Montag, 13. Oktober 2025

§ - Zwangsmitgliedschaft in einem System des Dritten Weges - schließt das einen Anwendungstarifvertrag aus?

Mit einer interessanten Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht im Juli 2025 befasst. Denn grundsätzlich gilt ja, dass die Mitgliedschaft in einer Koalition - sei es auf Mitarbeiterseite wie auch auf Arbeitgeberseite - freiwillig sein muss. Es gibt nun einmal die verfassungsrechtlich garantierte Koalitionsfreiheit, die auch die "negative Koalitionsfreiheit " - also das Recht, eben nicht Mitglied werden zu müssen, einschließt. Nur solche freiwilligen Koalitionen sind berechtigt und fähig, einen Tarifvertrag zu schließen.
Das System des "Dritten Weges" schließt aber den kirchenrechtlichen Zwang zur Anwendung mit ein. Das ergibt sich letztendlich aus der Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GrO). Die einem Bischof kirchenrechtlich untergeordneten kirchlichen Rechtsträger sind aufgrund dieses bischöflichen Gesetzes kirchenrechtlich verpflichtet, die Regelungen des "Dritten Weges" für sich anzuwenden. *)

Unsere Veröffentlichung vom gestrigen Freitag hat nun zu Rückfragen geführt, ob denn der Vorschlag "identische Regelungen von AVR Caritas und TVöD anstatt über einseitige "Allgemeine Geschäftsbedingungen" als "beiderseitige Vereinbarung" (Stichwort: Anwendungstarifvertrag) miteinander zu koppeln" überhaupt mit dem Gedanken der Koalitionsfreiheit vereinbar und damit auch rechtswirksam wäre. Denn eine solche Vereinbarung - etwa durch einen Bischof geschlossen - oder gar eine kirchengesetzliche Regelung würde für alle diesem Bischof kirchenrechtlich unterstehenden kirchlichen Rechtsträger gelten, und das nicht etwa freiwillig, sondern verpflichtend.

Wir haben bisher argumentiert, dass Caritas und Kirche - soweit sie eben in einem auch kirchenrechtlichen Beherrschungsverhältnis stehen - einen Konzern darstellen. Es besteht ein rechtliches Abhängigkeits- und Unterordnungsverhältnis, wobei es völlig egal ist, auf welcher Rechtsgrundlage dieses Verhältnis beruht. Das kann eine gesetzliche oder auch eine vertragliche Regelung sein - oder eben auch eine kirchenrechtliche Bestimmung, wie etwa die kirchliche Stiftungsaufsicht über die dem Bischof unterstehenden kirchlichen Stiftungen (vgl. BayStiftG i.V. KiStiftO). Wer bis hin zu persönlichen Loyalitätspflichten der Mitarbeitenden Anordnungen treffen kann, wer den Abschluss von Tarifverträgen untersagen kann - der kann genauso auch Tarifverträge abschließen oder zumindest deren Abschluss zulassen.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun in seinem Urteil vom 31. Juli 2025 – 6 AZR 172/24 – einen weiteren Weg gefunden. Auf die im genannten Fall vorliegende Zwangsmitgliedschaft im DDN und die daraus begründeten Zweifel an der Tariffähigkeit des auf Arbeitgeberseite beteiligten DDN und damit an der Wirksamkeit des TV DN kommt es nicht an. Denn "ist ... aus Anlass des Betriebsübergangs ua. von der Beklagten sowie der Gewerkschaft ver.di, deren Mitglied die Klägerin ist, ein Überleitungstarifvertrag geschlossen worden, der (hier in § 3) bestimmt, dass auf die übergehenden Arbeitsverhältnisse ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs die Bestimmungen des TV DN in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden" - dann braucht das Gericht "nicht mehr über die Frage der Tariffähigkeit" (der Partei, die einen anzuwendenden Tarifvertrag geschlossen hat, hier des DDN) befinden. Denn damit gilt:
Nimmt ein Tarifvertrag auf einen anderen Tarifvertrag Bezug, werden die Regelungen des in Bezug genommenen Tarifvertrags inkorporierter Teil des verweisenden Tarifvertrags. Als solcher gelten sie unmittelbar und zwingend zwischen den an den Verweisungstarifvertrag gebundenen Parteien eines Arbeitsvertrags. Das gilt auch für den Fall, dass am Abschluss des in Bezug genommenen Tarifvertrags eine nicht tariffähige Partei beteiligt gewesen sein sollte.


*)
Die dem Vatikan unterstehenden Gemeinschaften päpstlichen Rechts (also vereinfacht die international tätigen Orden) können dagegen durch einen bischöflichen Rechtsetzungsakt nicht verpflichtet werden. Sie können aber freiwillig an einem der Systeme des "Dritten Weges" partizipieren und sich damit auch einem dort abgeschlossenen Anwendungstarifvertrag unterwerfen, oder für sich - wie es im universellen Kirchenrecht auch vorgeschrieben wäre - den "Zweiten Weg" anwenden und selbst Tarifverträge mit Gewerkschaften schließen.

Freitag, 10. Oktober 2025

AVR Caritas: 2027 - Angleichung an den TVöD

Wer bisher neu mit der AVR Caritas zu tun hatte, ist an dem Werk mit einem Allgemeinen Teil und über 30 Anlagen erst einmal verzweifelt. Da erreicht uns nun folgende Nachricht:
Es ist beschlossen! Die Neufassung der AVR Caritas treten am 1. Januar 2027 in Kraft. Das Projekt war zunächst bekannt als „Anlage-2-Reform“. Es geht jedoch um viel mehr: Die Reform bedeutet auch einen grundsätzlich neuen Aufbau der AVR.
Wir erklären, was sich ändert und wie das neue Tarifwerk der Caritas demnächst aussieht. Alle Informationen - auch schon den vollständigen Text der AVR 2027 - gibt es auf www.akmas.de/avr2027
(Quellen: u.a. Kollege Fikret Alabas auf Facebook)
Soweit wie wir das verstanden haben, werden Mitarbeitende, die bisher unter die Anlagen 2, 2d, 2e gefallen sind, die Gelegenheit erhalten, stattdessen die am TVöD orientierte AVR 2027 arbeitsvertraglich zugrunde zu legen. Dazu bedarf es einer individuellen arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Denn die AVR Caritas sind "Allgemeine Geschäftsbedingungen" (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, wir berichteten). Da diese Regelungen nur aufgrund ausdrücklicher arbeitsvertraglicher Vereinbarungen zur Grundlage des Arbeitsvretrages werden, muß die Anwendung neuer Regelungen auch ausdrücklich einzelvertraglich vereinbart werden (so schon Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. März 2012 - Az: 9 Sa 627/11 - vgl. sogar bei einem Betriebsübergang: BAG 6 AZR 683/16 und 6 AZR 684/16).

Wenn das mit der Angleichung an den TVöD tatsächlich so ist, dann wäre es ein Meilenstein in der Entwicklung hin zu einem Allgemein Verbindlichen Tarifvertrag - und damit auf dem Weg zum Ende der Schmutzkonkurrenz in der Branche. Denn es wäre dann kein Problem mehr, identische Regelungen von AVR Caritas und TVöD anstatt über einseitige "Allgemeine Geschäftsbedingungen" als "beiderseitige Vereinbarung" (Stichwort: Anwendungstarifvertrag) miteinander zu koppeln.
Ein Weg, den wir schon vor Jahren für die Vergütungsautomatik der Bayerischen Regional-KODA vorgeschlagen haben.
Das macht die Arbeitsrechtlichen Kommissionen nicht überflüssig - im Gegenteil: damit wird der Weg zu kirchenspezifischen Regelungen geöffnet, die etwa für besondere kirchliche Berufsgruppen (im Bereich von Liturgie und Verkündigung) auch weiterhin benötigt werden. Und ganz nebenbei kann dann auch das "kirchenspezifische" einer echten kirchlichen Einrichtung besser herausgearbeitet werden als jetzt - wo sich die ARK Caritas im Streit um die Übernahme der Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes erschöpft und sich die Caritas-Einrichtungen ansonsten nicht im Geringsten (nicht einmal durch eine Hauskapelle, denn die gibt es fast überall) von den "weltlichen Einrichtungen" der gleichen Branche unterscheiden.

