vorrangig. Diese betonen das Gewerkschaftsprinzip und (in "Mater et magistra") auch den Abschluss von Tarifverträgen. Darüber hinaus ist dort und im Katechismus ausnahmslos das Streikrecht bekräftigt, ausnahmslos heißt insbesondere, für alle Beschäftigten - auch für kirchliche MitarbeiterInnen.
Diese Vorgaben nicht einzuhalten schadet der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche (was für die evangelischen Gemeinschaften gilt sei dahin gestellt, für Katholiken ist jedenfalls das päpstliche Lehramt maßgeblich).

Die Folgen des realen Handelns sind eindeutig: Vertrauensverlust und Erosion des Glaubens. "Die Bedeutung der Kirchen bricht in sich zusammen"- wie das Domradio unter Bezug auf die NZZ feststellt, ohne allerdings den arbeitsrechtlichen Kontext zu erkennen.

Daher stehen wir hinter dem Aufruf:

Altersstarrsinn, Beharrungsvermögen oder Sturheit?

Wir haben immer wieder die Kluft zwischen der katholischen Kirche in Deutschland und dem päpstlichen Lehramt angesprochen, insbesondere, was das "kirchliche Arbeitsrecht" betrifft. In den letzten Wochen waren diese Hinweise verstärkt.

Nun bringt das DOMRADIO (Köln) ein Interview mit der katholischen Journalistin Dorothea Schmidt. Diese war eine der vier Frauen, die vor wenigen Tagen ganz schnell und ganz überraschend Post aus Rom erhalten hat (wir berichteten mit der Wiedergabe dieses Briefes).
Auch, wenn es sich beim Thema dieses Briefes nicht um kirchenspezifisches deutsches Arbeitsrecht handelt: die Grundproblematik ist gleich.
Die weltweit tätige katholische Kirche sieht sich nationalen gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber, die zu einer unterschiedliche Interpretation der Glaubenslehre führen - und damit zu einer Teilung der universellen, katholischen Kirche führen können. Der Papst erscheint - um es bildhaft auszudrücken - wie der Lenker einer vielspännigen Kutsche, deren Pferde dabei sind, in alle möglichen Richtungen auszubrechen. Können die Zügel den Zusammenhalt bewahren?
Wir haben mit dem Stichwort "Lebenswirklichkeit" auf die immer wieder geforderte Erneuerung des kirchlichen Auftretens hingewiesen. Dabei darf freilich der Zusammenhang des Ganzen nicht verloren gehen.
Und auch wenn die Fliehkräfte stark sind - sollte man nicht wenigstens dort den römischen Kurs befolgen, wo die Lebenswirklichkeit der eigenen Gesellschaft und die römischen Direktiven übereinstimmen? Das wäre dann die katholische Soziallehre mit dem Bekenntnis zum partnerschaftlichen Gewerkschaftsprinzip - ENTWELTLICHT EUCH ENDLICH !
Dorothea Schmidt sieht die Alternative sehr klar:
Meines Erachtens gibt es jetzt zwei Möglichkeiten darauf zu reagieren. Entweder wir sehen das nicht ein, was der Papst sagt, wir schimpfen über Rom und alle Bischöfe, Kardinäle, Laien in der Welt, die ihm folgen. Oder wir lassen die Frage zu: Wenn wir immer wieder zu hören bekommen, auch von wichtigen Autoritäten der Kirche, sogar vom Papst selbst, dass wir falschliegen, sollten wir uns dann nicht einmal besinnen? Das fehlt noch, finde ich. Statt mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, wäre Besinnung angesagt.
Das können wir 1:1 für das sepzifisch kirchliche Arbeitsrecht unterschreiben und das hier auch:
Es gibt ja bereits ganz viele grüne Glaubensoasen, .... Und da können wir hinschauen und evaluieren, warum dort so viele Berufungen hervorgehen. Warum strahlen die Leute so eine Freude aus? Wir sehen, dass alle diese Gemeinschaften "back to the roots" gehen. Sie sind auch gewinnend, weil sie zum Kern des katholischen Glaubens zurückführen.
...
Dort herrscht kein klerikaler Geist, sondern ein tiefes Zusammen von Laien und Klerikern. Also Amtsträger sind dort nicht klerikalistisch und Laien nicht klerikal. Jeder steht an seinem Platz, ergänzt einander. Dort sehen wir, wie tatsächlich Erneuerung oder Stärkung der Kirche – wie Sie sagten – wirklich funktionieren können.
...
(Links im Interview durch uns eingefügt)
Mit anderen Worten:
Dort wird ein partnerschaftlicher Umgang "auf Augenhöhe" gepflegt. Die Zeit der Fürstbischöfe ist vorbei. Das sollte auch für die sehr zweifelhaften Dritten Wege gelten.
ENTWELTLICHT EUCH ENDLICH ! Sonst müssten wir es tun ...

