Mit einer Forderung von sieben Prozent mehr Geld im Monat – mindestens aber 300 Euro zusätzlich, um die unteren Lohngruppen zu stärken, starten wir in die Verhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten der Länder. Für Nachwuchskräfte sollen die Vergütungen um 200 Euro pro Monat steigen, zudem wird ihre unbefristete Übernahme nach erfolgreicher Ausbildung gefordert.Quelle und mehr - ver.di
Infoblog für Verdi-Betriebsgruppen in Caritas-Einrichtungen & Interessierte. In Bayern und anderswo.
Dienstag, 18. November 2025
„Der öffentliche Dienst muss attraktiv bleiben!“ - Forderungen zu den Tarifverhandlungen der Länder
Montag, 17. November 2025
Das neue Kircheninfo - Schwerpunkt AVR Diakonie
Das atuelle Kircheninfo befasst sich im Schwerpunkt mit den unterschiedlichen AVR der Diakonie. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil die AVR der Caritas (im Übrigem dem größten Anbieter unter den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden) die tarifvertraglichen Regelungen des TVöD weitgehend übernehmen. Und damit kann man weder der AVR Caritas noch dem TVöD diese Vorwürfe machen, ohne damit zugleich auch unsere ver.di anzugreifen.
Aus katholischer Sicht - und da beziehen wir uns auch auf unseren gestrigen Blogbeitrag - übt die Diakonie hier ein zutiefst undsoziales und unchristliches Verhalten.
Sind AVR-Tarife eigentlich unsozial? Wir sagen: Ja! Ungleichbehandlung und fehlende Beteiligung prägen den »Dritten Weg« in der Diakonie. Ärzt*innen werden bevorteilt, Hilfskräfte schlechter gestellt. Mehr Infos gibt´s hier 👇👇mehr bei ver.di unter https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/kirchliche-betriebe/
Aus katholischer Sicht - und da beziehen wir uns auch auf unseren gestrigen Blogbeitrag - übt die Diakonie hier ein zutiefst undsoziales und unchristliches Verhalten.
In seiner Botschaft zum IX. Welttag der Armen hatte Papst Leo XIV. dazu aufgerufen, die Armen nicht als Randthema, sondern als Herzstück der christlichen Gemeinschaft zu verstehen.
Sonntag, 16. November 2025
Sonntagsnotizen: 60 Jahre "Katakombenpakt" – Eine Frucht des Konzils
die Seite "katholisch.de" befasst sich mit einem eher geheimnisvollen Treffen geistlicher Würdenträger in den Katakomben von Rom:
Vielleicht ist an diesem Sonntag dann auch noch die heutige Botschaft von Papst Leo zum Welttag der Armen eine ergänzende Lektüre in diesem Kontext.
Rom ‐ Er war ein Nebenschauplatz des Zweiten Vatikanischen Konzils. Und doch betraf er eine Kernbotschaft der Kirche: Der "Katakombenpakt" von rund 40 Bischöfen der Weltkirche wies ihr denselben Weg wie zuletzt Papst Franziskus.wir haben diesem faszinierenden Ereignis bereits vor Jahren immer wieder Blogbeiträge gewidment. Sie sind "hier" nachzulesen. Viel Spaß - und gerade die richtige Lektüre an einem grauen Novembersonntag.
"Wie sehr wünsche ich mir eine arme Kirche für die Armen!" Dieser Ausruf aus den ersten Tagen der Amtszeit von Papst Franziskus (2013-2025) hat viele in der Kirche aufgeschreckt. Eine arme Kirche? Bitte nicht! Immer wieder zielte der Papst aus Lateinamerika auf Pomp, Selbstzufriedenheit und Äußerlichkeiten, auf Klerikalismus und auf die Beschäftigung mit sich selbst. ...
Vielleicht ist an diesem Sonntag dann auch noch die heutige Botschaft von Papst Leo zum Welttag der Armen eine ergänzende Lektüre in diesem Kontext.
Montag, 10. November 2025
§ "Lippstadt" geht weiter
Unter der Überschrift "Lippstadt" haben wir schon mehrfach über den Streit zwischen Dr. Volz und der - plötzlich "kirchlich" gewordenen - Klinik über den ärztlichen Leistungsumfang berichtet. Nun erreicht uns dazu folgende Nachricht:
✊ Dr. Volz geht in Berufung! Und wir stehen hinter ihm! 🤝mehr gibt es von ver.di hier nachzulesen:
📣 Lest hier mehr zu den Hintergründen über das von der katholischen Kirche erlassene Verbot medizinisch indizierter Schwangerschaftsabbrüche am Christlichen Klinikum Lippstadt und wieso das Urteil des Arbeitsgericht Hamm die medizinische Grundversorgung in Gefahr bringt.
✍ Unterstützt Dr. Volz und unterzeichnet hier die Petition "Ich bin Arzt & meine Hilfe ist keine Sünde: Stoppt die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen": https://innn.it/keinmord
Kirche gegen Selbstbestimmung
Protest gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen am Klinikum Lippstadt
05.11.2025
Protestwelle gegen das von der katholischen Kirche erlassene Verbot medizinisch indizierter Schwangerschaftsabbrüche am Christlichen Klinikum Lippstadt: Mehr als 290.000 Menschen haben eine Petition zur Unterstützung des Gynäkologen Dr. Joachim Volz unterzeichnet, der für die ärztliche Berufsfreiheit vor Gericht zieht. Am Verhandlungstag zogen rund 2.000 Demonstrierende durch das westfälische Städtchen. Doch das Arbeitsgericht Hamm wies Volz’ Klage in erster Instanz ab und stellte sich auf die Seite des kirchlichen Trägers (Az. 2 Ca 182/25).
...
Dienstag, 4. November 2025
Solidarität mit Daniel Zander! Für Mitbestimmung statt Einschüchterung.
Hallo zusammen,
ein MAV-Kollege ist von Kündigung bedroht.
C. Schmidt von Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen der Diakonie Hessen (GAMAV DH) hat eine Petition gestartet und bittet um Unterzeichnung dieser Petition https://c.org/7vQ6nwqVLV bzw. auch https://www.change.org/p/solidarit%C3%A4t-mit-daniel-f%C3%BCr-mitbestimmung-statt-einsch%C3%BCchterung- dort gibt es auch mehr Informationen zum Fall.
Bitte gerne auch weiterleiten. 🙋♂
Weitere Informationen:
Diakonie Hessen - Geschäftsstelle GAMAV DH
Ederstraße 12
60486 Frankfurt
Fax: 069 – 7947 – 99 62 48
Email: kontakt@gamavdh.de
oder über die Website: www.gamavdh.de
Montag, 3. November 2025
Folgt die Caritas weiter dem öffentlichen Dienst?
Aus der allgemeinen Tarifrunde 2025 der Caritas (Abschluss Juni) sollte noch ein „Teil II“ beschlossen werden: neun Elemente, die im Öffentlichen Dienst erstritten wurden, jedes davon wichtig.das schreibt die Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas auf Facebook.
Nach zwei Verhandlungsterminen wird deutlich, dass sich die Dienstgeberseite der Caritas verweigert, dass sie kein Interesse hat, mit dem Abschluss im Öffentlichen Dienst gleichzuziehen. Ein eigenes Angebot von ihnen liegt nicht vor.
Wie geht es weiter?
Der nächste Verhandlungstermin ist der 28. November 2025. Damit die Bundeskommission am 4. Dezember 2025 entscheiden kann, muss sich die Dienstgeberseite jetzt bewegen!
Wir möchten da eine etwas andere Fragestellung einfügen:
Sind denn die genannten Punkte wie "Aufwertung der Hebammen", "Übernahme von Auszubildenden" oder "Entschädigung bei Ausbildungsfahrten" wirklich kirchenspezifisch? Sind das nicht viel mehr Punkte, mit denen die gesamte Branche zu tun hat? Muss der "Verdrängungswettbewerb" in der Branche wirklich zu Lasten der Beschäftigten geführt werden?
Wir brauchen faire Wettbewerbsregelungen, die aber nicht auf dem Rücken der Mitarbeitenden und zu Lasten der Betreuten und Patienten erstellt werden.
Wir brauchen - um es kurz zu sagen - allgemein verbindliche tarifvertragliche Regelungen, die für die gesamte Branche gelten. Das geht nur mit der Caritas. Und wenn sich die arbeitsrechtliche Kommission mit diesen "weltlichen Fragen" nicht mehr herumschlagen muss - nach dem Motto in der Bayerischen Regionalkoda "wir werden uns nie über die Gehaltshöhe streiten müssen" - dann wird vielleich endlich die Gelegenheit bestehen, das kirchenspezifische, das eine Caritas-Einrichutng in ihrer Qualität auszeichnen müsste, kirchenintern zu regeln.
Mittwoch, 29. Oktober 2025
Nur noch zwei Wochen - Arbeitsgericht Erfurt und Streikrecht
Das Arbeitsgericht Erfurt wird (endlich) über das Hauptsacheverfahren in der Streikunterlassungs-Klage gegen ver.di entscheiden. Zeigt eure Solidarität am 12.11 um 10 Uhr vor dem Gerichtstermin, der um 11 Uhr stattfindet. Wer nicht dabei sein kann, sendet bitte eine kurze Soli-Sprachnachricht an Daniel Wenk (Quelle und Kontaktdaten - WhattsApp "Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte")
Montag, 27. Oktober 2025
§ Urteil Bundesarbeitsgericht: Geschlechtergerechtigkeit gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Bundesarbeitsgericht zu Lohngerechtigkeitberichtet der SPIEGEL.
Frauen müssen sich nicht mit Mittelwert zufriedengeben
Wollen Frauen das Gleiche wie ihre männlichen Kollegen verdienen, dürfen sie sich dabei auch an Topgehältern orientieren, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Geklagt hatte eine Beschäftigte von Daimler Truck.
Die Entscheidung Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Oktober 2025 – 8 AZR 300/24 – ist von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 23.10.2025 unter der Nummer 38/25 - Anspruch auf Entgeltdifferenz wegen Geschlechtsdiskriminierung - Paarvergleich veröffentlicht worden.
Freitag, 24. Oktober 2025
§ Urteil des Bundesverfassungsgerichts - eine Würdigung, die immer mehr überzeugt
Der vermeintliche Triumph der Kirche im Fall Egenberger vor dem Bundesverfassungsgericht ist in Wahrheit ein Pyrrhussieg: denn der Preis dafür ist eine deutlich engere Kontrolle durch staatliche Gerichte.
Je mehr wir das Urteil studieren (unsere erste Analyse findet sich hier), desto mehr kommen wir zur Überzeugung, dass diese Analyse der Entscheidung den Kerrn trifft - absolut:
Im Fall Egenberger hat das Bundesverfassungsgericht nach sechs Jahren über die Verfassungsbeschwerde des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung entschieden. Die Diakonie hatte das Urteil des Bundesarbeitsgerichts angefochten, das der konfessionsfreien abgelehnten Bewerberin Vera Egenberger eine Entschädigung wegen Diskriminierung zugesprochen hatte. Zuvor hatte das Bundesarbeitsgericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Zwar hatte die Diakonie mit ihrer Verfassungsbeschwerde Erfolg, sodass das Bundesarbeitsgericht den Fall erneut verhandeln muss. Ihr eigentliches Ziel jedoch – die ihrer Ansicht nach das kirchliche Selbstverwaltungsrecht übermäßig einschränkende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu kippen – ist verfehlt. Das Bundesverfassungsgericht hat sich vielmehr ausdrücklich als an das Unionsrecht "in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union" gebunden erklärt, wie der Staatsrechtler und Beirat des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) Bodo Pieroth gegenüber dem ifw erläuterte.
Im Ergebnis hat das Bundesverfassungsgericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum kirchlichen Arbeitsrecht und seinen Grenzen vollumfänglich bestätigt. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts wurde lediglich aufgehoben, weil das Bundesverfassungsgericht eine fehlerhafte Gesamtabwägung zwischen den Rechten der Arbeitnehmerin und der Religionsfreiheit der Kirchen beanstandete. Damit steht dem Bundesarbeitsgericht nun eine Neuverhandlung bevor – bei der es, unter Beachtung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben, durchaus erneut zu dem Schluss kommen könnte, der Klägerin eine Entschädigung zuzusprechen.
Die Freude der evangelischen und katholischen Kirche über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist daher wenig nachvollziehbar. Denn, wie es die ifw-Beirätin und ehemalige Richterin am Bundesarbeitsgericht Ulrike Brune treffend formuliert: "Bei näherem Zusehen ist es ein Eigentor für die Kirchen: Anders als bisher müssen sie nun Gründe dafür angeben, wenn sie besondere Loyalitätsforderungen an Arbeitnehmer stellen. Religionszugehörigkeit dürfen sie nur verlangen, wenn die betreffende Arbeit es für den religiösen Sendungsauftrag erfordert. Und das können die staatlichen Gerichte jetzt im Einzelnen überprüfen. Das hätte das BVerfG vor ein paar Jahren noch als Aufruhr und Ketzerei betrachtet."
edit:
Einge diametral entgegen gesetzte Ansicht verbreiten kirchennahe Medien wie "katholisch.de":
Kirchenmitgliedschaft kann Bedingung bei Diakonie oder Caritas sein
So hat Karlsruhe den Freiraum der Kirchen im Arbeitsrecht gestärkt
Veröffentlicht am 25.10.2025 um 12:15 Uhr – Von Norbert Demuth (KNA)
Karlsruhe ‐ Eine Kirchenmitgliedschaft kann weiterhin Bedingung eines kirchlichen Arbeitgebers sein, wenn "die Bedeutung der Religion" für den Job plausibel dargelegt wird. So reagiert die Deutsche Bischofskonferenz auf Karlsruhe.
Ein Pfarrer muss Kirchenmitglied sein. Das ist auch für Außenstehende einleuchtend, denn er verkündigt die Botschaft der Kirche. Doch in welchen Fällen dürfen kirchliche Arbeitgeber Stellenbesetzungen auf anderer Ebene an eine Kirchenmitgliedschaft knüpfen, ohne konfessionslose Bewerber zu diskriminieren? Seit Donnerstag ist dies verfassungsrechtlich geklärt. Allerdings nicht haargenau, sondern in recht weiten juristischen Formulierungen.
