Montag, 1. Dezember 2025

Ver.di zur Kasseler Fachtagung:

💒 ⛪ Damit sich die Kirche ihre Welt nicht länger macht, wie sie ihr gefällt, ist mehr Druck von unten nötig. Darüber waren sich die rund 250 Mitarbeitervertreter*innen aus evangelischen und diakonischen Einrichtungen auf der Kasseler Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht einig. Denn durch ihr Beharren auf Sonderrechten beschneiden die Kirchen Grundrechte von Beschäftigten und anderen. Welche Themen scharf diskutiert wurden und wie die Resolution lautet, auf die sich die Teilnehmenden der Fachtagung einigten, erfährst Du in unserem Artikel 👇👇

Kurzbericht von der Kasseler Fachtagung: Die Rechte der Anderen

Kasseler Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht: Durch ihr Beharren auf Sonderrechten beschneiden Kirchen Grundrechte von Beschäftigten und anderen.

»Die Kirchen verteidigen mit allen Mitteln ihren Sonderweg im Arbeitsrecht. Damit schränken sie die Selbstbestimmung und Grundrechte anderer ein.« So beginnt eine Resolution, die die Teilnehmenden der diesjährigen Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht am 17. und 18. November in Kassel per Akklamation verabschiedeten. Die rund 250 Mitarbeitervertreter*innen aus evangelischen und diakonischen Einrichtungen kritisierten, dass das Beharren der Kirchenoberen auf überkommenden Privilegien die Selbstbestimmung anderer beschneidet – ob im Fall des Verbots von Schwangerschaftsabbrüchen am Christlichen Klinikum Lippstadt, des Streikverbots am Klinikum Weimar oder der Diskriminierung von Beschäftigten oder Bewerber*innen aufgrund fehlender Kirchenmitgliedschaft.

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Fall Egenberger: »hundert Prozent eine Niederlage der Kirche«
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Die Kirche macht sich ihre Welt, wie sie ihr gefällt
Juristisch und politisch umkämpft ist auch der Sonderweg im kollektiven Arbeitsrecht. Zwar finden Tarifverträge zunehmend auch bei kirchlichen Trägern Verbreitung – übrigens ohne, dass deshalb dort ständig gestreikt würde, wie die Befürworter*innen des »Dritten Wegs« suggerieren. Nach Berechnungen von ver.di sind mittlerweile rund 100.000 kirchlich Beschäftigte durch Tarifverträge geschützt. Doch die meisten konfessionellen Arbeitgeber setzen weiter darauf, Löhne und Arbeitsbedingungen hinter verschlossenen Türen in sogenannten Arbeitsrechtlichen Kommissionen festzuschreiben.

Die Kirche macht sich ihre Welt, wie sie ihr gefällt

Juristisch und politisch umkämpft ist auch der Sonderweg im kollektiven Arbeitsrecht. Zwar finden Tarifverträge zunehmend auch bei kirchlichen Trägern Verbreitung – übrigens ohne, dass deshalb dort ständig gestreikt würde, wie die Befürworter*innen des »Dritten Wegs« suggerieren. Nach Berechnungen von ver.di sind mittlerweile rund 100.000 kirchlich Beschäftigte durch Tarifverträge geschützt. Doch die meisten konfessionellen Arbeitgeber setzen weiter darauf, Löhne und Arbeitsbedingungen hinter verschlossenen Türen in sogenannten Arbeitsrechtlichen Kommissionen festzuschreiben.

Gott kann man nicht bestreiken?

Die Beschäftigten des Sophien- und Hufeland-Klinikums Weimar haben daraus die Schlussfolgerung gezogen, ihre Belange selbst in die Hand zu nehmen. Hunderte von ihnen organisierten sich in ver.di, um Verhandlungen über einen Tarifvertrag einzufordern. Als sich der Arbeitgeber nicht bewegte, kündigten sie einen Warnstreik an. Kirche, Diakonie und Klinikleitung versuchen seither, die Kolleg*innen mit juristischen Mitteln von Streiks abzuhalten – in erster Instanz vor dem Erfurter Arbeitsgericht zunächst mit Erfolg.
»Die Kirche, eine Organisation, die sonst für demokratische Rechte steht, reagiert mit einer Klage gegen die eigenen Beschäftigten – das hat mich als Christ betroffen gemacht«, sagte Matthias Korn, Mitarbeitervertreter am Klinikum Weimar. »Wir wollen mitbestimmen. Wir wollen einen Tarifvertrag, denn das ist eine demokratische Struktur, die es in der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht gibt«, so der Krankenpfleger, der selbst einige Jahre der Kommission angehörte. Er verwies auf die Diakonie Niedersachsen, wo seit zehn Jahren ein Flächentarifvertrag für rund 38.000 Beschäftigte gilt. »Das zeigt: Es geht – warum nicht bei uns?«
Hartmut Kreß argumentierte, dass die Kirche in gesellschaftlichen Debatten Streiks für vertretbar hält – »nur bei sich selbst nicht«. Hier gelte das Dogma, die »Verkündung der Nächstenliebe« werde durch Streiks unterbrochen, was nicht sein dürfe. »Es heißt: Gott kann man nicht bestreiken«, kommentierte Edda Busse. »Aber wir bestreiken nicht Gott, wir bestreiken unseren Arbeitgeber.«

»Dritter Weg« – kein Konsensmodell

Der ehemalige Präsident des Kirchengerichtshofs, Dr. Helmut Nause, verwies auf das Bundesarbeitsgerichtsurteil von 2012, das den Kirchen einen eigenen Weg zur Regelung von Löhnen und Arbeitsbedingungen ohne Streiks zugesteht. Es müssen allerdings bestimmte Bedingungen erfüllt sein – unter anderem eine angemessene Beteiligung der Gewerkschaften. Ob diese Voraussetzung allerdings genüge getan ist, wenn – wie in Thüringen – die Gewerkschaft nur Anspruch auf ein einziges Mandat in der Arbeitsrechtlichen Kommission hat, »erscheint mir ein bisschen dünn«, so der Jurist. Auch die Regelungen in der Diakonie Deutschland und in den Landeskirchen entsprächen nicht den Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts. »Es wäre sinnvoll, das zu überprüfen.«
Bernhard Baumann-Czichon widersprach der Darstellung der Kirchen, der »Dritte Weg« sei ein Konsensmodell. »In Tarifverhandlungen einigen sich beide Seiten auf einen Kompromiss, dort gibt es am Ende einen Konsens«, erklärte der Rechtsanwalt. »Die Arbeitsrechtliche Kommission hingegen fällt einen Mehrheitsbeschluss. Das ist das Gegenteil von Konsens.«
Das Festhalten am kirchlichen Sonderweg habe weitreichende Folgen, argumentierte Andreas Schlutter vom Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen der Diakonie in Bayern. Es trage unter anderem zu einem niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrad im Sozial- und Gesundheitswesen bei, mit negativen Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen in der Branche. »Es gibt zum Beispiel keine stationäre Jugendeinrichtung, in der man sich an das Arbeitszeitgesetz hält. Für solche Zustände trägt auch die Kirche durch ihr Festhalten am Sonderrecht eine moralische Verantwortung.«

Mehr Druck von unten

Wie stehen nun die Chancen, das kirchliche Sonderrecht zu überwinden? ...
Quelle und mehr: ver.di

Mit Link zum Download:

Kas­se­ler Er­klä­rung der Teil­neh­men­den der Fach­ta­gung zum kirch­li­chen Ar­beits­recht 2025

PDF | 173 kB

Sonntag, 30. November 2025

Sonntagsnotizen - Adventszeit 2025

Der Advent ist traditionell die Zeit der Besinnung. Eigentlich wollten wir daher auch in diesem Jahr die Blog-Aufreger etwas ruhiger gestalten. Besinnung - das heißt aber auch: Anregung zum Nachdenken.

Wir wollen daher im Laufe der Advenstzeit vor allem darauf achten, Beiträge "zum Nachdenken" zu leisten. In diesem Sinn - eine besinnliche Adventszeit

Freitag, 28. November 2025

Warum das Rad übernehmen, wenn man es noch mal nacherfinden darf ...

so ähnlich kommt mir die aktuelle Nachricht auf katholisch.de vor:
Reform des Gesetzes über den kirchlichen Datenschutz beschlossen
Neues KDG kommt: Katholische Kirche reformiert ihr Datenschutzrecht
Veröffentlicht am 27.11.2025 um 16:04 Uhr

Bonn ‐ Die deutschen Bischöfe haben das Gesetz über den kirchlichen Datenschutz überarbeitet. Der Termin steht schon – angekündigt sind Regelungen zur Missbrauchsaufarbeitung, zur Übertragung von Gottesdiensten und zu Taufbüchern.

Die katholische Kirche in Deutschland bekommt 2026 ein reformiertes Datenschutzrecht. Am 1. März soll das novellierte Gesetz über den kirchlichen Datenschutz (KDG) in Kraft treten, wie die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) auf Anfrage von katholisch.de am Donnerstag bestätigte. Der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) hat auf seiner Vollversammlung Anfang der Woche das KDG und seine Durchführungsverordnung (KDG-DVO) beschlossen. Da der VDD keine Gesetzgebungskompetenz hat, müssen die einzelnen Diözesanbischöfe die Regelwerke noch für ihre Diözese in Kraft setzen.
..

Rechtstexte noch nicht verfügbar

Die novellierten Rechtstexte sind noch nicht öffentlich verfügbar. Eine Veröffentlichung stellte die DBK gegenüber katholisch.de frühestens vor Weihnachten in Aussicht. Im vergangenen Jahr hatte der VDD einen Gesetzesentwurf veröffentlicht und Rückmeldungen ausgewählter kirchlicher Institutionen in einem Beteiligungsverfahren eingeholt. Dem Entwurf zufolge sollten vor allem kirchliche Besonderheiten besser hervorgehoben werden. So war erstmals eine ausdrückliche Ausnahme vom Recht auf Löschung für Taufregister und andere Kirchenbücher geplant, eine neue Regelung sollte die rechtssichere Übertragung von Gottesdiensten im Internet ermöglichen. Ein eigener Paragraph sollte festschreiben, dass an der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt ein "überragendes kirchliches Interesse" besteht und daher personenbezogene Daten zu diesem Zweck verarbeitet werden dürfen. Zugleich sollte sich das kirchliche Recht dem staatlichen Datenschutzrecht weiter annähern.
...
wir haben uns mit dem Thema "Datenschutz" und eines "kircheneigenen Datenschutzrechtes" schon mehrfach befasst. Wieso benötigt die Kirche in Deutschland eigene Normen, wo das in vielen anderen - sogar sehr katholisch geprägten - Mitgliedsstaaten der EU nicht der Fall ist? Wenn man wirklich kirchenspezifische Regelungen benötigt, dann sollte es genügen, ergänzende Ausführungsbestimmungen zum staatlichen Datenschutzrecht vorzunehmen. Aber man geht lieber das Risiko ein, umfassend eigene Normen zu schaffen, die konträr zum zwingenden staatlichen Recht stehen können und damit das Risiko der Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit in sich tragen.
Wir verstehen auch nicht, warum die Kirche beansprucht, Daten von Personen, die ihr gar nicht (mehr) angehören, als "eigene Daten" zu bezeichnen. Das sind - mit Verlaub - die Daten von Menschen, die lediglich von kirchlichen Institutionen verwaltet werden.
Die katholische Kirche in Deutschland erweist sich beim modifizierten Abschreiben staatliche Regelungen wieder einmal in absoluter Treue zu protestantischen Kirchen als "teuerste Kopieranstalt Deutschlands". Anscheinend geht es den Bistümern in Deutschland finanziell immer noch zu gut.

