Montag, 4. Dezember 2023

Höherer Mindestlohn in Altenpflege

Der Mindestlohn pro Stunde ist zum 1. Dezember für Pflegefachkräfte auf 18,25 Euro (+ 60 Cent), für qualifizierte Pflegehilfskräfte auf 15,25 Euro (+ 35 Cent) und für Pflegehilfskräfte auf 14,15 Euro (+ 25 Cent) pro Stunde gestiegen.
berichtet das Ärzteblatt und meint, dass das etwa 1,3 Millionen Beschäftigte in der Altenpflege betrifft, die Mindestlohn bekommen.
Wenn die kirchlichen Wohlfahrtsverbände - allen voran die Caritas - nicht mit ihrem "Tanz um den Dritten Weg" blockiert hätten (wir berichteten), dann bräuchte es solche Meldungen nicht.
Aber das ist scheinbar Geschäfts- und Personalpolitik. Immer nur grad so viel zahlen, wie unvermeidbar ist. Und sich dann wundern, dass niemand den Job machen will ...

Zum Vergleich die Entgelte im öffentlichen Dienst zuzüglich Jahressonderzahlung, Betriebsrente usw usw. - der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes samt Entgeltordung ist der Webseite der VKA zu finden:

Diakonie schlägt Alarm: Plätze für Menschen mit Behinderung fehlen

berichtet das Ärzteblatt zum UN-Welttag der Menschen mit Behinderung:
Die Diakonie Deutschland schlägt Alarm wegen Personalnot in der Behindertenhilfe: Anfragen von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen nach Betreuungsplätzen müssten vielfach wegen fehlender Fachkräfte abgelehnt werden. Das geht aus einer Erhebung der Diakonie hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.

„Je weniger Stellen besetzt werden können, desto weniger Plätze stehen auch in den Einrichtungen zur Verfügung“, sagte Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide. Der Fachkräftemangel führe dazu, dass die dringend notwendige Unterstützung für Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend gesichert sei.
...
das kommt an - genau mein Humor.
Hat sich der Diakonie-Fachverband für Teilhabe, der 600 evangelische Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie vertritt, schon mal gefragt, warum 60 Prozent der offenen Fachkräfte-Stellen in den befragten Mitgliedseinrichtungen länger als sechs Monate unbesetzt bleiben?

Da passt es gut, dass der Papst eine bessere Inklusion für Menschen mit Behinderung fordert. Die Caritas könnte dann ja dementsprechend voran gehen und mit ver.di einen - für die Branche und Personalaquise vorbildlichen - Tarifvertrag schließen. An ver.di dürfte das nicht scheitern.

Sonntag, 3. Dezember 2023

Sonntagsnotizen - Kirchenrecht und Lebenswirklichkeit

Unter dem Stichwort "Lebenswirklichkeit" haben wir mehrfach darauf hingewisen, dass der autorität-hierarchische "Dritte Weg", der aus der historisch schwer belasteten Ideologie der Dienstgemeinschaft abgeleitet ist, mit der freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsstruktur unseres Landes nicht in Einklang zu bringen ist.
Nun ist dieser Sonderweg für die Weltkirche eine absolute Ausnahme. Er wird - in ökumenischer Solidarität - lediglich im deutschsprachigen Raum gepflegt. Und er beruht ausschließlich auf der kirchenrechtlichen Grundlage diözesaner Bischöfe. Papst Franziskus hat nun zurecht darauf hingewiesen:
Kirchenrecht ist nicht unabänderlich
In dem Artikel von katholisch.de wird weiter ausgeführt:
Deutlich sprach sich das katholische Kirchenoberhaupt für ein an die jeweilige Zeit angepasstes Kirchenrecht aus: "Das Volk Gottes lebt in der Geschichte; daher können seine Lebens- und Organisationsformen nicht unabänderlich sein." Es gelte zu unterscheiden, was im täglichen Leben der Kirche wesentlich ist und was lediglich eine Reihe äußerer Formen, "die vielleicht in der Vergangenheit nützlich und bedeutsam waren, aber in der Gegenwart nicht mehr, ja manchmal sogar ein Hindernis für ein Zeugnis darstellen, das gerade heute eine größere Einfachheit erfordert, um glaubwürdig zu sein".
Darüber sollten die Verfechter des kirchlichen Sonderrechts einmal nachdenken.