"Je größer die Bedeutung der betroffenen Position für die religiöse Identität der Religionsgemeinschaft nach innen oder außen", desto mehr Gewicht besitze das "Erfordernis der Kirchenmitgliedschaft", erklärten die Richter. Sie stärkten damit das im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.
Die katholische Bischofskonferenz reagierte umgehend: "Für die katholische Kirche ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kein Handlungsbedarf." Die Entscheidung bestätige die vorhandenen Regelwerke. Tatsächlich war bereits im November 2022 die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes", die den Umgang mit der Konfession der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelt, reformiert worden.
Nur bei bestimmten Positionen erforderlich
Die Religionszugehörigkeit ist demnach nur dann ein Kriterium bei der Einstellung, wenn sie für die jeweilige Position erforderlich ist. Das gilt für die Arbeit in Seelsorge und Glaubensvermittlung und zum anderen für Tätigkeiten, die das katholische Profil der Einrichtung inhaltlich prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren.
...
Der Arbeitsrechtler Ernesto Klengel sieht den Karlsruher Beschluss kritisch: Das Verfassungsgericht habe den Rahmen, den der EuGH 2018 für das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gesetzt hat, "weit interpretiert". Es sei abzuwarten, "ob der EuGH demnächst reagieren wird, da bei ihm weitere Fälle zum deutschen Sonderweg des kirchlichen Arbeitsrechts zur Entscheidung vorliegen".
§ Urteil des EuGH: Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung – Unterschiedliche Behandlung eines Arbeitnehmers, der selbst nicht behindert ist, sich aber um sein behindertes Kind kümmert – Verpflichtung des Arbeitgebers, angemessene Vorkehrungen zu treffen
Eine etwas lange Überschrift - die Entscheidung des EuGH (Leitsätze) ist dafür umso kürzer:
Gericht: EuGH 1. Kammer
Aktenzeichen: C-38/24
Urteil vom: 11.09.2025
Tenor:
1. Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, insbesondere ihr Art. 1 sowie ihr Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b, ist im Licht der Art. 21, 24 und 26 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie der Art. 2, 5 und 7 des am 13. Dezember 2006 in New York geschlossenen und mit dem Beschluss 2010/48/EG des Rates vom 26. November 2009 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen dahin auszulegen, dass das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen einer Behinderung für einen Arbeitnehmer gilt, der nicht selbst behindert ist, sondern wegen der Unterstützung seines behinderten Kindes diskriminiert wird, durch die es im Wesentlichen die Pflegeleistungen erhält, die sein Zustand erfordert.
2. Die Richtlinie 2000/78, insbesondere ihr Art. 5, ist im Licht der Art. 24 und 26 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie von Art. 2 und Art. 7 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen dahin auszulegen, dass ein Arbeitgeber, um die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer und des in Art. 2 Abs. 2 Buchst. b dieser Richtlinie vorgesehenen Verbots der mittelbaren Diskriminierung zu gewährleisten, verpflichtet ist, angemessene Vorkehrungen im Sinne von Art. 5 dieser Richtlinie gegenüber einem Arbeitnehmer zu treffen, der, ohne selbst behindert zu sein, seinem behinderten Kind die Unterstützung zukommen lässt, durch die es im Wesentlichen die Pflegeleistungen erhält, die sein Zustand erfordert, sofern diese Vorkehrungen den Arbeitgeber nicht unverhältnismäßig belasten.
Hinweis:
Die Richtlinie 2000/78/EG finden Sie im Internet unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=14062007...
Donnerstag, 23. Oktober 2025
§ Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht: ver.di begrüßt die Kernaussagen des Urteils.
Inzwischen hat sich unsere ver.di nicht nur die Leitsätze der Entscheidung angeschaut, sondern sich auch mit den Kernaussagen des Urteils auseinander gesetzt:
Wir - von der Redaktion - sind noch nicht so weit, die materiellen Kernaussagen des Urteils abschließ0end würdigen zu können.
Wir beziehen uns dabei zunächst auf die Randnummer 218 der Entscheidung:
Das Bundesverfassungsgericht führt in Rd.Nr. 276 dazu aus:
Es gibt keine evangelische oder katholische Sozialpädagogik. Genauso wenig, wie es in der Küche evangelische Schnitzel oder katholischen Karfoffelsalat gibt. Wir bestreiten nicht, dass es für seelsorgerliche Tätigkeiten etwa durch Priester auch und gerade auf die volle Kirchenzugehörigkeit ankommt. Diese ist geradezu eine Voraussetzung für die entsprechenden Weihen. Solche Aufgaben und Tätigkeiten werden aber auch in einem speziellen Dienstverhältnis kirchlichen Rechts übertragen. Wenn sich die Kirchen dagegen des weltlichen Arbeitsrechts bedienen, dann kann es - schon infolge dieser Rechtswahl - kaum spezifische Gründe für ein kirchenspezifisches Dienstverhältnis geben. Wenn es denn eine solche gäbe, dann müsste das doch wesentlich ausführlicher und umfangreicher begründet werden können.
In Rd.Nr 282 schreibt das Gericht (Zitat)
Und auch, wenn dem Gericht die Praxis der öffentichen und kirchlichen Verwaltungen fremd ist: es sollte aus seiner eigenen Erfahrung wissen, dass Rechsanwälte und Volljuristen die Interessen ihrer Mandanten zu vertreten haben, selbst wenn sie mit deren Handlungen und sogar deren Rechtsauffassungen nicht konform sind.
Es gibt mit Sicherheit, um ein konkretes Beispiel zu nennen, Atheisten, die Abtreibung für ein Verbrechen an den schutzbedürftigsten menschlichen Wesen halten und damit voll inhaltlich mit den Vorstellungen etwa der katholischen Kirche übereinstimmen. Ist es dann nachvollziehbar, die Aufnahme entsprechender Tätigkeiten am kirchlichen Taufakt fest zu machen?
Andererseits gibt es - auch und gerade im kirchlichen Bereich - mehr als genug Kirchenangehörige, die mit einzelnen oder mehreren Positionen der "Amtskirche" nicht überein stimmen. Diese Personen könnten also problemlos die ausgeschriebene Tätigkeit wahrnehmen?
Lassen sie es uns auf den Punkt bringen: Die rein formale Kirchengliedschaft sagt zur glaubwürdigen Vertretung kirchlicher Positionen nichts, absolut nichts aus. Wer die Aufnahme entsprechender Tätigkeiten vom "Mitgliedsbuch" abhängig macht, von der Taufe des Kleinkindes und dem - mangels inhaltlicher Auseinandersetzung lediglich unterlassenen - Kirchenaustritt, hängt einem völlig veralteten und nicht nachvollziehbaren Kirchenbild an. Glaubwürdige und authentische Vertretung verlangt etwas ganz anderes als eine rein formale Papierbescheinigung.
Aber, liebe kirchliche Institutionen, bleibt weiter auf Eurem formalen "Kirchensteuerzahler-Trip". Wenn es dabei bleibt, werden hunderte von kirchlichen Einrichtungen mangels Personal nicht mehr betrieben werden können und schließen müssen.Der "barmherzige Samariter" hat also bei der Diakonie keine Chance. Er gehört der "falschen Fraktion" an.
Vielleicht hat wenigstens die Caritas die Zeichen der Zeit erkannt - und trägt dazu bei, dass der evangelische Christ ein besserer Protestant, der katholische Christ ein besserer Katholik, der Muslim ein besserer Muslim und der Humanist ein besserer Humanist wird.
📣 Heute wurde ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht veröffentlicht. ver.di begrüßt die Kernaussagen des Urteils.Ver.di Pressemitteilung vom 23.10.2025
ℹ️ Hintergrund war die Klage einer Frau, deren Bewerbung für eine Projektstelle zur UN-Antirassismuskonvention von der Diakonie abgelehnt wurde, weil sie nicht der Kirche angehört.
👉 Im konkreten Einzelfall hat das Bundesverfassungsgericht zwar gegen die Klägerin entschieden.
💬 „Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht aber die grundsätzliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, wonach die Kirche nicht einfach deshalb diskriminieren darf, weil sie Kirche ist“, sagt Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die Kernaussagen des heute (23. Oktober 2025) veröffentlichten Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht. „Im konkreten Einzelfall hat das Bundesverfassungsgericht zwar gegen die Klägerin entschieden, deren Bewerbung für eine Projektstelle zur UN-Antirassismuskonvention von der Diakonie abgelehnt wurde, weil sie nicht der Kirche angehört“, erläuterte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht aber die grundsätzliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, wonach die Kirche nicht einfach deshalb diskriminieren darf, weil sie Kirche ist.“ Vielmehr müssen kirchliche Arbeitgeber den Gerichten konkrete berufliche Anforderungen darlegen, warum bestimmte Tätigkeiten eine Kirchenmitgliedschaft erforderlich machen. Diese Argumentation unterliegt einer wirksamen Kontrolle durch staatliche Gerichte.
„Für das grundgesetzlich verbriefte Selbstverwaltungsrecht der Kirchen zieht nun das Bundesverfassungsgericht klare Grenzen“, erklärte Bühler. „Die Kirche darf ihre eigenen Angelegenheiten nur im Rahmen der für alle geltenden Gesetze selbst regeln.“ Gerichte müssten im Konfliktfall zwischen dem kirchlichen Selbstordnungsrecht und zum Beispiel dem Schutz von Beschäftigten vor Diskriminierung abwägen. Im Fall der Klägerin als Sozialpädagogin habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) dies nicht ausreichend getan, so die Karlsruher Richterinnen und Richter, weshalb sie der Verfassungsbeschwerde der Kirche in diesem konkreten Fall stattgaben.
„Die Selbstbestimmung anderer ist ein hohes Gut. Deshalb sollte die Kirche das Urteil zum Anlass nehmen, ihr Beharren auf ein sehr weitgehendes Selbstverwaltungsrecht zu überdenken“, appellierte die Gewerkschafterin. „Es ist höchste Zeit, dass die Kirche im Jahr 2025 ankommt. Niemand hat etwas dagegen, dass die Pfarrerin oder der Seelsorger Kirchenmitglied sein müssen. Aber der willkürlichen Ausweitung auf andere Beschäftigte in Einrichtungen von Kirchen, Diakonie und Caritas sind nun Grenzen gesetzt. Schließlich pflegt eine qualifizierte Pflegekraft nicht weniger gut, nur weil sie kein Kirchenmitglied ist.“
Wir - von der Redaktion - sind noch nicht so weit, die materiellen Kernaussagen des Urteils abschließ0end würdigen zu können.
Wir beziehen uns dabei zunächst auf die Randnummer 218 der Entscheidung:
Damit die zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verpflichteten Gerichte überprüfen können, ob ein solcher direkter Zusammenhang vorliegt, obliegt es wiederum der betroffenen Religionsgemeinschaft, anhand ihres Selbstverständnisses nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchsfrei darzulegen, worin der Zusammenhang zwischen der aufgestellten beruflichen Anforderung und der konkret betroffenen Tätigkeit besteht.uns fehlt aber die ausreichende und nachvollziehbare Begründung, warum die entsprechende Tätigkeit nur durch eine Kirchenangehörige ausgeübt werden könnte. Das Gericht geht nur in wenigen und für unser Befinden etwas mager gestalteten Absätzen ganz am Ende seiner Entscheidung auf diese doch wesentlich erscheinende Frage ein.
Das Bundesverfassungsgericht führt in Rd.Nr. 276 dazu aus:
... Vielmehr setzt es sich über den von ihm selbst eingeräumten Umstand hinweg, dass der Stelleninhaber unter anderem die spezifisch christliche Sicht des Beschwerdeführers auf die Vorgaben der UN-Antirassismuskonvention, gegebenenfalls auch in Auseinandersetzung mit gegenläufigen Positionen anderer an der Erstellung des Berichts beteiligter Organisationen, zu vertreten hatte. Dass der Beschwerdeführer mit dieser Aufgabe, das heißt der glaubwürdigen und authentischen Vertretung des Ethos des Beschwerdeführers im Rahmen der Erstellung des Parallelberichts, nach der Stellenausschreibung nur eine Person betrauen wollte, die die damit verbundenen, aus christlicher Perspektive für die religiöse Identität konstitutiven Überzeugungen auch persönlich als Kirchenmitglied verkörpert, wird vom Bundesarbeitsgericht mit dem Argument beiseitegeschoben, dass es auf die Bekundung des christlichen Selbstverständnisses nur insoweit ankomme, als mit Auffassungsunterschieden im Hinblick auf die Umsetzung der UN-Antirassismuskonvention zu rechnen gewesen sei. Insoweit sei es allerdings ausreichend, dass der Stelleninhaber über die maßgeblichen Fakten sowie verfassungsrechtliche, völkerrechtliche und unionsrechtliche Grundlagen kirchlicher Einstellungspraxis unterrichtet sei und über fundierte Kenntnisse des kirchlichen Arbeitsrechts verfüge (BAG, a.a.O., Rn. 89, 93). Entscheidend wirke sich hier auch aus, dass er fortwährend in einen internen Meinungsbildungsprozess bei dem Beschwerdeführer eingebunden gewesen sei und insofern nicht unabhängig habe handeln können (BAG, a.a.O., Rn. 101 f.).das mag oberflächlich gesehen plausibel erscheinen - erscheint uns aber etwas dürftig.
Es gibt keine evangelische oder katholische Sozialpädagogik. Genauso wenig, wie es in der Küche evangelische Schnitzel oder katholischen Karfoffelsalat gibt. Wir bestreiten nicht, dass es für seelsorgerliche Tätigkeiten etwa durch Priester auch und gerade auf die volle Kirchenzugehörigkeit ankommt. Diese ist geradezu eine Voraussetzung für die entsprechenden Weihen. Solche Aufgaben und Tätigkeiten werden aber auch in einem speziellen Dienstverhältnis kirchlichen Rechts übertragen. Wenn sich die Kirchen dagegen des weltlichen Arbeitsrechts bedienen, dann kann es - schon infolge dieser Rechtswahl - kaum spezifische Gründe für ein kirchenspezifisches Dienstverhältnis geben. Wenn es denn eine solche gäbe, dann müsste das doch wesentlich ausführlicher und umfangreicher begründet werden können.
