Das Domradio (Köln) berichtet aktuell:
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat Kirche und Gesellschaft zu mehr Lernbereitschaft auch im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal aufgerufen. Er kritisierte auch eine Entscheidungsschwäche in der Kirche.
Wir können Erzbischof Koch hier nur zustimmen, warnen aber davor, die Debatte auf den "sexuellen Missbrauch" zu verkürzen. Die vielen Missbrauchsfälle etwa in Vereinen oder in der Familie zeigen, dass es sich weder um ein spezifisch kirchliches Problem noch gar um eine Frage der sexuellen Orientierung (Homosexualität) handelt. Und die Skandale in kirchlichen Einrichtungen - etwa finanzieller Art - betreffen nicht nur den sexuellen Missbrauch.
Es ist vielmehr eine Folge des Machtmissbrauchs, also einer - wie schon mehrfach geschrieben - klerikalen Machtstellung. Und dieser klerikale Machtmissbrauch ist nach unserer Überzeugung auch im kirchlichen Arbeitsrecht feststellbar. In Deutschland wird - im Widerspruch zum universellen Kirchenrecht und den Sozialenzykliken, die Aussagen des päpstlichen Lehramtes dokumentieren - ein kircheneigenes Arbeitsrecht erhalten. Nicht, weil das notwendig oder gar theologisch geboten wäre. Denn der CIC baut auf theologischer Grundlage auf und schreibt die Anwendung des weltlichen Arbeits- und Sozialrechts vor. Dieses kircheneigene Arbeitsrecht wird lediglich erhalten, weil es Deutschland zulässt. Der Staat hat etwa mit der Ausnahme der Kirchen und ihrer caritativen oder erzieherischen Einrichtungen vom Betriebsverfassungsgesetz und den Personalvertretungsgesetzen den Rahmen der "für alle geltenden Gesetze" zugunsten der Kirchen sehr weit gesteckt.
Und die damit eingeräumte Macht wird von klerikalen Kräften missbraucht, um immer mehr Regelungsmacht an sich zu ziehen - beginnend mit gewerkschaftlichen Gängelungsversuchen, die der verfassungsrechtlich umfassend geschützten Koalitionsfreiheit kirchenrechtliche Begrenzungen auferlegen wollen. Dass damit etwa den Beschäftigten im sozialen Dienst kein Gefallen getan wird (aber auch den dort betreuten Personen wie Alten, Kindern und Kranken nicht) haben wir hier schon öfter belegt.
Umsetzung caritativ-kirchlichen Engagements hat nichts mit Arbeitsverdichtung, Lohndumping oder gar der (gegen europäisches Recht verstoßenden) Diskriminierung aus religiösen Gründen oder Gründen der sexuellen Orientierung zu tun. Die heutige Tagesliturgie im Gedenken an Franziska Salesia Aviat (1844-1914), der Gründerin der "Ordensgemeinschaft der Oblatinnen des hl. Franz von Sales" belegt dies eindeutig.
Das Domradio fährt fort:
"Die gegenwärtigen Verhärtungen in unserer Gesellschaft zeigen genauso wie die Pauschalisierungen und wuterfüllten Empörungen des Populismus, dass wir vergessen haben, uns als Lernende zu verstehen", sagte Koch am Mittwochabend beim Neujahrsempfang des Erzbistums Berlin.
So warnte er vor der Gefahr, nicht wahrzunehmen, dass "Machtbesessenheit und Geltungsdrang" auch die Kirche beherrschen könnten. "Das hat uns gerade der Missbrauchsskandal gelehrt."
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Der Erzbischof kritisierte eine Entscheidungsschwäche in der Kirche, wie sie bei vielen "Bedenkenträgern" zum Ausdruck komme.
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