Donnerstag, 23. November 2023

ver.di begrüßt NRW-Bundesratsinitiative zu Kliniken: Existenzbedrohte Krankenhäuser müssen unterstützt werden

 

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft

Bundesverwaltung/Pressestelle

ver.di begrüßt NRW-Bundesratsinitiative zu Kliniken: Existenzbedrohte Krankenhäuser müssen unterstützt werden

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt den Antrag Nordrhein-Westfalens in der morgigen Sitzung des Bundesrats, für existenzbedrohte Krankenhäuser kurzfristig ein Nothilfeprogramm aufzulegen und Tariferhöhungen für alle Berufsgruppen dauerhaft zu finanzieren. „Die Krankenhäuser und ihre Beschäftigten schlagen seit Wochen Alarm. Die politisch Verantwortlichen müssen endlich handeln. Es darf nicht dazu kommen, dass Kliniken, die für die Versorgung gebraucht werden, aus wirtschaftlicher Not schließen müssen“, warnte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Alles andere wäre hoch fahrlässig und im wahrsten Sinne des Wortes für viele Patientinnen und Patienten lebensgefährlich.“ Alle Bundesländer seien dringend aufgefordert, den Antrag zu unterstützen und neben kurzfristigen Hilfen auch eine dauerhafte Finanzierung von Tariferhöhungen für alle Berufsgruppen zu verlangen.

Bisher würden ausschließlich Tarifsteigerungen für die Pflege am Bett voll finanziert. „Der Kostendruck auf alle anderen Berufsgruppen im Krankenhaus ist enorm, dabei sind sie für eine gute Versorgung ebenso unerlässlich“, betonte Bühler. „Nur mit ausreichendem Personal können die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft gemeistert werden. Dazu muss der Arbeitsplatz Krankenhaus attraktiv sein, und dafür braucht es anständige Löhne, die zu refinanzieren sind.“

Kritisch sieht ver.di lediglich die im Antrag vorgeschlagene Möglichkeit, die sogenannten Landesbasisfallwerte und damit die Finanzierung aller Kliniken rückwirkend für 2022 und 2023 zu erhöhen. „Die Hilfen sollten besser gezielt eingesetzt werden, damit kein bedarfsnotwendiges Krankenhaus aus wirtschaftlicher Not geschlossen wird.“

V.i.S.d.P.

Richard Rother 
ver.di-Bundesvorstand
Paula-Thiede-Ufer 10
10179 Berlin

Tel.: 030/6956-1011, -1012
E-Mail: pressestelle@verdi.de
www.verdi.de/presse

St. Elisabeth Krankenhaus in Lahnstein meldet Insolvenz an

damit setzen wir unsere Reihe zum Thema fort. Zuletzt haben wir am Dienstag unter der Überschrift "Trägerwechsel und Fusionen" über einen Randaspekt der Finanzmisere berichtet, der wir auch auf der Seite "Krankenhäuser" immer wieder begegnen. Tatsächlich bricht die Krankenhauslandschaft der Caritas ein.
Nun also steht die nächste Klinik der Caritas vor der Inolsvenz - wie der SWR berichtet:
Das Lahnsteiner St. Elisabeth Krankenhaus hat nach Auskunft des Amtsgerichts Koblenz Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Es ist das Ziel, die Klinik zu retten.

Die Klinik gehört zum Elisabeth-Vinzenz-Verbund (EVV), einem der bundesweit größten katholischen Träger von Krankenhäusern - mit Sitz in Berlin. Nach Angaben einer Sprecherin sind die Mitarbeitenden am Dienstagvormittag über die Insolvenz informiert worden. ... Die Klinik hat den Angaben zufolge mehr als 300 Mitarbeitende und versorgt (Anm. mit 161 Betten und 20 Tagesklinik-Plätzen) etwa 6.000 Patienten pro Jahr. Bundesweit betreibt der EVV 13 Krankenhäuser und hat knapp 10.000 Mitarbeiter.
Wir meinen: jede neue Insolvenz bestätigt, dass auch caritative Einrichtungen nicht selbstlos tätig sondern den "Gesetzen des Marktes" unterworfen sind. Warum dann nicht gleich die normalen Regeln des Marktes - auch zum Schutz der Beschäftigten - zur Anwendung bringen? Oder schießt der örtlich zuständige Bischof von Limburg bzw. der für den Sitz des EVV in Berlin zuständige Bischof etwas zu, um einen - nach Grundordnung verbotenen - Sanierungstarifvertrag zwischen dem EVV und den zuständigen Gewerkschaften auszugleichen?