Freitag, 1. Dezember 2023

§ LAG Niedersachsen: Kirchenmusiker - Kündigung nach Kündigungsverzicht unzulässig

Die Kirchenmusiker sind ja echte Künstler - und daher manchmal für ein etwas "verpeiltes Organisationstalent" und eine anschließende Kündigung gut (wir berichteten). Ein diametral entgegenstehendes Organisationstalent zeigte ein anderer Angehöriger dieser Berufsgruppe bei seiner Lebensplanung - und der seiner Familie:
Im Kern des Falls stand ein Domkantor, der mit seinem Ehemann den Kinderwunsch durch Leihmutterschaft erfüllen wollte. Nachdem dieser Plan intern kommuniziert wurde, verzichtete der Arbeitgeber zunächst auf disziplinarische Maßnahmen, also auch auf die Möglichkeit einer Kündigung.

Später kündigte der Arbeitgeber dennoch das Arbeitsverhältnis, als der Domkantor seine Pläne revidierte.
berichtet der Deutsche Anwaltverein unter Bezug auf das Landesarbeitsgericht Hannover, Urteil vom 27. Juni 2023 (AZ: 10 Sa 762/22) und weist zurecht auf den Urteilstenor des Landesarbeitsgerichts hin:
Das Landesarbeitsgericht in Hannover stellte fest, dass der Arbeitgeber durch die Erklärung, es würden keine "dienstrechtlichen Konsequenzen" gezogen, rechtlich an seinen Verzicht auf das Kündigungsrecht gebunden ist. Dies hatte zur Folge, dass die spätere Kündigung nicht mehr wirksam war.

Die Entscheidung betrifft mehrere Problembereiche des kirchlichen Sonderrechts:

Montag, 27. November 2023

40 Jahre CIC / 1983

Vor genau 40 Jahren, am 27. November 1983, trat der neue Kodex des Kirchenrechts (Codex Iuris Canonici - CIC) in Kraft.
Er ist, wie die überwiegende Lehrmeinung sagt, die Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils, das 1965 zu Ende ging. Allerdings ist auch der CIC - so wie jedes andere Textdokument auch - zu "interpretieren". Und dafür gibt es verschiedene Methoden, deren Inhalt und Reihenfolge gelehrt wird.
Was wollte der Gesetzgeber?
Diese Interpretationsmethode ist im weltlichen Recht absolut nachrangig. Es gibt zwar eine amtliche Begründung für Gesetze, die von den Gerichten auch herangezogen wird, wenn andere vorrangige Interpretationsmethoden kein vernünftiges Ergebnis bringen - aber Gesetzgeber, das ist im weltlichen Bereich ein Parlament. Und von daher ist es relativ unrelevant, was denn die einzelnen Mitglieder eines Parlaments mit dem Gesetzgebungsakt erreichen wollten. In einem hierarchischen System ist das anders. Und deshalb regelt der CIC/1983 gleich zu Anfang:
Can. 17 — Kirchliche Gesetze sind zu verstehen gemäß der im Text und im Kontext wohl erwogenen eigenen Wortbedeutung; wenn sie zweifelhaft und dunkel bleibt, ist zurückzugreifen auf Parallelstellen, wenn es solche gibt, auf Zweck und Umstände des Gesetzes und auf die Absicht des Gesetzgebers.
Das Konzil bildet die Grundlage für das Verständnis der kirchrechtlichen Normen und dessen Anwendung. Die Konzilstexte können daher zur Auslegung des Gesetzes herangezogen werden.
Zum heutigen Tag bringt katholisch.de ein Interview mit dem Innsbrucker Kirchenrechtler Wilhelm Rees, auf das wir diesbezüglich hinweisen.