Montag, 24. November 2025

Vor 50 Jahren - Ende der "Würzburger Synode"

"Die Synode endet – die Synode beginnt": Mit diesem Slogan endete (am 23. November 1975) vor 50 Jahren die Würzburger Synode. Dieser Ausspruch wurde zuletzt auch beim Synodalen Ausschuss bemüht. Und nicht nur hier lassen sich Parallelen zwischen beiden Reformprojekten erkennen.
mit diesem Text beginnt katholisch.de einen Vergleich von "damals und heute".
Wir haben uns auch schon oft mit der Würzburger Synode - wie etwa am 3. Januar vor vier Jahren - und einem uns besonders interessierenden speziellen Text befasst und möchten die Gelegenheit nutzen, um ein bleibendes Versäumnis - einen "fortwährenden Skandal" - in Erinnerung zu rufen.
Wir erinnern seit Jahren immer wieder an den Beschluss "Kirche und Arbeiterschaft", der ... schon jetzt umgesetzt werden könnte:
Die Entfremdung der Arbeiter (lies: Arbeitnehmer, s.u.S. 315, 338 f) von der Kirche ist ein Faktum. Deren Ursache liegt schon im vorigen Jahrhundert. Insofern trifft das Wort vom fortwirkenden Skandal auch auf Deutschland zu.

Diese beklagenswerte Tatsache findet ihren beredten Ausdruck in dem weltbekannt gewordenen Wort Pius’ XL zu Cardijn, worin der Papst es als den großen Skandal des 19. Jahrhunderts beklagt, daß die Kirche die Arbeiterschaft (lies: Arbeitnehmer)verloren habe (S. 327, s.S. 315, 338 f). ...
Den Arbeitern (lies: Arbeitnehmern, s.S. 315, 338 f) das Recht zuzuerkennen, ihre berechtigten Forderungen notfalls im Arbeitskampf durchzusetzen, fiel und fällt heute noch vielen Priestern und Laien schwer (S.330). ...
Vielen Katholiken ist zuwenig bewußt gemacht worden, daß es sich beim Arbeitskampf um legitime Interessenkonflikte handelt, die nur durch eine streitbare Auseinandersetzung zu einem Kompromiß geführt werden können. Nicht die kirchenamtliche Soziallehre, wohl aber viele Geistliche und Laien neigen zu einseitig harmonistischer Sicht; Konflikte gelten ihnen schlechthin als ein Übel; tatsächlich bestehende Interessengegensätze und aus ihnen sich ergebende Konflikte werden einfach geleugnet, namentlich dann, wenn man selbst an dem Konflikt beteiligt und an der Erhaltung des bestehenden Zustandes interessiert ist. Ein Christentum, das im Bilde des Herrn nur seine Sanftmut sehen wollte, übersah völlig, daß Christus Konflikte nicht gescheut hat, ihnen nicht aus dem Weg gegangen ist, vielmehr da, wo es darauf ankam, Konflikte sogar bewußt provoziert und in rückhaltloser Schärfe ausgetragen hat. (S. 331) ...
Seit der vielleicht mit einem Übermaß von Optimismus vollzogenen Gründung der Einheitsgewerkschaft (vgl. 0.2.3) hielten und halten nicht wenige Seelsorger katholische Arbeiter (lies: Arbeitnehmer, s.S. 338 f) vom Beitritt ab, anstatt sie dazu zu ermutigen. Dies geschieht, wenn schon nicht in Worten, so doch durch eine - vorsichtig ausgedrückt - wenig gewerkschaftsfreundliche Haltung (S. 334). ...
Die Förderung der Lebenslage der Arbeiter ist ohne Gewerkschaften nicht möglich. Angesichts der Stellung der Gewerkschaften und ihres Einflusses auf die Arbeiterschaft (woa lies Arbeitnehmerschaft) wäre ein regelmäßiger Kontakt auf den verschiedenen Ebenen der Kirche, von Organisationen und Gremien zu den Gewerkschaften erwünscht. ...
... appellieren wir an die katholischen Arbeiter, in den Gewerkschaften mitzutun. Es müßte selbstverständlich sein, daß der katholische Arbeiter sich gewerkschaftlich organisiert. Seine Mitarbeit ist einmal Ausdruck einer solidarischen Verbundenheit im gemeinsamen Einsatz für Menschlichkeit in den Arbeits- und Lebensbedingungen, zum anderen ist sie ein Dienst im Sinne des Weltauftrags der Kirche. (S. 345). ....

Unsere Überlegungen, Vorschläge und Empfehlungen sollen Seelsorger und Laien, aber auch kirchliche Gremien anregen und ermutigen, von ihnen Gebrauch zu machen, sie in der Praxis zu erproben. Zuvor sind jedoch noch einige Hinweise angebracht, die bei allen Aufgaben und Einzelmaßnahmen mitbedacht sein wollen, wenn unsere gemeinsame Verantwortung gute Früchte tragen soll:
- Wir müssen in Zukunft alles vermeiden, was dazu angetan wäre, das Mißtrauen der Arbeiterschaft (woa lies "Arbeitnehemrschaft) gegenüber der Kirche zu bestätigen ...
wer's nachlesen will: S. 313 (321) ff https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/Synoden/gemeinsame_Synode/band1/synode.pdf
Der Ansatz ist - wie das Domradio schreibt - offensichtlich "versandet".
"Die wirkliche Arbeit, nämlich das, was in Würzburg beraten und beschlossen wurde, mit Geist und Leben zu erfüllen, liegt noch vor uns", schrieb der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Julius Döpfner, im Vorwort zu den zusammengefassten Beschlüssen der Synode. Döpfner, der auch Synodenpräsident war, starb noch vor der Veröffentlichung im Sommer 1976. An der Umsetzung der Beschlüsse konnte er nicht mehr mitwirken.
Nicht zuletzt auch durch seinen Tod hätten sich die Vorzeichen für die Kirche verändert, erklärt Bauer )(Pastoraltheologe zur Katholischen Nachrichten-Agentur - KNA). "Die Nachsynode ist wie die Nachkonzilszeit in eine Phase der Restauration geraten. Von daher sind die Ergebnisse der Synode auch teilweise versandet."

Aber ja - unsere Kirche rechnet in Ewigkeitsmaßstäben. Sie wird sich wohl erst an ihre eigenen Erkenntnisse erinnen, wenn ihr auch die letzten gewerkschaftlich engagierte Arbeitnehmer den Rücken gekehrt haben.

Und nur, damit das auch einmal gesagt wird: "Synode" kommt aus dem Griechischen und wird als "Gemeinsamer Weg" übersetzt.

Sonntag, 23. November 2025

Sonntagsnotizen: 100 Jahre - es gibt nur einen König !

Am 11. Dezember 1925 veröffentlichte Papst Pius XI. die Enzyklika "Quas primas". Mit ihr setzte er ein neues Fest in den liturgischen Kalender der Kirche ein: das "Fest zu Ehren Unseres Herrn Jesus Christus als König".
In "Quas primas" beklagte Pius die Verbannung Jesu Christi "aus der häuslichen Gemeinschaft und dem öffentlichen Leben" und wollte mit dem neuen Fest an die Herrschaft Christi über alle Bereiche des Lebens erinnern – nicht nur über die Kirche, sondern auch über Politik, Kultur und Gesellschaft.
berichtet das Domradio.

Auch wir haben in mehreren Blogbeiträgen über dieses - auch heute und gerade wieder bedeutsame - katholische Kirchenfest berichtet, das inzwischen am letzten Sonntag im Kirchenjahr gefeiert wird. Es gibt nur einenKönig für christlich-katholische Menschen. Und das ist nicht die - begrifflich höchst belastete, theologisch weit überhöhte - "Dienstgemeinschaft" und auch nicht der damit begründete "Dritte Weg", der nicht mit der katholisch-kirchlichen Soziallehre übereinstimmt und die katholische Kirche in Deutschland von der Weltkirche trennt.

Dienstag, 18. November 2025

„Der öffentliche Dienst muss attraktiv bleiben!“ - Forderungen zu den Tarifverhandlungen der Länder

Mit einer Forderung von sieben Prozent mehr Geld im Monat – mindestens aber 300 Euro zusätzlich, um die unteren Lohngruppen zu stärken, starten wir in die Verhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten der Länder. Für Nachwuchskräfte sollen die Vergütungen um 200 Euro pro Monat steigen, zudem wird ihre unbefristete Übernahme nach erfolgreicher Ausbildung gefordert.
Quelle und mehr - ver.di

Montag, 17. November 2025

Das neue Kircheninfo - Schwerpunkt AVR Diakonie

Das atuelle Kircheninfo befasst sich im Schwerpunkt mit den unterschiedlichen AVR der Diakonie. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil die AVR der Caritas (im Übrigem dem größten Anbieter unter den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden) die tarifvertraglichen Regelungen des TVöD weitgehend übernehmen. Und damit kann man weder der AVR Caritas noch dem TVöD diese Vorwürfe machen, ohne damit zugleich auch unsere ver.di anzugreifen.
Sind AVR-Tarife eigentlich unsozial? Wir sagen: Ja! Ungleichbehandlung und fehlende Beteiligung prägen den »Dritten Weg« in der Diakonie. Ärzt*innen werden bevorteilt, Hilfskräfte schlechter gestellt. Mehr Infos gibt´s hier 👇👇
mehr bei ver.di unter https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/kirchliche-betriebe/
Aus katholischer Sicht - und da beziehen wir uns auch auf unseren gestrigen Blogbeitrag - übt die Diakonie hier ein zutiefst undsoziales und unchristliches Verhalten.
In seiner Botschaft zum IX. Welttag der Armen hatte Papst Leo XIV. dazu aufgerufen, die Armen nicht als Randthema, sondern als Herzstück der christlichen Gemeinschaft zu verstehen.


Sonntag, 16. November 2025

Sonntagsnotizen: 60 Jahre "Katakombenpakt" – Eine Frucht des Konzils

die Seite "katholisch.de" befasst sich mit einem eher geheimnisvollen Treffen geistlicher Würdenträger in den Katakomben von Rom:
Rom ‐ Er war ein Nebenschauplatz des Zweiten Vatikanischen Konzils. Und doch betraf er eine Kernbotschaft der Kirche: Der "Katakombenpakt" von rund 40 Bischöfen der Weltkirche wies ihr denselben Weg wie zuletzt Papst Franziskus.

"Wie sehr wünsche ich mir eine arme Kirche für die Armen!" Dieser Ausruf aus den ersten Tagen der Amtszeit von Papst Franziskus (2013-2025) hat viele in der Kirche aufgeschreckt. Eine arme Kirche? Bitte nicht! Immer wieder zielte der Papst aus Lateinamerika auf Pomp, Selbstzufriedenheit und Äußerlichkeiten, auf Klerikalismus und auf die Beschäftigung mit sich selbst. ...
wir haben diesem faszinierenden Ereignis bereits vor Jahren immer wieder Blogbeiträge gewidment. Sie sind "hier" nachzulesen. Viel Spaß - und gerade die richtige Lektüre an einem grauen Novembersonntag.
Vielleicht ist an diesem Sonntag dann auch noch die heutige Botschaft von Papst Leo zum Welttag der Armen eine ergänzende Lektüre in diesem Kontext.

