Donnerstag, 2. Juni 2016

Warum sich Ver.di nicht am 3. Weg beteiligt

In der Neuen Caritas vom 23. Mai 2016 haben sich Ver.di und der Marburger Bund zu ihrer Nichtbeteiligung  bzw. Beteiligung geäußert:

Wir dokumentieren Sylvia Bühlers Statement in dieser Frage:


Keine Verhandlung auf Augenhöhe

Das Sozial- und Gesundheitswesen wird längst nach marktwirtschaftechen Kriterien organisiert.Die Leistungsanbieter stehen in Konkurrenz zueinander.Da es keinen Branchentarifvertrag gibt, wird der Wettbewerb in weiten Teilen über die Personal­ kosten ausgetragen.Wenn die belden großen Träger Caritas und Diakonie bereit wären,Tarifverträge mit Verdi abzuschließen, wäre das ein wichtiger Schritt hin zu einem Branchenni­veau. Heute schauen die christlichen Wohlfahrtsverbände von der Bank aus zu, was die Tarifvertragsparteien im öffentlichen Dienst auf dem Spielfeld aushandeln.
Das wird dann, häufig zeitverzögert, übernommen - oder auch nicht. 500.000 Arbeit­ nehmer(innen) der Caritas können sich dann darüber empören, warum die Gewerkschaft nicht noch mehr rausgeholt hat. Der Dritte Weg mag für viele Beschäftigte bequem sein. Respekt verschafft man sich, wenn man seine Interessen selbst in die Hand nimmt, mit einer starken Gewerkschaft an der Seite.
Vieles spricht für einen Caritas-Tarifvertrag. Die Wahl der Tarifkommissionsmitglieder ist demokratisch.Man muss nicht Mitglied der Mitarbeitervertretung sein, um hier aktiv mitzuwirken. Tarifverhandlungen sind transparent,Verdi informiert über den jeweiligen Verhandlungsstand und holt sich vor Abschluss des Tarifvertrages Rückmeldung aus den Betrieben.Tarifverträge schützen viel besser als Einzelarbeitsverträge, in die die AVR­-Regelungen ja erst übernommen werden müssen.

Die Arbeitsrechtlichen Kommissionen sind kirchliche Gremien, die Diözesen beschließen einseitig die Bedingungen. Die Ge­werkschaft Verdi will ihre Arbeitsweise nicht von den Bischöfen abhängig machen. Im System des Dritten Weges können Ge­werkschaften überstimmt werden. BeiSchlichtungsverfahren können die Gewerkschaften nicht frei über die Annahme oder Ablehnung eines Schlichtungsergebnisses entscheiden. Das Kirchenrecht schließt Arbeitskampfmaßnahmen aus. Das alles Ist das Gegenteil von Verhandlungen auf Augenhöhe. Deshalb setzt Verdi weiter auf Tarifverträge - die katholischen Kirchen anderswo auf der Welt übrigens auch.


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Für den Marburger Bund hat dessen Hauptgeschäftsführer Armin Ehl die Beteiligung des MB im selben Heft der Neuen Caritas erläutert: seine Beteiligung begründet der Marburger Bund damit, dass er in der Beteiligung als Zwischenschritt betrachtet, mit dem man aber an der grundsätzlichen Kritik am 3. Weg festhalte: dieser sei gekennnzeichnet durch faktische "Nachteile...zum Beispiel durch verspätete Tariferhöhungen". Festgehalten wird aber auch an der Erwartung "die Regelung der 'weltlichen' Arbeits- und Vergütungsbedingungen " sollte "nicht dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliegen, sondern den Maßgaben des Grundgesetzartikels 9 Absatz 3 zur Koalitionsfreiheit."


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