In Rd.Nr 282 schreibt das Gericht (Zitat)
Ferner ist nicht ersichtlich, dass das Bundesarbeitsgericht die Aufgabe der Vertretung des Beschwerdeführers nach außen, aus der es zuvor unter anderem den direkten Zusammenhang zwischen der beruflichen Anforderung der Kirchenmitgliedschaft und der ausgeschriebenen Tätigkeit abgeleitet hatte, angemessen gewichtet hat. Es findet zum einen keine eingehendere Auseinandersetzung damit statt, inwieweit ein einzustellender Referent der Kritik beteiligter Organisationen, insbesondere an der kirchlichen Einstellungspolitik, glaubwürdig allein mit fundierten rechtlichen Kenntnissen, etwa des kirchlichen Arbeitsrechts, entgegentreten kann. Zum anderen wird seitens des Bundesarbeitsgerichts nicht hinreichend in die Abwägung einbezogen, dass der Beschwerdeführer an dieser Stelle eine glaubwürdige und nach außen hin authentische Vertretung der eigenen Position anstrebt, die er an der Kirchenzugehörigkeit festmacht.Entschuldigung - aber was hier gefordert wird - eine glaubwürdige und auch nach außen hin authentische Vertretung der der instituionellen Position - ist Standard in den öffentlichen und kirchlichen Verwaltungen unseres Landes. Auch der kleinste Sachbearbeiter ist gehalten, die Positionen seiner jeweiligen Behörde zu vertreten, auch wenn er im Einzelfall anderer Auffassung sein mag. Er kann nicht seine eigene persönliche Auffassung an die Stelle der behördlichen Position setzen, die durch Dienstanweisungen, Rundschreiben und Ähnliches dokumentiert ist. Der Sachbearbeiter etwa im Grundsteueramt muss die entsprechenden Steuerbescheide erlassen und durchsetzen, auch wenn er sie persönlich im Einzelfall oder sogar generell für unverhältnismäßig oder gar rechtswidrig hält.
Und auch, wenn dem Gericht die Praxis der öffentichen und kirchlichen Verwaltungen fremd ist: es sollte aus seiner eigenen Erfahrung wissen, dass Rechsanwälte und Volljuristen die Interessen ihrer Mandanten zu vertreten haben, selbst wenn sie mit deren Handlungen und sogar deren Rechtsauffassungen nicht konform sind.
Es gibt mit Sicherheit, um ein konkretes Beispiel zu nennen, Atheisten, die Abtreibung für ein Verbrechen an den schutzbedürftigsten menschlichen Wesen halten und damit voll inhaltlich mit den Vorstellungen etwa der katholischen Kirche übereinstimmen. Ist es dann nachvollziehbar, die Aufnahme entsprechender Tätigkeiten am kirchlichen Taufakt fest zu machen?
Andererseits gibt es - auch und gerade im kirchlichen Bereich - mehr als genug Kirchenangehörige, die mit einzelnen oder mehreren Positionen der "Amtskirche" nicht überein stimmen. Diese Personen könnten also problemlos die ausgeschriebene Tätigkeit wahrnehmen?
Lassen sie es uns auf den Punkt bringen: Die rein formale Kirchengliedschaft sagt zur glaubwürdigen Vertretung kirchlicher Positionen nichts, absolut nichts aus. Wer die Aufnahme entsprechender Tätigkeiten vom "Mitgliedsbuch" abhängig macht, von der Taufe des Kleinkindes und dem - mangels inhaltlicher Auseinandersetzung lediglich unterlassenen - Kirchenaustritt, hängt einem völlig veralteten und nicht nachvollziehbaren Kirchenbild an. Glaubwürdige und authentische Vertretung verlangt etwas ganz anderes als eine rein formale Papierbescheinigung.
Aber, liebe kirchliche Institutionen, bleibt weiter auf Eurem formalen "Kirchensteuerzahler-Trip". Wenn es dabei bleibt, werden hunderte von kirchlichen Einrichtungen mangels Personal nicht mehr betrieben werden können und schließen müssen.Der "barmherzige Samariter" hat also bei der Diakonie keine Chance. Er gehört der "falschen Fraktion" an.
Vielleicht hat wenigstens die Caritas die Zeichen der Zeit erkannt - und trägt dazu bei, dass der evangelische Christ ein besserer Protestant, der katholische Christ ein besserer Katholik, der Muslim ein besserer Muslim und der Humanist ein besserer Humanist wird.
§ BVerfG: in unserm Staat sind alle gleich, bloß d'Kirch gehört zum Himmelreich
und steht deshalb außerhalb der Rechtsordnung. So möchte ich als erste Reaktion die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes kommentieren.
Erste Pressemeldungen:
Domradio: Selbstbestimmungsrecht gestärkt
FAZ: Diakonie durfte konfessionslose Bewerberin ablehnen (Bericht)
FAZ: Karlsruhe gibt dem Bundesarbeitsgericht Nachhilfe (Kommentar)
FAZ: Diakonie durfte konfessionslose Bewerberin ablehnen (Kopie)
katholisch.de: Bundesverfassungsgericht stärkt Arbeitsrecht der Kirchen
katholisch.de: Deutsche Bischöfe - Urteil aus Karlsruhe stärkt Selbstbestimmungsrecht
SPIEGEL: Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte der Kirche in arbeitsrechtlichem Streit
Süddeutsche Zeitung: Bundesverfassungsgericht stärkt kirchliches Arbeitsrecht
Tagesschau: Kirchen dürfen Bewerbungen an Konfession knüpfen
ZDF Heute: Verfassungsgericht stärkt Rechte kirchlicher Arbeitgeber
DIE ZEIT: Religiöse Arbeitgeber dürfen Kirchenzugehörigkeit verlangen
Beschluss vom 29. September 2025
Leitsätze zum Beschluss des Zweiten Senats vom 29. September 2025
- 2 BvR 934/19 -
Kirchenmitgliedschaft als Einstellungsvoraussetzung
1. Das Bundesverfassungsgericht prüft innerstaatliches Recht und dessen Anwendung grundsätzlich auch dann am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, wenn es im Anwendungsbereich des Unionsrechts liegt, durch dieses aber nicht vollständig determiniert ist. Die hier maßgeblichen Normen der Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Reichweite des religiösen Selbstbestimmungsrechts im Bereich des religiösen Arbeitsrechts belassen den Mitgliedstaaten bei ihrer Durchführung Gestaltungsspielräume. Innerhalb des vom unionalen Fachrecht in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union vorgegebenen Rahmens indizieren diese Gestaltungsspielräume Grundrechts-pluralität. In der Folge kann es angesichts der unterschiedlichen religionsverfassungsrechtlichen Verhältnisse in den Mitgliedstaaten zu voneinander abweichenden Wertungen bei der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter im Bereich des religiösen Arbeitsrechts kommen.
2. Das religiöse Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV umfasst alle Maßnahmen, die der Sicherstellung der religiösen Dimension des Wirkens und der Wahrung der unmittelbaren Beziehung der Tätigkeit zum Grundauftrag der Religionsgemeinschaft dienen. Darunter fällt auch die rechtliche Vorsorge für die Wahrnehmung kirchlicher Dienste durch die Auswahl der Arbeitnehmer und den Abschluss entsprechender Arbeitsverträge.
3. a) Die bindenden Anforderungen von Art. 4 Abs. 2 Gleichbehandlungsrichtlinie in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union lassen sich über eine unionsrechtskonforme Auslegung der einschlägigen nationalen Bestimmungen umsetzen. Dies führt zu einer Konkretisierung der bisherigen verfassungsgerichtlichen Maßstäbe für die Zweistufenprüfung auf der Ebene der Beschränkung des religiösen Selbstbestimmungsrechts.
b) Die erste Stufe der Schrankenziehung erfährt insoweit eine Schärfung, als ausgehend vom Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft eine wirksame gerichtliche Kontrolle dahingehend erfolgt, inwieweit sich aus der Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung objektiv ein direkter Zusammenhang zwischen der aufgestellten beruflichen Anforderung – hier der Kirchenmitgliedschaft – und der fraglichen Tätigkeit ergibt. Der Religionsgemeinschaft obliegt es, diesen Zusammenhang für die konkret betroffene Tätigkeit im Hinblick auf ihr religiöses Selbstverständnis plausibel darzulegen.
c) Die auf der zweiten Stufe erfolgende Gesamtabwägung der betroffenen rechtlichen Belange erfährt eine Konturierung dahingehend, dass die in Rede stehende berufliche Anforderung im Hinblick auf die konkrete Tätigkeit für die Wahrung des religiösen Selbstverständnisses verhältnismäßig sein muss. Dies lässt es – im Einklang mit der Offenheit des Unionsrechts für die unterschiedlichen grundrechtlichen Wertungen der Mitgliedstaaten – weiterhin zu, dem religiösen Selbstverständnis aufgrund seiner Nähe zum vorbehaltlos gewährten Recht auf korporative Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) ein besonderes Gewicht beizumessen.
d) Je größer die Bedeutung der betroffenen Position für die religiöse Identität der Religionsgemeinschaft nach innen oder außen, desto mehr Gewicht besitzt dieser Umstand und ein daraus abgeleitetes Erfordernis der Kirchenmitgliedschaft. Je weniger Relevanz die jeweilige Position für die Verwirklichung des religiösen Ethos hat, desto eher wird dem Diskriminierungsschutz der Vorzug zu geben sein. Dessen hoher verfassungsrechtlicher Bedeutung ist bei der Abwägung durch die Gerichte Rechnung zu tragen.
4. Im Hinblick auf die Reichweite des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften im Bereich des Arbeitsrechts bestehen keine unüberwindbaren Widersprüche zwischen dem nationalen Verfassungsrecht und dem Unionsrecht.
Im Einklang mit den einschlägigen Gewährleistungen der Grundrechtecharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention unterscheiden Verfassungsrecht wie Unionsrecht grundsätzlich zwischen einer unzulässigen theologischen Bewertung des religiösen Ethos durch die staatlichen Gerichte einerseits und der rechtsstaatlichen Beschränkung der Durchsetzung des religiösen Selbstbestimmungsrechts im Bereich des staatlichen (Gleichbehandlungs-)Rechts andererseits.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 934/19 -
Erste Pressemeldungen:
Domradio: Selbstbestimmungsrecht gestärkt
FAZ: Diakonie durfte konfessionslose Bewerberin ablehnen (Bericht)
FAZ: Karlsruhe gibt dem Bundesarbeitsgericht Nachhilfe (Kommentar)
FAZ: Diakonie durfte konfessionslose Bewerberin ablehnen (Kopie)
katholisch.de: Bundesverfassungsgericht stärkt Arbeitsrecht der Kirchen
katholisch.de: Deutsche Bischöfe - Urteil aus Karlsruhe stärkt Selbstbestimmungsrecht
SPIEGEL: Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte der Kirche in arbeitsrechtlichem Streit
Süddeutsche Zeitung: Bundesverfassungsgericht stärkt kirchliches Arbeitsrecht
Tagesschau: Kirchen dürfen Bewerbungen an Konfession knüpfen
ZDF Heute: Verfassungsgericht stärkt Rechte kirchlicher Arbeitgeber
DIE ZEIT: Religiöse Arbeitgeber dürfen Kirchenzugehörigkeit verlangen
BVerfG zu konfessionsloser Bewerberin: Der Fall Egenberger vor der Entscheidung
Heute steht eine wichtige Entscheidung an, Verfassungsbeschwerde der Diakonie gegen eine Entscheidung des EuGH aus 2018 zur Klage von Vera Egenberger . Wir sind gespannt und werden Stellung nehmen!
Die Legal Tribune Online (LTO) berichtet:
Das Recht der Kirchen, zur Selbstordnung und Selbstverwaltung (nicht Selbstbestimmung) besteht nur für die eigenen Angelegenheiten und auch nur in den Schranken der für alle geltenden Gesetze.
Man kann schon in Zweifel stellen, ob Diskriminierung von Persinen, die der jeweiligen Kirche nicht angehören, eine eigene Angelegenheit der jeweiligen Kirche ist und nicht auch Personen betrifft, die eben gerade dieser Kirche nicht angehören. Deutlich wird das in den (hier nicht einschlägigen) Konkordatsverträgen mit der katholischen Kirche, in denen der Kirche nur eine Rechtssetzungsbefugnis für die eigenen Mitglieder zugestanden ist.
Die Anwendung des weltlichen Arbeitsvertragsrechts ist letzendlich eine Rechtswahl der Kirchen selbst - wenn sie sich dafür entscheiden und von kircheneigenen Regelungen wie Ordensmitgliedschaften absehen, dann beanspruchen sie letztendlich keine eigene Regelungsbefugnis sondern unterwerfen sich dem für alle geltenden Arbeitsrecht.
Sicher wird das aber beim europarechtlich einheitlich geregelten Diskriminierungsverbot, das - auch in streng katholischen Ländern wie Irland, Italien oder Polen - eine Diskriminierung aus religiösen Gründen verbietet. Und niemand hat uns bisher erklären sollen, wieso das einheitliche europäische Recht nicht zu den "für alle geltenden Gesetzen" gehören soll.
Klar ist jedenfalls, dass im Zweifel zwischen der umsetzenden nationalen Rechtsnorm (AGG) und der grundlegenden europäischen Rechtsnorm die dem EU-Recht konforme Interpretation zu wählen ist. Das verlangt schon das Interesse am Erhalt der (untergeordneten) nationalen Umsetzungsvorschrift.
weitere Meldungen:
Bundesverfassungsgericht (Terminvorschau):
Verfassungsblog 03. Mai 2019: Heiko Sauer Kirchliche Selbstbestimmung und deutsche Verfassungsidentität: Überlegungen zum Fall „Egenberger“
Hans-Böckler-Stiftung Ausgabe 02/2023: „Ein Arbeitsvertrag ist eine weltliche Angelegenheit“
Süddeutsche Zeitung 21. Oktober 2025, 14:54 Uhr: Akzeptiert Karlsruhe ein Sonderrecht für Kirchen?
evangelisch.de, 22.10.2025: BVerfG-Urteil erwartet - Was dürfen Kirchen im Job verlangen?
Tagesschau Stand: 23.10.2025 03:10 Uhr: Arbeit für die Kirche - Auch ohne Kirchenmitgliedschaft?