Donnerstag, 13. November 2025

§ Arbeitsgericht Erfurt untersagt Streik in kircheneigener Einrichtung

Am 29. Oktober hatten wir auf die anstehende Urteilsverkündung hingewiesen. Am 12. November hat das Arbeitsgericht Erfurt - erwartungsgemäß - sein Urteil zu Lasten des verfassungsrechtlich geschützten Koalitionsrechts verkündet. (Urt. v. 13.11.25, Az. 5 Ca 1304/24)

Die evangelische Kirche Mitteldeutschlands, die Diakonie und das Klinikum ließen den Streikaufruf von ver.di im einstweiligen Rechtsschutz untersagen (Landesarbeitsgericht (LAG) Erfurt, Urt. v. 11.10.2024, Az. 1 SaGa 10/24).
Leitsatz
1. Die Entscheidung der Kirchen, das Verfahren ihrer kollektiven Arbeitsrechtssetzung am bekenntnismäßigen Leitbild der Dienstgemeinschaft auszurichten und nach den Grundsätzen einer partnerschaftlichen Lösung von Interessengegensätzen auszugestalten (sog. Dritter Weg), schließt den Arbeitskampf zur Gestaltung von Arbeitsverhältnissen durch Tarifvertrag aus. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte koalitionsmäßige Betätigung der Gewerkschaften tritt dahinter zurück (in Anlehnung an BAG 20.11.2012 - 1 AZR 179/11 - Juris).(Rn.192)

2. Da ein Ausschluss von Arbeitskampfmaßnahmen in kirchlichen Einrichtungen allerdings mit der grundgesetzlich gewährleisteten Koalitionsfreiheit kollidiert, ist im Wege einer Güterabwägung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz ein Ausgleich der jeweils widerstreitenden Grundrechte herbeizuführen.(Rn.197) Arbeitskampfmaßnahmen sind daher nur dann ausgeschlossen, wenn das Arbeitsrechtsregelungsverfahren bestimmte verfahrensrechtliche Anforderungen - paritätische Besetzung der Kommission, Schlichtungskommission unter neutralem Vorsitz - erfüllt, Gewerkschaften in dieses Verfahren organisatorisch eingebunden sind und das Verhandlungsergebnis für die Dienstgeberseite verbindlich ist.(Rn.200)

3. Nach dem im einstweiligen Verfügungsverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab erfüllt das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im Dienst des Diakonischen Werkes Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland e.V. (Arbeitsrechtsregelungsgesetz DW.EKM - ARRG-DW.EKM) diese verfahrensrechtlichen Anforderungen.(Rn.214)
...
(Quelle)

Dabei blieb es nun auch in der Hauptsache:
Vergleich auch LTO - Legal Tribune Online: Kirche darf Streik im Kli­nikum Weimar unter­sagen
Deutsches Ärzteblatt vom 12.11.2025: Arbeitsgericht Erfurt verbietet Warnstreik an kirchlicher Klinik

Die Entscheidung des Arbeitsgerichs hat - ebenso erwartungsgemäß - ein vielfältiges Echo gefunden.

Kirchennahe Kommentatoren begrüßen das Urteil:
Caritas Dienstgeberseite: ArbG Erfurt: Untersagung von Arbeitskämpfen in Diakonischen Einrichtungen (womit sich die Caritas-Arbeitgeber massiv gegen das päpstliche Lehramt in Form der Sozialenzykliken stemmen)
Domradio vom 13.11.2025: Arbeitsgericht Erfurt untersagt Streiks an kirchlichem Klinikum

Unabhängige Berichterstatter üben dagegen deutlich Kritik: Der Humanistische Pressedienst (HPD) nimmt sich dagegen des Urteils mit kritischen Worten an:
Arbeitsgericht Erfurt verbietet Warnstreik in kirchlich getragenem Krankenhaus
Tarifverhandlungen im "geschwisterlichen Gespräch"

Dass rund 1,8 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kirchlicher Träger wie Caritas oder Diakonie arbeitsrechtlich schlechter dastehen als ihre Kollegen in anderen Bereichen, kann wohl nur der Gesetzgeber ändern. Von der Justiz jedenfalls ist bislang keine entsprechende Rechtsprechung zu erwarten. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt, das den Arbeitnehmern eines Krankenhauses in kirchlicher Trägerschaft das Streikrecht verweigert.
...

Das "letzte Wort" ist noch nicht gesprochen. Man darf gespannt sein, wie sich das Bundesarbeitsgericht zu dieser Frage positioniert. Es hat schon vor Jahren entschieden, dass "Tarifverhandlungen ohne Streikrecht nichts anderes als kollektives Betteln" sind (Urteil vom 10.06.1980 - 1 AZR 168/79, Rd.Nr. 22 - vgl. BAG Urteil vom 12.03.1985 - 1 AZR 636/82). Und das hat auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (vgl. Beschlüsse vom 09.07.2020 - 1 BvR 719/19 und 1 BvR 720/19 - Rd.Nr. 14 / Pressemitteilung Nr. 67/2020 vom 5. August 2020

Montag, 10. November 2025

§ "Lippstadt" geht weiter

Unter der Überschrift "Lippstadt" haben wir schon mehrfach über den Streit zwischen Dr. Volz und der - plötzlich "kirchlich" gewordenen - Klinik über den ärztlichen Leistungsumfang berichtet. Nun erreicht uns dazu folgende Nachricht:
✊ Dr. Volz geht in Berufung! Und wir stehen hinter ihm! 🤝
📣 Lest hier mehr zu den Hintergründen über das von der katholischen Kirche erlassene Verbot medizinisch indizierter Schwangerschaftsabbrüche am Christlichen Klinikum Lippstadt und wieso das Urteil des Arbeitsgericht Hamm die medizinische Grundversorgung in Gefahr bringt.
✍ Unterstützt Dr. Volz und unterzeichnet hier die Petition "Ich bin Arzt & meine Hilfe ist keine Sünde: Stoppt die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen": https://innn.it/keinmord
mehr gibt es von ver.di hier nachzulesen:
Kirche gegen Selbstbestimmung
Protest gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen am Klinikum Lippstadt
05.11.2025

Protestwelle gegen das von der katholischen Kirche erlassene Verbot medizinisch indizierter Schwangerschaftsabbrüche am Christlichen Klinikum Lippstadt: Mehr als 290.000 Menschen haben eine Petition zur Unterstützung des Gynäkologen Dr. Joachim Volz unterzeichnet, der für die ärztliche Berufsfreiheit vor Gericht zieht. Am Verhandlungstag zogen rund 2.000 Demonstrierende durch das westfälische Städtchen. Doch das Arbeitsgericht Hamm wies Volz’ Klage in erster Instanz ab und stellte sich auf die Seite des kirchlichen Trägers (Az. 2 Ca 182/25).
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Dienstag, 4. November 2025

Solidarität mit Daniel Zander! Für Mitbestimmung statt Einschüchterung.

Hallo zusammen,
ein MAV-Kollege ist von Kündigung bedroht.
C. Schmidt von Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen der Diakonie Hessen (GAMAV DH) hat eine Petition gestartet und bittet um Unterzeichnung dieser Petition https://c.org/7vQ6nwqVLV bzw. auch https://www.change.org/p/solidarit%C3%A4t-mit-daniel-f%C3%BCr-mitbestimmung-statt-einsch%C3%BCchterung- dort gibt es auch mehr Informationen zum Fall.

Bitte gerne auch weiterleiten. 🙋‍♂

Weitere Informationen:
Diakonie Hessen - Geschäftsstelle GAMAV DH
Ederstraße 12
60486 Frankfurt
 Fax: 069 – 7947 – 99 62 48
 Email: kontakt@gamavdh.de

oder über die Website: www.gamavdh.de

Montag, 3. November 2025

Folgt die Caritas weiter dem öffentlichen Dienst?

Aus der allgemeinen Tarifrunde 2025 der Caritas (Abschluss Juni) sollte noch ein „Teil II“ beschlossen werden: neun Elemente, die im Öffentlichen Dienst erstritten wurden, jedes davon wichtig.
Nach zwei Verhandlungsterminen wird deutlich, dass sich die Dienstgeberseite der Caritas verweigert, dass sie kein Interesse hat, mit dem Abschluss im Öffentlichen Dienst gleichzuziehen. Ein eigenes Angebot von ihnen liegt nicht vor.
Wie geht es weiter?
Der nächste Verhandlungstermin ist der 28. November 2025. Damit die Bundeskommission am 4. Dezember 2025 entscheiden kann, muss sich die Dienstgeberseite jetzt bewegen!
das schreibt die Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas auf Facebook.

Wir möchten da eine etwas andere Fragestellung einfügen:
Sind denn die genannten Punkte wie "Aufwertung der Hebammen", "Übernahme von Auszubildenden" oder "Entschädigung bei Ausbildungsfahrten" wirklich kirchenspezifisch? Sind das nicht viel mehr Punkte, mit denen die gesamte Branche zu tun hat? Muss der "Verdrängungswettbewerb" in der Branche wirklich zu Lasten der Beschäftigten geführt werden?
Wir brauchen faire Wettbewerbsregelungen, die aber nicht auf dem Rücken der Mitarbeitenden und zu Lasten der Betreuten und Patienten erstellt werden.

Wir brauchen - um es kurz zu sagen - allgemein verbindliche tarifvertragliche Regelungen, die für die gesamte Branche gelten. Das geht nur mit der Caritas. Und wenn sich die arbeitsrechtliche Kommission mit diesen "weltlichen Fragen" nicht mehr herumschlagen muss - nach dem Motto in der Bayerischen Regionalkoda "wir werden uns nie über die Gehaltshöhe streiten müssen" - dann wird vielleich endlich die Gelegenheit bestehen, das kirchenspezifische, das eine Caritas-Einrichutng in ihrer Qualität auszeichnen müsste, kirchenintern zu regeln.

Mittwoch, 29. Oktober 2025

Nur noch zwei Wochen - Arbeitsgericht Erfurt und Streikrecht

Das Arbeitsgericht Erfurt wird (endlich) über das Hauptsacheverfahren in der Streikunterlassungs-Klage gegen ver.di entscheiden. Zeigt eure Solidarität am 12.11 um 10 Uhr vor dem Gerichtstermin, der um 11 Uhr stattfindet. Wer nicht dabei sein kann, sendet bitte eine kurze Soli-Sprachnachricht an Daniel Wenk (Quelle und Kontaktdaten - WhattsApp "Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte")

Montag, 27. Oktober 2025

§ Urteil Bundesarbeitsgericht: Geschlechtergerechtigkeit gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Bundesarbeitsgericht zu Lohngerechtigkeit
Frauen müssen sich nicht mit Mittelwert zufriedengeben
Wollen Frauen das Gleiche wie ihre männlichen Kollegen verdienen, dürfen sie sich dabei auch an Topgehältern orientieren, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Geklagt hatte eine Beschäftigte von Daimler Truck.
berichtet der SPIEGEL.

