Mittwoch, 31. Januar 2024

Warum Gewerkschaften wieder großen Zulauf haben ....

... analysiert die Tagesschau anhand der Mitgliederentwicklung 2023 in einem Bericht vom 31.01.2024:
Für die Gewerkschaften ist es eine gute Nachricht: Die Mitgliederzahlen steigen. Das gilt für kleine Organisationen wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) genauso wie für die große Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.
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"Ver.di kommt bei jungen Menschen überdurchschnittlich gut an", so der Vorsitzende Frank Werneke. Eine vergleichbar positive Mitgliederentwicklung habe es zuletzt Mitte der 1980er-Jahre gegeben, als die Gewerkschaften für die 35-Stunden-Woche stritten.
...
Die wirtschaftliche Lage und auch der wachsende Fach- und Arbeitskräftemangel schaffen bei vielen Beschäftigten ein neues Selbstbewusstsein. "Ob Deutschland wirtschaftlich zukunftssicher aufgestellt ist und wettbewerbsfähig bleibt, hängt in starkem Maße auch davon ab, ob gut ausgebildete und qualifizierte Beschäftigte verfügbar sind", so die Forscher beim WSI. Viele Beschäftigte wollen entsprechende Wertschätzung. Gewerkschaftlich organisiert zu sein gibt Rückenwind, den Forderungen Nachdruck zu verleihen.
...
Steigen die Mitgliederzahlen, gibt das mehr Verhandlungs- und Gestaltungsspielräume.

Dienstag, 30. Januar 2024

Überlastete Jugendämter - Kinder in Not

das berichtete die Tagesschau unter Bezug auf eine Umfrage von Report Mainz

am 23.01.2024 um 21:45 Uhr beim Report Mainz im Ersten (hier in der Mediathek)

Ja, wir wissen es - die MitarbeiterInnen mit der einschlägigen Berufsausbildung werden überall gebraucht, nicht nur in Einrichtungen der Kirche ...

Montag, 29. Januar 2024

Gratulation zur Ehrung für den ersten Tarifvertrag mit einer kirchlichen Organisation

Für Kirchen gelten ganz andere Regeln als für alle anderen Arbeitgeber – zum Nachteil der Beschäftigten! 😡 Ronald konnte das für seine Kolleg*innen der Nordkirche ändern, indem er den allerersten Tarifvertrag mit einer kirchlichen Organisation mit ausgehandelt hat. Für diesen Verdienst wurde er am 27. Januar mit der Hans-Böckler-Medaille ausgezeichnet. Wir gratulieren – starke Leistung! 🥳
— mit ver.di.
Quelle: DGB mit ver.di auf Facebook

Anmerkung:
der Kirchliche Angestelltentarifvertrag für die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche (KAT-NEK) existiert seit 15.01.1982. Nach 40 Jahren sollte nun wirklich der Bewis erbracht sein, dass auch in Deutschland der Zweite Weg für die Kirchen funktioniert. Inzwischen wurde in der Nordkirche eine flächendeckende Anwendung von Tarifverträgen im Bereich der verfassten Kirche verhandelt. Der Tarifvertrag hat so also eine große Ausdehnung erlangt. Der Geltungsbereich reicht vom südlichen Dänemark und Flensburg bis nach Hamburg, von Glückstadt über Lübeck und Kiel, Schwerin und Stralsund bis hin zur polnischen Grenze. Die Norelbische Kirche erstreckt sich über die Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Einige Gemeinden liegen auch in Brandenburg.

Freitag, 26. Januar 2024

§§ BAG: AVR sind keine Tarifverträge und können auch nicht deren Privilegien beanspruchen - Evangelischer Kirchenkreis ist kein öffentlicher Arbeitgeber

Mit zwei Entscheidungen begrenzt das Bundesarbeitsgericht erneut die hochtrabenden Träume kirchennaher Rechtfertigungsjuristen.

In der am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung 6 AZR 210/22 vom 05.10.2023 stellt das BAG in der Bestätigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erneut fest:
Die auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommenen Arbeitsvertragsrichtlinien sind keine Tarifverträge iSd. gesetzlichen Öffnungsklausel (ebenso HWK/Vogelsang 10. Aufl. § 4 EFZG Rn. 39; Malkmus in Feichtinger/Malkmus Entgeltfortzahlungsrecht 2. Aufl. § 4 EFZG Rn. 184; zu § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG BAG 25. März 2009 – 7 AZR 710/07 – Rn. 16 ff., BAGE 130, 146; aA Richardi KirchenArbR 8. Aufl. § 8 Rn. 8, § 15 Rn. 21; kritisch auch v. Tiling ZTR 2009, 458).
...
Auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen sind keine Tarifverträge iSd. § 1 Abs. 1 TVG. Ihnen fehlt deren normative Wirkung (vgl. BAG 5. Oktober 2023 – 6 AZR 308/22 – Rn. 18, 20; 24. Mai 2018 – 6 AZR 308/17 – Rn. 23, BAGE 163, 56; HWK/Rennpferdt 10. Aufl. § 22 TzBfG Rn. 4; ähnlich BAG 9. Mai 2023 – 3 AZR 226/22 – Rn. 21; 16. Dezember 2021 – 6 AZR 377/20 – Rn. 24; 8. September 2021 – 10 AZR 322/19 – Rn. 19, BAGE 175, 367). Das gilt ungeachtet dessen, dass bei der Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien (§§ 305 ff. BGB) als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) ihr Zustandekommen im Verfahren des Dritten Wegs angemessen zu berücksichtigen ist (vgl. BAG 5. Oktober 2023 – 6 AZR 308/22 – Rn. 19). Sie sind aus diesem Grund zwar nur daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen (BAG 16. Dezember 2021 – 6 AZR 377/20 – Rn. 24; 30. Oktober 2019 – 6 AZR 465/18 – Rn. 33, BAGE 168, 254; vgl. auch BAG 14. März 2023 – 3 AZR 197/22 – Rn. 28). Dieser im Ergebnis an Tarifverträge angeglichene Kontrollmaßstab hat aber keine Veränderung der Rechtsnormqualität der kirchlichen Regelungen zur Folge (BAG 30. Oktober 2019 – 6 AZR 465/18 – Rn. 51, aaO). ....
Rd.Nr. 23 und 24 der Entscheidung.
Das ist nichts Neues. Unzweideutig sind dann aber auch die Konsequenzen, die das BAG aus dieser unterschiedlichen Normqualität zieht:

Mittwoch, 24. Januar 2024

Heute ist Gedenktag des Heiligen Franz von Sales (1567-1622), des Patrons der Journalistinnen und Journalisten.