Neues Material für die MAVen in Bayern

Die MAV-Broschüre und das Plakat, Solidarität ist unsere Stärke, stehen unten zum Download bereit. Die gedruckte Fassung kann bei euren Geschwerkschaftssekretär*innen bezogen werden. Das Plakat in A3 ist in der gedruckten Fassung enthalten.
berichtet unsere ver.di (Fachbereich C) aus Bayern. Das Material ist zwar speziell zu den Wahlen für die Mitarbeitervertretungen nach MVG-EKD 2026 erstellt worden - aber viele der Vorlagen sind auch gut für die MAVen nach MAVO verwendbar.
Unsere KollegInnen von Diakonie und evangelischer Kirche zeigen mal wieder, wie ver.di auch die MAV-Arbeit unterstützen kann.

Unser Tip: anschauen, was gut ist weiter verbreiten - und wenn man was abändern muss, dann zu Euren örtlichen ver.di Sekretären gehen (ihr kennt die ja alle), und gemeinsam Verbesserungen für MAVen nach MAVO erarbeiten.

Donnerstag, 9. Oktober 2025

Wie angekündigt: Erstes offizielles Lehrschreiben von Papst Leo XIV. veröffentlicht - Darin übernimmt er Kapitalismuskritik seines Vorgängers Franziskus

berichtet katholisch.de und führt aus:
Vatikanstadt ‐ Vor fünf Monaten wurde Papst Leo XIV. gewählt. Nun hat er sein erstes offizielles Lehrschreiben veröffentlicht. Thema ist der Einsatz der Kirche für die Armen. Der Text hat es in sich.
" ...
Das Lehrschreiben mit dem Titel "Dilexi te" (Ich habe dich geliebt) wurde vom Papst als "Apostolische Exhortation" unterzeichnet. Es steht damit vom Grad der Verbindlichkeit eine Stufe unterhalb einer Enzyklika (Rundschreiben), ist aber ebenfalls eine weltweit zu verbreitende Äußerung des kirchlichen Lehramts." (so katholisch.de, wobei wir bereits darauf hingewiesen haben, dass sich eine Exhoration vor allem an einen innerkirchlichen Addressatenkreis gerichtet ist, also auch wenigre Personen ansprich als eine Enzyklika.
Der Wortlaut der Apostolische Exhortation „Dilexi te“ von Leo XIV. ist von Radio Vatikan hier veröffentlicht. Im Kapitel IV: "Eine Geschichte, die weitergeht" geht der Papst dann auch auf das Jahrhundert der Soziallehre der Kirche ein.
...
82. ... Die Arbeiter-, Frauen- und Jugendbewegungen sowie der Kampf gegen rassistische Diskriminierung haben zu einem neuen Bewusstsein für die Würde derjenigen beigetragen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Auch der Beitrag der Soziallehre der Kirche hat diese Wurzeln im Volk, die nicht vergessen werden dürfen: Ihre Neuauslegung der christlichen Offenbarung unter den modernen Gesellschafts-, Arbeits-, Wirtschafts- und kulturellen Verhältnissen wäre ohne die Laien undenkbar, die es mit den Herausforderungen ihrer Zeit zu tun hatten. ...
Die Arbeiter-, Frauen- und Jugendbewegungen sowie der Kampf gegen rassistische Diskriminierung haben zu einem neuen Bewusstsein für die Würde derjenigen beigetragen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Auch der Beitrag der Soziallehre der Kirche hat diese Wurzeln im Volk, die nicht vergessen werden dürfen: Ihre Neuauslegung der christlichen Offenbarung unter den modernen Gesellschafts-, Arbeits-, Wirtschafts- und kulturellen Verhältnissen wäre ohne die Laien undenkbar, die es mit den Herausforderungen ihrer Zeit zu tun hatten. ...
83. Das Lehramt der letzten 150 Jahre bietet eine wahre Fundgrube wertvoller Lehren ...
Leo zitiert hier und nachfolgend Enzykliken, auf die wir auch gerne und immer wieder verweisen. So auf die Enzyklika "Mater et magistra" mit dem klaren Bekenntnis zur Gewerkschaftsoption und zum Tarifvertrag. Auch auf "Laborem exercens" von Johannes Paul II. wird ausdrücklich Bezug genommen (Nr. 87) und auf die Enzyklika "Caritas in veritate" von Benedikt XVI., die wir ebenfalls schon analysiert haben.
Aber die ganzen Bezüge werden nichts ändern: die deutsche katholische Kirche bleibt in ihrem gewerkaschaftsfeindlichen Holzweg gefangen. Sie "verharrt im Irrtum" und ist offenbar selbst nicht mehr zur Änderung ihrer Einstellung in der Lage.


Nachtrag - erste Medienberichte:
news.de: Katholische Kirche: Leo XIV. auf Franziskus' Spuren - Papst mahnt Einsatz für Arme an
NZZ: Wider die «Diktatur einer Wirtschaft, die tötet»: Papst Leo XIV. legt sein erstes Lehrschreiben vor
Tagesschau: Absage an Abschottung und Egoismus - Scharfe Kritik an Kapitalismus und sozialer Ungleichheit: Papst Leo XIV. wird in seinem ersten Lehrschreiben deutlich. Und erinnert damit an seinen Vorgänger.
ZDF heute: Papst Leo: Kirche immer an der Seite der Armen

Und wieder einmal Lippstadt - und eine Nachricht aus Chemnitz / Agaplesion:

mit einem
Preisrätsel nimmt sich Tom Körner in der neuen Ausgabe der Fachbereichtsbeilage "Mittendrin"
unserer ver.di, Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft dem Thema an

Vor wenigen Tagen wurde dann auch der aktuelle Stand der Petition zum Thema bekannt gegeben:
Mit einer Petition unterstützen 288.000 den Widerstand des Chefarztes.


Ver.di informiert weiter über die Blüten einer unsozial auftretenden kirchlichen Klinik:
Welche Blüten die Selbstherrlichkeit kirchlicher Arbeitgeber treibt, zeigt die Streichung der halben Sonderzahlung in der Agaplesion-Klinik Chemnitz.

Verbissen verteidigen viele kirchliche Arbeitgeber den sogenannten Dritten Weg kircheninterner Lohnfindung. Vermutlich geht es ihnen dabei weniger um christliche Werte als vielmehr darum, Betriebsrisiken auf Beschäftigte abzuwälzen. Welche Blüten diese Selbstherrlichkeit treibt, zeigt sich aktuell in den Zeisigwaldkliniken Bethanien in Chemnitz, die zum evangelischen Agaplesion-Konzern gehören. Die Klinikleitung strich den Beschäftigten kurzerhand die zweite Hälfte der Sonderzahlung – und teilte ihnen das nur zwölf Tage vor dem Auszahlungstermin im Juni mit. Für Beschäftigte, die ihre geplante Urlaubsreise deshalb nicht antreten können, ist das bitter. Zumal sie ohnehin keine Inflationsausgleichszahlung erhalten haben und bis zu 15 Prozent weniger verdienen als ihre Kolleg*innen bei Agaplesion in Hamburg, wo der ver.di-Tarifvertrag KTD gilt.