Die Entscheidung Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Oktober 2025 – 8 AZR 300/24 – ist von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 23.10.2025 unter der Nummer 38/25 - Anspruch auf Entgeltdifferenz wegen Geschlechtsdiskriminierung - Paarvergleich veröffentlicht worden.

Freitag, 24. Oktober 2025

§ Urteil des Bundesverfassungsgerichts - eine Würdigung, die immer mehr überzeugt

Der vermeintliche Triumph der Kirche im Fall Egenberger vor dem Bundesverfassungsgericht ist in Wahrheit ein Pyrrhussieg: denn der Preis dafür ist eine deutlich engere Kontrolle durch staatliche Gerichte.

Je mehr wir das Urteil studieren (unsere erste Analyse findet sich hier), desto mehr kommen wir zur Überzeugung, dass diese Analyse der Entscheidung den Kerrn trifft - absolut:
Im Fall Egenberger hat das Bundesverfassungsgericht nach sechs Jahren über die Verfassungsbeschwerde des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung entschieden. Die Diakonie hatte das Urteil des Bundesarbeitsgerichts angefochten, das der konfessionsfreien abgelehnten Bewerberin Vera Egenberger eine Entschädigung wegen Diskriminierung zugesprochen hatte. Zuvor hatte das Bundesarbeitsgericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Zwar hatte die Diakonie mit ihrer Verfassungsbeschwerde Erfolg, sodass das Bundesarbeitsgericht den Fall erneut verhandeln muss. Ihr eigentliches Ziel jedoch – die ihrer Ansicht nach das kirchliche Selbstverwaltungsrecht übermäßig einschränkende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu kippen – ist verfehlt. Das Bundesverfassungsgericht hat sich vielmehr ausdrücklich als an das Unionsrecht "in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union" gebunden erklärt, wie der Staatsrechtler und Beirat des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) Bodo Pieroth gegenüber dem ifw erläuterte.

Im Ergebnis hat das Bundesverfassungsgericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum kirchlichen Arbeitsrecht und seinen Grenzen vollumfänglich bestätigt. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts wurde lediglich aufgehoben, weil das Bundesverfassungsgericht eine fehlerhafte Gesamtabwägung zwischen den Rechten der Arbeitnehmerin und der Religionsfreiheit der Kirchen beanstandete. Damit steht dem Bundesarbeitsgericht nun eine Neuverhandlung bevor – bei der es, unter Beachtung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben, durchaus erneut zu dem Schluss kommen könnte, der Klägerin eine Entschädigung zuzusprechen.

Die Freude der evangelischen und katholischen Kirche über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist daher wenig nachvollziehbar. Denn, wie es die ifw-Beirätin und ehemalige Richterin am Bundesarbeitsgericht Ulrike Brune treffend formuliert: "Bei näherem Zusehen ist es ein Eigentor für die Kirchen: Anders als bisher müssen sie nun Gründe dafür angeben, wenn sie besondere Loyalitätsforderungen an Arbeitnehmer stellen. Religionszugehörigkeit dürfen sie nur verlangen, wenn die betreffende Arbeit es für den religiösen Sendungsauftrag erfordert. Und das können die staatlichen Gerichte jetzt im Einzelnen überprüfen. Das hätte das BVerfG vor ein paar Jahren noch als Aufruhr und Ketzerei betrachtet."


edit:
Einge diametral entgegen gesetzte Ansicht verbreiten kirchennahe Medien wie "katholisch.de":
Kirchenmitgliedschaft kann Bedingung bei Diakonie oder Caritas sein
So hat Karlsruhe den Freiraum der Kirchen im Arbeitsrecht gestärkt
Veröffentlicht am 25.10.2025 um 12:15 Uhr – Von Norbert Demuth (KNA)

Karlsruhe ‐ Eine Kirchenmitgliedschaft kann weiterhin Bedingung eines kirchlichen Arbeitgebers sein, wenn "die Bedeutung der Religion" für den Job plausibel dargelegt wird. So reagiert die Deutsche Bischofskonferenz auf Karlsruhe.

Ein Pfarrer muss Kirchenmitglied sein. Das ist auch für Außenstehende einleuchtend, denn er verkündigt die Botschaft der Kirche. Doch in welchen Fällen dürfen kirchliche Arbeitgeber Stellenbesetzungen auf anderer Ebene an eine Kirchenmitgliedschaft knüpfen, ohne konfessionslose Bewerber zu diskriminieren? Seit Donnerstag ist dies verfassungsrechtlich geklärt. Allerdings nicht haargenau, sondern in recht weiten juristischen Formulierungen.
"Je größer die Bedeutung der betroffenen Position für die religiöse Identität der Religionsgemeinschaft nach innen oder außen", desto mehr Gewicht besitze das "Erfordernis der Kirchenmitgliedschaft", erklärten die Richter. Sie stärkten damit das im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.
Die katholische Bischofskonferenz reagierte umgehend: "Für die katholische Kirche ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kein Handlungsbedarf." Die Entscheidung bestätige die vorhandenen Regelwerke. Tatsächlich war bereits im November 2022 die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes", die den Umgang mit der Konfession der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelt, reformiert worden.

Nur bei bestimmten Positionen erforderlich
Die Religionszugehörigkeit ist demnach nur dann ein Kriterium bei der Einstellung, wenn sie für die jeweilige Position erforderlich ist. Das gilt für die Arbeit in Seelsorge und Glaubensvermittlung und zum anderen für Tätigkeiten, die das katholische Profil der Einrichtung inhaltlich prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren.
...

Der Arbeitsrechtler Ernesto Klengel sieht den Karlsruher Beschluss kritisch: Das Verfassungsgericht habe den Rahmen, den der EuGH 2018 für das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gesetzt hat, "weit interpretiert". Es sei abzuwarten, "ob der EuGH demnächst reagieren wird, da bei ihm weitere Fälle zum deutschen Sonderweg des kirchlichen Arbeitsrechts zur Entscheidung vorliegen".

§ Urteil des EuGH: Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung – Unterschiedliche Behandlung eines Arbeitnehmers, der selbst nicht behindert ist, sich aber um sein behindertes Kind kümmert – Verpflichtung des Arbeitgebers, angemessene Vorkehrungen zu treffen

Eine etwas lange Überschrift - die Entscheidung des EuGH (Leitsätze) ist dafür umso kürzer:
Gericht: EuGH 1. Kammer
Aktenzeichen: C-38/24
Urteil vom: 11.09.2025

Tenor:
1. Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, insbesondere ihr Art. 1 sowie ihr Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b, ist im Licht der Art. 21, 24 und 26 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie der Art. 2, 5 und 7 des am 13. Dezember 2006 in New York geschlossenen und mit dem Beschluss 2010/48/EG des Rates vom 26. November 2009 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen dahin auszulegen, dass das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen einer Behinderung für einen Arbeitnehmer gilt, der nicht selbst behindert ist, sondern wegen der Unterstützung seines behinderten Kindes diskriminiert wird, durch die es im Wesentlichen die Pflegeleistungen erhält, die sein Zustand erfordert.

2. Die Richtlinie 2000/78, insbesondere ihr Art. 5, ist im Licht der Art. 24 und 26 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie von Art. 2 und Art. 7 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen dahin auszulegen, dass ein Arbeitgeber, um die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer und des in Art. 2 Abs. 2 Buchst. b dieser Richtlinie vorgesehenen Verbots der mittelbaren Diskriminierung zu gewährleisten, verpflichtet ist, angemessene Vorkehrungen im Sinne von Art. 5 dieser Richtlinie gegenüber einem Arbeitnehmer zu treffen, der, ohne selbst behindert zu sein, seinem behinderten Kind die Unterstützung zukommen lässt, durch die es im Wesentlichen die Pflegeleistungen erhält, die sein Zustand erfordert, sofern diese Vorkehrungen den Arbeitgeber nicht unverhältnismäßig belasten.

Hinweis:
Die Richtlinie 2000/78/EG finden Sie im Internet unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=14062007...

Donnerstag, 23. Oktober 2025

§ Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht: ver.di begrüßt die Kernaussagen des Urteils.

Inzwischen hat sich unsere ver.di nicht nur die Leitsätze der Entscheidung angeschaut, sondern sich auch mit den Kernaussagen des Urteils auseinander gesetzt:
📣 Heute wurde ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht veröffentlicht. ver.di begrüßt die Kernaussagen des Urteils.
ℹ️ Hintergrund war die Klage einer Frau, deren Bewerbung für eine Projektstelle zur UN-Antirassismuskonvention von der Diakonie abgelehnt wurde, weil sie nicht der Kirche angehört.
👉 Im konkreten Einzelfall hat das Bundesverfassungsgericht zwar gegen die Klägerin entschieden.
💬 „Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht aber die grundsätzliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, wonach die Kirche nicht einfach deshalb diskriminieren darf, weil sie Kirche ist“, sagt Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand
Ver.di Pressemitteilung vom 23.10.2025
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die Kernaussagen des heute (23. Oktober 2025) veröffentlichten Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht. „Im konkreten Einzelfall hat das Bundesverfassungsgericht zwar gegen die Klägerin entschieden, deren Bewerbung für eine Projektstelle zur UN-Antirassismuskonvention von der Diakonie abgelehnt wurde, weil sie nicht der Kirche angehört“, erläuterte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht aber die grundsätzliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, wonach die Kirche nicht einfach deshalb diskriminieren darf, weil sie Kirche ist.“ Vielmehr müssen kirchliche Arbeitgeber den Gerichten konkrete berufliche Anforderungen darlegen, warum bestimmte Tätigkeiten eine Kirchenmitgliedschaft erforderlich machen. Diese Argumentation unterliegt einer wirksamen Kontrolle durch staatliche Gerichte.

„Für das grundgesetzlich verbriefte Selbstverwaltungsrecht der Kirchen zieht nun das Bundesverfassungsgericht klare Grenzen“, erklärte Bühler. „Die Kirche darf ihre eigenen Angelegenheiten nur im Rahmen der für alle geltenden Gesetze selbst regeln.“ Gerichte müssten im Konfliktfall zwischen dem kirchlichen Selbstordnungsrecht und zum Beispiel dem Schutz von Beschäftigten vor Diskriminierung abwägen. Im Fall der Klägerin als Sozialpädagogin habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) dies nicht ausreichend getan, so die Karlsruher Richterinnen und Richter, weshalb sie der Verfassungsbeschwerde der Kirche in diesem konkreten Fall stattgaben.

