Sonntag, 29. September 2019

Sontagsnotizen - zum originären Ziel des "Synodalen Weges"

Wir haben auch schon darauf hingewiesen: das originiäre Ziel des "Synodalen Weges" - die Analyse und Bewältigung von "klerikalem Machtmissbrauch" wird zunehmend durch andere Fragen wie zölibatere Lebensweise oder die Priesterweihe von Frauen überlagert. So hat auch Regensburgs Bischof Voderholzer von einem "Missbrauch des Missbrauchs" gesprochen, der nur darauf abziele, den Zölibat abzuschaffen oder die kirchliche Sexualmoral zu relativieren.
Dabei gehört doch vor allem auch die missbräuchliche Nutzung der "negativen Koalitionsfreiheit" (die der Staat auch allen Religionsgemeinschaften einräumt, die aber bei der katholischen Kirche im Gegensatz zum eigenen Lehre steht), mehr angesprochen als tradierte Fragen des katholischen Sakramentenrechts. Dass die - nach unbekannten Kriterien - handverlesenen Teilnehmer der Foren hier wirklich neue Gedanken einbringen, kann bezweifelt werden. Die Diskussion wird im altbekannten elitären Kreis wolkig um altbekannte Themen kreisen, und die eigentlichen Ursachen der Glaubwürdigkeitskrise (nicht deren Symptome) wohl nicht einmal andeutungsweise berühren.

Der in Münster lebende und in Fribourg in der Schweiz lehrende Moraltheologe Daniel Bogner hat in einem Beitrag zu "Kirche und Leben" an die Auslöser für die anstehenden Diskussionen im "Synodalen Weg" erinnert.
Im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“ betonte Bogner, man dürfe nicht vergessen, dass der Synodale Weg in erster Linie eine Antwort auf die Missbrauchskrise sei.
„Die Kirche steht mit dem Rücken zur Wand“, erklärte der Moraltheologe. Sie müsse daher auch auf die systemischen Gründe der Missbrauchskrise schauen. Ziel des Synodalen Weges sei nicht, „in erster Linie den Glauben zu neuer Blüte zu führen“. Vielmehr sei er eine Antwort auf die Faktoren, die den Missbrauchsskandal begünstigt hätten.
Zu den Auswirkungen dieser Art des "klerikalen Machtmissbrauchs", wie er immer wieder bezeichnet wird, zählt auch das kirchliche Arbeitsrecht.
Anstatt sich nach der eigenen Soziallehre zu richten, und die gewerkschaftliche Sozialpartnerschaft zu fördern, verweigert die katholische Kirche die Umsetzung des päpstlichen Lehramtes in den eigenen Hallen.

Der "Dritte Weg" stellt ein System dar, bei dem die Hälfte des Beratungsgremiums von den jeweiligen Bischöfen "von Hand ausgesucht" werden. Die Vertreter*Innen der Beschäftigten werden auf die unterschiedlichste Art gekürt. Die nach zähen Verhandlungen gefassten Beschlüsse benötigen eine klare Mehrheit im Gremium, also die Zustimmung vieler Arbeitgebervertreter, und werden auch dann nicht von sich aus rechtswirksam, sondern müssen von jedem Bischof erst in Kraft gesetzt (promulgiert) werden. Das tut der jeweiligen Diözesanbischof meistens - oder auch nicht.
Das ist aber keine Sozialpartnerschaft "auf Augenhöhe". Die Bischöfe haben sich vielmehr eine massive Eingriffsmöglichkeit gesichert, die weit über den Erlass der Spielregeln im Verfahren hinaus geht. Dementsprechend handelt es sich bei den Inkraft gesetzten arbeitsrechtlichen Regeln auch nicht um Tarifverträge, sie stehen diesen auch nicht gleich sondern sind letztendlich nur "Allgemeine Geschäftsbedingungen", die nach der Beratung durch ein Beratungsgremium als bischöfliches Recht in Kraft gesetzt und dann vom Arbeitgeber gestellt werden (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, §§ 305 ff BGB).
Was aber die Arbeitsbedingungen, Arbeitslohn und Arbeitszeit kirchenspezifisch macht - so dass ggf. theologische Einwände nötig werden könnten - hat sich uns jedenfalls bisher nicht erschlossen.

Anstatt mit Gewerkschaften partnerschaftlich die Lösung der sozialen Probleme in Deutschland anzugehen - wir haben in der letzten Woche bei unserer Berichterstattung aus dem Bundeskongress unserer ver.di einige Themen angesprochen und werden in der kommenden Woche das eine oder andere konkretisieren - pflegen die Bischöfe noch immer den fürstbischöflichen Weg des "hohen Rosses". Und sie übersehen dabei, dass gerade durch diese Verweigerung die Vorgaben erfüllt werden, die das Bundesarbeitsgericht in seinem "Streikurteil" für die Zulässigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen "im Dritten Weg" gesetzt hat. Es gibt im Dritten Weg keine tarifvertragliche Friedenspflicht. Sind wir von der Gewerkschaft denn die einzigen, die das den Bischöfen immer wieder nahe bringen?

Der Passauer Bischof Stefan Oster hat alle Katholiken in Deutschland aufgerufen, am „synodalen Weg“ mitzuwirken. Offenbar hält er gewerkschaftlich engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu den Katholiken, die mitwirken sollen. Sonst hätten doch längst namhafte Vertreter der katholischen Soziallehre - wie etwa Prof. Dr. Hengsbach (SJ) - um Mitwirkung gebeten, ja geradezu angefleht werden müssen (wenn man schon den direkten Gesprächskontakt mit den eigenen Gewerkschaftern vermeidet). Werden wir denn überhaupt wahrgenommen oder hören die Fürstbischöfe lieber auf Einflüsterer und Claqueure, die den katholischen Erwachsenen-Katechismus, das universelle Kirchenrecht und die päpstliche Soziallehre allenfalls vom Hörensagen kennen und längst widerlegte Thesen verbreiten, weil man diese gerne hört und sich dann mit geschlossenen Augen so wunderbar in Sicherheit wiegen kann?

Als gewerkschaftlich organisierte kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sitzen wir zwischen sämtlichen Stühlen. Aber wir haben wenigstens noch einen Arsch in der Hose, treten den Bischöfen zur Not auch auf die Füße und erklären unbequeme Wahrheiten.

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