Die Legal Tribune Online (LTO) berichtet:
Eine konfessionslose Sozialpädagogin bewarb sich erfolglos bei der Diakonie. Nach vielen Verfahren stehen nun die Rechtsprechung von EuGH und BAG gegen das BVerfG. Das verkündet nun seine Entscheidung.Unsere Meinung haben wir schon öfter deutlich gemacht:
"Egenberger" - das ist mittlerweile ein Fachwort im kirchlichen Arbeitsrecht. Es ist der Name einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die das kirchliche Arbeitsrecht bereits maßgeblich verändert hat (Urt. v. 17.04.2018, Az. C-414/16). Und es ist der Nachname von Vera Egenberger, einer inzwischen 63-jährige Sozialpädagogin, die dieses Urteil erstritten hat. Seit sechs Jahren ist das Verfahren am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig. Am Donnerstag wird der zweite Senat seine Entscheidung auf die Verfassungsbeschwerde der Diakonie verkünden (Az. 2 BvR 934/19).
Dann wird das BVerfG entweder seine Rechtsprechung der des EuGH angleichen. Oder es wird das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung manifestieren – und sich damit erneut in Divergenz zum EuGH setzen. Aber dazu später mehr.
...
Das Recht der Kirchen, zur Selbstordnung und Selbstverwaltung (nicht Selbstbestimmung) besteht nur für die eigenen Angelegenheiten und auch nur in den Schranken der für alle geltenden Gesetze.
Man kann schon in Zweifel stellen, ob Diskriminierung von Persinen, die der jeweiligen Kirche nicht angehören, eine eigene Angelegenheit der jeweiligen Kirche ist und nicht auch Personen betrifft, die eben gerade dieser Kirche nicht angehören. Deutlich wird das in den (hier nicht einschlägigen) Konkordatsverträgen mit der katholischen Kirche, in denen der Kirche nur eine Rechtssetzungsbefugnis für die eigenen Mitglieder zugestanden ist.
Die Anwendung des weltlichen Arbeitsvertragsrechts ist letzendlich eine Rechtswahl der Kirchen selbst - wenn sie sich dafür entscheiden und von kircheneigenen Regelungen wie Ordensmitgliedschaften absehen, dann beanspruchen sie letztendlich keine eigene Regelungsbefugnis sondern unterwerfen sich dem für alle geltenden Arbeitsrecht.
Sicher wird das aber beim europarechtlich einheitlich geregelten Diskriminierungsverbot, das - auch in streng katholischen Ländern wie Irland, Italien oder Polen - eine Diskriminierung aus religiösen Gründen verbietet. Und niemand hat uns bisher erklären sollen, wieso das einheitliche europäische Recht nicht zu den "für alle geltenden Gesetzen" gehören soll.
Klar ist jedenfalls, dass im Zweifel zwischen der umsetzenden nationalen Rechtsnorm (AGG) und der grundlegenden europäischen Rechtsnorm die dem EU-Recht konforme Interpretation zu wählen ist. Das verlangt schon das Interesse am Erhalt der (untergeordneten) nationalen Umsetzungsvorschrift.
weitere Meldungen:
Bundesverfassungsgericht (Terminvorschau):
Aktenzeichen: 2 BvR 934/19Bundesverfassungsgericht "Geplante Entscheidungen 2025 Zweiter Senat":
Kurzbeschreibung des Verfahrensgegenstandes: Verfassungsbeschwerde eines kirchlichen Vereins gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. In der Entscheidung – der eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union vorausgegangen war – hat das Bundesarbeitsgericht den Beschwerdeführer zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, weil er eine konfessionslose Bewerberin für eine ausgeschriebene Referentenstelle nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und diese so aus Gründen der Religion benachteiligt habe.
Vorausgegangene fachgerichtliche Entscheidung: Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 -
Voraussichtlicher Veröffentlichungstermin: 23. Oktober 2025
Berichterstatterin: BVRin Prof. Dr. Langenfeld
Aktenzeichen: 2 BvR 934/19
Verfassungsbeschwerde eines kirchlichen Vereins gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. In der Entscheidung – der eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union vorausgegangen war – hat das Bundesarbeitsgericht den Beschwerdeführer zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, weil er eine konfessionslose Bewerberin für eine ausgeschriebene Referentenstelle nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und diese so aus Gründen der Religion benachteiligt habe.
Verfassungsblog 03. Mai 2019: Heiko Sauer Kirchliche Selbstbestimmung und deutsche Verfassungsidentität: Überlegungen zum Fall „Egenberger“
Hans-Böckler-Stiftung Ausgabe 02/2023: „Ein Arbeitsvertrag ist eine weltliche Angelegenheit“
Süddeutsche Zeitung 21. Oktober 2025, 14:54 Uhr: Akzeptiert Karlsruhe ein Sonderrecht für Kirchen?
evangelisch.de, 22.10.2025: BVerfG-Urteil erwartet - Was dürfen Kirchen im Job verlangen?
Tagesschau Stand: 23.10.2025 03:10 Uhr: Arbeit für die Kirche - Auch ohne Kirchenmitgliedschaft?
Montag, 13. Oktober 2025
§ - Zwangsmitgliedschaft in einem System des Dritten Weges - schließt das einen Anwendungstarifvertrag aus?
Mit einer interessanten Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht im Juli 2025 befasst. Denn grundsätzlich gilt ja, dass die Mitgliedschaft in einer Koalition - sei es auf Mitarbeiterseite wie auch auf Arbeitgeberseite - freiwillig sein muss. Es gibt nun einmal die verfassungsrechtlich garantierte Koalitionsfreiheit, die auch die "negative Koalitionsfreiheit " - also das Recht, eben nicht Mitglied werden zu müssen, einschließt. Nur solche freiwilligen Koalitionen sind berechtigt und fähig, einen Tarifvertrag zu schließen.
Das System des "Dritten Weges" schließt aber den kirchenrechtlichen Zwang zur Anwendung mit ein. Das ergibt sich letztendlich aus der Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GrO). Die einem Bischof kirchenrechtlich untergeordneten kirchlichen Rechtsträger sind aufgrund dieses bischöflichen Gesetzes kirchenrechtlich verpflichtet, die Regelungen des "Dritten Weges" für sich anzuwenden. *)
Unsere Veröffentlichung vom gestrigen Freitag hat nun zu Rückfragen geführt, ob denn der Vorschlag "identische Regelungen von AVR Caritas und TVöD anstatt über einseitige "Allgemeine Geschäftsbedingungen" als "beiderseitige Vereinbarung" (Stichwort: Anwendungstarifvertrag) miteinander zu koppeln" überhaupt mit dem Gedanken der Koalitionsfreiheit vereinbar und damit auch rechtswirksam wäre. Denn eine solche Vereinbarung - etwa durch einen Bischof geschlossen - oder gar eine kirchengesetzliche Regelung würde für alle diesem Bischof kirchenrechtlich unterstehenden kirchlichen Rechtsträger gelten, und das nicht etwa freiwillig, sondern verpflichtend.
Wir haben bisher argumentiert, dass Caritas und Kirche - soweit sie eben in einem auch kirchenrechtlichen Beherrschungsverhältnis stehen - einen Konzern darstellen. Es besteht ein rechtliches Abhängigkeits- und Unterordnungsverhältnis, wobei es völlig egal ist, auf welcher Rechtsgrundlage dieses Verhältnis beruht. Das kann eine gesetzliche oder auch eine vertragliche Regelung sein - oder eben auch eine kirchenrechtliche Bestimmung, wie etwa die kirchliche Stiftungsaufsicht über die dem Bischof unterstehenden kirchlichen Stiftungen (vgl. BayStiftG i.V. KiStiftO). Wer bis hin zu persönlichen Loyalitätspflichten der Mitarbeitenden Anordnungen treffen kann, wer den Abschluss von Tarifverträgen untersagen kann - der kann genauso auch Tarifverträge abschließen oder zumindest deren Abschluss zulassen.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun in seinem Urteil vom 31. Juli 2025 – 6 AZR 172/24 – einen weiteren Weg gefunden. Auf die im genannten Fall vorliegende Zwangsmitgliedschaft im DDN und die daraus begründeten Zweifel an der Tariffähigkeit des auf Arbeitgeberseite beteiligten DDN und damit an der Wirksamkeit des TV DN kommt es nicht an. Denn "ist ... aus Anlass des Betriebsübergangs ua. von der Beklagten sowie der Gewerkschaft ver.di, deren Mitglied die Klägerin ist, ein Überleitungstarifvertrag geschlossen worden, der (hier in § 3) bestimmt, dass auf die übergehenden Arbeitsverhältnisse ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs die Bestimmungen des TV DN in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden" - dann braucht das Gericht "nicht mehr über die Frage der Tariffähigkeit" (der Partei, die einen anzuwendenden Tarifvertrag geschlossen hat, hier des DDN) befinden. Denn damit gilt:
*)
Die dem Vatikan unterstehenden Gemeinschaften päpstlichen Rechts (also vereinfacht die international tätigen Orden) können dagegen durch einen bischöflichen Rechtsetzungsakt nicht verpflichtet werden. Sie können aber freiwillig an einem der Systeme des "Dritten Weges" partizipieren und sich damit auch einem dort abgeschlossenen Anwendungstarifvertrag unterwerfen, oder für sich - wie es im universellen Kirchenrecht auch vorgeschrieben wäre - den "Zweiten Weg" anwenden und selbst Tarifverträge mit Gewerkschaften schließen.
Das System des "Dritten Weges" schließt aber den kirchenrechtlichen Zwang zur Anwendung mit ein. Das ergibt sich letztendlich aus der Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GrO). Die einem Bischof kirchenrechtlich untergeordneten kirchlichen Rechtsträger sind aufgrund dieses bischöflichen Gesetzes kirchenrechtlich verpflichtet, die Regelungen des "Dritten Weges" für sich anzuwenden. *)
Unsere Veröffentlichung vom gestrigen Freitag hat nun zu Rückfragen geführt, ob denn der Vorschlag "identische Regelungen von AVR Caritas und TVöD anstatt über einseitige "Allgemeine Geschäftsbedingungen" als "beiderseitige Vereinbarung" (Stichwort: Anwendungstarifvertrag) miteinander zu koppeln" überhaupt mit dem Gedanken der Koalitionsfreiheit vereinbar und damit auch rechtswirksam wäre. Denn eine solche Vereinbarung - etwa durch einen Bischof geschlossen - oder gar eine kirchengesetzliche Regelung würde für alle diesem Bischof kirchenrechtlich unterstehenden kirchlichen Rechtsträger gelten, und das nicht etwa freiwillig, sondern verpflichtend.
Wir haben bisher argumentiert, dass Caritas und Kirche - soweit sie eben in einem auch kirchenrechtlichen Beherrschungsverhältnis stehen - einen Konzern darstellen. Es besteht ein rechtliches Abhängigkeits- und Unterordnungsverhältnis, wobei es völlig egal ist, auf welcher Rechtsgrundlage dieses Verhältnis beruht. Das kann eine gesetzliche oder auch eine vertragliche Regelung sein - oder eben auch eine kirchenrechtliche Bestimmung, wie etwa die kirchliche Stiftungsaufsicht über die dem Bischof unterstehenden kirchlichen Stiftungen (vgl. BayStiftG i.V. KiStiftO). Wer bis hin zu persönlichen Loyalitätspflichten der Mitarbeitenden Anordnungen treffen kann, wer den Abschluss von Tarifverträgen untersagen kann - der kann genauso auch Tarifverträge abschließen oder zumindest deren Abschluss zulassen.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun in seinem Urteil vom 31. Juli 2025 – 6 AZR 172/24 – einen weiteren Weg gefunden. Auf die im genannten Fall vorliegende Zwangsmitgliedschaft im DDN und die daraus begründeten Zweifel an der Tariffähigkeit des auf Arbeitgeberseite beteiligten DDN und damit an der Wirksamkeit des TV DN kommt es nicht an. Denn "ist ... aus Anlass des Betriebsübergangs ua. von der Beklagten sowie der Gewerkschaft ver.di, deren Mitglied die Klägerin ist, ein Überleitungstarifvertrag geschlossen worden, der (hier in § 3) bestimmt, dass auf die übergehenden Arbeitsverhältnisse ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs die Bestimmungen des TV DN in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden" - dann braucht das Gericht "nicht mehr über die Frage der Tariffähigkeit" (der Partei, die einen anzuwendenden Tarifvertrag geschlossen hat, hier des DDN) befinden. Denn damit gilt:
Nimmt ein Tarifvertrag auf einen anderen Tarifvertrag Bezug, werden die Regelungen des in Bezug genommenen Tarifvertrags inkorporierter Teil des verweisenden Tarifvertrags. Als solcher gelten sie unmittelbar und zwingend zwischen den an den Verweisungstarifvertrag gebundenen Parteien eines Arbeitsvertrags. Das gilt auch für den Fall, dass am Abschluss des in Bezug genommenen Tarifvertrags eine nicht tariffähige Partei beteiligt gewesen sein sollte.
*)
Die dem Vatikan unterstehenden Gemeinschaften päpstlichen Rechts (also vereinfacht die international tätigen Orden) können dagegen durch einen bischöflichen Rechtsetzungsakt nicht verpflichtet werden. Sie können aber freiwillig an einem der Systeme des "Dritten Weges" partizipieren und sich damit auch einem dort abgeschlossenen Anwendungstarifvertrag unterwerfen, oder für sich - wie es im universellen Kirchenrecht auch vorgeschrieben wäre - den "Zweiten Weg" anwenden und selbst Tarifverträge mit Gewerkschaften schließen.
Freitag, 10. Oktober 2025
AVR Caritas: 2027 - Angleichung an den TVöD
Wer bisher neu mit der AVR Caritas zu tun hatte, ist an dem Werk mit einem Allgemeinen Teil und über 30 Anlagen erst einmal verzweifelt. Da erreicht uns nun folgende Nachricht:
Soweit wie wir das verstanden haben, werden Mitarbeitende, die bisher unter die Anlagen 2, 2d, 2e gefallen sind, die Gelegenheit erhalten, stattdessen die am TVöD orientierte AVR 2027 arbeitsvertraglich zugrunde zu legen. Dazu bedarf es einer individuellen arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Denn die AVR Caritas sind "Allgemeine Geschäftsbedingungen" (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, wir berichteten). Da diese Regelungen nur aufgrund ausdrücklicher arbeitsvertraglicher Vereinbarungen zur Grundlage des Arbeitsvretrages werden, muß die Anwendung neuer Regelungen auch ausdrücklich einzelvertraglich vereinbart werden (so schon Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. März 2012 - Az: 9 Sa 627/11 - vgl. sogar bei einem Betriebsübergang: BAG 6 AZR 683/16 und 6 AZR 684/16).
