Sonntag, 30. September 2018

Homosexuelle um Vergebung bitten und ihnen die Anstellung verweigern: Varianten katholischer Skurrilität?

Die "Deutsche Welle" hat am Freitag in einem außerordentlich interessanten Interview mit Professor Thomas Schüller, Theologe, Kirchenrechtler und Direktor des Instituts für katholisches Recht an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster dem Thema "Homsexualität und Kirche ein interessantes Interview gewidmet:

"Skurrile Situation im kirchlichen Arbeitsrecht"

Der zugrundeliegende Fall war ein katholisches Gymnasium, das den Anstellungsvertrag für einen Referendar zurückzog, weil der angehende Lehrer angekündigt hatte, seinen Lebenspartner heiraten zu wollen. Der Fall ging in den letzten Tagen durch die Medien.

Prof. Schüller setzt zwar seine Hoffnung in den Mut der Bischöfe, die kirchliche Gesetzgebung zu verändern, neigt dann aber doch der Erwartung zu, dass sinkende Akzeptanz kirchlicher Einrichtungen oder zurückgehende Finanzmittel kirchliche Einrichtungen derartige mit kirchlichen Einrichtungen assoziierte Problemlagen reduzieren werden.

"Homsexuelle um Vergebung bitten" war eine Idee von Papst Franziskus, die auf derselben Seite des Beitrags der "Deutschen Welle" verlinkt ist:
Papst: "Homosexuelle um Vergebung bitten"
Papst Franziskus stellt sich gegen die Ausgrenzung von Homosexuellen. Die Kirche sollte sich für manche falsche Entscheidung entschuldigen, sagte das Oberhaupt der Katholiken auf dem Rückflug aus Armenien.



Nachtrag:
Die Rechtsprechung des EuGH zur verbotenen Diskriminierung aus religiösen Gründen hat vielen kirchlichen "Selbstverständnissen" den Boden entzogen.
In der Rechtssache C-414/16 (wir berichteten)hat der EuGH entschieden, dass die Zugehörigkeit zum Bekenntnis der Einrichtung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist - und weil das universalkirchliche Ämterrecht des CIC weltweit einheitliche Vorgaben für die katholische Kirche trifft, ist die Vorgabe "katholisch" in kirchlichen Stellenausschreibungen faktisch nicht mehr zu halten.
Und in der Rechtssache C-68/17 - wiederverheirateter Chefarzt - (wir berichteten auch darüber) hat der EuGH in verbindlicher Interpretation des europäischen Rechts festgelegt, dass an Katholiken nicht aufgrund des Bekenntnisses höhere bzw. andere Loyalitätsanforderungen gestellt werden dürfen als für nichtkatholische Mitarbeitende.
Damit wird die besondere Loyalitätsanforderung an all den Stellen obsolet, die gleichermaßen auch von Nichtkatholiken oder gar Leiharbeitnehmern ausgeübt werden könnten.
Das entspricht im Übrigen auch den konkordatsrechtlichen Vereinbarungen zwischen Staat und Kirche. Denn dort ist eine kirchliche Regelungsbefugnis nur im Rahmen der für alle geltenden Gesetze vereinbart. Und das Europarecht und die europäischen Antidiskriminierungsvorgaben sind - nach der Rechtsprechung des EuGH zweifelsfrei - "für alle geltende Gesetze".

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