Warum wir das schreiben?
Nun, kirchennahe Arbeitsrechtler (die meist der evangelischen Kirche zugehören und vom katholischen Kirchenrecht daher oft wenig verstehen) behaupten gerne, ein - den Kirchen angeblich verfassungsrechtlich zugestandenes - Recht auf kircheneigene Regelungen im Arbeitsrecht, die vom staatlichen Arbeitsrecht abweichen.
Wir verweisen dagegen immer wieder gerne darauf, dass das katholische Kirchenrecht auf theologischer Grundlage aufbaut und dann auf die folgende Regelung:
Can. 1286 — Die Vermögensverwalter haben:
1° bei der Beschäftigung von Arbeitskräften auch das weltliche Arbeits- und Sozialrecht genauestens gemäß den von der Kirche überlieferten Grundsätzen zu beachten;
2° denjenigen, die aufgrund eines Vertrages Arbeit leisten, einen gerechten und angemessenen Lohn zu zahlen, so daß sie in der Lage sind, für ihre und ihrer Angehörigen Bedürfnisse angemessen aufzukommen.
und interpretieren:
1.
die genaueste Beachtung des weltlichen Arbeits- und Sozialrechts lässt für kircheneigene arbeitsrechtliche Besonderheiten ("Dritter Weg") kaum Raum, zumindest aber gibt es keine theologische Grundlage oder gar Notwendigkeiten für abweichende Regelungen (es sei denn zur Umsetzung der von der Kirche überlieferten Grundsätze)
2.
diese von der Kirche überlieferten Grundsätze - namentlich der päpstlichen Sozialenzykliken - verlangen die Umsetzung des "Gewerkschaftsprinzips" auch und gerade in der Kirche
und
3.
die Bedürfnisse sind auch im Alter unter Berücksichtigung der Angehörigen (Witwen und Waisen) zu erfüllen. Armutslöhne, die zur Altersarmut führen, sind daher in kirchlichen Einrichtungen unzulässig. Unter diesem Stichwort haben wir dann auch mehrfach auf Fehlentwicklungen hingewiesen, z.B. vor knapp 10 Jahren.

Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen - Ergebnisse

Es sollte klar sein, dass die Caritas nicht auf einer Insel isoliert im Meer schwimmt. Viele andere Entwicklungen beeinflussen die Caritas. Deshalb erlauben wir uns auch immer wieder einen Blick über den Tellerrand - insbesondere, wenn es die Sozialen Dienste betrifft.
Über den Abschlss der Verhandlungen zum TV der Diakonie NS haben wir schon informiert. Das Flugblatt mit den Ergebnissen ist nun da. Hierin sind die wichtigsten Punkte nochmal niedergeschrieben. Einige Fragestellungen aus den Diskussionen der ersten Stunden nach Abschluss wurden mit aufgenommen.
Klar ist, dass einige Themen betrieblich neu geregelt werden müssen. Dies liegt daran, dass viele von den Themen mit dem DDN aus verschiedenen Gründen nicht zu verhandeln waren.
Quelle: Facebook

Sonntag, 26. November 2023

Sonntagsnotizen - Zehn Jahre Evangelii Gaudium: Dokument, das provokative Kraft bewahrt hat

So betitelt Vatikan-News seine Rückschau auf ein Dokument, dem wir bisher einige Beiträge widmen durften.
„Evangelii gaudium ist nicht nur das erste Dokument, es ist auch das programmatische Dokument des Pontifikats von Papst Franziskus, das schreibt er selbst auf den ersten Seiten“
und
...es gibt auch einige große Neuerungen (Anm. zur Synode von 2012): zum Beispiel zur sozialen Dimension, zur Notwendigkeit, dass die Kirche arm sein muss, zum Beharren auf einem Kulturwandel im Umgang mit verschiedenen Themen. Es ist ein programmatisches Dokument, das noch immer seine ganze treibende und provokative Kraft bewahrt hat.“
(Zitiert aus Vatican-News)