Die Geschäftsführung gleicht mit der Streichung der Sonderzahlung – von der leitende Angestellte und Chefärzt*innen übrigens ausgenommen sind – den Verlust des vergangenen Jahres aus. Schlicht unverschämt ist das, wenn man sich die längerfristige Bilanz anschaut: Zwischen 2005 und 2023 erzielte das evangelisch-methodistische Krankenhaus einen kumulierten Überschuss von mehr als 40 Millionen Euro. Gewinne einheimsen und Verluste von schlecht verdienenden Beschäftigten ausgleichen lassen – hätte Jesus das auch so gemacht? Voll daneben!
In dem Zusammenhang dann der Blick auf die vom Agaplesion-Konzern selbst veröffentlichen Geschäftsberichte 2023/2024 und 2024/2025. Danach wird alleine im vorletzten Geschäftsbericht auf Seite 65 ein Bilanzgewinn von knapp 41 Mio. Euro ausgewiesen . ein Betrag, der sich im letzten Geschäftsbericht auf 41,6 Mio. Euro erhöhte (S. 55).

Nun ist es bekanntlich so, dass gute Bilanzbuchhalter und Steuerberater alleine mit Abschreibungen und Investitionen sowie Übernahmen einen kräftigen Reakgewinn auch in einen buchhalterischen Verlust umrechnen können."Traue keiner Bilanz, die Du nicht selbst gefälscht hast" ist ein geflügeltes Wort unter den Finanzfachleuten. Wir haben nicht die Möglichkeit, selbst eine seriöse und umfassende Bilanzanalyse vorzunehmen. Wir haben daher etwas nach den Bewertungen von ausgewiesenen Fachmedien gesucht. Und wir haben uns bemüht, dabei unterschiedliche Analysten zu zitieren und eine Entwicklung aufzuzeigen:

BibliomedManager schrieb im Juli 2024:
Agaplesion hat seinen Geschäftsbericht 2023 veröffentlicht. Demnach schließt der christliche Gesundheitskonzern das Geschäftsjahr 2023 mit einem Jahresüberschuss von 0,8 Millionen Euro ab. Die Umsatzerlöse belaufen sich auf 1.805,4 Millionen Euro und sind im Vergleich zum Vorjahr um 38,5 Millionen Euro gestiegen (+2,2 Prozent).
...
kmo online schrieb im Februar 2025:
Nach einem Ertragseinbruch im Jahr 2023 erwartet Agaplesion für 2024 ein negatives Ergebnis. Trotzdem bleiben die Aussichten positiv: Der Cashflow ist stabil, der Konzern solide finanziert. Zudem dürften weitere Übernahmen anstehen.
...
Aufgrund des positiven Ergebnisses bleibt die Bilanz weiterhin sehr solide. Die Bilanzsumme sank von 1,71 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 1,64 Milliarden Euro, hauptsächlich durch eine deutliche Reduktion des kurzfristigen Vermögens. Dadurch erhöhte sich die Eigenkapitalquote von 26 auf 27 Prozent. 27 Prozent des Vermögens waren durch Fördermittel (2021 waren es 28 Prozent) und unverändert 25 Prozent durch Banken finanziert.
Der Anteil der Liquidität am Vermögen sank von zehn auf acht Prozent, was auf hohe eigenfinanzierte Investitionen von 72 Millionen Euro zurückzuführen ist. Diese Investitionen überstiegen den Cashflow von 45 Millionen Euro (2022: 35 Millionen Euro) deutlich, wodurch die Liquidität gegenüber Ende 2022 um 38 Millionen Euro sank.
...
Dennoch bleiben die Perspektiven des Unternehmens positiv. Mit einem Umsatzvolumen von etwa 1,8 Milliarden Euro ist das Unternehmen groß, die Bilanz ist sehr solide und die Ertrags- und Finanzlage ist trotz der widrigen Marktverhältnisse positiv. Zudem wird erwartet, dass erhebliche Synergiepotenziale im Klinikverbund schlummern. Angesichts der anhaltend schwierigen Marktbedingungen ist davon auszugehen, dass immer mehr konfessionelle Kliniken und Pflegeheime unter das Dach der Agaplesion schlüpfen werden.

Care Invest analysiert im Juli dieses Jahres:
Der größte evangelische Gesundheitskonzern hat sein Geschäftsjahr 2024 mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 5,2 Millionen Euro abgeschlossen. Im Vorjahr waren es 800.000 Euro.

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Meldungen aus der niedersächsischen Diakonie

Dass auch Tarifverträge nicht dazu führen, dass den Mitarbeitenden die Ernte in den Schoß fällt, zeigt die niedersächsische Diakonie. Auch beim sogenannten "zweiten Weg" muß manchmal um gute Regelungen gerungen werden - aber da dürfen es die Mitarbeitenden wenigstens, im Gegensatz zum sogenannten "Dritten Weg", wo das "kollektive Betteln" (BAG-Urteil) durch wenige Verhandlungsführer nicht zur Augenhöhe beiträgt. Bei facebook wird dazu geschrieben:
📣 Klare Botschaften aus der Diakonie!
🗯 In Niedersachsen machen Beschäftigte der Diakonie laut und deutlich klar: Wir erwarten endlich ein faires Tarifangebot! Mit Sprachnachrichten und Protestaktionen machen unsere Kolleg*innen Druck in den laufenden Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Diakonische Dienstgeber Niedersachsens (DDN).
🤬 Statt Wertschätzung hat der Arbeitgeberverband bisher nur ein Angebot vorgelegt, das weit hinter der Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes zurückbleibt. Darin enthalten: Mini-Erhöhungen über drei Jahre – und sogar Kürzungen bei Zuschlägen...
💬 „Zu spät, zu wenig – und auch noch mit Verschlechterungen verknüpft“, bringt ver.di-Verhandlungsführerin Annette Klausing es auf den Punkt.
‼ Die Botschaft der Beschäftigten ist klar: Gute Pflege, Betreuung und soziale Arbeit gibt’s nur mit guter Bezahlung. Wer will, dass Menschen bleiben, muss endlich handeln – nicht kürzen!
Mehr Information gibt es im Internet: Klare Botschaften - Beschäftigte der niedersächsischen Diakonie machen mit Sprachnachrichten und Protesten deutlich, dass sie ein ordentliches Tarifangebot erwarten.

Samstag, 4. Oktober 2025

Fünf Jahre Enzyklika „Fratelli tutti“ - Vorankündigung: Erstes Lehrschreiben des Papstes wird am Donnerstag veröffentlicht

Die Kirche feiert an diesem Samstag das Fest des hl. Franz von Assisi. Leos Vorgänger Franziskus hat an einem 4. Oktober – und zwar im Jahr 2020, bei einem Besuch in Assisi – seine Enzyklika „Fratelli tutti“ unterzeichnet (wir berichteten). Vielleicht sollten wir wieder einmal daran erinnern.

Wir möchten mit unseren Blogbeitrag heute Abend aber unser Augenmerk auf ein Ereignis der kommenden Woche richten:
Wie Radio Vatikan mitteilt, hat der Papst ein Lehrschreiben zum Thema Armut unterzeichnet:
Der Papst wird am Donnerstag nächster Woche erstmals nach seiner Wahl ein größeres Lehrschreiben veröffentlichen. Es trägt den Titel „Dilexi te“ (dt. Ich habe dich geliebt) und hat die Form einer „Apostolischen Exhortation“ (dt. Ermahnung).
...

