...auch wenn es nach "Spökenkiekerei" ausschaut:
4. In diesem Sinne kann man bei aller ernsthaften und unvermeidlichen Reflexion leicht in subtile Versuchungen geraten, denen man, meines Erachtens, besondere Aufmerksamkeit schenken und deshalb Vorsicht walten lassen sollte, da sie uns, alles andere als hilfreich für einen gemeinsamen Weg, in vorgefassten Schemata und Mechanismen festhalten, die in einer Entfremdung oder einer Beschränkung unserer Mission enden. Mehr noch kommt als erschwerender Umstand hinzu: Wenn wir uns dieser Versuchungen nicht bewusst sind, enden wir leicht in einer komplizierten Reihe von Argumentationen, Analysen und Lösungen mit keiner anderen Wirkung, als uns von der wirklichen und täglichen Begegnung mit dem treuen Volk und dem Herrn fernzuhalten.
5. Die derzeitige Situation anzunehmen und sie zu ertragen, impliziert nicht Passivität oder Resignation und noch weniger Fahrlässigkeit; sie ist im Gegenteil eine Einladung, sich dem zu stellen, was in uns und in unseren Gemeinden abgestorben ist, was der Evangelisierung und der Heimsuchung durch den Herrn bedarf. Das aber verlangt Mut, denn, wessen wir bedürfen, ist viel mehr als ein struktureller, organisatorischer oder funktionaler Wandel.
Ich erinnere daran, was ich anlässlich der Begegnung mit euren Oberhirten im Jahre 2015 sagte, dass nämlich eine der ersten und größten Versuchungen im kirchlichen Bereich darin bestehe zu glauben, dass die Lösungen der derzeitigen und zukünftigen Probleme ausschließlich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen sei, dass diese aber schlussendlich in keiner Weise die vitalen Punkte berühren, die eigentlich der Aufmerksamkeit bedürfen. «Es handelt sich um eine Art neuen Pelagianismus, der dazu führt, unser Vertrauen auf die Verwaltung zu setzen, auf den perfekten Apparat. Eine übertriebene Zentralisierung kompliziert aber das Leben der Kirche und ihre missionarische Dynamik, anstatt ihr zu helfen (vgl. Evangelii gaudium , 32)».
Die Grundlage dieser Versuchung ist der Gedanke, die beste Antwort angesichts der vielen Probleme und Mängel bestehe in einem Reorganisieren der Dinge, in Veränderungen und in einem “Zurechtflicken”, um so das kirchliche Leben zu ordnen und glätten, indem man es der derzeitigen Logik oder jener einer bestimmten Gruppe anpasst. Auf einem solchen Weg scheinen alle Schwierigkeiten gelöst zu sein und scheinbar finden die Dinge wieder ihre Bahn, so das kirchliche Leben eine “ganz bestimmte” neue oder alte Ordnung findet, die dann die Spannungen beendet, die unserem Mensch-Sein zu eigen sind und die das Evangelium hervorrufen will.
Auf diese Weise wären Spannungen im kirchlichen Leben nur scheinbar zu beseitigen. Nur „in Ordnung und im Einklang” sein zu wollen, würde mit der Zeit lediglich das Herz unseres Volkes einschläfern und zähmen und die lebendige Kraft des Evangeliums, die der Geist schenken möchte, verringern oder gar zum Schweigen bringen: «Das aber wäre die größte Sünde der Verweltlichung und verweltlichter Geisteshaltung gegen das Evangelium». So käme man vielleicht zu einem gut strukturierten und funktionierenden, ja sogar „modernisierten“ kirchlichen Organismus; er bliebe jedoch ohne Seele und ohne die Frische des Evangeliums. Wir würden lediglich ein „gasförmiges“, vages Christentum, aber ohne den notwendigen „Biss“ des Evangeliums, leben. «Heute sind wir gerufen, Ungleichgewichte und Missverhältnisse zu bewältigen. Wir werden nicht in der Lage sein, irgendetwas Gutes zu tun, was dem Evangelium entspricht, wenn wir davor Angst haben». Wir dürfen nicht vergessen, dass es Spannungen und Ungleichgewichte gibt, die den Geschmack des Evangeliums haben, die beizubehalten sind, weil sie neues Leben verheißen.
...
1. die katholische Kirche benötigt radikale Reformen, es gibt keine Denkverbote
2. ma0geblich ist alleine die Einheit mit der Weltkirche - die in Deutschland mit dem eigenen, von den Protestanten "abgekupferten" kirchlichen Arbeitsrecht (entgegen der Vorgaben des universellen Kirchenrechts und der eigenen Soziallehre) verlassen wurde.
3. die deutsche Kirche darf nicht glauben, ihre Glaubwürdigkeitskrise selbst und alleine durch Strukturreformen lösen zu können. Wer etwa die Mitwirkung zu allgemein verbindlichen Tarifverträgen verweigert (und die gehen nur mit den Gewerkschaften) nimmt den nachfolgenden "Kostenwettbewerb" und die daraus resultierenden prekären Arbeitsverhältnisse billigend in Kauf.
