Mittwoch, 22. Juli 2015

Zur Tarifbewegung Sozial- und Erziehungsdienst

Die Bertelsmann-Stiftung hat vor vier Wochen eine zusammen mit der Prognos AG erstellte Studie veröffentlicht, in welcher Vorausberechnungen der Einkommensentwicklung in verschiedenen Branchen, Haushalten und Einkommensgruppen bis zum Jahr 2020 vorgenommen werden.
Die makroökonomischen Prognosen weisen nach 8 mageren Jahren für die Wirtschaftszweige Erziehung/Unterricht sowie Gesundheits-/Sozialwesen acht weitere Jahre aus, in denen die Entwicklung im Vergleich zur Entwicklung anderer Branchen wiederum mager genannt werden darf.

Die Bertelsmann-Stiftung fasst die Ergebnisse so zusammen:
Die Lohneinkommen der Beschäftigten in Deutschland werden bis 2020 steigen. Allerdings wird parallel die Lohnungleichheit zunehmen, denn Geringverdiener, Sozialberufe, Dienstleister und Haushalte mit Kindern profitieren erheblich weniger. An dieser Entwicklung ändert auch das aktuelle staatliche Umverteilungssystem nichts. 
Verlierer sind offensichtlich diejenigen, die Verantwortung für Kinder, für Erziehung und Soziales übernehmen, unabhängig davon ob das beruflich geschieht durch Erzieherinnen oder privat durch die Eltern.

Ein weiterer Eindruck drängt sich auf, der zwar nicht thematisiert wird, den aber wir bemerkenswert finden: dort wo starke Tarifverträge dominieren ist die Entwicklung regelmäßig positiver als dort, wo der 3. Weg der kirchlichen Wohlfahrtsverbände die Marktsituation dominiert...



Schwierig ist die aktuelle Aufwertungkampagne SuE wohl auch, weil bei den Arbeitskämpfen im Sozial- und Erziehungsdienst die Interessen der Beschäftigten und der Angehörigen und Eltern auf eine Weise miteinander verschränkt sind, die für tarifliche Erfolge nicht wirklich förderlich ist (und alle werden in der Bertelsmann-Studie als Verlierer benannt!).

Und die Kommunen, die die Mittel zur Aufwertung bereitstellen müssten sind häufig wirklich klamm, was aber seinen Grund hat: Politik wird für die Vermögensbesitzer gemacht und nicht unbedingt für die öffentliche Wohlfahrt...

Eine vernünftige Entwicklung in den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Soziales und Pflege braucht wohl einen langen Atem und ganz sicher starke Gewerkschaften!

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Wir haben noch einmal ein paar Tabellen exzerpiert, die die Verhältnisse deutlich machen.

Auszug aus Tabelle 9: Veränderung der durchschnittlichen verfügbaren Einkommen je
Erwerbstätigen und Wirtschaftszweig, 2012–2020 in Euro (Lohneinkommensentwicklungen 2020, Seite 38)






Wirtschaftszweig Ex-post-Zeitraum Basisprognose


2003-2011 2012-2020

Chemie/Pharmazie 8600 6200

Metallerzeugung/Metallerzeugnisse 700 2050

Elektroindustrie 5550 5850

Maschinenbau 2050 4850

Kraftwagen/sonstiger Fahrzeugbau 4500 6100

Gastgewerbe, Beherbergung -1450 1500

Finanz-/Versicherungsdienstleistungen 500 3700

Öffentliche Verwaltung/Sozialversicherung 2600 2450

Erziehung, Unterricht -2150 1350

Gesundheits-/Sozialwesen -300 1050

Alle Wirtschaftszweige -50 2200





Tabelle 11: Veränderung der durchschnittlichen äquivalenzgewichteten Haushaltseinkommen nach Haushaltstypen für Haushalte mit mindestens einer erwerbstätigen Person (Lohneinkommensentwicklungen 2020, Seite 40)










HaushaltstypAbsolut 2012, in EuroAbsolut 2020, in EuroVeränderung,
2012–2020, in Euro
Veränderung
2012–2020, in Prozent


Basisprognose

Alleinstehende248002680020008,1

Paare ohne Kinder286003070021007,3

Alleinerziehende178501915013007,3

Paare mit Kindern222502390016507,4








Haushalte ohne Kinder266002865020507,7

Haushalte mit Kindern215502305015007,0

Alle244502650020508,4






Quellen:
Lohnentwicklung 2020 als pdf (auf www.bertelsmann.de)

Grafik aus Bertelsmann-Pressemeldung vom 24.6.2015 zur Studie mit Grafik zum Branchenranking






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