Weitere Informationen:
BEN-Kurier: St. Elisabeth Krankenhaus in Lahnstein ist insolvent
kma online: Krankenhaus Lahnstein muss ins Schutzschirmverfahren
MARBURGER BUND NRW: St. Elisabeth Krankenhaus in Lahnstein ist insolvent
Rhein-Lahn-Zeitung: Nach Krankenhaus-Insolvenz: Betroffenheit in Lahnstein ist groß

Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen - Verhandlungen abgeschlossen

Seit rund 10 Jahren begleiten wir die Tarifverhandlungen für die Diakonie Niedersachsen. Im September d.J. haben wir über den Beginn der aktuellen Verhandlungsrunde informiert.
Unter der Überschrift "Es ist geschafft" berichtet nun die Verhandlungskommission aus den Tarifverhandlungen

Quelle und Mehr: https://www.facebook.com/verdiDiakonieNds/videos/1020908025866068

Kirchenrechtler attestiert deutschen Bischöfen Ungehorsam

berichtete vorgestern das Domradio (Köln):
Trotz mehrfacher Warnungen des Papstes halten Bischöfe in Deutschland an der Gründung eines Synodalen Rates fest. Kirchenrechtler Bernhard Anuth sieht darin einen Akt des Ungehorsams, kann sich aber Sanktionen nur schwer vorstellen.
...
Nun - wieso auch Sanktionen? 
Wir haben mehrfach 
Und obwohl wir sicher sind, dass unser Blog auch an "höheren Stellen" gelesen wird - was hat's gebracht? 

Nichts.

Die Kirche reagiert nur auf Druck von innen (Arbeitskampf) oder aussen. Das kann gesellschaftlich-politischer, juristischer oder auch finanzieller Druck sein - wie er derzeit insbesondere die kirchlichen Krankenhäuser heimsucht.
Ein Arbeitskampf bis hin zum Streik wäre sozialetisch und rechtlich möglich. Aber warum sollte sich eine Gewerkschaft in "Häuserkämpfe" verzetteln, wenn es um die gesamte Branche geht?
Ein "päpstliches Machtwort" wie seinerzeit die Enzyklika Singulari quadam von 1912 (hier der deutsche Text) zum "Deutschen Gewerkschaftsstreit" ist wohl nicht zu erwarten. Da ist schon mehrfach alles gesagt worden. Deshalb hilft nur der "Druck" - über Gesellschaft und Politik: 

Mittwoch, 22. November 2023

EuGH entscheidet wohl nicht mehr im Hebammen-Fall

Im Fall der Kündigung einer aus der Kirche ausgetretenen Hebamme durch ein katholisches Krankenhaus wird es wohl keine grundsätzliche gerichtliche Klärung geben. Das beklagte Krankenhaus habe eine Anerkenntniserklärung abgegeben, teilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) auf Anfrage von katholisch.de mit. "Es ist daher davon auszugehen, dass das Verfahren beim Bundesarbeitsgericht zeitnah durch ein Anerkenntnisurteil beendet werden wird", so der Gerichtssprecher am Mittwoch.
dem zitierten Bericht von katholisch.de ist zu entnehmen, dass der beklagte Arbeitgeber einen Rückzieher gemacht hat.
Man kann das schade finden - denn die (zu erwartende - wir berichteten) Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im "Fall Hebamme" hätte das Potential gehabt, das kirchliche Arbeitsrecht gründlich zu verändern. Der "kirchliche Arbeitgeber" hätte damit "gerade noch die Kurve gekriegt", denn der Schlussantrag des Generalanwalts in dieser Sache ist und war noch für den 11. Januar 2024 angekündigt.

Matthias Altmann, Redakteur bei katholisch.de, bringt es in einem Kommentar auf den Punkt:
Die Kirche wird sich in vielen Ländern zunehmend schwertun, ihre Botschaft von der Menschenfreundlichkeit Gottes in die Gesellschaft zu transportieren, wenn sie ihre Strukturen nicht einer kritischen Überprüfung unterzieht.
wie wäre es, wenn die Kirche dazu schon einmal mit ihren eigenen Vorgaben "ernst" macht" - und (entsprechend den Vorgaben des universellen Kirchenrechts und der katholischen Sozialenzylkiken) das Gewerkschaftsprinzip und den Abschluss von Tarifverträgen akzeptiert?

ver.di-Aktionswoche in der Altenpflege:

