Mittwoch, 25. Mai 2022

Heute beginnt in Stuttgart der 102. Katholikentag

Bischof Bätzing hofft dabei auf fruchtbare Debatten - meldet das Domradio. Wir fragen uns, mit wem diese Debatten denn geführt werden sollen, wenn mehr als das "Kreisen um die eigene Nabelschau" herauskommen soll.
Katholisch.de schreibt:
Es sind momentan schwierige Zeiten für die Kirche. Doch wer kann sie aus ihrem Tief holen? Thomas Seiterich blickt auf den anstehenden Katholikentag in Stuttgart: Bei diesem könne dafür einen Anstoß geliefert werden, kommentiert er.
Ein Anstoß für was und durch wen?
Katholisch.de berichtet: auch der
Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack sieht die katholische Kirche angesichts von Säkularisierung, Kirchenaustritten und Missbrauchsskandalen in einer sehr schwierigen Lage. Die Handlungsmöglichkeiten von Bischöfen und Kirchenspitze seien gering, sagte Pollack am Dienstag im Interview der "Südwest Presse" in Ulm. "Möglicherweise können nur die Gläubigen die Kirche noch aus ihrem Tief holen."
Vielleicht wäre das ja möglich, aber dazu müssten die Bischöfe auf ihre Machtposition verzichten und die Gläubigen "machen lassen". Dazu würden sich erst einmal die Themen anbieten, die unsere katholische Kirche in Deutschland von der Weltkirche und dem eigenen sozialen Bekenntnis trennt. So gering wären die Handlungsmöglichkeiten der Bischöfe in diesem Bereich gar nicht. Man hat allerdings den Eindruck, dass sich die Bischöfe nicht an den "Befreiungsschlag" herantrauen sondern versuchen, sich mit wohlfeien Worten an die Macht zu klammern und darum ringen, Fehlstrukturen zu erhalten. Soweit ersichtlich gibt es in ganz Deutschland nur einen (!) Bischof, der bereit ist, das kirchliche Arbeitsrecht und die Machtstellung der Bischöfe dort zur Disposition zu stellen - und stattdessen eine faire Partnerschaft einzugehen?
Lässt sich der Änderungs- bzw. besser, Abschaffungsbedarf "totschweigen"? Wie anders ist die donnernde Stille zu werten, die etwa auf die Aufforderung der KAB (wir berichteten am 30. April)
hierzu aus den diversen bischöflichen Pressestellen zu vernehmen war?

Das kirchliche Arbeitsrecht steht derzeit heftig in der Diskussion. Ein umfassender Diskussionsbeitrag auf dem Katholikentag fehlt anscheinend. Und auch zum Arbeitsleben "außerhalb der Kirche" finden sich nur wenige Punkte:
Am Donnerstag ab 14 Uhr wird Sozialpfarrer Peter Kossen aus Lengerich als Vertreter der „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ ein Interview geben. Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins von der Universität Münster wird zum anderen einen Impulsvortrag halten.
Nun ja, wenigstens die dem AGG widersprechenden und daher menschenrechtswidrigen Loyalitätsanforderungen werden thematisiert:
Rebecca Lögers da Silva ist Theologiestudentin aus Müns­ter und spricht über den Outing-Prozess. In der Falkertschule, 2. Obergeschoss, spricht am Freitag um 16 Uhr auch der Freiburger Religionslehrer Theo Schenkel, der in der ARD-Fernseh-Doku zu „OutInChurch“ zu sehen war.
(Quelle)

Das Stichwort "Gewerkschaft" wird im offiziellen Programm des Katholikentags immerhin schon fünf mal ausgeworfen:
Seite 1 von 1 Insgesamt 5 Einträge

Do 11.00–19.00
Kirchenmeile | Stände
Berufsverbände *)

Fr 16.30–18.00
Jugend | Podium
Bildung statt Abschiebung
Damit die Angst der Freundschaft weicht
Dillmann-Gymnasium, EG, Turnhalle, Forststr. 43