Lassen Sie uns am letzten Sonntag im Kirchenjahr - dem "Christkönigs-Sonntag" - daran erinnern, dass es für Christen nur einen König geben darf. Darin und in der "Gemeinschaft der Kirche" liegt das Ziel für den Aufbruch der Kirche, nicht in einer historisch schwer belasteten Ideologie der "Dienstgemeinschaft" oder in einem kirchengesetzlich erlassenen "Streikverbot". Das Streikverbot der Grundordnung des kirchlichen Dienstes (Grundordnung, GrO) dient der Machterhaltung. Es verurteilt zum "kollektiven Betteln" (vgl. BAG, Urteil vom 12. September 1984 - 1 AZR 342/83 -, juris, Rn. 96, bestätigt durch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 09. Juli 2020 - 1 BvR 719/19 -,) und verhindert eine faire Partnerschaft auf Augenhöhe. Es ist (auch vor dem heutigen Evangelium nach Mt 25, 31–46) "unkatholisch" und hat - soweit dies theologisch begründet wird - häretischen Charakter und schismatische Tendenzen. Die Solidarität untereinander und insbesondere mit den Schwächeren zeichnet das Gewerkschaftsprinzip aus.

Dass die Kirche "im Aufbruch" ist, kann niemand bestreiten. Auch wenn man manchmal den Eindruck hat, die Aufbrechenden würden in alle möglichen Richtungen los marschieren und dabei den Zusammenhalt untereinander verlieren. Manchmal, so wünscht man sich, wäre es sinnvoll, nicht irgendwohin aufzubrechen - es würde als ersten und enscheidenden Schritt schon ausreichen, eingefahrene, verkrustete und völlig überholte Strukturen aufzubrechen, und so die Einheit mit der Weltkirche wieder herzustellen. Oder sind uns die Protestanten dabei voraus? Sind sie dabei, in diesem Punkt katholischer als die deutschen Amtskatholiken zu werden?

P.S.: nur in den bayerischen Bistümern "müssen" die MAV-Vorsitzenden katholisch sein, und im Bistum Augsburg wird jeder Dispens schon von untergeordneten Chargen verwehrt (vgl. Kirchl. Arbeitsgericht Augsburg, Az. 1 MV 19/19, nicht veröffentlicht). Dort können nur KatholikInnen MAV-Vorsitzende werden - was soll das?

Freitag, 24. November 2023

Die (katholische) rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) dringt auf Reform des kirchlichen Arbeitsrechts

berichtet katholisch.de und führt aus:
...Der sogenannte Dritte Weg zum Aushandeln von Gehältern und Arbeitsbedingungen könne außerhalb der Kirche kaum noch nachvollzogen werden, sagte sie am Mittwochabend beim Parlamentarischen Abend der evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz im Mainzer Landtag.
...
"Es wäre sehr schlau, von der Kirche zu sagen: Wir packen das mal am Schopf", sagte Dreyer. Ein Festhalten an dem Sonderweg im Arbeitsrecht schade der eigenen Glaubwürdigkeit. ...
vgl. taz-archiv: Dreyer ruft zu Reformen auf

Malu Dreyer greift eine Debatte auf, die wir hier schon seit Jahren führen.