„Die Selbstbestimmung anderer ist ein hohes Gut. Deshalb sollte die Kirche das Urteil zum Anlass nehmen, ihr Beharren auf ein sehr weitgehendes Selbstverwaltungsrecht zu überdenken“, appellierte die Gewerkschafterin. „Es ist höchste Zeit, dass die Kirche im Jahr 2025 ankommt. Niemand hat etwas dagegen, dass die Pfarrerin oder der Seelsorger Kirchenmitglied sein müssen. Aber der willkürlichen Ausweitung auf andere Beschäftigte in Einrichtungen von Kirchen, Diakonie und Caritas sind nun Grenzen gesetzt. Schließlich pflegt eine qualifizierte Pflegekraft nicht weniger gut, nur weil sie kein Kirchenmitglied ist.“

Wir - von der Redaktion - sind noch nicht so weit, die materiellen Kernaussagen des Urteils abschließ0end würdigen zu können.
Wir beziehen uns dabei zunächst auf die Randnummer 218 der Entscheidung:
Damit die zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verpflichteten Gerichte überprüfen können, ob ein solcher direkter Zusammenhang vorliegt, obliegt es wiederum der betroffenen Religionsgemeinschaft, anhand ihres Selbstverständnisses nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchsfrei darzulegen, worin der Zusammenhang zwischen der aufgestellten beruflichen Anforderung und der konkret betroffenen Tätigkeit besteht.
uns fehlt aber die ausreichende und nachvollziehbare Begründung, warum die entsprechende Tätigkeit nur durch eine Kirchenangehörige ausgeübt werden könnte. Das Gericht geht nur in wenigen und für unser Befinden etwas mager gestalteten Absätzen ganz am Ende seiner Entscheidung auf diese doch wesentlich erscheinende Frage ein.
Das Bundesverfassungsgericht führt in Rd.Nr. 276 dazu aus:
... Vielmehr setzt es sich über den von ihm selbst eingeräumten Umstand hinweg, dass der Stelleninhaber unter anderem die spezifisch christliche Sicht des Beschwerdeführers auf die Vorgaben der UN-Antirassismuskonvention, gegebenenfalls auch in Auseinandersetzung mit gegenläufigen Positionen anderer an der Erstellung des Berichts beteiligter Organisationen, zu vertreten hatte. Dass der Beschwerdeführer mit dieser Aufgabe, das heißt der glaubwürdigen und authentischen Vertretung des Ethos des Beschwerdeführers im Rahmen der Erstellung des Parallelberichts, nach der Stellenausschreibung nur eine Person betrauen wollte, die die damit verbundenen, aus christlicher Perspektive für die religiöse Identität konstitutiven Überzeugungen auch persönlich als Kirchenmitglied verkörpert, wird vom Bundesarbeitsgericht mit dem Argument beiseitegeschoben, dass es auf die Bekundung des christlichen Selbstverständnisses nur insoweit ankomme, als mit Auffassungsunterschieden im Hinblick auf die Umsetzung der UN-Antirassismuskonvention zu rechnen gewesen sei. Insoweit sei es allerdings ausreichend, dass der Stelleninhaber über die maßgeblichen Fakten sowie verfassungsrechtliche, völkerrechtliche und unionsrechtliche Grundlagen kirchlicher Einstellungspraxis unterrichtet sei und über fundierte Kenntnisse des kirchlichen Arbeitsrechts verfüge (BAG, a.a.O., Rn. 89, 93). Entscheidend wirke sich hier auch aus, dass er fortwährend in einen internen Meinungsbildungsprozess bei dem Beschwerdeführer eingebunden gewesen sei und insofern nicht unabhängig habe handeln können (BAG, a.a.O., Rn. 101 f.).
das mag oberflächlich gesehen plausibel erscheinen - erscheint uns aber etwas dürftig.
Es gibt keine evangelische oder katholische Sozialpädagogik. Genauso wenig, wie es in der Küche evangelische Schnitzel oder katholischen Karfoffelsalat gibt. Wir bestreiten nicht, dass es für seelsorgerliche Tätigkeiten etwa durch Priester auch und gerade auf die volle Kirchenzugehörigkeit ankommt. Diese ist geradezu eine Voraussetzung für die entsprechenden Weihen. Solche Aufgaben und Tätigkeiten werden aber auch in einem speziellen Dienstverhältnis kirchlichen Rechts übertragen. Wenn sich die Kirchen dagegen des weltlichen Arbeitsrechts bedienen, dann kann es - schon infolge dieser Rechtswahl - kaum spezifische Gründe für ein kirchenspezifisches Dienstverhältnis geben. Wenn es denn eine solche gäbe, dann müsste das doch wesentlich ausführlicher und umfangreicher begründet werden können.
In Rd.Nr 282 schreibt das Gericht (Zitat)
Ferner ist nicht ersichtlich, dass das Bundesarbeitsgericht die Aufgabe der Vertretung des Beschwerdeführers nach außen, aus der es zuvor unter anderem den direkten Zusammenhang zwischen der beruflichen Anforderung der Kirchenmitgliedschaft und der ausgeschriebenen Tätigkeit abgeleitet hatte, angemessen gewichtet hat. Es findet zum einen keine eingehendere Auseinandersetzung damit statt, inwieweit ein einzustellender Referent der Kritik beteiligter Organisationen, insbesondere an der kirchlichen Einstellungspolitik, glaubwürdig allein mit fundierten rechtlichen Kenntnissen, etwa des kirchlichen Arbeitsrechts, entgegentreten kann. Zum anderen wird seitens des Bundesarbeitsgerichts nicht hinreichend in die Abwägung einbezogen, dass der Beschwerdeführer an dieser Stelle eine glaubwürdige und nach außen hin authentische Vertretung der eigenen Position anstrebt, die er an der Kirchenzugehörigkeit festmacht.
Entschuldigung - aber was hier gefordert wird - eine glaubwürdige und auch nach außen hin authentische Vertretung der der instituionellen Position - ist Standard in den öffentlichen und kirchlichen Verwaltungen unseres Landes. Auch der kleinste Sachbearbeiter ist gehalten, die Positionen seiner jeweiligen Behörde zu vertreten, auch wenn er im Einzelfall anderer Auffassung sein mag. Er kann nicht seine eigene persönliche Auffassung an die Stelle der behördlichen Position setzen, die durch Dienstanweisungen, Rundschreiben und Ähnliches dokumentiert ist. Der Sachbearbeiter etwa im Grundsteueramt muss die entsprechenden Steuerbescheide erlassen und durchsetzen, auch wenn er sie persönlich im Einzelfall oder sogar generell für unverhältnismäßig oder gar rechtswidrig hält.
Und auch, wenn dem Gericht die Praxis der öffentichen und kirchlichen Verwaltungen fremd ist: es sollte aus seiner eigenen Erfahrung wissen, dass Rechsanwälte und Volljuristen die Interessen ihrer Mandanten zu vertreten haben, selbst wenn sie mit deren Handlungen und sogar deren Rechtsauffassungen nicht konform sind.
Es gibt mit Sicherheit, um ein konkretes Beispiel zu nennen, Atheisten, die Abtreibung für ein Verbrechen an den schutzbedürftigsten menschlichen Wesen halten und damit voll inhaltlich mit den Vorstellungen etwa der katholischen Kirche übereinstimmen. Ist es dann nachvollziehbar, die Aufnahme entsprechender Tätigkeiten am kirchlichen Taufakt fest zu machen?
Andererseits gibt es - auch und gerade im kirchlichen Bereich - mehr als genug Kirchenangehörige, die mit einzelnen oder mehreren Positionen der "Amtskirche" nicht überein stimmen. Diese Personen könnten also problemlos die ausgeschriebene Tätigkeit wahrnehmen?

Lassen sie es uns auf den Punkt bringen: Die rein formale Kirchengliedschaft sagt zur glaubwürdigen Vertretung kirchlicher Positionen nichts, absolut nichts aus. Wer die Aufnahme entsprechender Tätigkeiten vom "Mitgliedsbuch" abhängig macht, von der Taufe des Kleinkindes und dem - mangels inhaltlicher Auseinandersetzung lediglich unterlassenen - Kirchenaustritt, hängt einem völlig veralteten und nicht nachvollziehbaren Kirchenbild an. Glaubwürdige und authentische Vertretung verlangt etwas ganz anderes als eine rein formale Papierbescheinigung.
Aber, liebe kirchliche Institutionen, bleibt weiter auf Eurem formalen "Kirchensteuerzahler-Trip". Wenn es dabei bleibt, werden hunderte von kirchlichen Einrichtungen mangels Personal nicht mehr betrieben werden können und schließen müssen.Der "barmherzige Samariter" hat also bei der Diakonie keine Chance. Er gehört der "falschen Fraktion" an.
Vielleicht hat wenigstens die Caritas die Zeichen der Zeit erkannt - und trägt dazu bei, dass der evangelische Christ ein besserer Protestant, der katholische Christ ein besserer Katholik, der Muslim ein besserer Muslim und der Humanist ein besserer Humanist wird.

§ BVerfG: in unserm Staat sind alle gleich, bloß d'Kirch gehört zum Himmelreich

und steht deshalb außerhalb der Rechtsordnung. So möchte ich als erste Reaktion die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes kommentieren.
Beschluss vom 29. September 2025

Leitsätze zum Beschluss des Zweiten Senats vom 29. September 2025

- 2 BvR 934/19 -

Kirchenmitgliedschaft als Einstellungsvoraussetzung

1. Das Bundesverfassungsgericht prüft innerstaatliches Recht und dessen Anwendung grundsätzlich auch dann am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, wenn es im Anwendungsbereich des Unionsrechts liegt, durch dieses aber nicht vollständig determiniert ist. Die hier maßgeblichen Normen der Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Reichweite des religiösen Selbstbestimmungsrechts im Bereich des religiösen Arbeitsrechts belassen den Mitgliedstaaten bei ihrer Durchführung Gestaltungsspielräume. Innerhalb des vom unionalen Fachrecht in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union vorgegebenen Rahmens indizieren diese Gestaltungsspielräume Grundrechts-pluralität. In der Folge kann es angesichts der unterschiedlichen religionsverfassungsrechtlichen Verhältnisse in den Mitgliedstaaten zu voneinander abweichenden Wertungen bei der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter im Bereich des religiösen Arbeitsrechts kommen.

2. Das religiöse Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV umfasst alle Maßnahmen, die der Sicherstellung der religiösen Dimension des Wirkens und der Wahrung der unmittelbaren Beziehung der Tätigkeit zum Grundauftrag der Religionsgemeinschaft dienen. Darunter fällt auch die rechtliche Vorsorge für die Wahrnehmung kirchlicher Dienste durch die Auswahl der Arbeitnehmer und den Abschluss entsprechender Arbeitsverträge.

3. a) Die bindenden Anforderungen von Art. 4 Abs. 2 Gleichbehandlungsrichtlinie in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union lassen sich über eine unionsrechtskonforme Auslegung der einschlägigen nationalen Bestimmungen umsetzen. Dies führt zu einer Konkretisierung der bisherigen verfassungsgerichtlichen Maßstäbe für die Zweistufenprüfung auf der Ebene der Beschränkung des religiösen Selbstbestimmungsrechts.

b) Die erste Stufe der Schrankenziehung erfährt insoweit eine Schärfung, als ausgehend vom Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft eine wirksame gerichtliche Kontrolle dahingehend erfolgt, inwieweit sich aus der Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung objektiv ein direkter Zusammenhang zwischen der aufgestellten beruflichen Anforderung – hier der Kirchenmitgliedschaft – und der fraglichen Tätigkeit ergibt. Der Religionsgemeinschaft obliegt es, diesen Zusammenhang für die konkret betroffene Tätigkeit im Hinblick auf ihr religiöses Selbstverständnis plausibel darzulegen.

c) Die auf der zweiten Stufe erfolgende Gesamtabwägung der betroffenen rechtlichen Belange erfährt eine Konturierung dahingehend, dass die in Rede stehende berufliche Anforderung im Hinblick auf die konkrete Tätigkeit für die Wahrung des religiösen Selbstverständnisses verhältnismäßig sein muss. Dies lässt es – im Einklang mit der Offenheit des Unionsrechts für die unterschiedlichen grundrechtlichen Wertungen der Mitgliedstaaten – weiterhin zu, dem religiösen Selbstverständnis aufgrund seiner Nähe zum vorbehaltlos gewährten Recht auf korporative Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) ein besonderes Gewicht beizumessen.

d) Je größer die Bedeutung der betroffenen Position für die religiöse Identität der Religionsgemeinschaft nach innen oder außen, desto mehr Gewicht besitzt dieser Umstand und ein daraus abgeleitetes Erfordernis der Kirchenmitgliedschaft. Je weniger Relevanz die jeweilige Position für die Verwirklichung des religiösen Ethos hat, desto eher wird dem Diskriminierungsschutz der Vorzug zu geben sein. Dessen hoher verfassungsrechtlicher Bedeutung ist bei der Abwägung durch die Gerichte Rechnung zu tragen.

