Sonntag, 10. April 2022

Sonntagsgedanken - zum ideologischen Hintergrund von "Dienstgemeinschaft" ---- "S(ch)ein" oder "tun" - was ist wichtiger?

Im Oktober 2013 haben wir unter dem Titel:
Dienstgemeinschaft – Idee und Wirklichkeit
unter anderem die Genese der "Dienstgemeinschaft" erörtert
, die nahezu bruchlos vom  gewerkschafts- und kirchenfeindlichen und nationalsozialistischen Idol der Betriebs-, Dienst- und Volksgemeinschaft (auch als Gegensatz zur Gemeinschaft der Kirche) zur Beibehaltung bei den evangelischen Kirchen und über eine merkwürdige "ökumenischen Solidarität" der deutschen katholischen Kirchen dann auch zur Beibehaltung des Systems bei der katholischen Kirche führte.
Die Weiterführung der in dieser Zeit in der evangelischen Kirche implementierten Gedankenwelt der "Dienstgemeinschaft" nach 1945 lässt sich mit dem Kirchenjuristen Werner Kalisch personalisieren.
...
Eben dieser Werner Kalisch geriet nach dem Krieg in entscheidende Funktionen bei der evangelischen Kirche. Er forderte und förderte in seiner Funktion die Weiterführung und Adaption der zugrunde liegenden Ideologie:
"Mit dem Gedanken einer kirchlichen Dienst- und Werkgemeinschaft (muss) ernst gemacht werden."
Die historische Stringenz der "Dienstgemeinschaft" in der evangelischen Kirche kann somit als belegt gelten. Die "Dienstgemeinschaft" erweist sich damit für die evangelische Kirche als eine der letzten Reste nationalsozialistischer Ideologie.
Diese Darstellung wurde nun - gerade rechtzeitig zum "Palmsonntag" - durch eine aktuelle Untersuchung bestätigt. Katholisch.de berichtet:
ZWANG UND OPFER SEIEN "MYTHEN DER NACHKRIEGSZEIT"
Studie: Evangelische Kirche im Norden war Stütze des NS-Staats

HAMBURG/KIEL ‐ Es ist die erste empirisch belastbare Studie zu einer Landeskirche in der NS-Zeit – und die Ergebnisse erschrecken: Über 80 Prozent der Pastoren Schleswig-Holsteins waren regimetreu, 40 Prozent sogar Mitglied der NSDAP oder der SA.
...
Dazu noch einmal ein Zitat aus unserem damaligen Beitrag:
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die katholische Kirche in Deutschland, die sich erst unter Druck und aufgrund der Bindung an das "für alle geltende Gesetz" zur Einführung der TOA mit der "Dienstgemeinschaft" zwingen lassen musste, nun ohne Druck an diesem aufgezwungenen System festhält - einem System, das nicht im Einklang mit der eigenen Soziallehre steht.

*) Der Palmsonntag ist das Tor zur Heiligen Woche, der Feier von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi.


Lassen Sie mich (aus aktuellem Anlass) in dem Kontex noch einmal auf den Unterschied von "sein" und "tun" eingehen:
Die "Sonderregelung" für einen Transmann bringt es auf den Punkt:
ALLERDINGS KEINE MISSIO CANONICA ERTEILT
Erstmals Erlaubnis: Transmann darf in Freiburg Religion unterrichten
berichtet katholisch.de.
Für die Kirche ist es also trotz aller Beteuerungen immer noch wichtiger, was oder wie ein Mensch ist. Heterosexuell, homosexuell, trans - das ist immer noch die viel entscheidendere Frage als die Frage was ein Mensch tut. Hat die (immerhin von Gott gewährte) gefühlte eigene sexuelle Identität eines Menschen irgendeinen Einfluss auf die pädagogische Qualität des Unterrichts? Ist der laue "Papierscheinkatholik" von Hause aus der bessere Katechet und Pädagoge, besser als derjenige, der sich (auch aus eigener Betroffenheit) mit dem Wesen des "Menschsein" und der gefühlten eigenen Geschlechtlichkeit auseinander setzt - und diese (von Gott gegebene eigene geschlechtliche Identität) dann auch für sich annimmt und akzeptiert (Nr. 2333 KKK)?

Was das mit gewerkschaftlicher Koalitionsfreiheit und Dienstgemeinschaft zu tun hat?
Nicht nur, dass der Anspruch auf gewerkschaftliche Rechtsschutz bei der Frage einer arbeitsrechtlichen Diskrimnierung greifen würde -
die Koalitionsfreiheit gilt für alle Menschen gleichermaßen, egal welche Pigmentierung Haare oder Haut haben, egal wie die eigene geschlechtliche Identität selbst empfunden und definiert wird. Entscheidend für die innere Organisation der Gewerkschaften ist viel mehr, was die einzelnen Menschen tun, und wie sie das tun.
Damit gliedert sich ein Mensch in den gemeinsamen Dienst ein.
Der "barmherzige Samariter" hätte keinerlei Probleme bei einem gewerkschaftlichen Engagement. Er müsst weder seine geschlechtliche Orientierung offen legen noch zum "richtigen Bekenntnis" konvertieren, um sich koalitionsmäßig betätigen zu können.
Mir scheint: hier könnte die Kirche von Gewerkschaft einiges lernen.

e.s.

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