Bei dieser Gelegenheit möchten wir auf zwei Beiträge hinweisen, die uns aus Italien erreicht haben:
22.01.2024 Papst dankt Medien für taktvollen Umgang mit Skandalen
Kein nutzloses Geschrei
Journalistische Arbeit tut der Kirche gut, zeigt sich Papst Franziskus überzeugt. Bei einer Audienz für Medienschaffende betonte er, dass wichtige Zutaten allerdings Respekt statt Geschrei sowie Nachdenken statt Vorverurteilen seien.
....
berichtet das Domradio.
Verantwortung für die Wahrheit
Die Arbeit eines Journalisten beruhe auf der Verantwortung für die Wahrheit und nicht auf Geschwätz und Ideologie, sagte der Papst.
Spannungen dürften nicht beschönigt werden, jedoch sollten Medienschaffende kein nutzloses Geschrei machen und sich bemühen, das Wesentliche zu erfassen. Franziskus rief die Journalisten auf, die Information mit dem Nachdenken zu verbinden und sich nicht von Oberflächlichkeiten und Vorurteilen leiten zu lassen.

Tun sei wichtiger als Reden
Der Kirche tue die journalistische Arbeit gut, betonte der Papst. Sie selbst müsse noch eine ganze Strecke zurücklegen auf dem Weg zu einer besseren Kommunikation.
...
Damit könnte der Papst fast unseren Blog gemeint haben - schließlich halten wir uns mit Skandal-Themen - soweit nicht ein arbeitsrechtlicher Kontext besteht - weitestgehend zurück. Und wir fühlen uns journalistischen Maßstäben wie der Verantwortung für die Wahrheit verpflichtet.

Leider - muss ich feststellen - dürfte unser Blog schon in Südtirol nicht gelesen werden, denn dort fehlt schon jedes Verständnis für einen "Dritten Weg", wie in die katholische Kirche in Deutschland (in der Ablehnung von Tarifverträgen und Kooperation mit Gewerkschaften) praktiziert. Deshalb ist die Meinung des Südtiroler Bischofs wohl nicht für uns gedacht:
Südtirol: Bischof plädiert für Dialog und kritischen Journalismus
„Wir leben in einer Zeit der Polarisierung, in der sich Meinungen oft verhärten, in der der Austausch von Ideen behindert wird und in der die Kunst des Zuhörens zu oft in den Hintergrund tritt“, warnte der Diözesanbischof von Bozen-Brixen, Ivo Muser, an diesem Dienstag bei einer Begegnung mit Chefredakteurinnen und Chefredakteuren von Südtiroler Medien und mit Vertretern von Journalistenorganisationen im Bozner Pastoralzentrum.

... Direkt an die Journalistinnen und Journalisten gerichtet, nannte der Bischof deren Berichterstattung über Kirche, Glauben und religiöse, ethische sowie soziale Themen „essenziell“. Kritischer Journalismus sei ein Zeichen lebendiger Demokratie und eines offenen Dialogs, fügte Muser hinzu: „Ich wünsche mir einen offenen, respektvollen, konstruktiven Dialog, der die Kirche und die Gesellschaft weiterbringt.“

Datenschutz der katholischen Kirche vrs. europäisches Datenschutzrecht

Das Thema "Datenschutz" beschäftigt uns immer wieder
- einmal, weil der Schutz der eigenen Daten auch für die Mitarbeitenden wichtig ist ("Beschäftigtendatenschutz"),
- zum anderen aber auch, weil die Kirchen eigene Datenschutzregelungen auf genau der gleichen "tönernen" Grundlage schaffen wie das beim kirchlichen Arbeitsrecht der Fall ist. Es geht dabei gerade eben nicht um eigene Angelegenheiten, sondern bestenfalls um "res mixta", um gemeinsame Angelegenheiten von Kirche und Staat, die somit der verfassungsrechtlich geschützten eigenen Ordnungs- und Verwaltungsbefugnis der Kirchen entzogen sind.

In diesem Kontext haben wir auf einen Konflikt in Belgien hingewiesen, in dem sich die örtliche katholische Kirche in einem Gerichtsstreit letztendlich gegen das europäische Datenschutzrecht verwickelt sieht:
DATENSCHUTZ: BESCHWERDE GEGEN KATHOLISCHE KIRCHE IN BELGIEN ERFOLGREICH
Die Chronistenpflicht gebietet uns, eine Geschichte, die wir nun einmal angefangen haben, auch weiter zu berichten und bis zu einem Ende zu begleiten. Nun also gibt es etwas Neues:
BISTUM GENT LEGT WIDERSPRUCH GEGEN DATENSCHUTZAUFSICHT EIN
Gericht muss Streit um Taufbuch-Löschung nach Kirchenaustritt klären
berichtet katholisch.de und erklärt weiter:
GENT ‐ Aus Taufbüchern wird nichts gelöscht – daran ändert auch ein Kirchenaustritt nichts. In Belgien hat ein Ausgetretener aber von der Datenschutzaufsicht Recht bekommen: Die Kirche soll doch alle Daten löschen. Dagegen wehrt sich nun das Bistum Gent.

... Das Bistum Gent habe fristgemäß Rechtsmittel gegen die Entscheidung der belgischen Datenschutzaufsichtsbehörde vom Dezember eingelegt, teilte ein Bistumssprecher auf Anfrage am Montag mit. Über den Einspruch muss nun der Brüsseler Märktegerichtshof entscheiden, das für Widersprüche gegen Entscheidungen von Aufsichtsbehörden zuständige Berufungsgericht. Die Datenschutzaufsicht hatte einem Mann Recht gegeben, der gegenüber dem Bistum seinen Kirchenaustritt erklärt hatte und verlangte, seine Daten komplett aus dem Taufregister zu streichen. "Wir waren von der Entscheidung sehr überrascht, da die Datenschutzaufsicht in Irland vor einigen Monaten in einer Beschwerde gegen die Erzdiözese Dublin zu einer gegenteiligen Entscheidung gekommen war", so der Bistumssprecher. Man gehe daher davon aus, dass die Chancen vor Gericht gut stünden. ...
Bleiben wir neugierig - es bleibt spannend.

Dienstag, 23. Januar 2024

Fachtagung zum sozialethischen Erbe Joseph Ratzingers

Gestern haben wir schon in einem "Hyperlink" auf die "praktische Umsetzung der katholischen Soziallehre" verwiesen. Schließlich war es Ratzinger, der als Papst seiner deutschen Kirche mehrfach die Umsetzung von Sozialenzykliken bis hin zum Aufruf zur "Entweltlichung" ans Herz gelegt hat.
Der Vollständigkeit halber ist es sinnvoll, auf zwei Beiträge zu verweisen, die nun in den kirchlichen Medien erschienen sind:
"Scheint Interesse geweckt zu haben"
Wie politisch und wie ökonomisch war Joseph Ratzinger? An diesem Montag und Dienstag wird das in der Kölner Hochschule für Katholische Theologie auf einer Fachtagung diskutiert. Rektor Christoph Ohly erklärt, worum es dabei geht. ... ....
Könnte man nicht mal den Blick darauf legen, ausgehend von der Enzyklika "Caritas in Veritate", wo viele dieser gesellschaftsrelevanten Fragen und wirtschaftsethischen Herausforderungen angesprochen werden. Da mal zu schauen: Welche Bedeutung hatten sowohl die theologischen Darlegungen als auch so manche Ansprachen für gesellschaftsrelevante Fragen bei ihm? ...
berichtete gestern das Domradio
und aktuell heute schiebt das Domradio einen weiteren Beitrag nach:
Moraltheologe erklärt sozialethisches Erbe Joseph Ratzingers
"Liebe gibt es nur von Gott, Gerechtigkeit vom Staat"

Das sozialethische Erbe Joseph Ratzingers ist das Thema einer Tagung an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie. Der Moraltheologe und Sozialwissenschaftler Peter Schallenberg sieht darin einen überaus spannenden Aspekt.

... die Enzyklika "Caritas in veritate" ... ist eine ausgesprochen sozialethische Enzyklika, mit sehr grundlegender Bedeutung. Sie geht nicht so sehr wie die sozialethischen Verlautbarungen von Papst Franziskus auf Einzelprobleme ein. Sie klärt die Grundlage des Gemeinwohls. ....

DOMRADIO.DE: Was können wir heute aus dem sozialethischen Erbe Joseph Ratzingers lernen?

Schallenberg: Erstens, dass es zwischen Kirche und Staat eine relativ klare Trennung gibt. Das ist unter anderem auch das, was der deutsche Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde mit seinem berühmten Diktum: "Der Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann", gemeint hat.

Ratzinger nennt das die "vorpolitischen Grundlagen des Staates". Romano Guardini (Religionsphilosoph und Theologe, Anm. d. Red.) hätte das "den Staat in uns" genannt, dass man in sich ein Bewusstsein von Verantwortung, Würde, Gerechtigkeit trägt. Und nur wenn das durch Bildung in einem Menschen entfaltet ist, kann er in die Politik gehen und für das Gemeinwesen wirken.

Trennung von Kirche und Staat heißt in diesem Fall: Erst kommt die Gewissensentscheidung und der Raum der familiären Lebensweise, dann der Staat, also das äußere Regeln des Zusammenlebens.

Das Zweite was man meiner Meinung nach lernen kann und worauf Ratzinger immer wieder hinweist, ist das, was wir in der Präambel des Grundgesetzes haben: "In Verantwortung vor Gott und den Menschen." ....
Ob die Sonderregelungen, die sich die Kirche etwa im Bereich des Arbeitsrechts herausnimmt, mit diesen Gedanken vereinbar sind?
Würde es nicht der aufgezeigten Konzeption entsprechen, wenn die Kirche mit ihren Sozialenzykliken ethisch-moralische Grundlagen setzt, deren konkrete Umsetzung dann dem Staat obliegt - wobei in einem demokratischen Rechtsstaat wie der Bundesrepublik ja letzendlich die gesellschaftliche Mehrheit darüber befindet, wie widerstrebende Interessen in Rechtsetzungsakten normiert werden. Die Kirchen könnten sich damit den Vorwurf ersparen, selbst meilenweit von der Umsetzung der eigenen Soziallehre entfernt zu sein, dieser diamentral entgegenstehende Normen zu erlassen - und damit ihre eigene Glaubwürdigkeit massiv und maximal zu gefährden.


edit
Über die Fachtagung berichtet inzwischen auch VaticanNews:
Tagung in Köln: Joseph Ratzinger hat „Dinge so klar benannt“
Das sozialethische Erbe Joseph Ratzingers war das Thema einer Tagung an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie. Der Moraltheologe und Sozialwissenschaftler Peter Schallenberg sieht darin einen überaus spannenden Aspekt. Gegenüber dem Kölner Domradio sagt er, dass man nach Ratzinger das Gewissen einer Instanz gegenüberstellen müsse, „die mehr bedeutet, als nur eine eigene Interessenverwertung“.
...

Montag, 22. Januar 2024

Die Gesellschaft ist tief von christlichem Gedankengut geprägt

(Foto: ver.di Bayern)

Wenn die Kirchen mit ihrem hauptamtlichen Personal dann auch selbst nicht nur bei einigen Demonstrationen (siehe auch hier) glaubwürdiger wären - etwa bei der praktischen Umsetzung der eigenen Soziallehre - , würden sich viele Probleme der heutigen Zeit fast von alleine lösen.

Sonntag, 21. Januar 2024

Sonntagsnotizen: Die katholische Soziallehre ...

...
ist die Soziallehre der katholischen Kirche. Sie ist historisch eng mit dem päpstlichen Lehramt, insbesondere den Sozialenzykliken, verknüpft. Das Zueinander von Person und Gesellschaft, die Rolle von Institutionen und die Gestaltung gesellschaftlicher Strukturen reflektiert die katholische Soziallehre mit den Augen des Glaubens.
zitiert aus Domradio

Wenn die Kirche selbst nicht der Soziallehre in der Aussage der päptstlichen Sozialenzykliken folgt, dann ist das also nicht mehr - aber auch nicht weniger - als eine Missachtung des päpstlichen Lehramtes.

Die päpstlichen Sozialenzykliken präferieren das Gewerkschaftsprinzip und den Tarifvertrag.

Die "Grundordnung der katholischen Kirche" stemmt sich gegen das Gewerkschaftsprinzip und verbietet Tarifverträge.

Was ist daraus zu schließen?

Zitierenwir doch mal Kardinal Hollerich:
Keine Angst vor Wandel in der Kirche haben

Donnerstag, 18. Januar 2024

Die Krankenhausreform von den Menschen her denken – für gute Arbeit und eine gute Versorgung

Ein wichtiger Termin, um unsere Anforderungen an die Krankenhausreform und ihre Umsetzung gegenüber den politisch Verantwortlichen zu adressieren - gerade auch an Bayerns Staatsregierung. Merkt euch den Termin vor.

Die Veranstaltung findet:
am 18. März 2024
von 13:00 - 17.30 Uhr
im Kleinen Theater Haar, Casinostr. 6, 85540 Haar / München
statt. Blockt den Termin schon mal in euren Kalendern. Der Termin ist zu wichtig, um ihn zu versäumen.

Dienstag, 16. Januar 2024

Der Pflegekollaps kommt vor 2030: Neue Studie zeichnet düstere Prognose

berichtet der bestimmt nicht linkslastige "Münchner Merkur"
...die Situation wird sich wohl bereits in diesem Jahrzehnt deutlich zuspitzen, wie Wissenschaftler berechnet haben. Nach ihrer Prognose wird es schon vor 2030 zu einem kritischen Kipppunkt kommen. ...
(Printausgabe 16.01.2024 - S. 11)

Das ist nicht überraschend.
Am 21.10.2010 berichtete das "Wissensmagazin scinexx: 2030 fehlen eine Million Fachkräfte
Am 19.09.2016 berichtete die Wirtschaftswoche: SOZIALKASSEN 2030 - Hoffnung für die Rente, Kollaps bei der Gesundheit
Am 13.06.2022 berichtete BILD: Deutschland droht der Pflege-Kollaps
Am 27.07.2023 meldete das ZDF: Weniger Azubis: "Drama" für die Pflegebranche
Die Bertrelsmann-Stiftung veröffentlichte den "Pflegereport 2030: Die Versorgungslücke in der Pflege wächst
Im Dezember 2023 wachte der "Arbeitgeberverband Pflege" auf und schlug Alarm: Ampel schläft, Pflegefrust wächst, Kollaps droht

Auch die Gewerkschaft ver.di warnt seit Jahren - und zeigt immer wieder Wege auf, den Kollaps zu vermeiden.

Und was macht die Caritas als einer der größten Leistungserbringer in der Pflege? Ideologie vor Problemlösung!

Montag, 15. Januar 2024

Wie im Vatikan gestreikt wurde ...

einen eher amüsanten Beitrag bringt aktuell das Domradio (Köln):
14.01.2024 Vatikanexperte gewährt Einblick in vatikanische Streikfälle
Vatikankapelle drohte mit Kommunistenhymne 
Dass Bauern, Spediteure und Lokführer streiken können, weiß nun jeder. Aber wie steht es um Streiks im Vatikan? Vatikanexperte Ulrich Nersinger erzählt von dem Beinahe-Protestmarsch auf Castel Gandolfo und einer musikalischen Drohung.
Diese Art von "Streik" würden wir in Deutschland eher unter der Rubrik "ziviler Ungehorsam" ablegen. Es ist phantasievoll, ja, aber nicht die Art von "Arbeitsverweigerung", die im deutschen Arbeitsrecht gemeinhin als "Streik" definiert wird.
Ulrich Nersinger (Vatikanjournalist und Buchautor), berichtet nun über "soziale Unruhen" im Vatikan:
... und zwar vor allem in den 1960er- und 70er-Jahren.
Da gab es einige Unstimmigkeiten wegen der Gehälter. Angestellte des Vatikan waren der Ansicht gewesen, dass ihre Gehälter doch einmal den Ansprüchen der Zeit angepasst werden müssten. Das geschah aber nicht. So kam es dann zu einer kleinen Reihe sozialer Unruhen.
Viele der Angestellten waren unterbezahlt und forderten zu Recht eine finanzielle Besserstellung. Dementsprechend gab es dann etwa einen halbstündigen Warnstreik in der Druckerei der Vatikanzeitung L'Osservatore Romano, dem sich dann auch einige Redakteure anschlossen.
Im September streikten auch ihre Kollegen von der Tipografia Poliglotta Vaticana, der Vatikanischen Druckerei, drei Stunden lang.
Der außergewöhnlichste Fall war wohl jener der Päpstlichen Musikkapelle. Auch die wollte höhere Gehälter und drohte dann bei einem Staatsempfang oder bei einem Staatsbesuch, die Internationale zu intonieren.
Zu den Reformplänen von Paul VI. gehörten notwendige Verbesserungen unter anderem bei den Päpstlichen Garden. Aber seltsamerweise betraf das nicht die Besoldung der Gendarmen. Deshalb gab es dann einiges an Unruhe.
Schließlich hat man sich dazu entschieden, den Gendarmen mit einer Gratifikation zu vertrösten, sodass sie mal einen Ausflug machen können. Das hat die Päpstliche Gendarmerie natürlich nur umso mehr empört.
Schlussendlich hat sie dann sogar mit einem Protestmarsch zur Sommerresidenz des Papstes, also auf Castel Gandolfo, gedroht.
...
Wir verweisen auf diesen doch eher amüsant-skurrilen Beitrag, weil es zum einen zeigt, wie trotz eines behaupteten Streikverbotes phantasievolle Aktionen geplant werden können. Zum anderen aber auch, weil darin sowohl die Existenz einer Gewerkschaft im Vatikan - aber auch gleichzeitig die Unglaubwürdigkeit der kirchlichen Soziallehre durch die eigene Praxis dokumentiert wird:
... es gibt zwar mittlerweile eine Gewerkschaft, aber man kann sich vorstellen, dass der Spielraum einer Gewerkschaft in einem Staat, der nicht demokratisch ausgerichtet ist, doch sehr begrenzt ist.
Vor allen Dingen zeigt sich: Die Päpste haben seit Leo XIII. eine große Anzahl von Sozialenzykliken erlassen und immer wieder eine soziale und gerechte Bezahlung von Arbeitern eingefordert. Das war im Vatikan selbst dann aber wiederum nicht immer so. Da haben wir auch heute noch einige Probleme: ...
Dass - nebenbei bemerkt - das Narrativ vom Streikverbot im kirchlichen Dienst wieder einmal verbreitet wird, sei hier nur eine Randbemerkung. Das Recht der Kirche zur Selbstordnung und Selbstverwaltung besteht nur "im Rahmen der für alle geltenden Gesetze". Und das Koalitionsrecht aus Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz, das das Streikrecht mit einschließt, gilt selbstverständlich auch für kirchliche Mitarbeitende. Daran können die verqueren Bauchaufschwünge kirchennaher Rechtfertigungsjuristen nichts ändern, wie die höchstrichterliche Rechtsprechung zum "Streikrecht im Dritten Weg" belegt (wir berichteten).

Sonntag, 14. Januar 2024

Sonntagsnotizen: War alles nur ein historischer Irrtum?

Wer die kirchlichen Medien verfolgt, hat am Mittwoch dieser Woche eine unglaublich wirkende Nachricht aus Rom vernommen.
FRANZISKUS RUFT AUF, TRENNENDE ANSÄTZE ZU ÜBERWINDEN
Papst: Marxisten und Christen haben gemeinsamen Auftrag
VERÖFFENTLICHT AM 10.01.2024 UM 16:43 UHR
VATIKANSTADT ‐ Papst Franziskus wünscht sich "Mut, aus dem Rahmen zu fallen", sowie eine Öffnung im Dialog für "neue Wege". Christen wie auch Sozialisten, Marxisten und Kommunisten hätten einen gemeinsamen Auftrag, sagte der Pontifex und nannte praktische Beispiele.
....
Anlass war ein Treffen, das VaticanNews hier ankündigte:
Papst empfängt Vorsitzenden der Europäischen Linken
Am Mittwochmorgen wird Papst Franziskus eine marxistisch-christliche Dialoggruppe namens „Dialop“ empfangen. Teilnehmer sind unter anderem Mitglieder der Partei der Europäischen Linken mit ihrem Vorsitzenden, dem Ex-KPÖ-Chef Walter Baier.
Und VaticanNews berichtet dann auch aus der "Europäischen Linken":
„Feindschaft von Christen und Marxisten ist ein Missverständnis
Der Vorsitzende der „Europäischen Linken“, Walter Baier, wirbt für den Dialog und für gemeinsames Engagement von Christen, Marxisten und Sozialisten. Das sagte der österreichische Politiker an diesem Mittwoch im Interview mit Radio Vatikan.
...
„Für einen Dialog jenseits historischer Schemata“

Interview
„Ich beginne mit der Audienz heute, denn die war außerordentlich: eine Aussprache, die 45 Minuten gedauert hat. Der Papst hat eine an uns gerichtete Adresse gehalten, in der die Notwendigkeit der Solidarität und insbesondere der Solidarität mit den sozial Benachteiligten unterstrichen wurde. Er hat zu einem Dialog jenseits historischer Schemata aufgefordert – einem Dialog, der sich vor allem um die Ausgegrenzten und Benachteiligten kümmert und der die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit beachtet.

Daraus hat sich ein Gespräch entwickelt, in dessen Vordergrund das Engagement für den Frieden im Nahen Osten und in der Ukraine stand, die Solidarität mit den Migranten und Migrantinnen. Der Papst war sehr spontan – ich glaube, auch gut aufgelegt. Wir alle haben den Raum wirklich sehr beeindruckt und auch sehr bewegt verlassen.

Der Dialog, den wir unter dem Titel ‚Dialop‘ vorstellen, entwickelt sich nun seit zwanzig Jahren. ...
So manch einer wird sich verwundert die Augen reiben. Bestand doch bisher eine schon fast "historisch" zu bezeichnende "Erbfeindschaft" zwischen Christen und Marxisten, in deren Reihen besonders viele "Atheisten" oder "Freidenker" zu finden sind. Was soll da zusammen gehen?

Lassen Sie mich aus meiner Familie ein ganz praktisches Gegenbeispiel nehmen.
Ich komme aus einer Bergarbeiterstadt im katholischen "Pfaffenwinkel". Meine Omi - bei der ich meine Kindheit verbrachte - hatte 7 Geschwister. Zwei davon waren Klosterschwestern, die zweitälteste Großtante "Fernanda" (1894-1979) und die Großtante "Gonsalva" (1898-1990). Beide waren bei den "Niederbronner Schwestern" vom Kloster St. Josef in Neumarkt. Die Gonsalva hat wegen ihres sozialen Engagements 1965 die Bürgermedaille einer bayerischen Großstadt erhalten. Zwei Brüder, der Großonkel "Otto" (1900-1985) und der Großonkel "Ludwig" (1902-1966) waren als engagierte Gewerkschafter politisch "links orientiert" und von den Nazis im KZ-Dachau inhaftiert. Und auch mein Onkel Rudi (1906-1970) war dort politischer Gefangener (Zugang 22.03.1933 mit Haftnummer 20). Bei all den unterschiedlichen Ansichten der einzelnen Personen - eines einte alle miteinander: das Engagement für die sozial Benachteiligten, und die Ablehnnung der faschistischen Diktatur. Und bei allen geschwisterlichen Rivalitäten einte sie letztendlich auch der gegenseitige Respekt, auch vor der Überzeugung des anderen.
Diese Solidarität finde ich auch bei und in meiner Gewerkschaft, in der demokratisch gesinnte Gewerkschafter aller politischer Richtungen gemeinsam zusammen arbeiten, um für die Arbeitnehmer mehr und mehr Verbesserungen zu erreichen.

Ist das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und den Gewerkschaften wirklich so ähnlich wie zwischen dem Teufel und dem Weihwasser? Und wenn das so ist - warum demonstriert die katholische Kirche dann mit ihrer Grundordnung und dem "Dritten Weg", dass das Weihwasser so viel Angst vor der Gewerkschaft hat?

Darüber rätselt sei Jahren

Erich Scz

Mittwoch, 10. Januar 2024

Würden Tarifverträge die Leitungsvollmacht der Bischöfe aushebeln?

In der kontroversen Diskussion um den "Synodalen Rat", den Sonderweg der katholischen Kirche in Deutschland, ist ein Hauptargument, dass dieser "die Leitungsvollmacht der Bischöfe aushebeln" würde. Der emeritierte Kurienkardinal Kasper hat diese Befürchtung jetzt in seiner Kritik erneuert (Meldung von VaticanNews und katholisch.de).
„Ein solcher Synodaler Rat wäre ohne Zweifel ein Eingriff in die sakramentale Struktur und würde die Leitungsvollmacht des Bischofs begrenzen oder gar aushebeln. Er hätte dann mehr Befugnisse als die Bischofskonferenz, welche nach dem gegenwärtigen Kodex des kanonischen Rechtes mit wenigen Ausnahmen ein Beratungsgremium ist." Ihm leuchte daher auch nicht ein, „wie man bei der Ordination ein Amt übernehmen kann und dann auf die Ausübung der Verpflichtungen, die zu diesem Amt wesentlich gehören und die man bei der Ordination öffentlich übernommen hat, verzichten kann."
Tatsächlich gibt es ja auch Hoffnungen, dass die Bischofskonferenzen durch neue, mit Laien besetzte, synodalen Kirchen-Versammlungen abgelöst werden. Und es gibt (oder zumindest gab) Bestrebungen, die Bischöfe bei der Inkraftsetzung von KODA-/AK-Beschlüssen lediglich als "Urkundesbeamte" in der Rolle von "Beglaubigern" zu sehen - was dann auch zu Überlegungen führte, die Bischöfliche Promulgation durch einen Akt der Generalvikare zu ersetzen. Das käme auch einigen Bischöfen entgegen, die mit den Regelungen des "Dritten Weges" möglichst wenig belastet sein wollen. Es sei Sache der Kommission, sich über Änderungen und neue Inhalte mit dem entsprechenden Quorum zu verständigen. Schließlich - auch das muss hier erwähnt werden - gab es in der Vergangenheit auch Beispiele, in denen sich einzelne Bischöfe weigerten, einen so gefassten Beschluss inkraft zu setzen, was dann auch zu erheblicher Unruhe im Kreis der Betroffenen geführt hat.
Das hat allerdings mit dem Abschluss von Tarifverträgen, wie das etwa in Italien für die Kirchen üblich ist, nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Genauso, wie es üblicherweise nach Tarifverhandlungen einen Zeitrahmen gibt, in dem das Verhandlungsergebnis den Tarifkommissionen der Gewerkschaften oder den Mitgliedern einerseits und den entsprechenden Verbänden der Arbeitgeberseite andererseits zur Abstimmung über eine Annahme vorgelegt wird, würde es auch bei Tarifverhandlungen im Kirchenbereich entsprechende Abstimmungsfristen geben. Und damit ist die Ausübung der Verpflichtungen, die zum Bischofsamt gehören, natürlich gewährleistet. Damit werden die Bischöfe sogar vielmehr in ihrer Leitungsvollmacht bestärkt als wenn sie lediglich zum "Abnicken" der Beschlüsse von Arbeitsrechtlichen Kommissionen dienen sollen.
Eine solche Regelung kommt auch dem Gedanken des Tarifvertrages nach, wonach sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer gemeinsam verantworteten Partnerschaft einigen. Die Angst vor einem Arbeitskampf lässt sich vermeiden - wenn man die "Vergütungsautomatik" etwa des § 20a im Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen (Erz-)Diözesen sowie weitere Hauptpflichten des Arbeitsvertrages in einem Anwendungstarifvertrag mit entsprechender Kündigungsmöglichkeit regelt. Das gibt einerseits den Arbeitgebern die Sicherheit der "tarifvertraglichen Friedenspflicht" und ebnet andererseits die Hürden des Tarifvertragsgesetzes zur Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit tarifvertraglicher Regelungen.
Aber dazu müssten die Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommissionen einerseits bereit sein, Regelungskompetenzen abzugeben - und andererseits die gewonnene Freiheit zu nutzen, um das "kirchenspezifische" einer kirchlichen Einrichtung deutlicher heraus zu arbeiten.

Freitag, 5. Januar 2024

Noch zwei Monate - Aufruf | Übergabe der Petition | Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte | 5. März 2024 | Berlin

Liebe Kolleg*innen, liebe Mitstreiter*innen, liebe Unterstützer*innen,

zehntausende Menschen fordern mit ihrer Unterschrift: Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte! Es ist höchste Zeit, dass Beschäftigte bei Diakonie, Caritas und Kirchen nicht mehr wegen privater Entscheidungen gekündigt werden können. Sie haben es verdient, über ihre Arbeitsbedingungen wirksamer mitbestimmen zu können. Wir fordern vom Gesetzgeber, beides endlich neu zu regeln.
Kommt zur Aktion in Berlin:

Wann? Dienstag, 5. März 2024, ab 13 Uhr

Wo? Bebelplatz (Treffpunkt, nahe Staatsoper Unter den Linden)

Aktuelle Infos & Ansprechpartner*innen: Handeln – Jetzt!

Eure ver.di-Kontakte
Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein

Christian Wölm, Tel. 0451 / 8100716, christian.woelm@verdi.de

Niedersachsen und Bremen
Annette Klausing, Tel. 0511 / 12400-256, annette.klausing@verdi.de

Berlin und Brandenburg
Marco Pavlik, Tel. 030 / 8866-4110, marco.pavlik@verdi.de 

Nordrhein-Westfalen
Harald Meyer, Tel. 0211 / 61824-164, harald.meyer@verdi.de

Rheinland-Pfalz und Saarland
Silke Vorpahl, Tel. 0621 59184-54, silke.vorpahl@verdi.de

Hessen
Saskia Jensch, Tel. 069 / 2569-1323, saskia.jensch@verdi.de

Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
Thomas Mühlenberg, Tel. 0341 / 52901-111, thomas.muehlenberg@verdi.de

Bayern
Natale Fontana, Tel. 089 / 59977-363, natale.fontana@verdi.de

Baden-Württemberg
Jakob Becker, Tel. 0711 / 88788-030, jakob.becker@verdi.de

Hamburg
Dr. Arnold Rekittke, Tel. 040 / 890615-736, arnold.rekittke@verdi.de

  

Donnerstag, 4. Januar 2024

Divide et impera - zur Landespflegekammer in Baden Württemberg

Am 8. Januar werden alle von den Arbeitgebern gemeldeten 113.000 Zwangsmitglieder vom Gründungsausschuss der Landespflegekammer Baden Württemberg angeschrieben. Dieses Schreiben wird also zwischen dem 9.1. und dem 12.1. ankommen.
Dann haben die Empfänger 6 Wochen Zeit, schriftlich Einwände gegen eine Pflegekammer mit ihren Zwangsbeiträgen zu äussern. Wenn das genügend Betroffene machen, wird die Pflegekammer wieder rückabgewickelt.

Mittwoch, 3. Januar 2024

Gedanken zum Anfang des Kalenderjahres - Teil 2: Die Krise in der Pflegebranche

Wie das in den Kliniken ausschaut, haben wir aktuell immer wieder auf unserer "Krankenhausseite" angesprochen. Um uns nicht zu wiederholen möchten wir es heute bei diesem Verweis belassen und uns mit diesem Beitrag im Schwerpunkt aufdie Pflegeheime konzentrieren.
Pflegeheime in Not
Zinsanstieg, Insolvenzgefahrund Arbeitskräftemangel belasten Heime
berichtete Hermannus Pfeiffer nd-aktuell schon am 11. Dezember letzten Jahres. Und am Beispiel eines Pflegeheimes aus dem niedersächsischen Neu Wulmstorf wird aufgezeigt, welche Auswirkungen es hat, die Pflege den marktwirtschaftlichen Gesetzen der Finanzmärkte zu unterwerfen. Auf die gesamte Branche bezogen wird dann ausgeführt:
»Es besteht ein zunehmender Mangel an Pflegefachkräften«, sagt RWI-Pflegeexpertin Dörte Heger bei der Vorstellung des »Pflegeheim Rating Report 2024«. Die Studie wurde vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und dem Institute for Health Care Business in Essen erstellt.

Dem Report zufolge waren im Jahr 2021 in der ambulanten und stationären Pflege insgesamt 1,25 Millionen Vollzeitkräfte beschäftigt – rund 425 000 mehr als etwa vor 1999. Doch es werden viele weitere Arbeitskräfte benötigt. »Da dieser Bedarf derzeit am Arbeitsmarkt nicht vollständig gedeckt werden kann, besteht ein zunehmender Mangel an Pflegefachkräften.«

Daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten stieg die Zahl der Pflegefälle von zwei auf fünf Millionen. »Die Gesellschaft wird weiter altern«, mahnt RWI-Ökonomin Heger. »Um die damit verbundene steigende Zahl der Pflegebedürftigen adäquat versorgen zu können, braucht die deutsche Pflegebranche in den nächsten Jahren zusätzliches Personal und Kapital.«

So beziffert der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) den Bedarf an zusätzlichen Pflegeheimplätzen bis zum Ende dieses Jahrzehnts auf 293 000. Das wäre ein riesiger Sprung, denn aktuell leben lediglich 793 000 Menschen in Heimen.

Deren wirtschaftliche Lage ist durchwachsen. Nur gut die Hälfte der Heime befand sich 2021 finanziell im »grünen Bereich«. Vor allem Luxusresorts für Senioren gelten weiter als lukrative Geldanlage. Doch neun Prozent der Heime lagen im »roten Bereich« mit erhöhter Insolvenzgefahr, mehr als ein Drittel im »gelben Bereich« dazwischen.
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Beides ist richtig:
Der angeführte Fachkräftemangel hat Ursachen. Er resultiert auch aus der zu geringen Bezahlung und einer zunehmenden Arbeitsverdichtung. Immer weniger Fachkräfte werden für immer mehr pflegebedürftige Menschen eingesetzt. Eine liebevolle, persönliche Zuwendung gehört vielfach schon lange der Vergangenheit an. Und eine angemessene Vergütung, um mehr Fachkräfte zu gewinnen, kostet Geld.
Richtig ist aber auch, dass inzwischen immer mehr Pflegeheime in finanzielle Schieflage geraten. Das betrifft insbesondere die Einrichtungen, die nicht zu den "Luxusresorts für Senioren" zählen - und damit insbesondere auch die Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände, allen voran der kirchlichen Wohlfahrtsverbände von Caritas und Diakonie. Um deren finanzielle Probleme zu bewältigen, müsste die Refinanzierung deutlich verbessert werden.
Den Ansatz von ver.di, über allgemeinverbindliche Tarifvereinbarungen beides zu lösen - angemessene Mindestvergütungen zu schaffen und gleichzeitig damit die Grundlagen für eine bessere und höhere Refinanzierung zu legen, hat (schon vergessen?) allen voran die Caritas zu Fall gebracht. Auf Seite der katholischen Kirche liegt es jetzt an den Bischöfen, nicht mehr an der Ideologie des Dritten Weges fest zu halten, sondern in Ausübung ihres Hirten- und Leitungsamtes in den Diözesen dem päpstlichen Lehramt und der eigenen kirchlichen Soziallehre zu folgen.


Gestern haben wir ausgeführt:
Wie wäre es, da einen großen Schritt zu tun, das "Ruder herum zu reissen" - und zumindest mit einem Anwendungstarifvertrag zum TVöD (kommunal) - nicht nur die Basis für allgemeinverbindliche Regelungen in der gesamten Branche zu schaffen, sondern sich dafür auch noch die "tarifvertragliche Friedenspflicht" einzukaufen. Die Kirche kann dann gerne - wie es im Vollzug der eigenen Soziallehre konsequent wäre - für Gewerkschaftsmitglieder auch noch zusätzliche, besondere Vorteilsregelungen vereinbaren. Das wäre ein Zeichen !

Dienstag, 2. Januar 2024

Auch die Bischöfe meinen: selbst verursachte Krisen

Eine klare Aussage trifft dazu der katholische Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck. Das Domradio berichtet:
"Weiter so!' kann für uns keine Option sein"

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Vieles, das in der katholischen Kirche lange als unantastbar und unveränderlich gegolten habe, stehe heute infrage, sagte Overbeck. Wer insgeheim noch hoffe, irgendwann werde die Krise schon überstanden sein, erliege einer Illusion. Stattdessen sei die Bereitschaft nötig, andere Positionen ernsthaft verstehen zu wollen, betonte der Essener Bischof. Es mache ihm große Sorgen, mit welcher Unbarmherzigkeit viele innerkirchliche Auseinandersetzungen geführt würden.
"Stattdessen sollten wir für ein Christentum und ein Kirche-Sein eintreten, das Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit verbindet und für Ausgleich und Versöhnung sorgt", forderte Overbeck. Das sei nicht nur für die Kirche wichtig, sondern stärke auch Demokratie, Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit in der Gesellschaft.
(eine Zusammenfasssung der Neujahrspredigten der katholischen Bischöfe in Deutschland bringt das Domradio hier)

Dass diese Selbsterkenntnis inzwischen auch bei hohen protestantischen Würdenträgern angekommen ist, belegt aktuell eine Aussage des schaumburg-lippische Landesbischofs Karl-Hinrich Manzke. Katholisch.de zitiert ihn wie folgt:
"VÖLLIGE FEHLEINSCHÄTZUNG" HABE ZU "SELBSTBEHARRUNG" GEFÜHRT
Bischof warnt Kirchen vor institutioneller Selbstgefälligkeit


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Der schaumburg-lippische Landesbischof Karl-Hinrich Manzke hat die Kirchen vor institutioneller Selbstgefälligkeit gewarnt. "Die Menschen erwarten von der Kirche, dass sie eine Bewegung ist und eine große Integrationskraft hat und anbietet", sagte der scheidende evangelische Bischof im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf die stark gestiegenen Austrittszahlen. "Eine selbstgefällige Institutionalität war und ist hinderlich."
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Seit 1950 habe sich die Mitgliederzahl der Kirchen glatt halbiert, sagte er: von 96 Prozent der Bevölkerung auf 48 Prozent. ... Die Kirche habe aber auch selbst Fehler gemacht. Sie habe kaum eine Kundenorientierung entwickelt und häufig die Nähe zu den Menschen verloren. So habe sie auch an Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft verloren. Manzke sprach von einem "Epochenbruch". ...

Gedanken zum Anfang des Kalenderjahres - Teil 1: Kirchen und ihre selbst verursachten Krisen

In den letzten Tagen waren die Medien wieder voll mit Reflektionen, was denn im vergangenen Kalenderjahr so alles passiert ist. N-TV berichtet
"Unser Land wird säkularer"
Bischofskonferenz beklagt Bedeutungsverlust der Kirchen
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"Nur mehr 48 Prozent der Bevölkerung in unserem Land gehören einer der beiden großen Kirchen an", fasste Bätzing zusammen. .... Nur noch vier Prozent der katholischen und sechs Prozent der evangelischen Gläubigen geben in der Studie an, ihrer Kirche eng verbunden zu sein. "Das Vertrauen, vor allem in die katholische Kirche, ist enorm gesunken", räumte Bätzing ein. "Und beinahe die Hälfte der Katholikinnen und Katholiken denkt über einen Kirchenaustritt nach, nur noch ein Drittel schließt ihn grundsätzlich aus. Solche Entwicklungen zu verdrängen oder zu verharmlosen, das wäre fatal." ...
siehe auch Kölner Stadtanzeiger, Kopie auf msn.com "Kirche: Als Gott aus Deutschland verschwand - Ein Bischof bilanziert"

Auch die kirchlichen Medien blickten zurück - und haben dafür die Zeit nach dem Beginn des Kirchenjahres und vor dem Ende des Kalenderjahres 2023 genutzt. Ein Hauptthema war die zunehmende Entfremdung der "organisierten Kirche" von der Gesellschaft - die sich etwa in der Zahl der Kirchgänger und der Kirchenaustritte manifestiert.

Katharina Karl, Professorin für Pastoraltheologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, stellt bei katholisch.de zurecht fest:
Die Beschleunigung ... wurde ... sicherlich durch die Pandemiesituation und die schleppende Aufarbeitung der Missbrauchskrise verstärkt. Sie ist aber auch Teil komplexer gesellschaftlicher Entwicklungen und gründet in der Tatsache, dass die Zugehörigkeit zum Christentum sich nicht mehr über Sozialisation ergibt, sondern zunehmend auf Entscheidung beruht.
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Es bleibt ein Stachel im Fleisch, dass sozial Benachteiligte Menschen sich nicht von den Kirchen repräsentiert fühlen. ....
"Sozial Benachteiligte Menschen" - welcher Personenkreis wird hier angesprochen? Sind nicht gerade die Arbeitnehmer im klassischen Sinn "sozial benachteiligt"? Dass unsere Kirche gerade die Arbeitnehmer verloren hat, ist schon im Beschluß "Kirche und Arbeiter" der Würzburger Synode als andauernder Skandal bezeichnet worden. Das Ergebnis war eine fast flehentliche Aufforderung an die Katholiken "bei den Gewerkschaften mit zu tun". Dabei blieb es aber auch - verbale Lippenbekentnisse oder echte und ehrliche Konsequenz. Die eigentlich richtige Konsequenz, die Ursachen dieses Verlustes zu beseitigen, wurde nicht gezogen.
Beide Kirchen haben sich im Bereich der "Arbeitswelt" vielmehr mit dem Ausbau des gewerkschaftsfeindlichen - "Dritten Weges" beschäftigt und versucht, eine "gewerkschaftsfreie Zone" zu schaffen und sich darin gemütlich einzurichten. Dass das - bis hin zum kirchengesetzlichen "Streikverbot" - verfassungswidrig ist, war beiden Kirchen genauso egal wie der eklatante Widerspruch der katholischen Kirche zur eigenen Soziallehre und dem universellen Kirchenrecht.
Tatsächlich haben die Kirchen nur unter dem Druck der weltlichen Gerichte und der Rechtsprechung minimalistisch und zögerlich einige nicht mehr haltbare Positionen "geräumt".
Damit wurde bei der überwiegenden Mehrheit der gewerkschaftlich engagierten Christen die Glaubwürdigkeit der Kirche und Vertrauen massiv verloren.
Dazu haben auch als "absurd empfundene Loyalitätsvorgaben" für kirchliche Arbeitnehmer beigetragen.

Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken beklagt im Domradio zurecht:
"Vertrauen wieder aufzubauen, ist alles andere als leicht"

Wie wäre es, da einen großen Schritt zu tun, das "Ruder herum zu reissen" - und zumindest mit einem Anwendungstarifvertrag zum TVöD (kommunal) - nicht nur die Basis für allgemeinverbindliche Regelungen in der gesamten Branche zu schaffen, sondern sich dafür auch noch die "tarifvertragliche Friedenspflicht" einzukaufen. Die Kirche kann dann gerne - wie es im Vollzug der eigenen Soziallehre konsequent wäre - für Gewerkschaftsmitglieder auch noch zusätzliche, besondere Vorteilsregelungen vereinbaren. Das wäre ein Zeichen !

Der Theologe und Ökonom Ulrich Hemel, langjähriger Wirtschaftsberater und ehemaliger Präsident des Bunds Katholischer Unternehmer (BKU) sieht die Problematik aus der Sicht des Arbeitgebers - also einer völlig anderen Perspekltive als die Mitarbeitenden - und meint dann auch bei katholisch.de, es gäbe:
einen großen Zulauf zu katholischen Schulen und Bildungseinrichtungen. Die spielen aber in den Überlegungen bei den einzelnen Diözesen, aber auch in Organisationen wie dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, nur eine untergeordnete Rolle. Das hängt damit zusammen, dass die Entscheidungsstrukturen in der Kirche sehr stark von den pastoralen Berufen ausgehen. Als Folge daraus kommen andere Bereiche weniger in den Blick. Das gilt beispielsweise auch für den Religionsunterricht. Da haben wir immer noch rund 70.000 Menschen, die Tag für Tag als Religionslehrer arbeiten, die aber kaum beachtet werden im kirchlichen Geschehen. Wir haben noch immer fast 1.000 katholische Schulen in Deutschland, die aber in der allgemeinen Diskussion unsichtbar sind. Hier haben wir eine gesellschaftliche Nachfrage nach einem Angebot, das den Begriff "katholisch" immer noch im Namen trägt. Aber wir haben in unserer eigenen Kirche kein Bewusstsein dafür, dass wir hier ein Pfund haben, mit dem wir wuchern können.
Ohne Zweifel, die kirchlichen Bildungseinrichtungen - vor allem die "Eliteschulen" der Ordensgemeinschaften - sind gefragt. Aber ist es nicht etwas verkürzt, den Blick nur auf einen Teil der kirchlichen Arbeitnehmer zu richten? Gibt es nicht - nach eigenen Angaben - hunderttausende von von Mitarbeitenden alleine in Einrichtungen der Caritas und katholischen Kirche?