„Dilexi te“ wird am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Vatikan vorgestellt, ließ das vatikanische Presseamt an diesem Samstag wissen. Der lateinische Titel bezieht sich offenbar auf ein Zitat aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Inhaltlich geht es in „Dilexi te“ um die Liebe zu den Armen.

Apostolische Exhortationen sind päpstliche Schreiben, denen eine besondere Bedeutung beigemessen wird; anders als Enzykliken richten sie sich in erster Linie an innerkirchliche Adressaten. Häufig haben Papst-Dokumente, die die Ergebnisse von Bischofssynoden zusammenfassen, die Form einer Exhortation.
Das Thema "Armut" betrifft wohl vor allem materielle Fragen. Man kann gespannt sein, was der Papst darin der Kirche ans Herz legt, wo und wie er Anlass zur Ermahnung sieht.
Katholisch.de und "Kirrche und Leben" vermuten:
Seit seiner Wahl am 8. Mai hat sich Papst Leo XIV. eher bedeckt gehalten mit programmatischen Aussagen. Mehrfach hatte er auch angekündigt, dass er zunächst einmal viel zuhören und sich einen Überblick verschaffen wolle. Für Aufsehen sorgte daher Mitte September ein langes Interview mit einigen inhaltlichen Aussagen. Mit großer Spannung erwarten daher viele Beobachter das erste offizielle Lehrschreiben des neuen Kirchenoberhaupts.

Am Mittwoch hatte das Portal "Silere non possum" berichtet, das Schreiben widme sich der Bedeutung der Armen für die Verkündigung und Seelsorge der Kirche. Dem Bericht zufolge werden im Text viele Ideen aufgenommen, die vom ehemaligen Leiter der Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Vincenzo Paglia (80), stammen. (cbr/KNA)
Das Domradio (Kön) scheint einen anderen Kontext zu bevorzugen:
... In diesem Jahr gibt es vom Vatikan zahlreiche Veranstaltungen zum zehnjährigen Jubiläum der Enzyklika "Laudato si", der Umweltenzyklika mit der Papst Franziskus im Juni 2015 einen Schwerpunkt seines Pontifikats gesetzt hatte.

Es steht uns nicht zu, die Gewohnheit vieler Mitglieder des Episkopats zu übernehmen, die erst einmal voller Begeisterung über neue lehramtliche Aussagen aus Rom applaudieren - aber dann doch tun und lassen, was ihnen genehm ist. Die Alpen sind hoch - und Rom ist weit. Wir werden daher diese "Apostolische Exhoration" erst in aller Ruhe prüfen, bevor wir uns dazu äussern. Zumal es sich ja mit einer"Exhoration" um einen innerkirchlichen Adressatenkreis handelt. Und - so scheint die Meinung vieler Vertreter der Amtskirche zu sein - gewerkschaftlich organisierte Mitarbeitende gehören ja nicht zum Kreis der innerkirchlichen Adressaten.
Also, warten wir's ab.

Sonntag, 28. September 2025

Sonntagsnotizen: Kann sich die katholische Kirche noch retten?

Unter dieser Überschrift setzt sich ein Kommentator - bezeichnenderweise aus Österreich - bei katholisch.de mit dem Ergebnis der Herbstkonferenz der Bischöfe auseinander
Selbstrelativierung als einzige Chance Kann sich die katholische Kirche noch retten? Salzburg ‐ Der Studientag der Deutschen Bischofskonferenz zur "Sendung der Kirche inmitten der säkularen Gesellschaft" lieferte beunruhigende Erkenntnisse, schreibt Dogmatiker Hans-Joachim Sander in einem Gastbeitrag. Für die Kirche ergebe sich ein schwerwiegendes Problem. ... ...die katholische Kirche ... begriff sich über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, wie der Pharisäer – und sehr viele tun es in ihr immer noch. Die anderen sollen gefälligst bei ihr die Sünden beichten, aber sie selbst war die wahre Religion und mittlerweile sogar ein Sakrament Gottes für die Welt, wenn nicht sogar das Sakrament. Dann wurde diese Kirche allerdings an langen Hammelbeinen mit dem erwischt, was sie in der unheiligen Trinität von Sex, Macht, Geld auf dem Kerbholz hat. Und das ist eine lange Liste, die ständig neue Einträge findet. Bewältigt ist sie längst nicht. Das wiederum ist ziemlich übel für sie, ihren Glauben, ihre religiösen Angebote, ihre Distinktionsbilanz. Denn, was immer die anderen tatsächlich sind, die sich nicht für sie und ihren Glauben interessieren, ob sie nun Pharisäer, arrogante Frei-, Anders- oder Nicht-Religiöse, Unglaubende, spirituell Desinteressierte, völlig säkularisierte Menschen oder auch enttäuschte ehemalige oder nur Schein-Katholiken sind usw. – für die Kirche ist nur eines wirklich wichtig: Dass niemand von denen auf ihr Niveau herabsteigen kann, ohne an Distinktion im sozialen Gefüge zu verlieren. Warum sollten diese Menschen es also machen? Das wiederum kann sie völlig unabhängig davon, wer die sind und warum sie es tun, nicht kalt lassen, weil es ihre tatsächlichen massiven Distinktionsverluste anzeigt. Sie muss wollen, dass sie diese Verluste loswird und wieder auf die Gewinner-Seite wechselt. ... Dafür, sagt Lk 18, gibt eine Chance, aber es gibt auch nur diese einzige und es gibt sie nur so: Die katholische Kirche muss diese Schreckensbilanz ihrer Distinktionen annehmen und es hinnehmen, dass die anderen immer bessere Gründe haben, auf sie herabzuschauen, als sie an Möglichkeiten hat, auf deren Niveau wieder hinaufzukommen. Viele sehen die Kirche als massive sexuell und spirituell missbrauchende, machtgierige und geldfixierte "Täterorganisation" – und das nicht zu Unrecht. ... Ein schwerer Anfang eines Anfangs Leistet sie diese Selbstrelativierung, geht es leider noch nicht automatisch wieder hinauf in der sozialen Distinktionsleiter. Denn ob sie dann vor den anderen besser da steht, wird nicht von Gott abhängen, der sie dann gerechtfertigt haben wird, sondern daran, ob die anderen ihr den göttlichen Stopp ihrer Distinktionsverluste wirklich abnehmen und als einen Distinktionsgewinn gewähren, woraus sich für sie dann auch selbst ein Distinktionsgewinn ergibt. Die Kirche bleibt wie jener Sünder, der sich ganz hinten angestellt hat, also immer in der Ohnmacht der Sünderin. Aber das ist ihre einzige Chance in der misslichen Lage. Dann bekümmern sie ihre Mitglieder- und Glaubwürdigkeitsverluste nicht mehr bloß so wie bisher. Dann kann sie vielmehr begründet damit anfangen, sich darum zu kümmern, es zu ändern. Wie aller Anfang ist auch dieser Anfang eines Anfangs schwer. Aber er lohnt.

Montag, 22. September 2025

Deutsche Bischofskonferenz - Herbst-Vollversammlung in Fulda 2025

Die Deutsche Bischofskonferenz wie auch kirchliche Medien (z.B. katholisch.de) halten es wenigstens noch (pflichtgemäß) einer Meldung wert:
Vom 22. bis 25. September 2025 findet in Fulda die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz statt. An ihr nehmen 58 Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz unter Leitung des Vorsitzenden, Bischof Dr. Georg Bätzing, teil. Tagungsort ist das Maritim Hotel am Schlossgarten Fulda.
Wir wollten der eigenen Nabelschau der Bischöfe eigentlich keine besondere Aufmerksamkeit mehr widmen. Aber die nebulöse Erklärung
Im Mittelpunkt der Beratungen steht eine Studieneinheit, die sich mit einer Vertiefung der Ergebnisse der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung *) befasst und aus fundamental- sowie pastoraltheologischer Perspektive nach Handlungsoptionen für die katholische Kirche fragt.
gibt Anlass, unser beständiges Mantra zu wiederholen.