Beschäftigte kritisieren Untätigkeit der Bundesregierung

Beschäftigte aus der Altenpflege machen diese Woche mit betrieblichen Aktionen auf die anhaltend problematischen Zustände in der Branche aufmerksam. „In der Altenpflege ist das neue Deutschland-Tempo noch nicht angekommen. Dringend nötige Verbesserungen bei der Personalausstattung und der Finanzierung lassen weiter auf sich warten“, kritisierte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Lob und Ankündigungen haben die Beschäftigten in der Altenpflege genug gehört. Sie wollen endlich konkrete Verbesserungen sehen.“ Doch die angekündigte Einführung bundeseinheitlicher, bedarfsgerechter Personalvorgaben sei eine große Enttäuschung. In den Bundesländern gelten noch immer unterschiedliche Mindestvorgaben, die meist nicht mehr Personal als bisher vorsehen und weder bedarfsgerecht noch verbindlich seien.
„Wir stellen sogar Verschlechterungen beim Anteil der Fachkräfte fest. Ohne Aufwuchs bei den Pflegestellen insgesamt, bedeutet das für die pflegebedürftigen Menschen weniger Pflegequalität. Das ist das Gegenteil von dem, was die Politik versprochen hat. Das ist ein Unding“, so Bühler. Auch von der Stärkung der Tarifbindung sei nichts zu merken. Noch immer verweigerten die meisten kommerziellen Pflegeheimbetreiber ihren Beschäftigten den Schutz eines Tarifvertrages. Die sogenannte Tariflohnpflicht, bei der sich die tariflosen Einrichtungen am durchschnittlichen regionalen Entgeltniveau orientieren könnten, sei intransparent, biete viele Schlupflöcher und ermöglicht es tariflosen Einrichtungen, Beschäftigte ungleich zu behandeln.
Dringender Handlungsbedarf sieht ver.di bei den Eigenanteilen von Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeeinrichtungen. Bühler: „Die hohen Eigenanteile stürzen pflegebedürftige Menschen nach einem langen Arbeitsleben in die Sozialhilfe. Das ist unwürdig und muss durch die sofortige Deckelung der Eigenanteile beendet werden.“ Mittelfristig gelte es, die Pflegeversicherung auf eine nachhaltige finanzielle Grundlage zu stellen. „Wir brauchen eine Solidarische Pflegegarantie, mit der die Finanzierung der Pflegeversicherung entsprechend des Einkommens gerecht auf alle Schultern verteilt wird und sämtliche pflegebedingten Kosten bezahlt werden“, erläuterte Bühler. „Statt im Schneckentempo voranzugehen, muss die Bundesregierung endlich rasche und grundlegende Verbesserungen auf den Weg bringen.“
Quelle: ver.di-Bundesvorstand, pressestelle@verdi.de

Auch wenn es überholt klingt: hätte sich die Caritas nicht unter Versteifung auf den "Dritten Weg" gesperrt (wir berichteten) gäbe es längst allgemeinverbindliche tarifliche Regelungen.
Niemand hätte die Caritas daran gehindert, bessere Regelungen zu treffen. Das kann die Caritas im Übrigen jetzt auch noch - etwa mit einer Verbesserung des Anteils der Fachkräfte, also doch besserer Personalvorgaben in den Caritas-Einrichtungen. Das wäre ein mehr an Pflegequalität.
Aber solange das nicht erfolgt bleibt nur eine Forderung an die kirchlichen Wohlfahrtsverbände:

Dienstag, 21. November 2023

EICHSTÄTTER BISCHOF Hanke: Veränderungen von Regeln nicht Ansatz für Reform der Kirche

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke gehörte zu den deutlichsten Kritikern der Reformideen des Synodalen Wegs. Er äußerte sich im Verlauf des Prozesses immer wieder kritisch zu einzelnen Reformvorschlägen und gehört zu den vier Bischöfen, die sich nicht am Synodalen Ausschuss beteiligen, der die Arbeit des Reformprozesses weiterführen soll. Hanke teilt wohl die pästliche „Sorge“ über den deutschen Reformkurs.
Wenn Hanke dann trotzdem in einem Interview Kritik an den 'Verhältnissen äussert und Veränderungen anmahnt", dann gibt das zu denken. Hanke meint - so katholisch.de - in einem Interview:
dass viele Themen des Synodalen Weges ernstzunehmen seien. Als Beispiele nannte er Macht und Machtmissbrauch sowie die Frage, wie der Priester seinen Dienst ausübe.
Damit spricht Hanke den Kern unserer Kritik am spezifisch deutschen "kirchlichen Arbeitsrecht" an. Wir wollen uns nicht wiederholen. Aber wir haben mehrfach deutlich gemacht:
wir haben zwar Theologen in unseren Reihen - aber glaubens-inhaltliche und theologische Fragen sind nicht unser Metier. Es geht uns nicht um sakramentale Befugnisse sondern um das, was der deutsche Papst Benedikt seiner Kirche unter dem Stichwort "Entweltlichung" so sehr nahe gelegt hat. "Anstatt das "Heil" in immer nochen Gremien zu suchen und in einer gewissen Selbstbezogenheit die immer gleichen Themen zu erörtern ..."(wie die WELT aus einem päpstlichen Schreiben zitiert) wäre es nötig, diese beständige Ermahnung ernst zu nehmen - und mit der Umsetzung der eigenen, katholischen Soziallehre (und das auch dort verankerte Gewerkschaftsprinzip) gerade im kirchlichen Dienst wenigstens etwas an Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen.
Es gilt - so Papst Franziskus:
unermüdlich jede Form von Missbrauch zu bekämpfen, sexuellen ebenso wie Macht- und Gewissensmissbrauch,
Daran arbeiten wir, denn der scheinheilige "Dritte Weg" mit seinem Tanz um den historisch schwer belasteten Begriff der Dienstgemeinschaft ist letzendlich nichts anderes als Macht- und Gewissensmissbrauch, mit der sich die katholische Kirche in Deutschland von der Weltkirche separiert.
Es geht um eine faire Partnerschaft in kirchlichen Einrichtungen und nicht um fürstbischöfliche Gnadenakte, die nach Gutdünken entzogen oder verteilt werden.