Wenn dann von katholisch.de gebetsmühlenartig wiederholt wird:
Das Grundgesetz räumt den großen Kirchen weitreichende Freiheiten bei der Ausgestaltung des Arbeitsrechts für ihre Mitarbeiter ein. Für kirchliche Beschäftigte werden Gehälter und Arbeitszeiten zwischen Mitarbeiter-Vertretern und Kirchenverwaltung in paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommissionen ausgehandelt. Streiks und Aussperrungen sind nicht zulässig. Hintergrund des sogenannten Dritten Wegs ist der Gedanke, dass alle Kirchenmitarbeiter eine Dienstgemeinschaft bilden. (epd)
dann wird diese ständige Wiederholung noch immer nicht zur Wahrheit:
1. Die Gestaltung des Arbeitsvertragsrechts insbesondere mit nichtkirchlichen Beschäftigten ist keine eigene, interne Angelegenheit der jeweiligen Kirche. Verträge sind immer eine mehrseitige Regelung, und keine interne und einseitig regelbare Materie.
2. Die Verweigerung von Tarifverträgen ist lediglich Ausfluß der verfassungsrechtlich jedermann - und daher auch den Kirchen - zugestandenen "negativen Koalitionsfreiheit". Jeder Arbeitgeber könnte für seine Beschäftigten auf Tarifverträge verzichten und Dritte, Vierte oder Fünfte Wege einführen.
3. Dem steht die verfassungsrechtlich ebenso geschützte positive Koalitionsfreiheit der kirchlichen Beschäftigten einschließlich des Streikrechts gegenüber.
4. Die Dienstgemeinschaft ist ein historisch schwer belasteter Begriff mit einer knapp hundertjährigen Geschichte. Sie steht im Kontext zur Betriebs- und Volksgemeinschaft und war auch ein faschistischer Kampfbegriff gegen die "Gemeinschaft der Kirche".
5. Zumindest für die katholische Kirche ist die eigene Soziallehre (dokumentiert durch päpstliche Sozialenzykliken) auch über das universelle Kirchenrecht vorrangig. Diese betonen das Gewerkschaftsprinzip und (in "Mater et magistra") auch den Abschluss von Tarifverträgen. Darüber hinaus ist dort und im Katechismus ausnahmslos das Streikrecht bekräftigt, ausnahmslos heißt insbesondere, für alle Beschäftigten - auch für kirchliche MitarbeiterInnen.
Diese Vorgaben nicht einzuhalten schadet der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche (was für die evangelischen Gemeinschaften gilt sei dahin gestellt, für Katholiken ist jedenfalls das päpstliche Lehramt maßgeblich).

Die Folgen des realen Handelns sind eindeutig: Vertrauensverlust und Erosion des Glaubens. "Die Bedeutung der Kirchen bricht in sich zusammen"- wie das Domradio unter Bezug auf die NZZ feststellt, ohne allerdings den arbeitsrechtlichen Kontext zu erkennen.

Daher stehen wir hinter dem Aufruf:

Altersstarrsinn, Beharrungsvermögen oder Sturheit?

Wir haben immer wieder die Kluft zwischen der katholischen Kirche in Deutschland und dem päpstlichen Lehramt angesprochen, insbesondere, was das "kirchliche Arbeitsrecht" betrifft. In den letzten Wochen waren diese Hinweise verstärkt.