Eine Religionsgemeinschaft muss glaubwürdig sein, wenn sie etwas bewirken will. Und der kircheneigene "Dritte Weg" steht so im Kontrast zur eigenen Soziallehre (Gewerkschaftsprinzip, Tarifverträge - Mater et magistra), zum päpstlichen Lehramt, zum universellen Kirchenrecht (c. 1286 1° CIC) und zur Weltkirche, dass er seit Jahrzehnten jeder Glaubwürdigkeit entgegen steht.
Solange das nicht erkannt und die Erkenntnis dann auch umgesetzt wird, braucht Ihr, verehrte Bischöfe, keine Gedanken an fundamental- sowie pastoraltheologische Perspektiven verschwenden. Abgehobene Diskussionen in der eigenen weltfremden Blase helfen Euch und unserer Kirche nicht weiter.


*) Die Studie sagte einen weiteren dramatischen Mitgliederverlust voraus. In Fulda soll es darum gehen, wie angesichts dieser Prognose Kirche in der säkularen Gesellschaft noch präsent sein und pastoral handeln kann.

Mittwoch, 10. September 2025

Langsam zurück aus den Ferien oder dem Urlaub? Auch wir starten - aber gemächlich - mit einer Nachricht zum Arbeitsrechtsstreit in Lippstadt

Vor ziemlich genau einem Monat haben wir unter dem Titel - Klage von Gericht abgewiesen - zuletzt berichtet, und heute können wir diesen Bericht mit einem Beitrag von Radio Vatikan fortsetzen. Der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz wird darin wie folgt zitiert:
...
Bedauern über persönliche Angriffe
Mit Bezug auf die Debatte um die Verfassungsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf und den Lippstädter Frauenarzt Joachim Volz bedauerte und kritisierte der Paderborner Erzbischof, dass es zu persönlichen Angriffen und Verleumdungen gekommen sei. Die grundsätzliche Debatte um Lebensschutz zu Beginn und am Ende des Lebens müsse so weit wie möglich von Personaldebatten getrennt werden.

Brosius-Gersdorf war von der SPD als Kandidatin für das Amt als Verfassungsrichterin vorgeschlagen worden. Ihre sowie die Wahl zweier weiterer Kandidaten war im Juli nicht zustande gekommen, nachdem in der Union Vorbehalte gegen die Juristin laut geworden waren. Dabei ging es vor allem um ihre Position zum Schwangerschaftsabbruch. Das Arbeitsgericht Hamm hatte Anfang August gegen eine Klage von Volz das Recht des Klinikträgers bestätigt, diesem Schwangerschaftsabbrüche zu untersagen - außer bei Gefahr für Leib und Leben der Mutter. Volz will in Berufung gehen.

„Kompromiss nicht infrage stellen"
Beim Rechtsstreit in Lippstadt sei die Erzdiözese kein unmittelbarer Player, betonte Bentz. Daher werde man bei dem arbeitsrechtlichen Prozess auch nicht intervenieren. Insgesamt aber bedauere die katholische Kirche, dass der „mühsam erarbeitete Kompromiss" zur rechtlichen Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen infrage gestellt werde. Immerhin würden bei der aktuellen Regelung beide Rechtsgüter gewahrt: das Lebensrecht und die Würde des Kindes wie auch die Lebenslage der betroffenen Frauen.
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. In den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft bleibt eine Abtreibung aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt.
Es ist also ein Thema, dass das "Sommerloch" überstanden hat, und auch die katholische Kirchenwelt offenbar immer noch intensiv bewegt.

Montag, 11. August 2025

Auch der Blog macht Sommerpause

In Bayern haben die Sommerferien begonnen - eine Zeit, die wir auch in der Vergangenheit immer für etwas "Blogruhe" genutzt haben.
Hitze mit Feuchtigkeitsentzug trübt die Gedanken. Und der Ausgleich des Flüssigkeitshaushalts wirkt nicht immer klärend - vor allem wenn er mit dem bayerischen Fasten-Nationalgetränk erfolgt.

Die letzte Gerichtsverhandlung um das Abtreibungsverbot in einer nunmehr katholisch geführten Klinik hat aber so viele komplexe Themenbereiche angesprochen, dass wir unsere Pause etwas verschoben haben. Mit täglich rund 800 Zugriffen, die wir zwischen dem 6. August und dem 9. August verzeichnet haben, dürfte das auch im Interesse unserer Leser gelegen haben.
= Kann es wirklich sein, dass ein öffentliches Krankenhaus, das einen verfassungsrechtlich geschützten Staatsauftrag erfüllt und dafür öffentliche Zuschüsse erhält, "im Rahmen des ... Direktionsrechts" bestimmte, manchmal elementare Leistungen des Gesundheitsschutzes verweigert?
= Was zählt die Gewissensfreiheit von Mitarbeitenden, die ohne ihr Zutun plötzlich Loyalitätsvorgaben erfüllen sollen, welche der neue kirchliche Arbeitgeber "überstülpt"?
Das ist genug Stoff zum Nachdenken - und nichts eignet sich besser als eine kreative Pause und die Regeneration von Ferien oder Urlaub.

In diesem Sinne - all unseren Lesern eine erholsame Ferienzeit ...

Sonntag, 10. August 2025

Sonntagsnotizen: "Religionsfreiheit ist nicht verhandelbar"

erklärte der CDU-Politiker Lars Rohwer. Er ist neuer Vorsitzender des Stephanuskreises der Unionsfraktionen im Bundestag.

Quellen:
Domradio
Katholisch.de

Frage:
Gilt das nur für die kollektive Religionsfreiheit der Kirchen selbst oder auch für die individuelle Religionsfreiheit der Mitarbeitenden in kirchlichen Einrichtungen?

Freitag, 8. August 2025

Klage von Gericht abgewiesen

berichten unter anderem:
DOMRADIO: Arzt kündigt Berufung an
katholisch.de: Streit geht weiter - Prozess um Abtreibungen: Arzt verliert gegen christliches Klinikum
SPIEGEL: Chefarzt scheitert mit Klage gegen Abtreibungsverbot
Der klagende Gynäkologe erwägt nun, die nächste Instanz anzurufen.

Tagsschau: Gericht weist Klage gegen Abtreibungsverbot an Klinik ab
WDR: Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Gericht weist Klage ab
DIE ZEIT: Arzt scheitert mit Klage gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen
DIE ZEIT: Wenn Frauenrechte weniger zählen als religiöse Dogmen

Kann es wirklich sein, dass ein öffentliches Krankenhaus, das einen verfassungsrechtlich geschützten Staatsauftrag erfüllt und dafür öffentliche Zuschüsse erhält, bestimmte Leistungen des Gesundheitsschutzes per Dienstanweisung bis in die Privatpraxis des Arztes hinein verbietet?

Ein kleiner Nebensatz, bevor wir uns an das Urteil machen: mit etwa 2000 Demonstranten haben ungefähr doppelt soviele Personen den Demoaufruf von ver.di und der Organisatorin der Demo, Sarah Gonschorek (Grüne) befolgt, als angenommen worden war. Auch aus Bund und Land NRW waren Politikerinnen gekommen, darunter die Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann.Bei dem Demomarsch stoppte Volz vor dem Klinikum und hielt eine Tafel hoch, auf die er die Zahl 231.470 eintrug – die aktuelle Unterschriftenzahl der Petition, die der Mediziner zudem am 1. Juli unter dem Titel »Ich bin Arzt – meine Hilfe ist keine Sünde!« gestartet hatte. Das sei »überwältigend«.

