In memoriam: Franziskus‘ Wirtschaftsanalyse war „wichtiger Weckruf“Nachdem sich die wenigen universalkirchlichen Vorgaben aus dem Arbeitsrecht der Kirche, mit dem wir uns beschäftigen, an die Ökonomen oder Vermögensverwalter der kirchlichen Einrichtungen richten (vgl. c. 1286 CIC) kommen wir nicht umhin, diesem Beitrag auch in unserem Blog entsprechende Aufmerksamkeit zu widmen. Denn da ist er wieder - der klare Verweis auf die eigene, katholische Soziallehre:
Franziskus‘ Analyse und Kritik einer Wirtschaft, die „tötet“, sei ein wichtiger „Weckruf im politischen Diskurs“ gewesen, wo solche Fragen oft ignoriert würden. So hat der Schweizer Jesuit Stephan Rothlin Franziskus‘ Vermächtnis im Bereich der Wirtschaftsethik gewürdigt.
Immer wieder habe der Papst während seines Pontifikates an die innere Verbindung zwischen dem christlichen Glauben und Gerechtigkeit hingewiesen, so Rothlin gegenüber „O' Clarim“ weiter. Wofür die katholische Soziallehre seit mehr als einhundert Jahren eintritt, habe der Papst „in nuancierter und konkreter Weise dargelegt“ und in den drei Enzykliken „Evangelii gaudium“ (2013), „Laudato si“ (2025) und „Fratelli tutti“ (2020) besiegelt.Es könnte sich lohnen, die Beitrag von Radio Vatikan komplett zu lesen.
Mit diesem Hinweis möchten wir aber zugleich noch einen Schwenk zu einer durch und durch "nichtkirchlichen" Publikation machen. Auch dort hallt der "wichtige Weckruf" auf. Hat Franziskus mit diesen Aussagen "einen Nerv getroffen", der durch alle politischen Lager verläuft? Wir zitieren:
Zum Tod des prophetischen Papstes Franziskuszitiert aus: Sozialismus.de
»Diese Wirtschaft tötet«
Es ist vielleicht ungewöhnlich, dass eine sozialistische Zeitschrift einen Nachruf auf einen Papst veröffentlicht. Noch ungewöhnlicher aber ist es, dass die Kardinäle am 13. März 2013 nach zwei sehr konservativen, ja betont anti-kommunistischen Päpsten den aus dem sozialen Kontext der Armut kommenden, befreiungstheologisch orientierten Argentinier Jorge Mario Bergoglio in das höchste Amt der Römisch-katholischen Kirche wählten.
Ungewöhnlich ist auch, dass er auf seiner ersten Reise im Juli 2013 die Flüchtlingsinsel Lampedusa besuchte und angesichts der tausenden ertrunkenen Flüchtlinge an Europas Grenzen gegen die »Globalisierung der Gleichgültigkeit« protestierte.
Geradezu revolutionär ist es jedoch, dass seine erste große öffentliche Erklärung nur acht Monate nach seiner Wahl im November 2013 das Thema der kapitalistischen Weltwirtschaft kritisch in den Mittelpunkt rückt. Der Apostolische Brief Evangelii Gaudium (die Freude des Evangeliums) entfaltet die zentrale Aussage »Diese Wirtschaft tötet« mit vier klaren Neins: »Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung – Nein zur neuen Vergötterung des Geldes – Nein zu einem Geld, das regiert, statt zu dienen – Nein zur sozialen Ungleichheit, die Gewalt hervorbringt.«
Nach dem Solidaritätszeichen gegenüber den Schwächsten und dem klaren Einsatz für die soziale Gerechtigkeit gegen die Mammonswirtschaft folgt als weiterer Schwerpunkt der Einsatz für die von eben dieser Wirtschaft zerstörten Natur. In seiner 2. Enzyklika Laudato si konzentriert er sich auf Mitwelt- und Klimaschutz. Hier knüpft er an Franz von Assisi an, der Mutter Erde als »gemeinsames Haus« besang.
Und klagt erneut unser Wirtschaftssystem an, das den Menschen als »Herrn und Eigentümer der Natur« (Descartes) ansieht und dadurch diese zerstört. Und er bestärkt die Hoffnung: »Die Menschheit besitzt noch die Fähigkeit zusammenzuarbeiten, um unser gemeinsames Haus aufzubauen.«
Schließlich ist er unermüdlicher Mahner zum Frieden, zuletzt in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag im Januar 2025. Dabei sieht er den Frieden ganzheitlich und wendet sich gegen »die unmenschliche Behandlung von Migranten, die Umweltverschmutzung, die durch Desinformation schuldhaft erzeugte Verwirrung, die Ablehnung jeglicher Art von Dialog und die beträchtliche Finanzierung der Militärindustrie«.
Er fordert nicht nur einen Schuldenerlass für die verarmten Länder, sondern: »Lasst uns wenigstens einen festen Prozentsatz des Rüstungsetats für die Einrichtung eines Weltfonds verwenden, der den Hunger endgültig beseitigen und in den ärmsten Ländern Bildungsmaßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ermöglichen soll, die dem Klimawandel entgegenwirken.«
Requiescat in pace – Möge er in Frieden ruhen.
Der Autor Ulrich Duchrow ist apl. Prof. für systematische Theologie und Sozialethik, arbeitet mit der ökumenischen Basisbewegung Kairos Europa und Attac.
Man kann aus den Zeilen auch lesen, welche Erwartung bei einem großen Teil der Menschheit an einen Nachfolger auf dem Stuhl des Petri bestehen.
Bei der Gelegenheit: auch unsere heutige Ergänzung auf der Seite "Sozial- und Erziehungsdienste, Behindertenhilfe und Kitas - Kindertagesstätten" hat etwas mit der Wirtschaftskritik zu tun, man muss nur darüber nachdenken ...
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