Trägerwechsel und Fusionen

Gestern haben wir vom Klinikum Weimar berichtet, das aus der Fusion eines diakonischen und eines kommunalen Krankenhauses hervor gegangen ist. Solche trägerübergreifenden Fusionen finden immer wieder statt. Es ist ein zunehmendes "Träger wechsel Dich-Spielchen" zu beobachten - egal ob Altenheim oder Klinik, Kindertagesstätte oder Schule; und dieser Trägerwechsel soll sonst drohende Schließungen verhindern.
Unter der Übreschrift "Kommunal -> diakonisch -> ökonomisch" oder auch "Katholisch - evangelisch - ökumenisch - ökonomisch" haben wir mehrfach davon berichtet, dass ein "Eigentümerwechsel" stattfindet, der dann auch Auswirkungen auf die Mitbestimmungsrechte haben soll. Ein typisches Beispiel ist das Alfred-Krupp-Krankenhaus, über das wir gestern auch kurz berichtet haben.

Während vor Jahren der Trend "unter den Schutzmantel der Kirchen" präferiert wurde - eindeutig um die geringeren Mitbestimmungsrechte in kirchlichen Einrichtungen zu Lasten der Arbeitnehmer zu nutzen - scheint sich nun eine "Umkehr der Bewegung" anzudeuten. Viele, gerade kleinere Einrichtungen tendieren nun dazu, in öffentliche Hände zu wechseln. Ein Beispiel ist das St. Josef Krankenhaus in Schweinfurt. Der BR berichtet über entsprechende Überlegungen:
Übernahme soll St. Josef Krankenhaus in Schweinfurt retten
Die "Kongregation der Schwestern des Erlösers" aus Würzburg sieht sich nicht imstande, ihr Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt weiterzuführen. Der Orden schlägt der Stadt vor, dass die Klinik künftig vom Leopoldina-Krankenhaus betrieben werden soll.
Über die Auswirkungen für die Beschäftigten lässt sich derzeit freilich noch nicht viel mitteilen. Eines aber ist klar: der Wechsel zwischen Trägern verschiedener Coleur, zwischen katholisch, evangelisch und öffentlichen Trägern, ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Das merkt man, wenn man sich fragt, ob ein Rest- oder Übergangsmandat für MAV, Betriebs- oder Personalrat besteht.

Edit: vgl. dazu Urteil Kirchliches Arbeitsgericht Augsburg vom 29. Juni 2022, Az.: 2 MV 17/22 - im Internet hier und hier wiedergegeben.
Das Urteil gründet auf dem Eigentum an Geschäftsanteilen. Das ist kritikwürdig, denn die bloße Übernahme von Geschäfts- oder Aktienanteilen führt nicht dazu, dass etwa ein nun in Kircheneigentum stehendes Automobilwerk künftig dem kircheneigenen Arbeitsrecht unterliegt.

Wir haben (unter Bezug auf die EU-Richtlinie 2001/23/EG) mehrfach darauf hingewiesen, dass es Übergangsregelungen geben muß. Aber kein katholischer Bischof kann entsprechende Regelungen für ein Nachbarbistum erlassen - geschweige denn für eine evangelisch/diakonische oder kommunale Einrichtung. Und keine Landeskirche kann Regelungen für Einrichtungen der Caritas oder Kommunen normieren. Lediglich der Staat hat mit seinen "für alle geltenden Gesetzen" eine entsprechende Möglichkeit. Die vorgenannte EU-Richtlinie würde ihn auch zur Rechtsetzung verpflichten, was der Staat aber unterlassen hat. Droht da etwa ein europarechtliches "Vertragsverletzungsverfahren"?
Am einfachsten wäre es aber sicher, das weltliche Arbeitsrecht insgesamt auch auf die (angeblich caritativ tätigen) Einrichtungen der Kirchen auszudehnen.