Auch katholisch.de berichtet: Warum ein Chefarzt eine christliche Klinik verklagt

(Zitat)
Im westfälischen Lippstadt startet am Freitag ein Prozess des Chefarztes Joachim Volz gegen das dortige christliche Klinikum. Der Mediziner klagt gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber. Ein Urteil wird schon am ersten Verhandlungstag erwartet. Die Entscheidung betreffe eine reine Rechtsfrage, erklärte das zuständige Arbeitsgericht Hamm auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Kammer plane keine weiteren Termine.

Dem Prozess ist bundesweite Aufmerksamkeit sicher, nachdem Volz unter anderem eine Online-Petition gegen religiöse Vorschriften in Krankenhäusern gestartet hatte, die bislang knapp 230.000 Menschen unterzeichnet haben. Am Verhandlungstag ist zudem eine Solidaritätsdemo für Volz mit rund 1.000 Teilnehmern angekündigt.
...
neben den bereits bekannten Angaben (wir berichteten) weist katholisch.de auf weitere Bezugsfälle und die damit einhergehende bundesweite Relevanz hin:
...
Ähnliche Debatte in Flensburg

Volz nimmt den Prozess auch zum Anlass, um auf vergleichbare Fälle in anderen Kliniken hinzuweisen. Eine ähnliche Diskussion gibt es beispielsweise in Flensburg. Dort planen das katholische Malteser-Krankenhaus und das evangelische Diako-Krankenhaus eine Fusion. In dem neuen Flensburger Zentralklinikum, das 2030 eröffnen soll, sollen auf Wunsch der Malteser ebenfalls keine Abtreibungen mehr durchgeführt werden. "Unsere Aufgabe im Krankenhaus besteht darin, Leben zu retten und zu erhalten", schreibt die katholische Hilfsorganisation. "Wir sind nicht Partner, wenn es um eine Beendigung des Lebens geht." Kürzlich debattierte der schleswig-holsteinische Landtag über das Thema - ohne konkretes Ergebnis.

Die katholische Kirche lehnt Abtreibungen grundsätzlich ab. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz ist es Aufgabe von Christen, sich für den Schutz jeden Lebens einzusetzen: "In ethischer Perspektive können wir die Abtreibung daher nicht gutheißen und sie auch nicht als eine Normalität menschlichen Lebens akzeptieren." Der aktuell geltende Paragraf 218 des Strafgesetzbuches sei ein wichtiger Kompromiss, der allerdings nicht gänzlich mit den Ansichten der Kirche vereinbar sei.


weitere Berichte: Lippstädter Zeitung: Live-Ticker: Demo in Lippstadt gegen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen
taz: Joachim Volz will sich Abbrüche nicht verbieten lassen
WDR: Streit um Abtreibungsverbot am Klinikum Lippstadt: Verhandlung startet
ZDF heute: Lippstadt: Streit um Abtreibungsverbot

Mittwoch, 6. August 2025

Chefarzt klagt gegen christliches Klinikum Lippstadt: Rund 1.000 Menschen zu Demo bei Abtreibungsprozess erwartet

berichtet die sicher nicht "kirchenfeindliche" Seite katholisch.de
Lippstadt ‐ Recht auf Schwangerschaftsabbruch? In Lippstadt klagt ein Chefarzt gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber, das christliche Klinikum Lippstadt. Zum Prozessauftakt hat sich eine Demo angekündigt. Zu einer Demonstration wegen eines Abtreibungsprozesses vor dem Amtsgericht Lippstadt erwartet die Polizei etwa 1.000 Menschen. In dem Fall klagt der Mediziner Joachim Volz gegen die Einschränkung von Abtreibungen durch seinen Arbeitgeber, das christliche Klinikum Lippstadt. Zum Prozessauftakt am Freitag wollen sich vor dem Gericht die Unterstützer des Arztes versammeln, wie die Polizei am Dienstag bestätigte. Nach der Fusion des evangelischen Krankenhauses Lippstadt mit dem katholischen Dreifaltigkeits-Hospital war auf Wunsch der katholischen Seite durchgesetzt worden, auf Schwangerschaftsabbrüche weitgehend zu verzichten. Volz wirft dem katholischen Träger vor, per Dienstanweisung keine Schwangerschaftsabbrüche mehr zuzulassen, auch nicht aus medizinischen Gründen. Mit der Klage wehrt sich der Arzt auch gegen eine Ausweitung dieser Anweisung auf seine Nebentätigkeit in seiner privaten Praxis in Bielefeld. Der Fall wird in Lippstadt vom Arbeitsgericht Hamm verhandelt. ...
Das Deutsche Ärzteblatt nimmt sich unter der Überschrift
„Es darf nicht mehr möglich sein, dass ein solches Verbot ausgesprochen wird“
ebenso des Falles an, interviewt den Arzt und meint:
Berlin/Lippstadt – Nach einer Klinikfusion hat ein katholischer Träger dem Gynäkologen Joachim Volz das Durchführen von Schwangerschaftsabbrüchen verboten, ausgenommen Fälle von akuter Lebensgefahr für Mutter oder Kind. Das betrifft den ambulanten ebenso wie stationären Bereich und darüber hinaus eine Praxis, die Volz in Bielefeld betreibt.

Dagegen klagt der 67 Jahre alte langjährige Chefarzt. An diesem Freitag (8. August) wird dazu eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamm (in den Räumen des Amtsgerichts Lippstadt) in Nordrhein-Westfalen erwartet, wie die Gerichtsdirektorin auf Anfrage mitteilte.

Nach Gerichtsangaben ist in der Dienstanweisung des katholischen Trägers eine Ausnahme dann vorgesehen,„wenn Leib und Leben der Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind und es keine medizinisch mögliche Alternative gibt, mit der das Leben des ungeborenen Kindes gerettet werden könnte“.

...

Die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) stellte sich hinter Volz und erklärte: „Es ist unethisch und nicht akzeptabel, erst dann zu handeln, wenn das Leben der Mutter akut gefährdet ist.“ ÄKWL-Präsident Hans-Albert Gehle sprach von einer bedenklichen Entwicklung. Er befürchtet, dass Klinikfusionen auch in anderen Regionen ähnliche Auswirkungen haben könnten.

...
(es folgt ds Interview mit Dr. Volz; wir berichteten wegen des arbeitsrechtlichen Hintergrundes)

Montag, 4. August 2025

Chefarzt verklagt Kirche: "Mir wird vorgeschrieben, eine Frau zu quälen"

Es ist ein schwieriges Thema. Denn einerseits gibt es den Schutz des ungeborenen Lebens - und andererseits den Schutz der Mutter.
Ja, richtig - gerade die Babys sind das schwächste Glied der Gesellschaft, und damit die schützenswerteste Personengruppe überhaupt. Und ja - auch behinderte Kinder haben das Recht zu leben. Und es gibt die Probleme, die eine Risikoschwangerschaft oder auch eine ungewollte Schwangerschaft (etwa nach Inzest oder Vergewaltigung) für die Mütter und in der Folge auch für das werdende Kind haben, bis zu dessen Lebensende und möglicherweise für deren Kinder und Kindeskinder auch noch darüber hinaus. Ich möchte nie in die Situation kommen, zwischen diesen beiden Werten entscheiden zu müssen.