Man kann nicht einerseits in der eigenen Soziallehre das Gewerkschaftsprinzip hoch halten, und andererseits die Kooperation mit Gewerkschaften gerade zu dieser Frage verweigern.
weitere Reaktionen:
BILD: Erster Papst-Brief an deutsche Katholiken seit 50 Jahren
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx (65), hat den Brief des Papstes als „Ermutigung“ und „Zeichen der Wertschätzung des kirchlichen Lebens in unserem Land“ bezeichnet. In einer gemeinsamen Reaktion mit dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, schrieb Marx, die Glaubwürdigkeit der Kirche sei in den vergangenen Jahren erschüttert worden. Nun stelle sich die Aufgabe, diese Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Der Papst weise in seinem Brief darauf hin, dass es dabei auch einer geistlichen Neuausrichtung der Kirche bedürfe, „die sich nicht in Strukturdebatten erschöpfen darf“.FAZ: Papst Franziskus warnt deutsche Katholiken vor Alleingängen
Katholisch.de: Das sind die Reaktionen auf den Papstbrief zum "synodalen Weg"
SPIEGEL online: Franziskus beklagt "Verfall des Glaubens" in Deutschland
Der Argentinier ... riet davon ab, die beste Antwort auf die "vielen Probleme und Mängel" in einem "Reorganisieren der Dinge, in Veränderungen und in einem 'Zurechtflicken'" zu sehen. Auch warnte er vor Alleingängen: "Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, allein aus ihren Problemen herauszukommen und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten."Süddeutsche Zeitung: Papst bezieht Position in Reformdebatte - aber nicht zum Missbrauchsskandal
Das ist ein klares Statement - und mit der Analyse, dass in der reichen und wohlgeordneten Kirche in Deutschland gerne über bürokratische Strukturreformen und weniger über die Umkehr der Herzen geredet wird, trifft der Papst einen Nerv. Der Brief ist ein klares Ja zum synodalen Prozess und damit auch eine Ermahnung an die konservativen Bischöfe, sich auf den Weg der Veränderung einzulassen. Der Papst macht aber auch klar, dass es bei den anstehenden Beratungen um mehr geht, als nur über den Zölibat oder die Frauenweihe zu reden: Die Katholiken in Deutschland sollen raus aus ihren bequemen Kirchenstrukturen und rein ins pralle Leben.Tagesschau: Ein Papstbrief - viele Lesarten
... es stecken sehr wohl einige Mahnungen in dem Text, nicht zu weit zu gehen mit möglichen Forderungen. Franziskus mahnt, den "sensus ecclesiae" nicht zu vergessen, den Sinn für die katholische Weltkirche, der "von der Eigenbrötelei und ideologischen Tendenzen" befreie. Er betont zwar die "Schönheit des vielgestaltigen Angesichts der Kirche" und dass Tradition nicht bedeute, "lediglich die Asche zu bewahren". Aber die Botschaft ist klar: Macht nichts, was das infrage stellen könnte, was weltkirchlich fest beschlossen ist.
ZEIT online: Verkehrszeichen, aber keine Stoppschilder
Radio Vatikan: Kommentar P. Bernd Hagenkord
Radio Vatikan: Erläuterungen
Zu den anstehenden Überlegungen bietet der Papst seine Unterstützung an.Kirche und Leben: Papst mahnt deutsche Katholiken zur Einheit mit Weltkirche
Seine Perspektive auf die Frage ist die der Einheit der Kirche: „Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten,“ das ist Mahnung und Ermutigung zugleich.
...
Überhaupt schwingt in seinen Überlegungen immer wieder die seit Evangelii Gaudium 2013 geäußerte Warnung vor falscher Reform mit.
Mut
Um den synodalen Weg in diesem Sinn zu gehen, brauche es vor allem Mut, fährt der Papst fort. Gleichzeitig brauche es aber auch Aufmerksamkeit, um nicht in eine der Fallen zu tappen, die sich auf dem Weg stellten. Franziskus nennt sie wie immer „Versuchungen“. „Die Grundlage dieser Versuchung ist der Gedanke, die beste Antwort angesichts der vielen Probleme und Mängel bestehe in einem Reorganisieren der Dinge, in Veränderungen und in einem ‚Zurechtflicken‘, um so das kirchliche Leben zu ordnen und glätten, indem man es der derzeitigen Logik oder jener einer bestimmten Gruppe anpasst.“ Ein organisierter kirchlicher Organismus löse nichts, …
Einheit der einen Kirche
Zur Versuchung der reinen Organisation tritt im Brief diejenige, es alleine zu probieren. Papst Franziskus warnt davor und betont immer wieder die Einheit der Kirche und der Glaubenden. Ohne diese Einheit könne es einen solchen Weg nicht geben. …
zum Thema "Einheit der Kirche" haben wir uns zuletzt hier geäussert
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