Nun bringt das DOMRADIO (Köln) ein Interview mit der katholischen Journalistin Dorothea Schmidt. Diese war eine der vier Frauen, die vor wenigen Tagen ganz schnell und ganz überraschend Post aus Rom erhalten hat (wir berichteten mit der Wiedergabe dieses Briefes).
Auch, wenn es sich beim Thema dieses Briefes nicht um kirchenspezifisches deutsches Arbeitsrecht handelt: die Grundproblematik ist gleich.
Die weltweit tätige katholische Kirche sieht sich nationalen gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber, die zu einer unterschiedliche Interpretation der Glaubenslehre führen - und damit zu einer Teilung der universellen, katholischen Kirche führen können. Der Papst erscheint - um es bildhaft auszudrücken - wie der Lenker einer vielspännigen Kutsche, deren Pferde dabei sind, in alle möglichen Richtungen auszubrechen. Können die Zügel den Zusammenhalt bewahren?
Wir haben mit dem Stichwort "Lebenswirklichkeit" auf die immer wieder geforderte Erneuerung des kirchlichen Auftretens hingewiesen. Dabei darf freilich der Zusammenhang des Ganzen nicht verloren gehen.
Und auch wenn die Fliehkräfte stark sind - sollte man nicht wenigstens dort den römischen Kurs befolgen, wo die Lebenswirklichkeit der eigenen Gesellschaft und die römischen Direktiven übereinstimmen? Das wäre dann die katholische Soziallehre mit dem Bekenntnis zum partnerschaftlichen Gewerkschaftsprinzip - ENTWELTLICHT EUCH ENDLICH !
Dorothea Schmidt sieht die Alternative sehr klar:
Meines Erachtens gibt es jetzt zwei Möglichkeiten darauf zu reagieren. Entweder wir sehen das nicht ein, was der Papst sagt, wir schimpfen über Rom und alle Bischöfe, Kardinäle, Laien in der Welt, die ihm folgen. Oder wir lassen die Frage zu: Wenn wir immer wieder zu hören bekommen, auch von wichtigen Autoritäten der Kirche, sogar vom Papst selbst, dass wir falschliegen, sollten wir uns dann nicht einmal besinnen? Das fehlt noch, finde ich. Statt mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, wäre Besinnung angesagt.
Das können wir 1:1 für das sepzifisch kirchliche Arbeitsrecht unterschreiben und das hier auch:
Es gibt ja bereits ganz viele grüne Glaubensoasen, .... Und da können wir hinschauen und evaluieren, warum dort so viele Berufungen hervorgehen. Warum strahlen die Leute so eine Freude aus? Wir sehen, dass alle diese Gemeinschaften "back to the roots" gehen. Sie sind auch gewinnend, weil sie zum Kern des katholischen Glaubens zurückführen.
...
Dort herrscht kein klerikaler Geist, sondern ein tiefes Zusammen von Laien und Klerikern. Also Amtsträger sind dort nicht klerikalistisch und Laien nicht klerikal. Jeder steht an seinem Platz, ergänzt einander. Dort sehen wir, wie tatsächlich Erneuerung oder Stärkung der Kirche – wie Sie sagten – wirklich funktionieren können.
...
(Links im Interview durch uns eingefügt)
Mit anderen Worten:
Dort wird ein partnerschaftlicher Umgang "auf Augenhöhe" gepflegt. Die Zeit der Fürstbischöfe ist vorbei. Das sollte auch für die sehr zweifelhaften Dritten Wege gelten.
ENTWELTLICHT EUCH ENDLICH ! Sonst müssten wir es tun ...

Donnerstag, 23. November 2023

ver.di begrüßt NRW-Bundesratsinitiative zu Kliniken: Existenzbedrohte Krankenhäuser müssen unterstützt werden

 

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft

Bundesverwaltung/Pressestelle

ver.di begrüßt NRW-Bundesratsinitiative zu Kliniken: Existenzbedrohte Krankenhäuser müssen unterstützt werden

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt den Antrag Nordrhein-Westfalens in der morgigen Sitzung des Bundesrats, für existenzbedrohte Krankenhäuser kurzfristig ein Nothilfeprogramm aufzulegen und Tariferhöhungen für alle Berufsgruppen dauerhaft zu finanzieren. „Die Krankenhäuser und ihre Beschäftigten schlagen seit Wochen Alarm. Die politisch Verantwortlichen müssen endlich handeln. Es darf nicht dazu kommen, dass Kliniken, die für die Versorgung gebraucht werden, aus wirtschaftlicher Not schließen müssen“, warnte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Alles andere wäre hoch fahrlässig und im wahrsten Sinne des Wortes für viele Patientinnen und Patienten lebensgefährlich.“ Alle Bundesländer seien dringend aufgefordert, den Antrag zu unterstützen und neben kurzfristigen Hilfen auch eine dauerhafte Finanzierung von Tariferhöhungen für alle Berufsgruppen zu verlangen.