Ein Chefarzt verklagt nun seinen katholischen Arbeitgeber, nachdem dieser das einst evangelische Klinikum als Täger übernommen hat
Der Gynäkologe Joachim Volz war langjähriger Chefarzt beim Evangelischen Krankenhaus in Lippstadt, das seit der Fusion "Klinikum Lippstadt - Christliches Krankenhaus" heißt.
Seit ein katholischer Träger sein Krankenhaus übernommen hat, darf Joachim Volz, Chefarzt und Frauenarzt am Klinikum Lippstadt, keine Schwangerschaftsabbrüche mehr vornehmen. Der 67-Jährige zieht nun gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht. Welche Folgen das Verbot für seine Patientinnen hat und warum er mit dem Fall an die Öffentlichkeit gegangen ist, sagt er im Interview mit ntv.de.
Näheres gibt es hier zu lesen (n-tv)

Es ist diese Abwägung, die von Seite der die Juristin Dr. Brosius-Gersdorf in einem juristischen Aufsatz analysiert wurde. Diese juristische Diskussion ist Aufgabe von Juristen. Brosius-Geiersdorf kommt zur folgenden Schlußfolgerung:
1. Die "unantatsbare Menschenwürde" (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) umfasst nicht das Leben eines Fetus oder Embryos, wohl aber das der Mutter (das hat im Übrigen das Bundesverfassungsgericht schon vor rund 50 Jahren so entschieden). Aus diesem - nur aus diesem - Grund sind Schwangerchaftsabbrüche überhaupt erst möglich (vgl. auch § 1 BGB).
2. Daher spricht viel dafür, den Schutz von Embryos und Feten unter Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz zu subsummieren.

Das ist beileibe keine Plädoyer für einen Schwangerschaftsabbruch und erst recht kein "Innenpolitischer Skandal" - weshalb auch uninformierte Kritik aus Reihen der Bischöfe entsprechende Vorwürfe zurück genommen haben und massiv verbal abgerüstet wurde. An dieser Stelle - vollen Respekt vor den Akteuren, die auch einen Fehler einsehen und sich dann zurück nehmen können.

Wenn wir das Thema trotzdem aufgreifen, dann im Kontext mit den kirchlichen Loyalitätsverpflichtungen. Und auch uns geht es hier nicht um materielle Bewertungen, sondern um eine rein formalrechtliche Frage.

Mit welchem Recht verlangt ein (kirchlich-katholischer) Träger von seinen MitarbeiterInnen, die noch dazu einer anderen christlichen Religionsgemeinschaft angehören, die Einhaltung katholischer Moralvorschriften oder gar der "Grundordnung"? Wir dürfen doch davon ausgehen, dass diese nicht von Anfang an arbeitsvertraglich vereinbart waren. Wieso kann also der "Trägerwechsel" zu einer einseitigen Änderung der arbeitsvertraglichen Pflichten und Rechte führen?
Das kirchliche Recht zur Selbstordnung und Selbstverwaltung besteht nur in den Schranken des für alle geltenden Rechts. Und die kirchliche Befugnis, Rechtsnormen zu setzen, gilt nach den Konkordatsverträgen nur für die Mitglieder der eigenen - katholischen - Kirche.
Es ist aber für alle geltendes Recht, daß ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb einer bestimmten Frist straffrei ist. Und einem nichtkatholischen Mitarbeiter darf die katholische Kirche nach den von ihr selbst unterzeichneten Konkordatsverträgen gar keine Vorschriften machen. Das resultiert aus der Religionsfreiheit, die auch den nichtkatholischen Mitarbeitenden verfassungsrechtlich zugestanden ist. Sie darf ihn nicht zwingen, gegen sein Gewissen zu handeln. Und sollte jetzt jemand auf den Gedanken kommen, dann sei halt das Arbeitsverhältnis (unter Umständen sogar fristlos?) zu beenden - moment:
es gibt arbeitsvertraglich beziehungsweise gesetzlich vorgegebene Kündigungsfristen. Und auch deren Einhaltung ist "geltendes Recht" und damit zu fordern.

Wir werden aus diesem Grund den Streitfall sicherlich weiter verfolgen und bei Gelegenheit über die Entwicklung informieren.

Sonntag, 27. Juli 2025

Sonntagsnotizen - Und wieder fällt ein Krankenhaus ...

Diesmal Schwabach. Nicht, weil die Menschen dort nicht krank wären. Sondern weil niemand mehr Verantwortung übernimmt, wenn es nicht profitabel ist.

Die Diakoneo-Klinik ist insolvent. Der Träger hat einen zweistelligen Millionenbetrag investiert, vergeblich einen Käufer gesucht, und dann das Handtuch geworfen. Die Stadt Schwabach hat ihre Anteile für einen symbolischen Euro abgegeben. Und jetzt klammert man sich an ein Strukturgutachten – als könnte Papier retten, was politischer Wille längst aufgegeben hat.

Deutschland 2025: Krankenhäuser schließen nicht, weil sie schlecht sind. Sondern weil das System sie verrechnet.
Gesundheitsversorgung rechnet sich nicht mehr. Nicht in Schwabach. Nicht in der Fläche. Nicht für die Zukunft.
Ein Insolvenzverwalter übernimmt das Kommando – nicht, weil das Plan war, sondern weil es der letzte Rettungsanker ist. Drei Monate Zeit. Drei Monate Lohnfortzahlung. Drei Monate Hoffnung auf eine Reanimation im Systemstillstand.
Doch sind wir ehrlich: Wir leben in einem Land, das Krankenhäuser sterben lässt – und dann pfiffige Kampagnen zur Pflegeausbildung startet. Wir feiern Systemrelevanz – aber schneiden das System aus dem relevanten Haushalt.

Die Wahrheit ist nicht neu. Sie ist nur unbequem: Wir haben zu lange zugesehen. Zu lange verwaltet. Zu lange verklärt. Pflege? Wird romantisiert. Kliniken? Werden privatisiert. Verantwortung? Wird delegiert.

Und nun?
Ein Krankenhaus, das gebraucht wird.
Eine Region, die versorgt werden muss.
Ein Gesundheitssystem, das innerlich längst kollabiert – und nur noch notbeatmet wird.
Schwabach ist kein Einzelfall. Schwabach ist das Symptom.
Und wer jetzt noch von „positiven Signalen“ redet, sollte sich fragen, wie viel Naivität eigentlich in ein Positionspapier passt.
Die Frage ist nicht: Wie retten wir diese Klinik? Sondern: Wann retten wir endlich unsere Integrität?
Zitiert aus: Pflege der Zukunft, Facebook


Wir hatten unter der Überschrift "Sonntagsnotizen - Die Überflüssigen der Dienstgemeinschaft" bereits im April 2017 die "negativen Bilanzen des (dort genannten) Krankenhauses" angesprochen. Und wir erlauben uns nunmehr nach über 8 Jahren und einer Pandemie, die gezeigt hat, dass es keine Überkapazitäten sondern nur fehlende Reservekapazitäten gibt, zwei Anmerkungen:
1. Es stimmt: die Refinanzierung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf "Gesundheit" krankt - wir sparen unsere Krankenhäuser zu Tode. Das belegen auch die Krankenhausschließungen 2025 aktuell.
In diesem Jahr hat das "Krankenhaussterben" mit zwei kirchlichen Häusern begonnen. In Würzburg wurde die Theresienklinik geschlossen. Das Krankenhaus wurde mehr als 100 Jahre von der Kongregation der Schwestern des Erlösers betrieben. Diese haben sich aus aufgrund finanzieller Schwierigkeiten und den Auswirkungen der Krankenhausreform zur Schließung gezwungen gesehen.
Ebenfalls zum 1.1.2025 wurde die Klinik des Diakoniewerks München-Maxvorstadt geschlossen. Im Vorfeld hatte die Betreibergesellschaft, die Diakoniewerk München-Maxvorstadt KöR, Insolvenz angemeldet.