Wenn das mit der Angleichung an den TVöD tatsächlich so ist, dann wäre es ein Meilenstein in der Entwicklung hin zu einem Allgemein Verbindlichen Tarifvertrag - und damit auf dem Weg zum Ende der Schmutzkonkurrenz in der Branche. Denn es wäre dann kein Problem mehr, identische Regelungen von AVR Caritas und TVöD anstatt über einseitige "Allgemeine Geschäftsbedingungen" als "beiderseitige Vereinbarung" (Stichwort: Anwendungstarifvertrag) miteinander zu koppeln.
Ein Weg, den wir schon vor Jahren für die Vergütungsautomatik der Bayerischen Regional-KODA vorgeschlagen haben.
Das macht die Arbeitsrechtlichen Kommissionen nicht überflüssig - im Gegenteil: damit wird der Weg zu kirchenspezifischen Regelungen geöffnet, die etwa für besondere kirchliche Berufsgruppen (im Bereich von Liturgie und Verkündigung) auch weiterhin benötigt werden. Und ganz nebenbei kann dann auch das "kirchenspezifische" einer echten kirchlichen Einrichtung besser herausgearbeitet werden als jetzt - wo sich die ARK Caritas im Streit um die Übernahme der Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes erschöpft und sich die Caritas-Einrichtungen ansonsten nicht im Geringsten (nicht einmal durch eine Hauskapelle, denn die gibt es fast überall) von den "weltlichen Einrichtungen" der gleichen Branche unterscheiden.
Es ist beschlossen! Die Neufassung der AVR Caritas treten am 1. Januar 2027 in Kraft. Das Projekt war zunächst bekannt als „Anlage-2-Reform“. Es geht jedoch um viel mehr: Die Reform bedeutet auch einen grundsätzlich neuen Aufbau der AVR.(Quellen: u.a. Kollege Fikret Alabas auf Facebook)
Wir erklären, was sich ändert und wie das neue Tarifwerk der Caritas demnächst aussieht. Alle Informationen - auch schon den vollständigen Text der AVR 2027 - gibt es auf www.akmas.de/avr2027
Soweit wie wir das verstanden haben, werden Mitarbeitende, die bisher unter die Anlagen 2, 2d, 2e gefallen sind, die Gelegenheit erhalten, stattdessen die am TVöD orientierte AVR 2027 arbeitsvertraglich zugrunde zu legen. Dazu bedarf es einer individuellen arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Denn die AVR Caritas sind "Allgemeine Geschäftsbedingungen" (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, wir berichteten). Da diese Regelungen nur aufgrund ausdrücklicher arbeitsvertraglicher Vereinbarungen zur Grundlage des Arbeitsvretrages werden, muß die Anwendung neuer Regelungen auch ausdrücklich einzelvertraglich vereinbart werden (so schon Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. März 2012 - Az: 9 Sa 627/11 - vgl. sogar bei einem Betriebsübergang: BAG 6 AZR 683/16 und 6 AZR 684/16).
Wenn das mit der Angleichung an den TVöD tatsächlich so ist, dann wäre es ein Meilenstein in der Entwicklung hin zu einem Allgemein Verbindlichen Tarifvertrag - und damit auf dem Weg zum Ende der Schmutzkonkurrenz in der Branche. Denn es wäre dann kein Problem mehr, identische Regelungen von AVR Caritas und TVöD anstatt über einseitige "Allgemeine Geschäftsbedingungen" als "beiderseitige Vereinbarung" (Stichwort: Anwendungstarifvertrag) miteinander zu koppeln.
Ein Weg, den wir schon vor Jahren für die Vergütungsautomatik der Bayerischen Regional-KODA vorgeschlagen haben.
Das macht die Arbeitsrechtlichen Kommissionen nicht überflüssig - im Gegenteil: damit wird der Weg zu kirchenspezifischen Regelungen geöffnet, die etwa für besondere kirchliche Berufsgruppen (im Bereich von Liturgie und Verkündigung) auch weiterhin benötigt werden. Und ganz nebenbei kann dann auch das "kirchenspezifische" einer echten kirchlichen Einrichtung besser herausgearbeitet werden als jetzt - wo sich die ARK Caritas im Streit um die Übernahme der Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes erschöpft und sich die Caritas-Einrichtungen ansonsten nicht im Geringsten (nicht einmal durch eine Hauskapelle, denn die gibt es fast überall) von den "weltlichen Einrichtungen" der gleichen Branche unterscheiden.
Neues Material für die MAVen in Bayern
Die MAV-Broschüre und das Plakat, Solidarität ist unsere Stärke, stehen unten zum Download bereit. Die gedruckte Fassung kann bei euren Geschwerkschaftssekretär*innen bezogen werden. Das Plakat in A3 ist in der gedruckten Fassung enthalten.berichtet unsere ver.di (Fachbereich C) aus Bayern. Das Material ist zwar speziell zu den Wahlen für die Mitarbeitervertretungen nach MVG-EKD 2026 erstellt worden - aber viele der Vorlagen sind auch gut für die MAVen nach MAVO verwendbar.
Unsere KollegInnen von Diakonie und evangelischer Kirche zeigen mal wieder, wie ver.di auch die MAV-Arbeit unterstützen kann.
Unser Tip: anschauen, was gut ist weiter verbreiten - und wenn man was abändern muss, dann zu Euren örtlichen ver.di Sekretären gehen (ihr kennt die ja alle), und gemeinsam Verbesserungen für MAVen nach MAVO erarbeiten.
Donnerstag, 9. Oktober 2025
Wie angekündigt: Erstes offizielles Lehrschreiben von Papst Leo XIV. veröffentlicht - Darin übernimmt er Kapitalismuskritik seines Vorgängers Franziskus
berichtet katholisch.de und führt aus:
Der Wortlaut der Apostolische Exhortation „Dilexi te“ von Leo XIV. ist von Radio Vatikan hier veröffentlicht. Im Kapitel IV: "Eine Geschichte, die weitergeht" geht der Papst dann auch auf das Jahrhundert der Soziallehre der Kirche ein.
Aber die ganzen Bezüge werden nichts ändern: die deutsche katholische Kirche bleibt in ihrem gewerkaschaftsfeindlichen Holzweg gefangen. Sie "verharrt im Irrtum" und ist offenbar selbst nicht mehr zur Änderung ihrer Einstellung in der Lage.
Nachtrag - erste Medienberichte:
news.de: Katholische Kirche: Leo XIV. auf Franziskus' Spuren - Papst mahnt Einsatz für Arme an
NZZ: Wider die «Diktatur einer Wirtschaft, die tötet»: Papst Leo XIV. legt sein erstes Lehrschreiben vor
Tagesschau: Absage an Abschottung und Egoismus - Scharfe Kritik an Kapitalismus und sozialer Ungleichheit: Papst Leo XIV. wird in seinem ersten Lehrschreiben deutlich. Und erinnert damit an seinen Vorgänger.
ZDF heute: Papst Leo: Kirche immer an der Seite der Armen
Vatikanstadt ‐ Vor fünf Monaten wurde Papst Leo XIV. gewählt. Nun hat er sein erstes offizielles Lehrschreiben veröffentlicht. Thema ist der Einsatz der Kirche für die Armen. Der Text hat es in sich.Das Lehrschreiben mit dem Titel "Dilexi te" (Ich habe dich geliebt) wurde vom Papst als "Apostolische Exhortation" unterzeichnet. Es steht damit vom Grad der Verbindlichkeit eine Stufe unterhalb einer Enzyklika (Rundschreiben), ist aber ebenfalls eine weltweit zu verbreitende Äußerung des kirchlichen Lehramts." (so katholisch.de, wobei wir bereits darauf hingewiesen haben, dass sich eine Exhoration vor allem an einen innerkirchlichen Addressatenkreis gerichtet ist, also auch wenigre Personen ansprich als eine Enzyklika.
" ...
Der Wortlaut der Apostolische Exhortation „Dilexi te“ von Leo XIV. ist von Radio Vatikan hier veröffentlicht. Im Kapitel IV: "Eine Geschichte, die weitergeht" geht der Papst dann auch auf das Jahrhundert der Soziallehre der Kirche ein.
...Leo zitiert hier und nachfolgend Enzykliken, auf die wir auch gerne und immer wieder verweisen. So auf die Enzyklika "Mater et magistra" mit dem klaren Bekenntnis zur Gewerkschaftsoption und zum Tarifvertrag. Auch auf "Laborem exercens" von Johannes Paul II. wird ausdrücklich Bezug genommen (Nr. 87) und auf die Enzyklika "Caritas in veritate" von Benedikt XVI., die wir ebenfalls schon analysiert haben.
82. ... Die Arbeiter-, Frauen- und Jugendbewegungen sowie der Kampf gegen rassistische Diskriminierung haben zu einem neuen Bewusstsein für die Würde derjenigen beigetragen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Auch der Beitrag der Soziallehre der Kirche hat diese Wurzeln im Volk, die nicht vergessen werden dürfen: Ihre Neuauslegung der christlichen Offenbarung unter den modernen Gesellschafts-, Arbeits-, Wirtschafts- und kulturellen Verhältnissen wäre ohne die Laien undenkbar, die es mit den Herausforderungen ihrer Zeit zu tun hatten. ...
Die Arbeiter-, Frauen- und Jugendbewegungen sowie der Kampf gegen rassistische Diskriminierung haben zu einem neuen Bewusstsein für die Würde derjenigen beigetragen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Auch der Beitrag der Soziallehre der Kirche hat diese Wurzeln im Volk, die nicht vergessen werden dürfen: Ihre Neuauslegung der christlichen Offenbarung unter den modernen Gesellschafts-, Arbeits-, Wirtschafts- und kulturellen Verhältnissen wäre ohne die Laien undenkbar, die es mit den Herausforderungen ihrer Zeit zu tun hatten. ...
83. Das Lehramt der letzten 150 Jahre bietet eine wahre Fundgrube wertvoller Lehren ...
Aber die ganzen Bezüge werden nichts ändern: die deutsche katholische Kirche bleibt in ihrem gewerkaschaftsfeindlichen Holzweg gefangen. Sie "verharrt im Irrtum" und ist offenbar selbst nicht mehr zur Änderung ihrer Einstellung in der Lage.
Nachtrag - erste Medienberichte:
news.de: Katholische Kirche: Leo XIV. auf Franziskus' Spuren - Papst mahnt Einsatz für Arme an
NZZ: Wider die «Diktatur einer Wirtschaft, die tötet»: Papst Leo XIV. legt sein erstes Lehrschreiben vor
Tagesschau: Absage an Abschottung und Egoismus - Scharfe Kritik an Kapitalismus und sozialer Ungleichheit: Papst Leo XIV. wird in seinem ersten Lehrschreiben deutlich. Und erinnert damit an seinen Vorgänger.
ZDF heute: Papst Leo: Kirche immer an der Seite der Armen
Und wieder einmal Lippstadt - und eine Nachricht aus Chemnitz / Agaplesion:
mit einem
Vor wenigen Tagen wurde dann auch der aktuelle Stand der Petition zum Thema bekannt gegeben:
Ver.di informiert weiter über die Blüten einer unsozial auftretenden kirchlichen Klinik:
Nun ist es bekanntlich so, dass gute Bilanzbuchhalter und Steuerberater alleine mit Abschreibungen und Investitionen sowie Übernahmen einen kräftigen Reakgewinn auch in einen buchhalterischen Verlust umrechnen können."Traue keiner Bilanz, die Du nicht selbst gefälscht hast" ist ein geflügeltes Wort unter den Finanzfachleuten. Wir haben nicht die Möglichkeit, selbst eine seriöse und umfassende Bilanzanalyse vorzunehmen. Wir haben daher etwas nach den Bewertungen von ausgewiesenen Fachmedien gesucht. Und wir haben uns bemüht, dabei unterschiedliche Analysten zu zitieren und eine Entwicklung aufzuzeigen:
BibliomedManager schrieb im Juli 2024:
Care Invest analysiert im Juli dieses Jahres:
Preisrätsel nimmt sich Tom Körner in der neuen Ausgabe der Fachbereichtsbeilage "Mittendrin"unserer ver.di, Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft dem Thema an
Vor wenigen Tagen wurde dann auch der aktuelle Stand der Petition zum Thema bekannt gegeben:
Mit einer Petition unterstützen 288.000 den Widerstand des Chefarztes.
Ver.di informiert weiter über die Blüten einer unsozial auftretenden kirchlichen Klinik:
Welche Blüten die Selbstherrlichkeit kirchlicher Arbeitgeber treibt, zeigt die Streichung der halben Sonderzahlung in der Agaplesion-Klinik Chemnitz.In dem Zusammenhang dann der Blick auf die vom Agaplesion-Konzern selbst veröffentlichen Geschäftsberichte 2023/2024 und 2024/2025. Danach wird alleine im vorletzten Geschäftsbericht auf Seite 65 ein Bilanzgewinn von knapp 41 Mio. Euro ausgewiesen . ein Betrag, der sich im letzten Geschäftsbericht auf 41,6 Mio. Euro erhöhte (S. 55).
Verbissen verteidigen viele kirchliche Arbeitgeber den sogenannten Dritten Weg kircheninterner Lohnfindung. Vermutlich geht es ihnen dabei weniger um christliche Werte als vielmehr darum, Betriebsrisiken auf Beschäftigte abzuwälzen. Welche Blüten diese Selbstherrlichkeit treibt, zeigt sich aktuell in den Zeisigwaldkliniken Bethanien in Chemnitz, die zum evangelischen Agaplesion-Konzern gehören. Die Klinikleitung strich den Beschäftigten kurzerhand die zweite Hälfte der Sonderzahlung – und teilte ihnen das nur zwölf Tage vor dem Auszahlungstermin im Juni mit. Für Beschäftigte, die ihre geplante Urlaubsreise deshalb nicht antreten können, ist das bitter. Zumal sie ohnehin keine Inflationsausgleichszahlung erhalten haben und bis zu 15 Prozent weniger verdienen als ihre Kolleg*innen bei Agaplesion in Hamburg, wo der ver.di-Tarifvertrag KTD gilt.