Fr 10.30–19.00
Kirchenmeile | Stände
Berufsverbände

Sa 14.00–15.30
Gesellschaft und Politik in Deutschland und Europa | World-Café Europatag
Europatag - Solidarität in der EU
Mehr als ein Lippenbekenntnis?
Liederhalle, Ebene 3, Räume 11, 12, 13, Berliner Platz 1-3

Sa 10.30–18.00
Kirchenmeile | Stände
Berufsverbände

Unter dem Stichwort Berufsverbände werden gelistet:
Arbeitsgemeinschaft Ständiger Diakonat in Deutschland - 4-KS-17 place
Berufsverband der PfarramtssekretärInnen - 4-KS-20 place
Berufsverbände der Gemeinde- und Pastoralreferent*innen - 4-KS-22 place
Bundesverband der Pfarrhaushälterinnen 4-KS-25 place
Christ und Jurist - 4-KS-23 place
Gewerkschaft der Mitarbeitenden in Kirche, Diakonie und Caritas - 4-KS-24 place
Interessengemeinschaft der Mitarbeitenden in Caritas und Kirche (IG-MiCK) 4-KS-18 place
Katholische Erziehergemeinschaft (KEG) - 4-KS-26 place
Mesnerverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart - 4-KS-19 place
Pfarrer-Initiative Deutschland - 4-KS-21 place

Falls sich jemand fragt, warum (wie schon seit Jahren) kirchliche Berufsverbände, aber keine DGB-Gewerkschaften am Katholikentag vertreten sind:

Wir Gewerkschafter aus katholischen Einrichtungen in Bayern erinnern uns an den 99. Deutschen Katholikentags 2014 in Regensburg. Unter dem Leitwort
"Mit Christus Brücken bauen"
hatte die damalige katholische Fachkommission "Kirchen" in ver.di Bayern, die ausschließlich aus katholischen Gewerkschaftsmitgliedern in katholischen Einrichtungen bestand, erneut die Teilnahme an der Veranstaltung beantragt. Dazu war eine Diskussion mit dem ver.di Vorsitzenden Frank Bsirske zum Thema "kirchliches Arbeitsrecht" vorgeschlagen. Seinerzeit ist das Angebot zum "Brückenbau" von den Verantwortlichen kalt lächelnd abgewiesen worden. "Gewerkschaft", so hieß es damals sinngemäß, habe "mit katholisch nichts zu tun".

Seither sind unsere diesbezüglichen Bemühungen zum "Brückenbau" eingestellt. Wir haben es nicht nötig, für unser Engagement zum Wohl der Kirche zu betteln. Wenn denn wirklich Brücken zwischen Kirche und Gewerkschaft gebaut werden sollen, dann ist es zunächst an der Kirche, die Fundamente dazu auf dem kirchlichen Ufer zu legen.
Wir Gewerkschafter haben Zeit. Und wenn ein Balken nach dem anderen aus dem tragenden Gewölbe herunter kracht, dann sehen wir, dass da jemand sogar vor dem Abbruch des eigenen Tempels nicht zurück schreckt. Wir wissen nur nicht, ob danach drei Tage reichen, die Ruine zu stabilisieren oder gar wieder auf zu bauen. Aber dazu wird es Arbeiter brauchen, und die sind gemeinhin in einer Gewerkschaft organisiert.

Wie weit die arrogant und hochnäsig agierenden Verantwortlichen mit dieser Einstellung gekommen sind, zeigt sich nur 8 Jahre später - in einer Deutlichkeit, die weit über die seinerzeit lösbarenen Fragen hinausgeht. Ja:
"Es sind momentan schwierige Zeiten für die Kirche."
Die Amtskirche befindet sich in einer fast existenziellen Krise. Und diese Kirche hat sich die schwierigen Zeiten selbst zuzuschreiben. Sie sägt kräftig an dem Ast, auf dem sie sitzt - und freut sich, wenn es schön wuppt.

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