4. Im Hinblick auf die Reichweite des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften im Bereich des Arbeitsrechts bestehen keine unüberwindbaren Widersprüche zwischen dem nationalen Verfassungsrecht und dem Unionsrecht.

Im Einklang mit den einschlägigen Gewährleistungen der Grundrechtecharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention unterscheiden Verfassungsrecht wie Unionsrecht grundsätzlich zwischen einer unzulässigen theologischen Bewertung des religiösen Ethos durch die staatlichen Gerichte einerseits und der rechtsstaatlichen Beschränkung der Durchsetzung des religiösen Selbstbestimmungsrechts im Bereich des staatlichen (Gleichbehandlungs-)Rechts andererseits.

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 934/19 -

Erste Pressemeldungen:
Domradio: Selbstbestimmungsrecht gestärkt
FAZ: Diakonie durfte konfessionslose Bewerberin ablehnen (Bericht)
FAZ: Karlsruhe gibt dem Bundesarbeitsgericht Nachhilfe (Kommentar)
FAZ: Diakonie durfte konfessionslose Bewerberin ablehnen (Kopie)
katholisch.de: Bundesverfassungsgericht stärkt Arbeitsrecht der Kirchen
katholisch.de: Deutsche Bischöfe - Urteil aus Karlsruhe stärkt Selbstbestimmungsrecht
SPIEGEL: Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte der Kirche in arbeitsrechtlichem Streit
Süddeutsche Zeitung: Bundesverfassungsgericht stärkt kirchliches Arbeitsrecht
Tagesschau: Kirchen dürfen Bewerbungen an Konfession knüpfen
ZDF Heute: Verfassungsgericht stärkt Rechte kirchlicher Arbeitgeber
DIE ZEIT: Religiöse Arbeitgeber dürfen Kirchenzugehörigkeit verlangen

BVerfG zu konfessionsloser Bewerberin: Der Fall Egen­berger vor der Ent­schei­dung

Heute steht eine wichtige Entscheidung an, Verfassungsbeschwerde der Diakonie gegen eine Entscheidung des EuGH aus 2018 zur Klage von Vera Egenberger . Wir sind gespannt und werden Stellung nehmen!
Die Legal Tribune Online (LTO) berichtet:
Eine konfessionslose Sozialpädagogin bewarb sich erfolglos bei der Diakonie. Nach vielen Verfahren stehen nun die Rechtsprechung von EuGH und BAG gegen das BVerfG. Das verkündet nun seine Entscheidung.

"Egenberger" - das ist mittlerweile ein Fachwort im kirchlichen Arbeitsrecht. Es ist der Name einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die das kirchliche Arbeitsrecht bereits maßgeblich verändert hat (Urt. v. 17.04.2018, Az. C-414/16). Und es ist der Nachname von Vera Egenberger, einer inzwischen 63-jährige Sozialpädagogin, die dieses Urteil erstritten hat. Seit sechs Jahren ist das Verfahren am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig. Am Donnerstag wird der zweite Senat seine Entscheidung auf die Verfassungsbeschwerde der Diakonie verkünden (Az. 2 BvR 934/19).

Dann wird das BVerfG entweder seine Rechtsprechung der des EuGH angleichen. Oder es wird das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung manifestieren – und sich damit erneut in Divergenz zum EuGH setzen. Aber dazu später mehr.
...
Unsere Meinung haben wir schon öfter deutlich gemacht:
Das Recht der Kirchen, zur Selbstordnung und Selbstverwaltung (nicht Selbstbestimmung) besteht nur für die eigenen Angelegenheiten und auch nur in den Schranken der für alle geltenden Gesetze.

Man kann schon in Zweifel stellen, ob Diskriminierung von Persinen, die der jeweiligen Kirche nicht angehören, eine eigene Angelegenheit der jeweiligen Kirche ist und nicht auch Personen betrifft, die eben gerade dieser Kirche nicht angehören. Deutlich wird das in den (hier nicht einschlägigen) Konkordatsverträgen mit der katholischen Kirche, in denen der Kirche nur eine Rechtssetzungsbefugnis für die eigenen Mitglieder zugestanden ist.
Die Anwendung des weltlichen Arbeitsvertragsrechts ist letzendlich eine Rechtswahl der Kirchen selbst - wenn sie sich dafür entscheiden und von kircheneigenen Regelungen wie Ordensmitgliedschaften absehen, dann beanspruchen sie letztendlich keine eigene Regelungsbefugnis sondern unterwerfen sich dem für alle geltenden Arbeitsrecht.

Sicher wird das aber beim europarechtlich einheitlich geregelten Diskriminierungsverbot, das - auch in streng katholischen Ländern wie Irland, Italien oder Polen - eine Diskriminierung aus religiösen Gründen verbietet. Und niemand hat uns bisher erklären sollen, wieso das einheitliche europäische Recht nicht zu den "für alle geltenden Gesetzen" gehören soll.
Klar ist jedenfalls, dass im Zweifel zwischen der umsetzenden nationalen Rechtsnorm (AGG) und der grundlegenden europäischen Rechtsnorm die dem EU-Recht konforme Interpretation zu wählen ist. Das verlangt schon das Interesse am Erhalt der (untergeordneten) nationalen Umsetzungsvorschrift.

weitere Meldungen:
Bundesverfassungsgericht (Terminvorschau):
Aktenzeichen: 2 BvR 934/19
Kurzbeschreibung des Verfahrensgegenstandes: Verfassungsbeschwerde eines kirchlichen Vereins gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. In der Entscheidung – der eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union vorausgegangen war – hat das Bundesarbeitsgericht den Beschwerdeführer zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, weil er eine konfessionslose Bewerberin für eine ausgeschriebene Referentenstelle nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und diese so aus Gründen der Religion benachteiligt habe.
Vorausgegangene fachgerichtliche Entscheidung: Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 -
Voraussichtlicher Veröffentlichungstermin: 23. Oktober 2025
Bundesverfassungsgericht "Geplante Entscheidungen 2025 Zweiter Senat":
Berichterstatterin: BVRin Prof. Dr. Langenfeld
Aktenzeichen: 2 BvR 934/19
Verfassungsbeschwerde eines kirchlichen Vereins gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. In der Entscheidung – der eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union vorausgegangen war – hat das Bundesarbeitsgericht den Beschwerdeführer zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, weil er eine konfessionslose Bewerberin für eine ausgeschriebene Referentenstelle nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und diese so aus Gründen der Religion benachteiligt habe.

Verfassungsblog 03. Mai 2019: Heiko Sauer Kirchliche Selbst­bestimmung und deutsche Verfassungs­identität: Überlegungen zum Fall „Egenberger“
Hans-Böckler-Stiftung Ausgabe 02/2023: „Ein Arbeitsvertrag ist eine weltliche Angelegenheit“
Süddeutsche Zeitung 21. Oktober 2025, 14:54 Uhr: Akzeptiert Karlsruhe ein Sonderrecht für Kirchen?
evangelisch.de, 22.10.2025: BVerfG-Urteil erwartet - Was dürfen Kirchen im Job verlangen?
Tagesschau Stand: 23.10.2025 03:10 Uhr: Arbeit für die Kirche - Auch ohne Kirchenmitgliedschaft?

Montag, 13. Oktober 2025

§ - Zwangsmitgliedschaft in einem System des Dritten Weges - schließt das einen Anwendungstarifvertrag aus?

Mit einer interessanten Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht im Juli 2025 befasst. Denn grundsätzlich gilt ja, dass die Mitgliedschaft in einer Koalition - sei es auf Mitarbeiterseite wie auch auf Arbeitgeberseite - freiwillig sein muss. Es gibt nun einmal die verfassungsrechtlich garantierte Koalitionsfreiheit, die auch die "negative Koalitionsfreiheit " - also das Recht, eben nicht Mitglied werden zu müssen, einschließt. Nur solche freiwilligen Koalitionen sind berechtigt und fähig, einen Tarifvertrag zu schließen.
Das System des "Dritten Weges" schließt aber den kirchenrechtlichen Zwang zur Anwendung mit ein. Das ergibt sich letztendlich aus der Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GrO). Die einem Bischof kirchenrechtlich untergeordneten kirchlichen Rechtsträger sind aufgrund dieses bischöflichen Gesetzes kirchenrechtlich verpflichtet, die Regelungen des "Dritten Weges" für sich anzuwenden. *)

Unsere Veröffentlichung vom gestrigen Freitag hat nun zu Rückfragen geführt, ob denn der Vorschlag "identische Regelungen von AVR Caritas und TVöD anstatt über einseitige "Allgemeine Geschäftsbedingungen" als "beiderseitige Vereinbarung" (Stichwort: Anwendungstarifvertrag) miteinander zu koppeln" überhaupt mit dem Gedanken der Koalitionsfreiheit vereinbar und damit auch rechtswirksam wäre. Denn eine solche Vereinbarung - etwa durch einen Bischof geschlossen - oder gar eine kirchengesetzliche Regelung würde für alle diesem Bischof kirchenrechtlich unterstehenden kirchlichen Rechtsträger gelten, und das nicht etwa freiwillig, sondern verpflichtend.