Die Geschäftsführung gleicht mit der Streichung der Sonderzahlung – von der leitende Angestellte und Chefärzt*innen übrigens ausgenommen sind – den Verlust des vergangenen Jahres aus. Schlicht unverschämt ist das, wenn man sich die längerfristige Bilanz anschaut: Zwischen 2005 und 2023 erzielte das evangelisch-methodistische Krankenhaus einen kumulierten Überschuss von mehr als 40 Millionen Euro. Gewinne einheimsen und Verluste von schlecht verdienenden Beschäftigten ausgleichen lassen – hätte Jesus das auch so gemacht? Voll daneben!
Nun ist es bekanntlich so, dass gute Bilanzbuchhalter und Steuerberater alleine mit Abschreibungen und Investitionen sowie Übernahmen einen kräftigen Reakgewinn auch in einen buchhalterischen Verlust umrechnen können."Traue keiner Bilanz, die Du nicht selbst gefälscht hast" ist ein geflügeltes Wort unter den Finanzfachleuten. Wir haben nicht die Möglichkeit, selbst eine seriöse und umfassende Bilanzanalyse vorzunehmen. Wir haben daher etwas nach den Bewertungen von ausgewiesenen Fachmedien gesucht. Und wir haben uns bemüht, dabei unterschiedliche Analysten zu zitieren und eine Entwicklung aufzuzeigen:
BibliomedManager schrieb im Juli 2024:
Agaplesion hat seinen Geschäftsbericht 2023 veröffentlicht. Demnach schließt der christliche Gesundheitskonzern das Geschäftsjahr 2023 mit einem Jahresüberschuss von 0,8 Millionen Euro ab. Die Umsatzerlöse belaufen sich auf 1.805,4 Millionen Euro und sind im Vergleich zum Vorjahr um 38,5 Millionen Euro gestiegen (+2,2 Prozent).kmo online schrieb im Februar 2025:
...
Nach einem Ertragseinbruch im Jahr 2023 erwartet Agaplesion für 2024 ein negatives Ergebnis. Trotzdem bleiben die Aussichten positiv: Der Cashflow ist stabil, der Konzern solide finanziert. Zudem dürften weitere Übernahmen anstehen.
...
Aufgrund des positiven Ergebnisses bleibt die Bilanz weiterhin sehr solide. Die Bilanzsumme sank von 1,71 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 1,64 Milliarden Euro, hauptsächlich durch eine deutliche Reduktion des kurzfristigen Vermögens. Dadurch erhöhte sich die Eigenkapitalquote von 26 auf 27 Prozent. 27 Prozent des Vermögens waren durch Fördermittel (2021 waren es 28 Prozent) und unverändert 25 Prozent durch Banken finanziert.
Der Anteil der Liquidität am Vermögen sank von zehn auf acht Prozent, was auf hohe eigenfinanzierte Investitionen von 72 Millionen Euro zurückzuführen ist. Diese Investitionen überstiegen den Cashflow von 45 Millionen Euro (2022: 35 Millionen Euro) deutlich, wodurch die Liquidität gegenüber Ende 2022 um 38 Millionen Euro sank.
...
Dennoch bleiben die Perspektiven des Unternehmens positiv. Mit einem Umsatzvolumen von etwa 1,8 Milliarden Euro ist das Unternehmen groß, die Bilanz ist sehr solide und die Ertrags- und Finanzlage ist trotz der widrigen Marktverhältnisse positiv. Zudem wird erwartet, dass erhebliche Synergiepotenziale im Klinikverbund schlummern. Angesichts der anhaltend schwierigen Marktbedingungen ist davon auszugehen, dass immer mehr konfessionelle Kliniken und Pflegeheime unter das Dach der Agaplesion schlüpfen werden.
Care Invest analysiert im Juli dieses Jahres:
Der größte evangelische Gesundheitskonzern hat sein Geschäftsjahr 2024 mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 5,2 Millionen Euro abgeschlossen. Im Vorjahr waren es 800.000 Euro.
Mittwoch, 8. Oktober 2025
Meldungen aus der niedersächsischen Diakonie
Dass auch Tarifverträge nicht dazu führen, dass den Mitarbeitenden die Ernte in den Schoß fällt, zeigt die niedersächsische Diakonie. Auch beim sogenannten "zweiten Weg" muß manchmal um gute Regelungen gerungen werden - aber da dürfen es die Mitarbeitenden wenigstens, im Gegensatz zum sogenannten "Dritten Weg", wo das "kollektive Betteln" (BAG-Urteil) durch wenige Verhandlungsführer nicht zur Augenhöhe beiträgt. Bei facebook wird dazu geschrieben:
📣 Klare Botschaften aus der Diakonie!Mehr Information gibt es im Internet: Klare Botschaften - Beschäftigte der niedersächsischen Diakonie machen mit Sprachnachrichten und Protesten deutlich, dass sie ein ordentliches Tarifangebot erwarten.
🗯 In Niedersachsen machen Beschäftigte der Diakonie laut und deutlich klar: Wir erwarten endlich ein faires Tarifangebot! Mit Sprachnachrichten und Protestaktionen machen unsere Kolleg*innen Druck in den laufenden Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Diakonische Dienstgeber Niedersachsens (DDN).
🤬 Statt Wertschätzung hat der Arbeitgeberverband bisher nur ein Angebot vorgelegt, das weit hinter der Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes zurückbleibt. Darin enthalten: Mini-Erhöhungen über drei Jahre – und sogar Kürzungen bei Zuschlägen...
💬 „Zu spät, zu wenig – und auch noch mit Verschlechterungen verknüpft“, bringt ver.di-Verhandlungsführerin Annette Klausing es auf den Punkt.
‼ Die Botschaft der Beschäftigten ist klar: Gute Pflege, Betreuung und soziale Arbeit gibt’s nur mit guter Bezahlung. Wer will, dass Menschen bleiben, muss endlich handeln – nicht kürzen!
Samstag, 4. Oktober 2025
Fünf Jahre Enzyklika „Fratelli tutti“ - Vorankündigung: Erstes Lehrschreiben des Papstes wird am Donnerstag veröffentlicht
Die Kirche feiert an diesem Samstag das Fest des hl. Franz von Assisi. Leos Vorgänger Franziskus hat an einem 4. Oktober – und zwar im Jahr 2020, bei einem Besuch in Assisi – seine Enzyklika „Fratelli tutti“ unterzeichnet (wir berichteten). Vielleicht sollten wir wieder einmal daran erinnern.
Wir möchten mit unseren Blogbeitrag heute Abend aber unser Augenmerk auf ein Ereignis der kommenden Woche richten:
Wie Radio Vatikan mitteilt, hat der Papst ein Lehrschreiben zum Thema Armut unterzeichnet:
Katholisch.de und "Kirrche und Leben" vermuten:
Es steht uns nicht zu, die Gewohnheit vieler Mitglieder des Episkopats zu übernehmen, die erst einmal voller Begeisterung über neue lehramtliche Aussagen aus Rom applaudieren - aber dann doch tun und lassen, was ihnen genehm ist. Die Alpen sind hoch - und Rom ist weit. Wir werden daher diese "Apostolische Exhoration" erst in aller Ruhe prüfen, bevor wir uns dazu äussern. Zumal es sich ja mit einer"Exhoration" um einen innerkirchlichen Adressatenkreis handelt. Und - so scheint die Meinung vieler Vertreter der Amtskirche zu sein - gewerkschaftlich organisierte Mitarbeitende gehören ja nicht zum Kreis der innerkirchlichen Adressaten.
Also, warten wir's ab.
Wir möchten mit unseren Blogbeitrag heute Abend aber unser Augenmerk auf ein Ereignis der kommenden Woche richten:
Wie Radio Vatikan mitteilt, hat der Papst ein Lehrschreiben zum Thema Armut unterzeichnet:
Der Papst wird am Donnerstag nächster Woche erstmals nach seiner Wahl ein größeres Lehrschreiben veröffentlichen. Es trägt den Titel „Dilexi te“ (dt. Ich habe dich geliebt) und hat die Form einer „Apostolischen Exhortation“ (dt. Ermahnung).Das Thema "Armut" betrifft wohl vor allem materielle Fragen. Man kann gespannt sein, was der Papst darin der Kirche ans Herz legt, wo und wie er Anlass zur Ermahnung sieht.
...
„Dilexi te“ wird am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Vatikan vorgestellt, ließ das vatikanische Presseamt an diesem Samstag wissen. Der lateinische Titel bezieht sich offenbar auf ein Zitat aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Inhaltlich geht es in „Dilexi te“ um die Liebe zu den Armen.
Apostolische Exhortationen sind päpstliche Schreiben, denen eine besondere Bedeutung beigemessen wird; anders als Enzykliken richten sie sich in erster Linie an innerkirchliche Adressaten. Häufig haben Papst-Dokumente, die die Ergebnisse von Bischofssynoden zusammenfassen, die Form einer Exhortation.
Katholisch.de und "Kirrche und Leben" vermuten:
Seit seiner Wahl am 8. Mai hat sich Papst Leo XIV. eher bedeckt gehalten mit programmatischen Aussagen. Mehrfach hatte er auch angekündigt, dass er zunächst einmal viel zuhören und sich einen Überblick verschaffen wolle. Für Aufsehen sorgte daher Mitte September ein langes Interview mit einigen inhaltlichen Aussagen. Mit großer Spannung erwarten daher viele Beobachter das erste offizielle Lehrschreiben des neuen Kirchenoberhaupts.Das Domradio (Kön) scheint einen anderen Kontext zu bevorzugen:
Am Mittwoch hatte das Portal "Silere non possum" berichtet, das Schreiben widme sich der Bedeutung der Armen für die Verkündigung und Seelsorge der Kirche. Dem Bericht zufolge werden im Text viele Ideen aufgenommen, die vom ehemaligen Leiter der Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Vincenzo Paglia (80), stammen. (cbr/KNA)
... In diesem Jahr gibt es vom Vatikan zahlreiche Veranstaltungen zum zehnjährigen Jubiläum der Enzyklika "Laudato si", der Umweltenzyklika mit der Papst Franziskus im Juni 2015 einen Schwerpunkt seines Pontifikats gesetzt hatte.
Es steht uns nicht zu, die Gewohnheit vieler Mitglieder des Episkopats zu übernehmen, die erst einmal voller Begeisterung über neue lehramtliche Aussagen aus Rom applaudieren - aber dann doch tun und lassen, was ihnen genehm ist. Die Alpen sind hoch - und Rom ist weit. Wir werden daher diese "Apostolische Exhoration" erst in aller Ruhe prüfen, bevor wir uns dazu äussern. Zumal es sich ja mit einer"Exhoration" um einen innerkirchlichen Adressatenkreis handelt. Und - so scheint die Meinung vieler Vertreter der Amtskirche zu sein - gewerkschaftlich organisierte Mitarbeitende gehören ja nicht zum Kreis der innerkirchlichen Adressaten.
Also, warten wir's ab.
Sonntag, 28. September 2025
Sonntagsnotizen: Kann sich die katholische Kirche noch retten?
Unter dieser Überschrift setzt sich ein Kommentator - bezeichnenderweise aus Österreich - bei katholisch.de mit dem Ergebnis der Herbstkonferenz der Bischöfe auseinander
Selbstrelativierung als einzige Chance Kann sich die katholische Kirche noch retten? Salzburg ‐ Der Studientag der Deutschen Bischofskonferenz zur "Sendung der Kirche inmitten der säkularen Gesellschaft" lieferte beunruhigende Erkenntnisse, schreibt Dogmatiker Hans-Joachim Sander in einem Gastbeitrag. Für die Kirche ergebe sich ein schwerwiegendes Problem. ... ...die katholische Kirche ... begriff sich über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, wie der Pharisäer – und sehr viele tun es in ihr immer noch. Die anderen sollen gefälligst bei ihr die Sünden beichten, aber sie selbst war die wahre Religion und mittlerweile sogar ein Sakrament Gottes für die Welt, wenn nicht sogar das Sakrament. Dann wurde diese Kirche allerdings an langen Hammelbeinen mit dem erwischt, was sie in der unheiligen Trinität von Sex, Macht, Geld auf dem Kerbholz hat. Und das ist eine lange Liste, die ständig neue Einträge findet. Bewältigt ist sie längst nicht. Das wiederum ist ziemlich übel für sie, ihren Glauben, ihre religiösen Angebote, ihre Distinktionsbilanz. Denn, was immer die anderen tatsächlich sind, die sich nicht für sie und ihren Glauben interessieren, ob sie nun Pharisäer, arrogante Frei-, Anders- oder Nicht-Religiöse, Unglaubende, spirituell Desinteressierte, völlig säkularisierte Menschen oder auch enttäuschte ehemalige oder nur Schein-Katholiken sind usw. – für die Kirche ist nur eines wirklich wichtig: Dass niemand von denen auf ihr Niveau herabsteigen kann, ohne an Distinktion im sozialen Gefüge zu verlieren. Warum sollten diese Menschen es also machen? Das wiederum kann sie völlig unabhängig davon, wer die sind und warum sie es tun, nicht kalt lassen, weil es ihre tatsächlichen massiven Distinktionsverluste anzeigt. Sie muss wollen, dass sie diese Verluste loswird und wieder auf die Gewinner-Seite wechselt. ... Dafür, sagt Lk 18, gibt eine Chance, aber es gibt auch nur diese einzige und es gibt sie nur so: Die katholische Kirche muss diese Schreckensbilanz ihrer Distinktionen annehmen und es hinnehmen, dass die anderen immer bessere Gründe haben, auf sie herabzuschauen, als sie an Möglichkeiten hat, auf deren Niveau wieder hinaufzukommen. Viele sehen die Kirche als massive sexuell und spirituell missbrauchende, machtgierige und geldfixierte "Täterorganisation" – und das nicht zu Unrecht. ... Ein schwerer Anfang eines Anfangs Leistet sie diese Selbstrelativierung, geht es leider noch nicht automatisch wieder hinauf in der sozialen Distinktionsleiter. Denn ob sie dann vor den anderen besser da steht, wird nicht von Gott abhängen, der sie dann gerechtfertigt haben wird, sondern daran, ob die anderen ihr den göttlichen Stopp ihrer Distinktionsverluste wirklich abnehmen und als einen Distinktionsgewinn gewähren, woraus sich für sie dann auch selbst ein Distinktionsgewinn ergibt. Die Kirche bleibt wie jener Sünder, der sich ganz hinten angestellt hat, also immer in der Ohnmacht der Sünderin. Aber das ist ihre einzige Chance in der misslichen Lage. Dann bekümmern sie ihre Mitglieder- und Glaubwürdigkeitsverluste nicht mehr bloß so wie bisher. Dann kann sie vielmehr begründet damit anfangen, sich darum zu kümmern, es zu ändern. Wie aller Anfang ist auch dieser Anfang eines Anfangs schwer. Aber er lohnt.