Montag, 20. November 2023

"Dritter Weg" infrage gestellt: Arbeitskampf in Kirche und Diakonie

in einer Reportage des Deutschlandfunk (Beitrag in der Audiothek) wird am Beispiel des Sofien- und Hufeland-Klinikums Weimar (Thüringen) der "Dritte Weg der Kirchen" thematisiert.
Das Klinikum ist aus der Zusammenführung des Krankenhausbetriebes der diakonischen „Stiftung Sophienhaus Weimar und der städtischen „Hufeland-Kliniken Weimar GmbH" im Jahre 1998 entstanden. Nachdem sich die Stadt Weimar 2004 aus der Trägerschaft des Klinikums zurückzog, übernahm neben der Stiftung Sophienhaus Weimar eine weitere diakonische Stiftung die Trägerschaft des Klinikums.
Das Klinikum ist ein Beispiel dafür, dass alleine die eigentumsrechtliche Zuordnung zu einer diakonischen Stiftung nicht geeignet ist, eine caritative Tätigkeit zu begründen. Wenn - um es anders zu formulieren - das Bistum Eichstätt die Aktienmehrheit eines Ingolstädter Autobauers übernimmt, entsteht auch noch keine caritative Einrichtung, selbst wenn ein Teil der dort produzierten Autos für Notärzte ausgerüstet wird. Entscheidend ist die betriebswirtschaftliche Führung. Und wer sich - nicht einmal zwingend mit der Absicht zur "Gewinnerzielung" - im Markt betätigt, handelt zunächst einmal nicht anders wie jeder private Krankenhauskonzern auch. Bei der Planung und Durchführung des Klinikums standen die ökonomischen und multifunktionalen Notwendigkeiten im Vordergrund. Erst "daneben" ging es um den Menschen, wie das Klinikum selbst in seiner Internet-Präsenz darstellt. Daran ändert auch die Mitgliedschaft im diakonischen Werk nichts. Auf den wegweisenden Beschluss des Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Aktenzeichen: 8 TaBV 76/08 vom 17.03.2009 zum Krupp-Krankenhaus darf verwiesen werden
1. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 16.02.2006 – Az. 3 BV 3/06 – abgeändert.
Es wird festgestellt, dass auf das Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Krankenhaus in Essen das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung findet.

....

Donnerstag, 16. November 2023

21. Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht in Kassel (Teil 2) "Hektische Ausweichmanöver"

Die
Vielzahl neuer Kirchenregeln zeigt, dass die Kirchenspitze in Sachen Arbeitsrecht unter Druck steht. Doch grundlegende Änderungen will sie nicht.
berichtet ver.di vom zweiten Teil der Fachtagung und führt aus:
... »Ich kenne kein anderes Gesetz, das mit einer solchen Hektik und Häufigkeit geändert wird, wie das Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche«, sagte der Bremer Rechtsanwalt Bernhard Baumann-Czichon vor den rund 250 Teilnehmenden der von der Zeitschrift Arbeitsrecht und Kirche gemeinsam mit ver.di, der Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaften und Gesamtausschüsse der Mitarbeitervertretungen in der Diakonie (buko agmav + ga) sowie der Diakonischen ArbeitnehmerInnen Initiative (dia e.V.) organisierten Tagung. Kirchliche Sonderregeln seien dort gerechtfertigt, wo dies die Religionsausübung erfordere, betonte Baumann-Czichon. »Damit ist aber zugleich auch die Grenze der Abweichung von staatlichem Recht definiert.«

Dass diese Grenze permanent überschritten wird, machte der Mitinitiator der traditionsreichen Kasseler Fachtagung am Beispiel des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) deutlich. »Ich finde hier keine einzige Stelle mit einer religiösen Begründung für Abweichungen vom staatlichen Recht.«
was in Kassel für die evangelische Kirche und Diakonie herausgearbeitet wurde, kann man für die Grundordnung der katholischen Kirche auch feststellen.
Allerdings mit einer wichtigen Änderung:
eine religiöse Begründung für Abweichungen vom staatlichen Recht gibt es bei der katholischen Kirche nicht. Denn das universelle Kirchenrecht schreibt in c. 1286 CIC die uneingeschränkte Anwendung des staatlichen Arbeits- und Sozialrechts vor. Und weil des universelle Kirchenrecht auf theologischer Grundlage aufbaut, kann es auch keine theologische Grundlage für abweichende Regelungen geben.
Das gilt auch für das Streikrecht, das sogar im Katechismus für alle Arbeitnehmer bekräftigt wird - ohne Ausnahme.

Mittwoch, 15. November 2023

Religiosität und Vertrauen in Kirche nehmen weiter ab

das ist as Ergebnis einer Studie, auf die u.a. katholisch.de verweist:
Die religiöse Bindung und das Vertrauen der Menschen in die Kirchen nehmen in Deutschland weiter ab. Viele Kirchenmitglieder denken über einen Austritt nach. ...
Für fast 8 von 10 der insgesamt 5.282 Befragten hat Religion überhaupt keine (38 Prozent) oder nur wenig (40 Prozent) Bedeutung. Selbst unter den Kirchenmitgliedern verstehen sich nur noch 4 (katholisch) und 6 Prozent (evangelisch) als gläubig und kirchennah. .... (Nur) 9 Prozent aller Befragten erklärten, sie hätten noch Vertrauen in die katholische Kirche, bei der evangelischen Kirche waren es 24 Prozent. ...
Vertrauen ist eine Sache der Glaubwürdigkeit. Wer unglauwürdig ist, dem wid auch nicht vertraut. Und die Frage der Glaubwürdigkeit haben wir hier im Blog im Kontext von "kirchliches Arbeitsrecht" und "katholischer Soziallehre" immer wieder angesprochen.