Wir haben bisher argumentiert, dass Caritas und Kirche - soweit sie eben in einem auch kirchenrechtlichen Beherrschungsverhältnis stehen - einen Konzern darstellen. Es besteht ein rechtliches Abhängigkeits- und Unterordnungsverhältnis, wobei es völlig egal ist, auf welcher Rechtsgrundlage dieses Verhältnis beruht. Das kann eine gesetzliche oder auch eine vertragliche Regelung sein - oder eben auch eine kirchenrechtliche Bestimmung, wie etwa die kirchliche Stiftungsaufsicht über die dem Bischof unterstehenden kirchlichen Stiftungen (vgl. BayStiftG i.V. KiStiftO). Wer bis hin zu persönlichen Loyalitätspflichten der Mitarbeitenden Anordnungen treffen kann, wer den Abschluss von Tarifverträgen untersagen kann - der kann genauso auch Tarifverträge abschließen oder zumindest deren Abschluss zulassen.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun in seinem Urteil vom 31. Juli 2025 – 6 AZR 172/24 – einen weiteren Weg gefunden. Auf die im genannten Fall vorliegende Zwangsmitgliedschaft im DDN und die daraus begründeten Zweifel an der Tariffähigkeit des auf Arbeitgeberseite beteiligten DDN und damit an der Wirksamkeit des TV DN kommt es nicht an. Denn "ist ... aus Anlass des Betriebsübergangs ua. von der Beklagten sowie der Gewerkschaft ver.di, deren Mitglied die Klägerin ist, ein Überleitungstarifvertrag geschlossen worden, der (hier in § 3) bestimmt, dass auf die übergehenden Arbeitsverhältnisse ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs die Bestimmungen des TV DN in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden" - dann braucht das Gericht "nicht mehr über die Frage der Tariffähigkeit" (der Partei, die einen anzuwendenden Tarifvertrag geschlossen hat, hier des DDN) befinden. Denn damit gilt:
Nimmt ein Tarifvertrag auf einen anderen Tarifvertrag Bezug, werden die Regelungen des in Bezug genommenen Tarifvertrags inkorporierter Teil des verweisenden Tarifvertrags. Als solcher gelten sie unmittelbar und zwingend zwischen den an den Verweisungstarifvertrag gebundenen Parteien eines Arbeitsvertrags. Das gilt auch für den Fall, dass am Abschluss des in Bezug genommenen Tarifvertrags eine nicht tariffähige Partei beteiligt gewesen sein sollte.


*)
Die dem Vatikan unterstehenden Gemeinschaften päpstlichen Rechts (also vereinfacht die international tätigen Orden) können dagegen durch einen bischöflichen Rechtsetzungsakt nicht verpflichtet werden. Sie können aber freiwillig an einem der Systeme des "Dritten Weges" partizipieren und sich damit auch einem dort abgeschlossenen Anwendungstarifvertrag unterwerfen, oder für sich - wie es im universellen Kirchenrecht auch vorgeschrieben wäre - den "Zweiten Weg" anwenden und selbst Tarifverträge mit Gewerkschaften schließen.

Freitag, 10. Oktober 2025

AVR Caritas: 2027 - Angleichung an den TVöD

Wer bisher neu mit der AVR Caritas zu tun hatte, ist an dem Werk mit einem Allgemeinen Teil und über 30 Anlagen erst einmal verzweifelt. Da erreicht uns nun folgende Nachricht:
Es ist beschlossen! Die Neufassung der AVR Caritas treten am 1. Januar 2027 in Kraft. Das Projekt war zunächst bekannt als „Anlage-2-Reform“. Es geht jedoch um viel mehr: Die Reform bedeutet auch einen grundsätzlich neuen Aufbau der AVR.
Wir erklären, was sich ändert und wie das neue Tarifwerk der Caritas demnächst aussieht. Alle Informationen - auch schon den vollständigen Text der AVR 2027 - gibt es auf www.akmas.de/avr2027
(Quellen: u.a. Kollege Fikret Alabas auf Facebook)
Soweit wie wir das verstanden haben, werden Mitarbeitende, die bisher unter die Anlagen 2, 2d, 2e gefallen sind, die Gelegenheit erhalten, stattdessen die am TVöD orientierte AVR 2027 arbeitsvertraglich zugrunde zu legen. Dazu bedarf es einer individuellen arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Denn die AVR Caritas sind "Allgemeine Geschäftsbedingungen" (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, wir berichteten). Da diese Regelungen nur aufgrund ausdrücklicher arbeitsvertraglicher Vereinbarungen zur Grundlage des Arbeitsvretrages werden, muß die Anwendung neuer Regelungen auch ausdrücklich einzelvertraglich vereinbart werden (so schon Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. März 2012 - Az: 9 Sa 627/11 - vgl. sogar bei einem Betriebsübergang: BAG 6 AZR 683/16 und 6 AZR 684/16).

Wenn das mit der Angleichung an den TVöD tatsächlich so ist, dann wäre es ein Meilenstein in der Entwicklung hin zu einem Allgemein Verbindlichen Tarifvertrag - und damit auf dem Weg zum Ende der Schmutzkonkurrenz in der Branche. Denn es wäre dann kein Problem mehr, identische Regelungen von AVR Caritas und TVöD anstatt über einseitige "Allgemeine Geschäftsbedingungen" als "beiderseitige Vereinbarung" (Stichwort: Anwendungstarifvertrag) miteinander zu koppeln.
Ein Weg, den wir schon vor Jahren für die Vergütungsautomatik der Bayerischen Regional-KODA vorgeschlagen haben.
Das macht die Arbeitsrechtlichen Kommissionen nicht überflüssig - im Gegenteil: damit wird der Weg zu kirchenspezifischen Regelungen geöffnet, die etwa für besondere kirchliche Berufsgruppen (im Bereich von Liturgie und Verkündigung) auch weiterhin benötigt werden. Und ganz nebenbei kann dann auch das "kirchenspezifische" einer echten kirchlichen Einrichtung besser herausgearbeitet werden als jetzt - wo sich die ARK Caritas im Streit um die Übernahme der Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes erschöpft und sich die Caritas-Einrichtungen ansonsten nicht im Geringsten (nicht einmal durch eine Hauskapelle, denn die gibt es fast überall) von den "weltlichen Einrichtungen" der gleichen Branche unterscheiden.

Neues Material für die MAVen in Bayern

Die MAV-Broschüre und das Plakat, Solidarität ist unsere Stärke, stehen unten zum Download bereit. Die gedruckte Fassung kann bei euren Geschwerkschaftssekretär*innen bezogen werden. Das Plakat in A3 ist in der gedruckten Fassung enthalten.
berichtet unsere ver.di (Fachbereich C) aus Bayern. Das Material ist zwar speziell zu den Wahlen für die Mitarbeitervertretungen nach MVG-EKD 2026 erstellt worden - aber viele der Vorlagen sind auch gut für die MAVen nach MAVO verwendbar.
Unsere KollegInnen von Diakonie und evangelischer Kirche zeigen mal wieder, wie ver.di auch die MAV-Arbeit unterstützen kann.

Unser Tip: anschauen, was gut ist weiter verbreiten - und wenn man was abändern muss, dann zu Euren örtlichen ver.di Sekretären gehen (ihr kennt die ja alle), und gemeinsam Verbesserungen für MAVen nach MAVO erarbeiten.

Donnerstag, 9. Oktober 2025

Wie angekündigt: Erstes offizielles Lehrschreiben von Papst Leo XIV. veröffentlicht - Darin übernimmt er Kapitalismuskritik seines Vorgängers Franziskus

berichtet katholisch.de und führt aus:
Vatikanstadt ‐ Vor fünf Monaten wurde Papst Leo XIV. gewählt. Nun hat er sein erstes offizielles Lehrschreiben veröffentlicht. Thema ist der Einsatz der Kirche für die Armen. Der Text hat es in sich.
" ...
Das Lehrschreiben mit dem Titel "Dilexi te" (Ich habe dich geliebt) wurde vom Papst als "Apostolische Exhortation" unterzeichnet. Es steht damit vom Grad der Verbindlichkeit eine Stufe unterhalb einer Enzyklika (Rundschreiben), ist aber ebenfalls eine weltweit zu verbreitende Äußerung des kirchlichen Lehramts." (so katholisch.de, wobei wir bereits darauf hingewiesen haben, dass sich eine Exhoration vor allem an einen innerkirchlichen Addressatenkreis gerichtet ist, also auch wenigre Personen ansprich als eine Enzyklika.
Der Wortlaut der Apostolische Exhortation „Dilexi te“ von Leo XIV. ist von Radio Vatikan hier veröffentlicht. Im Kapitel IV: "Eine Geschichte, die weitergeht" geht der Papst dann auch auf das Jahrhundert der Soziallehre der Kirche ein.
...
82. ... Die Arbeiter-, Frauen- und Jugendbewegungen sowie der Kampf gegen rassistische Diskriminierung haben zu einem neuen Bewusstsein für die Würde derjenigen beigetragen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Auch der Beitrag der Soziallehre der Kirche hat diese Wurzeln im Volk, die nicht vergessen werden dürfen: Ihre Neuauslegung der christlichen Offenbarung unter den modernen Gesellschafts-, Arbeits-, Wirtschafts- und kulturellen Verhältnissen wäre ohne die Laien undenkbar, die es mit den Herausforderungen ihrer Zeit zu tun hatten. ...
Die Arbeiter-, Frauen- und Jugendbewegungen sowie der Kampf gegen rassistische Diskriminierung haben zu einem neuen Bewusstsein für die Würde derjenigen beigetragen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Auch der Beitrag der Soziallehre der Kirche hat diese Wurzeln im Volk, die nicht vergessen werden dürfen: Ihre Neuauslegung der christlichen Offenbarung unter den modernen Gesellschafts-, Arbeits-, Wirtschafts- und kulturellen Verhältnissen wäre ohne die Laien undenkbar, die es mit den Herausforderungen ihrer Zeit zu tun hatten. ...
83. Das Lehramt der letzten 150 Jahre bietet eine wahre Fundgrube wertvoller Lehren ...
Leo zitiert hier und nachfolgend Enzykliken, auf die wir auch gerne und immer wieder verweisen. So auf die Enzyklika "Mater et magistra" mit dem klaren Bekenntnis zur Gewerkschaftsoption und zum Tarifvertrag. Auch auf "Laborem exercens" von Johannes Paul II. wird ausdrücklich Bezug genommen (Nr. 87) und auf die Enzyklika "Caritas in veritate" von Benedikt XVI., die wir ebenfalls schon analysiert haben.
Aber die ganzen Bezüge werden nichts ändern: die deutsche katholische Kirche bleibt in ihrem gewerkaschaftsfeindlichen Holzweg gefangen. Sie "verharrt im Irrtum" und ist offenbar selbst nicht mehr zur Änderung ihrer Einstellung in der Lage.


Nachtrag - erste Medienberichte:
news.de: Katholische Kirche: Leo XIV. auf Franziskus' Spuren - Papst mahnt Einsatz für Arme an
NZZ: Wider die «Diktatur einer Wirtschaft, die tötet»: Papst Leo XIV. legt sein erstes Lehrschreiben vor
Tagesschau: Absage an Abschottung und Egoismus - Scharfe Kritik an Kapitalismus und sozialer Ungleichheit: Papst Leo XIV. wird in seinem ersten Lehrschreiben deutlich. Und erinnert damit an seinen Vorgänger.
ZDF heute: Papst Leo: Kirche immer an der Seite der Armen

Und wieder einmal Lippstadt - und eine Nachricht aus Chemnitz / Agaplesion:

mit einem
Preisrätsel nimmt sich Tom Körner in der neuen Ausgabe der Fachbereichtsbeilage "Mittendrin"
unserer ver.di, Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft dem Thema an

Vor wenigen Tagen wurde dann auch der aktuelle Stand der Petition zum Thema bekannt gegeben:
Mit einer Petition unterstützen 288.000 den Widerstand des Chefarztes.


Ver.di informiert weiter über die Blüten einer unsozial auftretenden kirchlichen Klinik:
Welche Blüten die Selbstherrlichkeit kirchlicher Arbeitgeber treibt, zeigt die Streichung der halben Sonderzahlung in der Agaplesion-Klinik Chemnitz.