Montag, 22. September 2025
Deutsche Bischofskonferenz - Herbst-Vollversammlung in Fulda 2025
Die Deutsche Bischofskonferenz wie auch kirchliche Medien (z.B. katholisch.de) halten es wenigstens noch (pflichtgemäß) einer Meldung wert:
Eine Religionsgemeinschaft muss glaubwürdig sein, wenn sie etwas bewirken will. Und der kircheneigene "Dritte Weg" steht so im Kontrast zur eigenen Soziallehre (Gewerkschaftsprinzip, Tarifverträge - Mater et magistra), zum päpstlichen Lehramt, zum universellen Kirchenrecht (c. 1286 1° CIC) und zur Weltkirche, dass er seit Jahrzehnten jeder Glaubwürdigkeit entgegen steht.
Solange das nicht erkannt und die Erkenntnis dann auch umgesetzt wird, braucht Ihr, verehrte Bischöfe, keine Gedanken an fundamental- sowie pastoraltheologische Perspektiven verschwenden. Abgehobene Diskussionen in der eigenen weltfremden Blase helfen Euch und unserer Kirche nicht weiter.
*) Die Studie sagte einen weiteren dramatischen Mitgliederverlust voraus. In Fulda soll es darum gehen, wie angesichts dieser Prognose Kirche in der säkularen Gesellschaft noch präsent sein und pastoral handeln kann.
Vom 22. bis 25. September 2025 findet in Fulda die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz statt. An ihr nehmen 58 Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz unter Leitung des Vorsitzenden, Bischof Dr. Georg Bätzing, teil. Tagungsort ist das Maritim Hotel am Schlossgarten Fulda.Wir wollten der eigenen Nabelschau der Bischöfe eigentlich keine besondere Aufmerksamkeit mehr widmen. Aber die nebulöse Erklärung
Im Mittelpunkt der Beratungen steht eine Studieneinheit, die sich mit einer Vertiefung der Ergebnisse der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung *) befasst und aus fundamental- sowie pastoraltheologischer Perspektive nach Handlungsoptionen für die katholische Kirche fragt.gibt Anlass, unser beständiges Mantra zu wiederholen.
Eine Religionsgemeinschaft muss glaubwürdig sein, wenn sie etwas bewirken will. Und der kircheneigene "Dritte Weg" steht so im Kontrast zur eigenen Soziallehre (Gewerkschaftsprinzip, Tarifverträge - Mater et magistra), zum päpstlichen Lehramt, zum universellen Kirchenrecht (c. 1286 1° CIC) und zur Weltkirche, dass er seit Jahrzehnten jeder Glaubwürdigkeit entgegen steht.
Solange das nicht erkannt und die Erkenntnis dann auch umgesetzt wird, braucht Ihr, verehrte Bischöfe, keine Gedanken an fundamental- sowie pastoraltheologische Perspektiven verschwenden. Abgehobene Diskussionen in der eigenen weltfremden Blase helfen Euch und unserer Kirche nicht weiter.
*) Die Studie sagte einen weiteren dramatischen Mitgliederverlust voraus. In Fulda soll es darum gehen, wie angesichts dieser Prognose Kirche in der säkularen Gesellschaft noch präsent sein und pastoral handeln kann.
Mittwoch, 10. September 2025
Langsam zurück aus den Ferien oder dem Urlaub? Auch wir starten - aber gemächlich - mit einer Nachricht zum Arbeitsrechtsstreit in Lippstadt
Vor ziemlich genau einem Monat haben wir unter dem Titel - Klage von Gericht abgewiesen - zuletzt berichtet, und heute können wir diesen Bericht mit einem Beitrag von Radio Vatikan fortsetzen. Der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz wird darin wie folgt zitiert:
...Es ist also ein Thema, dass das "Sommerloch" überstanden hat, und auch die katholische Kirchenwelt offenbar immer noch intensiv bewegt.
Bedauern über persönliche Angriffe
Mit Bezug auf die Debatte um die Verfassungsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf und den Lippstädter Frauenarzt Joachim Volz bedauerte und kritisierte der Paderborner Erzbischof, dass es zu persönlichen Angriffen und Verleumdungen gekommen sei. Die grundsätzliche Debatte um Lebensschutz zu Beginn und am Ende des Lebens müsse so weit wie möglich von Personaldebatten getrennt werden.
Brosius-Gersdorf war von der SPD als Kandidatin für das Amt als Verfassungsrichterin vorgeschlagen worden. Ihre sowie die Wahl zweier weiterer Kandidaten war im Juli nicht zustande gekommen, nachdem in der Union Vorbehalte gegen die Juristin laut geworden waren. Dabei ging es vor allem um ihre Position zum Schwangerschaftsabbruch. Das Arbeitsgericht Hamm hatte Anfang August gegen eine Klage von Volz das Recht des Klinikträgers bestätigt, diesem Schwangerschaftsabbrüche zu untersagen - außer bei Gefahr für Leib und Leben der Mutter. Volz will in Berufung gehen.
„Kompromiss nicht infrage stellen"
Beim Rechtsstreit in Lippstadt sei die Erzdiözese kein unmittelbarer Player, betonte Bentz. Daher werde man bei dem arbeitsrechtlichen Prozess auch nicht intervenieren. Insgesamt aber bedauere die katholische Kirche, dass der „mühsam erarbeitete Kompromiss" zur rechtlichen Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen infrage gestellt werde. Immerhin würden bei der aktuellen Regelung beide Rechtsgüter gewahrt: das Lebensrecht und die Würde des Kindes wie auch die Lebenslage der betroffenen Frauen.
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. In den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft bleibt eine Abtreibung aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt.
Montag, 11. August 2025
Auch der Blog macht Sommerpause
In Bayern haben die Sommerferien begonnen - eine Zeit, die wir auch in der Vergangenheit immer für etwas "Blogruhe" genutzt haben.
Hitze mit Feuchtigkeitsentzug trübt die Gedanken. Und der Ausgleich des Flüssigkeitshaushalts wirkt nicht immer klärend - vor allem wenn er mit dem bayerischen Fasten-Nationalgetränk erfolgt.
Die letzte Gerichtsverhandlung um das Abtreibungsverbot in einer nunmehr katholisch geführten Klinik hat aber so viele komplexe Themenbereiche angesprochen, dass wir unsere Pause etwas verschoben haben. Mit täglich rund 800 Zugriffen, die wir zwischen dem 6. August und dem 9. August verzeichnet haben, dürfte das auch im Interesse unserer Leser gelegen haben.
= Kann es wirklich sein, dass ein öffentliches Krankenhaus, das einen verfassungsrechtlich geschützten Staatsauftrag erfüllt und dafür öffentliche Zuschüsse erhält, "im Rahmen des ... Direktionsrechts" bestimmte, manchmal elementare Leistungen des Gesundheitsschutzes verweigert?
= Was zählt die Gewissensfreiheit von Mitarbeitenden, die ohne ihr Zutun plötzlich Loyalitätsvorgaben erfüllen sollen, welche der neue kirchliche Arbeitgeber "überstülpt"?
Das ist genug Stoff zum Nachdenken - und nichts eignet sich besser als eine kreative Pause und die Regeneration von Ferien oder Urlaub.
In diesem Sinne - all unseren Lesern eine erholsame Ferienzeit ...
Hitze mit Feuchtigkeitsentzug trübt die Gedanken. Und der Ausgleich des Flüssigkeitshaushalts wirkt nicht immer klärend - vor allem wenn er mit dem bayerischen Fasten-Nationalgetränk erfolgt.
Die letzte Gerichtsverhandlung um das Abtreibungsverbot in einer nunmehr katholisch geführten Klinik hat aber so viele komplexe Themenbereiche angesprochen, dass wir unsere Pause etwas verschoben haben. Mit täglich rund 800 Zugriffen, die wir zwischen dem 6. August und dem 9. August verzeichnet haben, dürfte das auch im Interesse unserer Leser gelegen haben.
= Kann es wirklich sein, dass ein öffentliches Krankenhaus, das einen verfassungsrechtlich geschützten Staatsauftrag erfüllt und dafür öffentliche Zuschüsse erhält, "im Rahmen des ... Direktionsrechts" bestimmte, manchmal elementare Leistungen des Gesundheitsschutzes verweigert?
= Was zählt die Gewissensfreiheit von Mitarbeitenden, die ohne ihr Zutun plötzlich Loyalitätsvorgaben erfüllen sollen, welche der neue kirchliche Arbeitgeber "überstülpt"?
Das ist genug Stoff zum Nachdenken - und nichts eignet sich besser als eine kreative Pause und die Regeneration von Ferien oder Urlaub.
In diesem Sinne - all unseren Lesern eine erholsame Ferienzeit ...
Sonntag, 10. August 2025
Sonntagsnotizen: "Religionsfreiheit ist nicht verhandelbar"
erklärte der CDU-Politiker Lars Rohwer. Er ist neuer Vorsitzender des Stephanuskreises der Unionsfraktionen im Bundestag.
Quellen:
Domradio
Katholisch.de
Frage:
Gilt das nur für die kollektive Religionsfreiheit der Kirchen selbst oder auch für die individuelle Religionsfreiheit der Mitarbeitenden in kirchlichen Einrichtungen?
Quellen:
Domradio
Katholisch.de
Frage:
Gilt das nur für die kollektive Religionsfreiheit der Kirchen selbst oder auch für die individuelle Religionsfreiheit der Mitarbeitenden in kirchlichen Einrichtungen?
Freitag, 8. August 2025
Klage von Gericht abgewiesen
berichten unter anderem:
DOMRADIO: Arzt kündigt Berufung an
katholisch.de: Streit geht weiter - Prozess um Abtreibungen: Arzt verliert gegen christliches Klinikum
SPIEGEL: Chefarzt scheitert mit Klage gegen Abtreibungsverbot
Tagsschau: Gericht weist Klage gegen Abtreibungsverbot an Klinik ab
WDR: Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Gericht weist Klage ab
DIE ZEIT: Arzt scheitert mit Klage gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen
DIE ZEIT: Wenn Frauenrechte weniger zählen als religiöse Dogmen
Kann es wirklich sein, dass ein öffentliches Krankenhaus, das einen verfassungsrechtlich geschützten Staatsauftrag erfüllt und dafür öffentliche Zuschüsse erhält, bestimmte Leistungen des Gesundheitsschutzes per Dienstanweisung bis in die Privatpraxis des Arztes hinein verbietet?
Ein kleiner Nebensatz, bevor wir uns an das Urteil machen: mit etwa 2000 Demonstranten haben ungefähr doppelt soviele Personen den Demoaufruf von ver.di und der Organisatorin der Demo, Sarah Gonschorek (Grüne) befolgt, als angenommen worden war. Auch aus Bund und Land NRW waren Politikerinnen gekommen, darunter die Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann.Bei dem Demomarsch stoppte Volz vor dem Klinikum und hielt eine Tafel hoch, auf die er die Zahl 231.470 eintrug – die aktuelle Unterschriftenzahl der Petition, die der Mediziner zudem am 1. Juli unter dem Titel »Ich bin Arzt – meine Hilfe ist keine Sünde!« gestartet hatte. Das sei »überwältigend«.
DOMRADIO: Arzt kündigt Berufung an
katholisch.de: Streit geht weiter - Prozess um Abtreibungen: Arzt verliert gegen christliches Klinikum
SPIEGEL: Chefarzt scheitert mit Klage gegen Abtreibungsverbot
Der klagende Gynäkologe erwägt nun, die nächste Instanz anzurufen.
Tagsschau: Gericht weist Klage gegen Abtreibungsverbot an Klinik ab
WDR: Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Gericht weist Klage ab
DIE ZEIT: Arzt scheitert mit Klage gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen
DIE ZEIT: Wenn Frauenrechte weniger zählen als religiöse Dogmen
Kann es wirklich sein, dass ein öffentliches Krankenhaus, das einen verfassungsrechtlich geschützten Staatsauftrag erfüllt und dafür öffentliche Zuschüsse erhält, bestimmte Leistungen des Gesundheitsschutzes per Dienstanweisung bis in die Privatpraxis des Arztes hinein verbietet?
Ein kleiner Nebensatz, bevor wir uns an das Urteil machen: mit etwa 2000 Demonstranten haben ungefähr doppelt soviele Personen den Demoaufruf von ver.di und der Organisatorin der Demo, Sarah Gonschorek (Grüne) befolgt, als angenommen worden war. Auch aus Bund und Land NRW waren Politikerinnen gekommen, darunter die Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann.Bei dem Demomarsch stoppte Volz vor dem Klinikum und hielt eine Tafel hoch, auf die er die Zahl 231.470 eintrug – die aktuelle Unterschriftenzahl der Petition, die der Mediziner zudem am 1. Juli unter dem Titel »Ich bin Arzt – meine Hilfe ist keine Sünde!« gestartet hatte. Das sei »überwältigend«.
Auch katholisch.de berichtet: Warum ein Chefarzt eine christliche Klinik verklagt
(Zitat)
weitere Berichte: Lippstädter Zeitung: Live-Ticker: Demo in Lippstadt gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen
taz: Joachim Volz will sich Abbrüche nicht verbieten lassen
WDR: Streit um Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Verhandlung startet
ZDF heute: Lippstadt: Streit um Abtreibungsverbot
Im westfälischen Lippstadt startet am Freitag ein Prozess des Chefarztes Joachim Volz gegen das dortige christliche Klinikum. Der Mediziner klagt gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber. Ein Urteil wird schon am ersten Verhandlungstag erwartet. Die Entscheidung betreffe eine reine Rechtsfrage, erklärte das zuständige Arbeitsgericht Hamm auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Kammer plane keine weiteren Termine.neben den bereits bekannten Angaben (wir berichteten) weist katholisch.de auf weitere Bezugsfälle und die damit einhergehende bundesweite Relevanz hin:
Dem Prozess ist bundesweite Aufmerksamkeit sicher, nachdem Volz unter anderem eine Online-Petition gegen religiöse Vorschriften in Krankenhäusern gestartet hatte, die bislang knapp 230.000 Menschen unterzeichnet haben. Am Verhandlungstag ist zudem eine Solidaritätsdemo für Volz mit rund 1.000 Teilnehmern angekündigt.