Weitere Informationen zum Thema:
Domradio - Kommentar: Schlimmer geht nicht
katholisch.de: Dramatische Zahlen: So steht es um Glaube und Kirche in Deutschland
katholisch.de: Bischof Kohlgraf: Studie zeigt ungeschminkt Probleme der Kirchen
TAGESSCHAU: Gesellschaft wendet sich von Religion ab
VATICAN NEWS: Religiosität und Vertrauen in Kirche nehmen weiter ab
ZDF heute: Vertrauen in Kirche nimmt weiter ab

21. Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht in Kassel

Auf der von der Zeitschrift Arbeitsrecht und Kirche gemeinsam mit ver.di, der Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaften und Gesamtausschüsse der Mitarbeitervertretungen in der Diakonie (buko agmav + ga) sowie der Diakonischen ArbeitnehmerInnen Initiative (dia e.V.) organisierten Tagung in Kassel diskutierten die Teilnehmer*innen über die Zusammenhänge von Digitalisierung, Arbeitszeit und Gesundheitsschutz. Zu welchen Schlüssen sie dabei kamen und wie man dem »Trend zur Durchrationalisierung« am Besten begegnen kann, erfährst Du im vollständigen Bericht
 👇👇👇 
Chancen und Nebenwirkungen
Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht in Kassel diskutiert über die Zusammenhänge von Digitalisierung, Arbeitszeit und Gesundheitsschutz.

Dienstag, 14. November 2023

+++ NEU +++ Kirchen.info Nr. 42 +++ Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte +++

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
liebe Freundinnen und Freunde des ver.di-Kirchen.infos,

wir freuen uns euch mitteilen zu können, dass unser neues Kirchen.info Nr. 42 für euch lesebereit ist! Ihr findet es online als PDF und für Besteller*innen ist es in Printform auf dem Weg in den Briefkasten. Der Titel „Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte“ macht einen Schwerpunkt der Ausgabe deutlich: Nur selten war der Druck der Kirchen höher als derzeit, sich für ihren Sonderstatus im Arbeitsrecht erklären zu müssen, sowohl gegenüber höchsten Gerichten, dem Gesetzgeber und nicht zuletzt gegenüber den Beschäftigten sowie deren Interessenvertretungen.

Darüber hinaus findet Ihr erneut spannende Informationen und Berichte über gewerkschaftliche Entwicklungen in konfessionellen Betrieben in der neuen Ausgabe: Aus abgeschlossenen Tarifrunden und auch neu anstehenden Tarifverhandlungen, wo Kolleginnen und Kollegen sich erfolgreich organisiert haben. Gemeinsames Vorgehen kann sich auch auf andere Weise helfen, wie z.B. in Bayern. Dort war der organisierte öffentliche Druck ausschlaggebend dafür, dass sich die Arbeitsrechtliche Kommission überhaupt erst bewegt hat. Hier geht’s zum www.kircheninfo.verdi.de

Unsere Initiative geht weiter!

Noch bis zum 29. Januar finden vom Bundesarbeitsministerium moderierte Gespräche zum kirchlichen Arbeitsrecht statt. Wir verlängern deshalb die Laufzeit unserer Petition bis Ende Februar. Mehr als 30.000 Unterstützer*innen haben bereits online oder auf Papier unterzeichnet. Unsere Forderung bleibt, dass der Gesetzgeber handeln muss: Schluss mit der Diskriminierung wegen privater Entscheidungen und volle Mitbestimmung im Betrieb. Unterstützt auch ihr mit eurer Unterschrift und gebt die Petition weiter: SharePics findet ihr im Anhang, Unterschriftenlisten könnt ihr hier herunterladen und online könnt ihr hier direkt unterschreiben.