Bisher würden ausschließlich Tarifsteigerungen für die Pflege am Bett voll finanziert. „Der Kostendruck auf alle anderen Berufsgruppen im Krankenhaus ist enorm, dabei sind sie für eine gute Versorgung ebenso unerlässlich“, betonte Bühler. „Nur mit ausreichendem Personal können die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft gemeistert werden. Dazu muss der Arbeitsplatz Krankenhaus attraktiv sein, und dafür braucht es anständige Löhne, die zu refinanzieren sind.“

Kritisch sieht ver.di lediglich die im Antrag vorgeschlagene Möglichkeit, die sogenannten Landesbasisfallwerte und damit die Finanzierung aller Kliniken rückwirkend für 2022 und 2023 zu erhöhen. „Die Hilfen sollten besser gezielt eingesetzt werden, damit kein bedarfsnotwendiges Krankenhaus aus wirtschaftlicher Not geschlossen wird.“

V.i.S.d.P.

Richard Rother 
ver.di-Bundesvorstand
Paula-Thiede-Ufer 10
10179 Berlin

Tel.: 030/6956-1011, -1012
E-Mail: pressestelle@verdi.de
www.verdi.de/presse

St. Elisabeth Krankenhaus in Lahnstein meldet Insolvenz an

damit setzen wir unsere Reihe zum Thema fort. Zuletzt haben wir am Dienstag unter der Überschrift "Trägerwechsel und Fusionen" über einen Randaspekt der Finanzmisere berichtet, der wir auch auf der Seite "Krankenhäuser" immer wieder begegnen. Tatsächlich bricht die Krankenhauslandschaft der Caritas ein.
Nun also steht die nächste Klinik der Caritas vor der Inolsvenz - wie der SWR berichtet:
Das Lahnsteiner St. Elisabeth Krankenhaus hat nach Auskunft des Amtsgerichts Koblenz Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Es ist das Ziel, die Klinik zu retten.

Die Klinik gehört zum Elisabeth-Vinzenz-Verbund (EVV), einem der bundesweit größten katholischen Träger von Krankenhäusern - mit Sitz in Berlin. Nach Angaben einer Sprecherin sind die Mitarbeitenden am Dienstagvormittag über die Insolvenz informiert worden. ... Die Klinik hat den Angaben zufolge mehr als 300 Mitarbeitende und versorgt (Anm. mit 161 Betten und 20 Tagesklinik-Plätzen) etwa 6.000 Patienten pro Jahr. Bundesweit betreibt der EVV 13 Krankenhäuser und hat knapp 10.000 Mitarbeiter.
Wir meinen: jede neue Insolvenz bestätigt, dass auch caritative Einrichtungen nicht selbstlos tätig sondern den "Gesetzen des Marktes" unterworfen sind. Warum dann nicht gleich die normalen Regeln des Marktes - auch zum Schutz der Beschäftigten - zur Anwendung bringen? Oder schießt der örtlich zuständige Bischof von Limburg bzw. der für den Sitz des EVV in Berlin zuständige Bischof etwas zu, um einen - nach Grundordnung verbotenen - Sanierungstarifvertrag zwischen dem EVV und den zuständigen Gewerkschaften auszugleichen?


Weitere Informationen:
BEN-Kurier: St. Elisabeth Krankenhaus in Lahnstein ist insolvent
kma online: Krankenhaus Lahnstein muss ins Schutzschirmverfahren
MARBURGER BUND NRW: St. Elisabeth Krankenhaus in Lahnstein ist insolvent
Rhein-Lahn-Zeitung: Nach Krankenhaus-Insolvenz: Betroffenheit in Lahnstein ist groß

Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen - Verhandlungen abgeschlossen

Seit rund 10 Jahren begleiten wir die Tarifverhandlungen für die Diakonie Niedersachsen. Im September d.J. haben wir über den Beginn der aktuellen Verhandlungsrunde informiert.
Unter der Überschrift "Es ist geschafft" berichtet nun die Verhandlungskommission aus den Tarifverhandlungen

Quelle und Mehr: https://www.facebook.com/verdiDiakonieNds/videos/1020908025866068