Verbissen verteidigen viele kirchliche Arbeitgeber den sogenannten Dritten Weg kircheninterner Lohnfindung. Vermutlich geht es ihnen dabei weniger um christliche Werte als vielmehr darum, Betriebsrisiken auf Beschäftigte abzuwälzen. Welche Blüten diese Selbstherrlichkeit treibt, zeigt sich aktuell in den Zeisigwaldkliniken Bethanien in Chemnitz, die zum evangelischen Agaplesion-Konzern gehören. Die Klinikleitung strich den Beschäftigten kurzerhand die zweite Hälfte der Sonderzahlung – und teilte ihnen das nur zwölf Tage vor dem Auszahlungstermin im Juni mit. Für Beschäftigte, die ihre geplante Urlaubsreise deshalb nicht antreten können, ist das bitter. Zumal sie ohnehin keine Inflationsausgleichszahlung erhalten haben und bis zu 15 Prozent weniger verdienen als ihre Kolleg*innen bei Agaplesion in Hamburg, wo der ver.di-Tarifvertrag KTD gilt.

Die Geschäftsführung gleicht mit der Streichung der Sonderzahlung – von der leitende Angestellte und Chefärzt*innen übrigens ausgenommen sind – den Verlust des vergangenen Jahres aus. Schlicht unverschämt ist das, wenn man sich die längerfristige Bilanz anschaut: Zwischen 2005 und 2023 erzielte das evangelisch-methodistische Krankenhaus einen kumulierten Überschuss von mehr als 40 Millionen Euro. Gewinne einheimsen und Verluste von schlecht verdienenden Beschäftigten ausgleichen lassen – hätte Jesus das auch so gemacht? Voll daneben!
In dem Zusammenhang dann der Blick auf die vom Agaplesion-Konzern selbst veröffentlichen Geschäftsberichte 2023/2024 und 2024/2025. Danach wird alleine im vorletzten Geschäftsbericht auf Seite 65 ein Bilanzgewinn von knapp 41 Mio. Euro ausgewiesen . ein Betrag, der sich im letzten Geschäftsbericht auf 41,6 Mio. Euro erhöhte (S. 55).

Nun ist es bekanntlich so, dass gute Bilanzbuchhalter und Steuerberater alleine mit Abschreibungen und Investitionen sowie Übernahmen einen kräftigen Reakgewinn auch in einen buchhalterischen Verlust umrechnen können."Traue keiner Bilanz, die Du nicht selbst gefälscht hast" ist ein geflügeltes Wort unter den Finanzfachleuten. Wir haben nicht die Möglichkeit, selbst eine seriöse und umfassende Bilanzanalyse vorzunehmen. Wir haben daher etwas nach den Bewertungen von ausgewiesenen Fachmedien gesucht. Und wir haben uns bemüht, dabei unterschiedliche Analysten zu zitieren und eine Entwicklung aufzuzeigen:

BibliomedManager schrieb im Juli 2024:
Agaplesion hat seinen Geschäftsbericht 2023 veröffentlicht. Demnach schließt der christliche Gesundheitskonzern das Geschäftsjahr 2023 mit einem Jahresüberschuss von 0,8 Millionen Euro ab. Die Umsatzerlöse belaufen sich auf 1.805,4 Millionen Euro und sind im Vergleich zum Vorjahr um 38,5 Millionen Euro gestiegen (+2,2 Prozent).
...
kmo online schrieb im Februar 2025:
Nach einem Ertragseinbruch im Jahr 2023 erwartet Agaplesion für 2024 ein negatives Ergebnis. Trotzdem bleiben die Aussichten positiv: Der Cashflow ist stabil, der Konzern solide finanziert. Zudem dürften weitere Übernahmen anstehen.
...
Aufgrund des positiven Ergebnisses bleibt die Bilanz weiterhin sehr solide. Die Bilanzsumme sank von 1,71 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 1,64 Milliarden Euro, hauptsächlich durch eine deutliche Reduktion des kurzfristigen Vermögens. Dadurch erhöhte sich die Eigenkapitalquote von 26 auf 27 Prozent. 27 Prozent des Vermögens waren durch Fördermittel (2021 waren es 28 Prozent) und unverändert 25 Prozent durch Banken finanziert.
Der Anteil der Liquidität am Vermögen sank von zehn auf acht Prozent, was auf hohe eigenfinanzierte Investitionen von 72 Millionen Euro zurückzuführen ist. Diese Investitionen überstiegen den Cashflow von 45 Millionen Euro (2022: 35 Millionen Euro) deutlich, wodurch die Liquidität gegenüber Ende 2022 um 38 Millionen Euro sank.
...
Dennoch bleiben die Perspektiven des Unternehmens positiv. Mit einem Umsatzvolumen von etwa 1,8 Milliarden Euro ist das Unternehmen groß, die Bilanz ist sehr solide und die Ertrags- und Finanzlage ist trotz der widrigen Marktverhältnisse positiv. Zudem wird erwartet, dass erhebliche Synergiepotenziale im Klinikverbund schlummern. Angesichts der anhaltend schwierigen Marktbedingungen ist davon auszugehen, dass immer mehr konfessionelle Kliniken und Pflegeheime unter das Dach der Agaplesion schlüpfen werden.

Care Invest analysiert im Juli dieses Jahres:
Der größte evangelische Gesundheitskonzern hat sein Geschäftsjahr 2024 mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 5,2 Millionen Euro abgeschlossen. Im Vorjahr waren es 800.000 Euro.

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Meldungen aus der niedersächsischen Diakonie

Dass auch Tarifverträge nicht dazu führen, dass den Mitarbeitenden die Ernte in den Schoß fällt, zeigt die niedersächsische Diakonie. Auch beim sogenannten "zweiten Weg" muß manchmal um gute Regelungen gerungen werden - aber da dürfen es die Mitarbeitenden wenigstens, im Gegensatz zum sogenannten "Dritten Weg", wo das "kollektive Betteln" (BAG-Urteil) durch wenige Verhandlungsführer nicht zur Augenhöhe beiträgt. Bei facebook wird dazu geschrieben:
📣 Klare Botschaften aus der Diakonie!
🗯 In Niedersachsen machen Beschäftigte der Diakonie laut und deutlich klar: Wir erwarten endlich ein faires Tarifangebot! Mit Sprachnachrichten und Protestaktionen machen unsere Kolleg*innen Druck in den laufenden Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Diakonische Dienstgeber Niedersachsens (DDN).
🤬 Statt Wertschätzung hat der Arbeitgeberverband bisher nur ein Angebot vorgelegt, das weit hinter der Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes zurückbleibt. Darin enthalten: Mini-Erhöhungen über drei Jahre – und sogar Kürzungen bei Zuschlägen...
💬 „Zu spät, zu wenig – und auch noch mit Verschlechterungen verknüpft“, bringt ver.di-Verhandlungsführerin Annette Klausing es auf den Punkt.
‼ Die Botschaft der Beschäftigten ist klar: Gute Pflege, Betreuung und soziale Arbeit gibt’s nur mit guter Bezahlung. Wer will, dass Menschen bleiben, muss endlich handeln – nicht kürzen!
Mehr Information gibt es im Internet: Klare Botschaften - Beschäftigte der niedersächsischen Diakonie machen mit Sprachnachrichten und Protesten deutlich, dass sie ein ordentliches Tarifangebot erwarten.

Samstag, 4. Oktober 2025

Fünf Jahre Enzyklika „Fratelli tutti“ - Vorankündigung: Erstes Lehrschreiben des Papstes wird am Donnerstag veröffentlicht

Die Kirche feiert an diesem Samstag das Fest des hl. Franz von Assisi. Leos Vorgänger Franziskus hat an einem 4. Oktober – und zwar im Jahr 2020, bei einem Besuch in Assisi – seine Enzyklika „Fratelli tutti“ unterzeichnet (wir berichteten). Vielleicht sollten wir wieder einmal daran erinnern.

Wir möchten mit unseren Blogbeitrag heute Abend aber unser Augenmerk auf ein Ereignis der kommenden Woche richten:
Wie Radio Vatikan mitteilt, hat der Papst ein Lehrschreiben zum Thema Armut unterzeichnet:
Der Papst wird am Donnerstag nächster Woche erstmals nach seiner Wahl ein größeres Lehrschreiben veröffentlichen. Es trägt den Titel „Dilexi te“ (dt. Ich habe dich geliebt) und hat die Form einer „Apostolischen Exhortation“ (dt. Ermahnung).
...

„Dilexi te“ wird am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Vatikan vorgestellt, ließ das vatikanische Presseamt an diesem Samstag wissen. Der lateinische Titel bezieht sich offenbar auf ein Zitat aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Inhaltlich geht es in „Dilexi te“ um die Liebe zu den Armen.

Apostolische Exhortationen sind päpstliche Schreiben, denen eine besondere Bedeutung beigemessen wird; anders als Enzykliken richten sie sich in erster Linie an innerkirchliche Adressaten. Häufig haben Papst-Dokumente, die die Ergebnisse von Bischofssynoden zusammenfassen, die Form einer Exhortation.
Das Thema "Armut" betrifft wohl vor allem materielle Fragen. Man kann gespannt sein, was der Papst darin der Kirche ans Herz legt, wo und wie er Anlass zur Ermahnung sieht.
Katholisch.de und "Kirrche und Leben" vermuten:
Seit seiner Wahl am 8. Mai hat sich Papst Leo XIV. eher bedeckt gehalten mit programmatischen Aussagen. Mehrfach hatte er auch angekündigt, dass er zunächst einmal viel zuhören und sich einen Überblick verschaffen wolle. Für Aufsehen sorgte daher Mitte September ein langes Interview mit einigen inhaltlichen Aussagen. Mit großer Spannung erwarten daher viele Beobachter das erste offizielle Lehrschreiben des neuen Kirchenoberhaupts.

Am Mittwoch hatte das Portal "Silere non possum" berichtet, das Schreiben widme sich der Bedeutung der Armen für die Verkündigung und Seelsorge der Kirche. Dem Bericht zufolge werden im Text viele Ideen aufgenommen, die vom ehemaligen Leiter der Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Vincenzo Paglia (80), stammen. (cbr/KNA)
Das Domradio (Kön) scheint einen anderen Kontext zu bevorzugen:
... In diesem Jahr gibt es vom Vatikan zahlreiche Veranstaltungen zum zehnjährigen Jubiläum der Enzyklika "Laudato si", der Umweltenzyklika mit der Papst Franziskus im Juni 2015 einen Schwerpunkt seines Pontifikats gesetzt hatte.

Es steht uns nicht zu, die Gewohnheit vieler Mitglieder des Episkopats zu übernehmen, die erst einmal voller Begeisterung über neue lehramtliche Aussagen aus Rom applaudieren - aber dann doch tun und lassen, was ihnen genehm ist. Die Alpen sind hoch - und Rom ist weit. Wir werden daher diese "Apostolische Exhoration" erst in aller Ruhe prüfen, bevor wir uns dazu äussern. Zumal es sich ja mit einer"Exhoration" um einen innerkirchlichen Adressatenkreis handelt. Und - so scheint die Meinung vieler Vertreter der Amtskirche zu sein - gewerkschaftlich organisierte Mitarbeitende gehören ja nicht zum Kreis der innerkirchlichen Adressaten.
Also, warten wir's ab.