...
...
Ähnliche Debatte in Flensburg
Volz nimmt den Prozess auch zum Anlass, um auf vergleichbare Fälle in anderen Kliniken hinzuweisen. Eine ähnliche Diskussion gibt es beispielsweise in Flensburg. Dort planen das katholische Malteser-Krankenhaus und das evangelische Diako-Krankenhaus eine Fusion. In dem neuen Flensburger Zentralklinikum, das 2030 eröffnen soll, sollen auf Wunsch der Malteser ebenfalls keine Abtreibungen mehr durchgeführt werden. "Unsere Aufgabe im Krankenhaus besteht darin, Leben zu retten und zu erhalten", schreibt die katholische Hilfsorganisation. "Wir sind nicht Partner, wenn es um eine Beendigung des Lebens geht." Kürzlich debattierte der schleswig-holsteinische Landtag über das Thema - ohne konkretes Ergebnis.
Die katholische Kirche lehnt Abtreibungen grundsätzlich ab. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz ist es Aufgabe von Christen, sich für den Schutz jeden Lebens einzusetzen: "In ethischer Perspektive können wir die Abtreibung daher nicht gutheißen und sie auch nicht als eine Normalität menschlichen Lebens akzeptieren." Der aktuell geltende Paragraf 218 des Strafgesetzbuches sei ein wichtiger Kompromiss, der allerdings nicht gänzlich mit den Ansichten der Kirche vereinbar sei.
weitere Berichte: Lippstädter Zeitung: Live-Ticker: Demo in Lippstadt gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen
taz: Joachim Volz will sich Abbrüche nicht verbieten lassen
WDR: Streit um Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Verhandlung startet
ZDF heute: Lippstadt: Streit um Abtreibungsverbot
Mittwoch, 6. August 2025
Chefarzt klagt gegen christliches Klinikum Lippstadt: Rund 1.000 Menschen zu Demo bei Abtreibungsprozess erwartet
berichtet die sicher nicht "kirchenfeindliche" Seite katholisch.de
Lippstadt ‐ Recht auf Schwangerschaftsabbruch? In Lippstadt klagt ein Chefarzt gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber, das christliche Klinikum Lippstadt. Zum Prozessauftakt hat sich eine Demo angekündigt. Zu einer Demonstration wegen eines Abtreibungsprozesses vor dem Amtsgericht Lippstadt erwartet die Polizei etwa 1.000 Menschen. In dem Fall klagt der Mediziner Joachim Volz gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber, das christliche Klinikum Lippstadt. Zum Prozessauftakt am Freitag wollen sich vor dem Gericht die Unterstützer des Arztes versammeln, wie die Polizei am Dienstag bestätigte. Nach der Fusion des evangelischen Krankenhauses Lippstadt mit dem katholischen Dreifaltigkeits-Hospital war auf Wunsch der katholischen Seite durchgesetzt worden, auf Schwangerschaftsabbrüche weitgehend zu verzichten. Volz wirft dem katholischen Träger vor, per Dienstanweisung keine Schwangerschaftsabbrüche mehr zuzulassen, auch nicht aus medizinischen Gründen. Mit der Klage wehrt sich der Arzt auch gegen eine Ausweitung dieser Anweisung auf seine Nebentätigkeit in seiner privaten Praxis in Bielefeld. Der Fall wird in Lippstadt vom Arbeitsgericht Hamm verhandelt. ...Das Deutsche Ärzteblatt nimmt sich unter der Überschrift
„Es darf nicht mehr möglich sein, dass ein solches Verbot ausgesprochen wird“ebenso des Falles an, interviewt den Arzt und meint:
Berlin/Lippstadt – Nach einer Klinikfusion hat ein katholischer Träger dem Gynäkologen Joachim Volz das Durchführen von Schwangerschaftsabbrüchen verboten, ausgenommen Fälle von akuter Lebensgefahr für Mutter oder Kind. Das betrifft den ambulanten ebenso wie stationären Bereich und darüber hinaus eine Praxis, die Volz in Bielefeld betreibt.(es folgt ds Interview mit Dr. Volz; wir berichteten wegen des arbeitsrechtlichen Hintergrundes)
Dagegen klagt der 67 Jahre alte langjährige Chefarzt. An diesem Freitag (8. August) wird dazu eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamm (in den Räumen des Amtsgerichts Lippstadt) in Nordrhein-Westfalen erwartet, wie die Gerichtsdirektorin auf Anfrage mitteilte.
Nach Gerichtsangaben ist in der Dienstanweisung des katholischen Trägers eine Ausnahme dann vorgesehen,„wenn Leib und Leben der Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind und es keine medizinisch mögliche Alternative gibt, mit der das Leben des ungeborenen Kindes gerettet werden könnte“.
...
Die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) stellte sich hinter Volz und erklärte: „Es ist unethisch und nicht akzeptabel, erst dann zu handeln, wenn das Leben der Mutter akut gefährdet ist.“ ÄKWL-Präsident Hans-Albert Gehle sprach von einer bedenklichen Entwicklung. Er befürchtet, dass Klinikfusionen auch in anderen Regionen ähnliche Auswirkungen haben könnten.
...
Montag, 4. August 2025
Chefarzt verklagt Kirche: "Mir wird vorgeschrieben, eine Frau zu quälen"
Es ist ein schwieriges Thema. Denn einerseits gibt es den Schutz des ungeborenen Lebens - und andererseits den Schutz der Mutter.
Ja, richtig - gerade die Babys sind das schwächste Glied der Gesellschaft, und damit die schützenswerteste Personengruppe überhaupt. Und ja - auch behinderte Kinder haben das Recht zu leben. Und es gibt die Probleme, die eine Risikoschwangerschaft oder auch eine ungewollte Schwangerschaft (etwa nach Inzest oder Vergewaltigung) für die Mütter und in der Folge auch für das werdende Kind haben, bis zu dessen Lebensende und möglicherweise für deren Kinder und Kindeskinder auch noch darüber hinaus. Ich möchte nie in die Situation kommen, zwischen diesen beiden Werten entscheiden zu müssen.
Ein Chefarzt verklagt nun seinen katholischen Arbeitgeber, nachdem dieser das einst evangelische Klinikum als Täger übernommen hat
Es ist diese Abwägung, die von Seite der die Juristin Dr. Brosius-Gersdorf in einem juristischen Aufsatz analysiert wurde. Diese juristische Diskussion ist Aufgabe von Juristen. Brosius-Geiersdorf kommt zur folgenden Schlußfolgerung:
1. Die "unantatsbare Menschenwürde" (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) umfasst nicht das Leben eines Fetus oder Embryos, wohl aber das der Mutter (das hat im Übrigen das Bundesverfassungsgericht schon vor rund 50 Jahren so entschieden). Aus diesem - nur aus diesem - Grund sind Schwangerchaftsabbrüche überhaupt erst möglich (vgl. auch § 1 BGB).
2. Daher spricht viel dafür, den Schutz von Embryos und Feten unter Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz zu subsummieren.
Das ist beileibe keine Plädoyer für einen Schwangerschaftsabbruch und erst recht kein "Innenpolitischer Skandal" - weshalb auch uninformierte Kritik aus Reihen der Bischöfe entsprechende Vorwürfe zurück genommen haben und massiv verbal abgerüstet wurde. An dieser Stelle - vollen Respekt vor den Akteuren, die auch einen Fehler einsehen und sich dann zurück nehmen können.
Wenn wir das Thema trotzdem aufgreifen, dann im Kontext mit den kirchlichen Loyalitätsverpflichtungen. Und auch uns geht es hier nicht um materielle Bewertungen, sondern um eine rein formalrechtliche Frage.
Mit welchem Recht verlangt ein (kirchlich-katholischer) Träger von seinen MitarbeiterInnen, die noch dazu einer anderen christlichen Religionsgemeinschaft angehören, die Einhaltung katholischer Moralvorschriften oder gar der "Grundordnung"? Wir dürfen doch davon ausgehen, dass diese nicht von Anfang an arbeitsvertraglich vereinbart waren. Wieso kann also der "Trägerwechsel" zu einer einseitigen Änderung der arbeitsvertraglichen Pflichten und Rechte führen?
Das kirchliche Recht zur Selbstordnung und Selbstverwaltung besteht nur in den Schranken des für alle geltenden Rechts. Und die kirchliche Befugnis, Rechtsnormen zu setzen, gilt nach den Konkordatsverträgen nur für die Mitglieder der eigenen - katholischen - Kirche.
Es ist aber für alle geltendes Recht, daß ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb einer bestimmten Frist straffrei ist. Und einem nichtkatholischen Mitarbeiter darf die katholische Kirche nach den von ihr selbst unterzeichneten Konkordatsverträgen gar keine Vorschriften machen. Das resultiert aus der Religionsfreiheit, die auch den nichtkatholischen Mitarbeitenden verfassungsrechtlich zugestanden ist. Sie darf ihn nicht zwingen, gegen sein Gewissen zu handeln. Und sollte jetzt jemand auf den Gedanken kommen, dann sei halt das Arbeitsverhältnis (unter Umständen sogar fristlos?) zu beenden - moment:
es gibt arbeitsvertraglich beziehungsweise gesetzlich vorgegebene Kündigungsfristen. Und auch deren Einhaltung ist "geltendes Recht" und damit zu fordern.
Wir werden aus diesem Grund den Streitfall sicherlich weiter verfolgen und bei Gelegenheit über die Entwicklung informieren.
Ja, richtig - gerade die Babys sind das schwächste Glied der Gesellschaft, und damit die schützenswerteste Personengruppe überhaupt. Und ja - auch behinderte Kinder haben das Recht zu leben. Und es gibt die Probleme, die eine Risikoschwangerschaft oder auch eine ungewollte Schwangerschaft (etwa nach Inzest oder Vergewaltigung) für die Mütter und in der Folge auch für das werdende Kind haben, bis zu dessen Lebensende und möglicherweise für deren Kinder und Kindeskinder auch noch darüber hinaus. Ich möchte nie in die Situation kommen, zwischen diesen beiden Werten entscheiden zu müssen.
Ein Chefarzt verklagt nun seinen katholischen Arbeitgeber, nachdem dieser das einst evangelische Klinikum als Täger übernommen hat
Der Gynäkologe Joachim Volz war langjähriger Chefarzt beim Evangelischen Krankenhaus in Lippstadt, das seit der Fusion "Klinikum Lippstadt - Christliches Krankenhaus" heißt.Näheres gibt es hier zu lesen (n-tv)
Seit ein katholischer Träger sein Krankenhaus übernommen hat, darf Joachim Volz, Chefarzt und Frauenarzt am Klinikum Lippstadt, keine Schwangerschaftsabbrüche mehr vornehmen. Der 67-Jährige zieht nun gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht. Welche Folgen das Verbot für seine Patientinnen hat und warum er mit dem Fall an die Öffentlichkeit gegangen ist, sagt er im Interview mit ntv.de.
Es ist diese Abwägung, die von Seite der die Juristin Dr. Brosius-Gersdorf in einem juristischen Aufsatz analysiert wurde. Diese juristische Diskussion ist Aufgabe von Juristen. Brosius-Geiersdorf kommt zur folgenden Schlußfolgerung:
1. Die "unantatsbare Menschenwürde" (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) umfasst nicht das Leben eines Fetus oder Embryos, wohl aber das der Mutter (das hat im Übrigen das Bundesverfassungsgericht schon vor rund 50 Jahren so entschieden). Aus diesem - nur aus diesem - Grund sind Schwangerchaftsabbrüche überhaupt erst möglich (vgl. auch § 1 BGB).
2. Daher spricht viel dafür, den Schutz von Embryos und Feten unter Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz zu subsummieren.
Das ist beileibe keine Plädoyer für einen Schwangerschaftsabbruch und erst recht kein "Innenpolitischer Skandal" - weshalb auch uninformierte Kritik aus Reihen der Bischöfe entsprechende Vorwürfe zurück genommen haben und massiv verbal abgerüstet wurde. An dieser Stelle - vollen Respekt vor den Akteuren, die auch einen Fehler einsehen und sich dann zurück nehmen können.
Wenn wir das Thema trotzdem aufgreifen, dann im Kontext mit den kirchlichen Loyalitätsverpflichtungen. Und auch uns geht es hier nicht um materielle Bewertungen, sondern um eine rein formalrechtliche Frage.
Mit welchem Recht verlangt ein (kirchlich-katholischer) Träger von seinen MitarbeiterInnen, die noch dazu einer anderen christlichen Religionsgemeinschaft angehören, die Einhaltung katholischer Moralvorschriften oder gar der "Grundordnung"? Wir dürfen doch davon ausgehen, dass diese nicht von Anfang an arbeitsvertraglich vereinbart waren. Wieso kann also der "Trägerwechsel" zu einer einseitigen Änderung der arbeitsvertraglichen Pflichten und Rechte führen?
Das kirchliche Recht zur Selbstordnung und Selbstverwaltung besteht nur in den Schranken des für alle geltenden Rechts. Und die kirchliche Befugnis, Rechtsnormen zu setzen, gilt nach den Konkordatsverträgen nur für die Mitglieder der eigenen - katholischen - Kirche.
Es ist aber für alle geltendes Recht, daß ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb einer bestimmten Frist straffrei ist. Und einem nichtkatholischen Mitarbeiter darf die katholische Kirche nach den von ihr selbst unterzeichneten Konkordatsverträgen gar keine Vorschriften machen. Das resultiert aus der Religionsfreiheit, die auch den nichtkatholischen Mitarbeitenden verfassungsrechtlich zugestanden ist. Sie darf ihn nicht zwingen, gegen sein Gewissen zu handeln. Und sollte jetzt jemand auf den Gedanken kommen, dann sei halt das Arbeitsverhältnis (unter Umständen sogar fristlos?) zu beenden - moment:
es gibt arbeitsvertraglich beziehungsweise gesetzlich vorgegebene Kündigungsfristen. Und auch deren Einhaltung ist "geltendes Recht" und damit zu fordern.
Wir werden aus diesem Grund den Streitfall sicherlich weiter verfolgen und bei Gelegenheit über die Entwicklung informieren.
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