Montag, 22. Februar 2021

Kirchenaustritt von Koch: kein Kündigungsgrund

 Kürzlich hat der Bund-Verlag über ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Stuttgart informiert:

Eine evangelische Kirchengemeinde  wollte den Koch in einer ihrer Kindertagesstätten fristlos kündigen, weil dieser aus der Kirche ausgetreten ist war. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart, das die Kündigung für unwirksam erklärt hatte, zurückgewiesen: bei einem Mitarbeiter im Küchendienst stelle die Kirchenzugehörigkeit keine wesentliche und berechtigte Anforderung an den Arbeitnehmer dar.
LAG Stuttgart, Urteil vom 10.02.2021, Az: 4 Sa 27/20; Vorinstanz: Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 12. März 2020, Az: 22 Ca 5625/19


Die Frage, ob ein konfessioneller Arbeitgeber von seinen Beschäftigten – unabhängig von deren Position und Einsatzbereich – eine Kirchenmitgliedschaft verlangen darf, beschäftigt die Gerichte immer wieder.
Der EuGH urteilte im September 2018, die Entscheidung einer Kirche an ihre leitenden Mitarbeiter bestimmte Anforderungen im Sinne der kirchlichen Vorgaben zu stellen, müsse Gegenstand einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle sein. Die nationalen Gerichte müssten bei dieser Kontrolle prüfen, ob die Religion im Hinblick auf die Art der betreffenden Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstelle.
Das BAG entschied wenige Wochen später, dass die Forderung nach einer bestimmten Religionszugehörigkeit für eine Stellenbesetzung „wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt“ sein muss (BAG, 25.10.2018 – 8 AZR 501/14).

Koch-Kündigungen in der katholischen Kirche sind zwar aktuell nicht bekannt aber auch die katholische Kirche und die Caritas erklären den Austritt (zumindest aus der katholischen Kirche) in Artikel 5 der Grundordnung ausdrücklich zu einem möglichen Grund einer "Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen". 
Allerdings sind für den Fall eines solchen "schwerwiegenden Loyalitätsverstoßes" die Einzelfallumstände abzuwägen. 
Diese Bestimmungen in der Grundordnung sollten von in den Diözesen gebildete "zentrale Stellen"  begutachtet und mit einer Stellungnahme bedacht werden. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der zentralen Stellen, sollten im Jahre 2020 die Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit der Regelungen durch den Verband der Diözesen Deutschlands einer Überprüfung unterzogen werden. Über diese Überprüfung sollte dem Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz Bericht erstattet und Vorschläge für mögliche Änderungen unterbreitet werden. (vgl. Grundordnung Artikel 5, Abs. 4 und 5)

Erkenntnisse, der Bericht und Vorschläge sind nicht bekannt. 


*)
weitere Meldungen:
LTO: Kündigung wegen Kirchaustritts unwirksam
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