Im Namen der Redaktion Kirchen.info wünsche ich euch eine interessante Lektüre. Für Fragen oder Hinweise stehe ich euch gern zur Verfügung.
Quelle: Mario Gembus
Gewerkschaftssekretär
ver.di Bundesverwaltung - Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft
Kirchen, Diakonie und Caritas
Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Telefon: 030 6956 -1049 - Fax: 030 6956 -3420
Mail: mario.gembus@verdi.de

Montag, 13. November 2023

Tarifverträge gegen Fachkraftmangel?

die ABENDZEITUNG (München) berichtet über die aktuelle DGB-Kampagne
Allerdings sind Tarifverträge - so Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern -
"nicht nur für die Arbeitnehmer interessant. Gerade Flächentarifverträge, die für eine ganze Branche gelten, sorgen für fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen, wenn es um den Faktor Lohnkosten geht. Und bieten dem DGB zufolge in der aktuellen Lage noch einen weiteren Vorteil: „Unternehmen klagen ja, dass sie keine Fachkräfte bekommen. Die Unternehmen, die gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne anbieten, tun sich da leichter“, sagt der DGB-Bayern-Vorsitzende Bernhard Stiedl. Gerade Branchen mit einer besonders geringen Tarifbindung, wie etwa das Gastgewerbe (liegt dort bei 20 Prozent), klagen laut Stiedl über Fachkräftemangel. „Ja, woran liegt das denn? Weil es in anderen Branchen bessere Arbeitsbedingungen gibt und bessere Löhne bezahlt werden.“ (Quelle)
Dass die Kirchen mit ihrem "Dritten Weg" ein höheres Lohnniveau und bessere Arbeitsbedingungen in der gesamten Sozialbranche verhindern (vgl. hier zur Altenpflege), ist ja schon eine Binsenweisheit.
Wie - die armen Carits-Arbeitgeber können nicht anders, weil die Bischöfe in der Grundordnung den Abschluss von Tarifverträgen verbieten? Vielleicht sollte so mancher Bischof einmal nachlesen, was der Münchner Erzbischof einmal (wir haben aber mehrfach darüber berichtet) und die Päpste in Rom geschrieben haben sollen. Wunder sich jemand, dass die katholische Kirche ein "Glaubwürdigkeitsproblem" hat?
Zur Not reicht aber auch ein Blick ins Grundgesetz, Art. 9 Abs. 3 S. 1 und 2 GG. Kürzer und prägnanter kann man das kaum noch formulieren. Oder will hier jemand behaupten, die Grundrechte würden nicht für kirchliche Mitarbeitende gelten?

Sonntag, 12. November 2023

Sonntagsnotizen: Kirche und Lebenswirklichkeit

In Essen hat sich an diesem Freitag der sogenannte „Synodale Ausschuss“ - ein Ergebnis des „Synodalen Wegs“ der katholischen Kirche in Deutschland- zu seiner ersten Sitzung mit Konstituierung eingefunden, "mit Gegenwind" - so meldet VATICAN.NEWS, und berichtet über elementare Meinungsverschiedenheiten im Spektrum der Kirche.
„Ich glaube schon, dass wir in unserer Kirche über die Machtfrage reden müssen, und das haben wir auch ja beim ‚Synodalen Weg‘ intensiv getan. Meine Frage geht – ich glaube, im Einklang mit der Besorgnis aus Rom – dahin: Was hat es zu tun mit der sakramentalen Verfassung der Kirche? Das ist eine herausfordernde, auch theologische Frage."
wird der Passauer Bischof Oster von VATICAN.NEWS zitiert.

Donnerstag, 9. November 2023

Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt/verurteilt, sie zu wiederholen.

unter diesem Tenor haben wir am 15. November 2015 einen "etwas anderen Wochenrückblick" gepostet. Unter diesem Tenor möchten wir heute nochmals zwei Ereingnisse ausführlich aufgreifen und uns dabei exemplarisch auf den Münchner Kardinal Faulhaber fokussieren:
Vor einhundert Jahren, am 8./9. November im Jahr 1923 erfolgte der sogenannte "Hitler-Putsch". Es waren "24 Stunden, in denen die Republik wankte" wie die Frankfurter Rundschau zum 100jährigen berichtete. Wir haben wieder einmal die Tagebuch-Notizen von Münchens Kardinal Faulhaber durchgesehen. Der Münchner Kardinal saß ja "im Zentrum des Geschehens" - das Erzbischöfliche Palais befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Odeonsplatz und der Feldherrnhalle, mit etwa 200 m "Luftlinie" also "gleich nebenan", die Schüsse des gescheiterten Putschversuches - gegen 13:00 Uhr am 9. November gefallen - müssen im Palais gehört worden sein.
Es waren schließlich etwa 2000 von Adolf Hitler und dem Weltkriegsgeneral Erich Ludendorff angeführten Männer, die von München aus die Reichsregierung in Berlin stürzen wollten. Die Putschisten waren gegen Mittag vom Bürgerbräukeller in Haidhausen losgezogen, über die Ludwigsbrücke ins Tal und weiter zum Marienplatz marschiert (wo eine sicher nicht stille Kundgebung stattfand) und nun auf dem Weg zum Wehrkreiskommando in der Schönfeldstraße/Ecke Ludwigstraße, das SA-Männer in der Nacht besetzt hatten.

Was also ist bei Kardinal Faulhaber angekommen - und was hat sein Verhalten beeinflußt?
Die Tagebucheinträge von Faulhaber muten recht kurz an: