Der alte Arbeitgeber ist verlassen, aber es gibt noch offene Urlaubstage – bei wem das so ist, der oder die hat nun (Anm.: befristet) Zeit, um die Ausbezahlung dieser freien Tage zu verlangen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
zitiert aus SPIEGEL online, dieser unter Bezug auf
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Januar 2023 – 9 AZR 244/20 –. In dieser Pressemitteilung ist dann bereits eingangs zu lesen:
Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, kann nach Maßgabe einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 6. November 2018* und oblag es dem Arbeitnehmer aufgrund der gegenläufigen Senatsrechtsprechung nicht, den Anspruch innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend zu machen, begann die Ausschlussfrist erst mit der Bekanntgabe des Urteils.
Es ist durchaus fraglich, ob diese "Verfallsregelung" auch auf kirchliche Arbeitsverhältnisse anzuwenden wäre, wenn sich das Arbeitsverhältnis nach den Regelungen eines "Dritten Weges" richtet. Denn bei diesen arbeitsvertraglichen Richtlinien handelt es sich gerade nicht um Tarif
verträge sondern um einseitig vom Arbeitgeber bereit gestellte "
Allgemeine Geschäftsbedingungen" (AGB). Das ist ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (statt vieler
BAG, Urteil vom 17. 11. 2005 – 6 AZR 160/05 - lexetius.com/2005,3737). Im
BAG Urteil v. 19.11.2020 - 6 AZR 331/19 - Rd.Nr. 3 der Begründung - wird wohl eine Gleichstellung von Ausschlussfristen in AGB's mit tarifvertraglichen Regelungen angedeutet.
Daher empfiehlt sich dringend, mögliche Urlaubsansprüche innerhalb einer solchen
Ausschlussfrist zu hinterfragen und auch unbedingt geltend zu machen.
Wenn diese Frist nicht eingehalten worden ist, könnte ggf. hilfsweise die Rechtswirksamkeit der AGB-Ausschlussfrist hinterfragt werden. Denn
in § 4 Abs. 4 des Tarifvertragsgesetzes (TVG) ist abschließend geregelt:
Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
Der Begriff "tariflicher Rechte" anstatt "tarifvertraglicher Rechte" schließt möglicherweise auch AGBs mit ein. Denn die Regelungen des "Dritten Weges" werden von deren Verwendern auch als "Tarife", nicht aber als "Tarifverträge" bezeichnet. Gerade letzteres sollen diese Regelungen, so etwa die Grundordnung der katholischen Kirche, auch gar nicht sein. Die philologische Interpretation würde dann die Unwirksamkeit von Ausschlußfristen für "tarifliche Ansprüche des Dritten Weges" zur Folge haben, die eben nicht in einem beidseitig verpflichtenden Tarif
vertrag vereinbart wurden.