Dienstag, 30. Juni 2015

Gewerkschaften verringern Ungleichheit

Nimmt die Zahl der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten ab, geht ein größerer Teil der Wirtschaftsleistung an die Spitzenverdiener. Das zeigt eine internationale Studie.
Seit Beginn der 1980er-Jahre ist die Verteilung in vielen entwickelten Ländern ungleicher geworden. Der Anteil des oberen Zehntels an allen Einkommen hat deutlich zugenommen. Traditionell argumentierende Ökonomen machen dafür technologische Entwicklungen und Globalisierung verantwortlich: Beides zusammen habe zu einer steigenden Nachfrage nach Hochqualifizierten und weniger Bedarf an einfacher Arbeit geführt. Entsprechend hätten sich Löhne und Gehälter auseinanderentwickelt – das sei eben der Preis für Fortschritt und Wachstum. Andere Forscher sehen den Grund für mehr Ungleichheit vor allem in gesunkenen Spitzensteuersätzen und aufgeblähten Finanzmärkten. In einer aktuellen Studie weisen Florence Jaumotte und Carolina Osorio Buitron noch auf einen weiteren wichtigen Faktor hin. Die Forscherinnen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) haben untersucht, inwieweit die Einkommensverteilung von der Stärke der Gewerkschaften abhängt.


Der Untersuchung zufolge steht ein sinkender Anteil der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer in einem eindeutigen Zusammenhang mit der Polarisierung der Verteilung. Was die oberen zehn Prozent zwischen 1980 und 2010 auf Kosten niedrigerer Einkommensgruppen gewonnen haben, sei rund zur Hälfte auf geschwächte Gewerkschaften zurückzuführen, schreiben die IWF-Forscherinnen. Dieser Wert ergibt sich, wenn der Einfluss diverser Faktoren herausgerechnet wird: die Zunahme ausländischer Niedriglohnkonkurrenz, Steuersenkungen für Spitzenverdiener, Finanzmarktderegulierung oder technologische Veränderungen. Die Berechnung beruht auf Daten für 14 Länder, darunter sind etwa Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die USA.

Die Wissenschaftlerinnen beschreiben mehrere Wege, auf denen Gewerkschaften die gesamtwirtschaftliche Einkommensstruktur beeinflussen können: Ihre Verhandlungsstärke auf Unternehmensebene bestimmt unmittelbar mit darüber, welcher Teil der Wertschöpfung an die Beschäftigten und welcher an Management und Kapitalgeber geht. Zudem sorgen sie – ebenso wie Mindestlöhne – für eine ausgeglichenere Verteilung der Löhne. Schließlich können starke Gewerkschaften ihren politischen Einfluss nutzen und auf mehr Umverteilung durch das Steuer- und Sozialsystem hinwirken.

Quelle:
www.boeckler.de

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