2. Das Sterben der Krankenhäuser in kirchlichem Besitz belegt zugleich, dass diese Häuser nicht "gemeinnützig" oder "uneigennützig" und "caritativ" sondern nach brutalen wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben werden (müssen). Mit Blick auf das Sonntagsevangelium vom "barmherzigen Samariter" (Lk 10, 25-37) bleibt festzustellen: solche Einrichtungen handeln eben nicht mehr barmherzig und selbstlos. Da hilft auch das verschämte "g" für "gemeinnützig" bei "gGmbH" nichts. Das ist wohl letzlich nur "Etikettenschwindel". Denn jede dieser - nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betriebenen - Einrichtungen braucht Gewinne, um Rücklagen zu bilden und investieren zu können. Damit wird aber eine solche Einrichtung "mit Absicht der Gewinnerzielung" betrieben - und sie ist zumindest "am Markt tätig", was nach Prof. Thüsing *) ausreicht, um als Wirtschaftsbetrieb gewertet zu werden.
Dann aber handelt es sich um Betriebe, die von der Befreiung caritativer Einrichtungen vom Betriebsverfassungsgesetz oder (bei öffentlich-rechtlich konstituierten Trägern) den Personalvertretungsgesetzen der Länder nicht befreit sind. Dann verlangt der Gesetzgeber die Bildung von Betriebs- oder Personalräten, weil nur so die Rechte der Mitarbeitenden in Wirtschaftsbetrieben auch umfassend geschützt werden können.



*) Hanau / Thüsing, »Grenzen und Möglichkeiten des Outsourcings aus dem kirchlichen Dienst« in KuR 2002, RNr. 350, S. 119 ff; ausführlicher und mit weiteren Nachweisen in unserem Beitrag vom 14. März 2016, Anmerkung 2)

Montag, 21. Juli 2025

Kirchliches Selbstordnungsrecht vs. Grundrechte?

In einer Gruppe "Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte" ist soeben dieses Posting versandt worden.
Von Seiten der Kirchen wird das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 140 GG oft als "Supergrundrecht" genutzt – auf Kosten anderer Freiheiten:

❌ Kündigung nach Kirchenaustritt
https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/kirchliche-betriebe/++co++37e33a9a-62e3-11f0-8a87-c569f8999ec9

❌ Verbot medizinischer Schwangerschaftsabbrüche
https://taz.de/Petition-fuer-Schwangerschaftsabbrueche/!6098321/

❌ Diffamierung liberaler Richterkandidatinnen
https://nd.digital/editions/nd.DerTag/2025-07-19/articles/18917439?code=eyJhbGciOiJkaXIiLCJlbmMiOiJBMjU2Q0JDLUhTNTEyIn0..soEv0WzubWsT9UgGnfnn4Q.9U-gZ_ttu2yf8ofpmnAIcYLlHjo1AAd4mPUvi-wz8a8.n4KQRi3XiSOlqPg3xciH5qtfIWVqEH3AbnAGjxMhOWo

Ob Arbeitnehmer:innen, Schwangere oder Verfassungsrichterinnen – immer wieder stellt sich die Frage:
Wie viel Macht darf die Kirche im Staat haben?
Ihr wollt Prof. Volz unterstützen
https://innn.it/keinmord
Das gibt uns Anlass, uns wieder einmal dem von der Kirche beanspruchten "Selbstbestimmungsrecht" zu widmen. Besteht das denn wirklich so, wie von den Kirchen in Anspruch genommen? Volljuristen haben die "Unart", für ihre jeweiligen Mandanten zu argumentieren. Sonst wäre eine Strafverteidigung schlecht möglich. Andererseits sollte die Aera der "Rechtfertigungsjuristen" seit den dunklen Jahren des letzten Jahrhunderts vorbei sein.

Freitag, 18. Juli 2025

Fusion braucht Sicherheit - am Beispiel Darmstadt

Es wird immer mehr zum Normalfall - kirchliche und weltliche Träger fusionieren oder geben ihre Einrichtungen auf, damit diese "von der anderne Coleur" überommen und weiter geführt werden können.

Ein aktueller Fall spielt derzeit in Damrstadt.
Beim geplanten Zusammenschluss des (evangelischen) Elisabethenstifts und des Städtischen Klinikums in Darmstadt pocht ver.di darauf, dass alle Beschäftigten durch den TVöD und das Betriebsverfassungsgesetz abgesichert sind.
Quelle und mehr: ver.di

Freitag, 11. Juli 2025

§ - Kündigung wegen Kirchenaustritts: was meint der EuGH?

Wir haben uns schon öfter mit dem Thema beschäftigt. Wieder einmal muss sich der EuGH mit einer Besonderheit aus dem kirchlichen Nebenarbeitsrecht befassen. Einem Bericht der AFP zufolge dürfte diese Kündigung - wieder einmal - problematisch sein:
Wenn eine katholische Organisation einer Angestellten wegen ihres Kirchenaustritts kündigt, kann das nach einem neuen Gutachten am Europäischen Gerichtshof (EuGH) Diskriminierung sein. Diese Auffassung vertrat die zuständige Generalanwältin Laila Medina in ihren am Donnerstag in Luxemburg vorgelegten Schlussanträgen zu einem Fall aus Deutschland. Es ging um eine Sozialpädagogin, die in einem katholischen Verein für Schwangerschaftsberatung arbeitete. (Az. C-258/24)
...

Generalanwältin Medina vertrat nun die Ansicht, dass sich die Kündigung in einem solchen Fall nicht rechtfertigen lasse. Eine Kündigung wegen Kirchenaustritts sei nur dann möglich, wenn der Beruf es erfordere, Kirchenmitglied zu sein, und wenn die Arbeitnehmerin öffentlich gegen das Ethos der Kirche handle.Ein Kirchenaustritt allein bedeute noch nicht, dass die Mitarbeiterin die Grundprinzipien und Werte der Kirche nicht weiter befolge und ihre Pflichten nicht mehr erfülle, erklärte die Generalanwältin.
Die europäischen Richterinnen und Richter müssen sich nicht an das juristische Gutachten halten. Sie orientieren sich aber bei ihren Urteilen oft daran. Ein Termin für das Urteil wurde noch nicht bekanntgegeben. Den konkreten Fall muss später das deutsche BAG entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des EuGH berücksichtigen.
Etwas ausführlicher wird die Sachlage in der Pressemitteilung Nº 91/2025 des EuGH vom 10. Juli 2025 über den Schlußanträge des Generalanwaltes in der Rechtsache C-258/24 Katholische Schwangerschaftsberatung wieder gegeben:

Samstag, 5. Juli 2025

Samstagsnotizen: Darüber kann man nachdenken:

Es ist ein bemerkenswerter Vortrag, den Bischof Dr. Overbeck am Montag beim Tag der Mitarbeitendenvertretungen gehalten hat: Sehr entschieden stellt der Ruhrbischof klar, dass rechtsextremistische Haltungen und Aktivitäten mit dem Dienst in der Kirche nicht vereinbar sind. Und zwar deshalb, weil hier "tragende Grundsätze" des Christentums in Frage gestellt sind - allen voran das christliche Menschenbild, das jedem Menschen eine unantastbare Würde zuspricht und eng mit dem Gebot der Nächstenliebe und der gesamten christlichen Soziallehre vebunden ist. "Rechtsextreme Ideologie ist eine Form von Illoyalität gegenüber der Kirche selbst, weil sie ihren Grundprinzipien widerspricht", sagt Bischof Overbeck - und macht in seinem Vortrag auf die große Gefahr der gegenwärtigen rechtsextremen Bewegungen für unsere Demokratie und unser freiheitliches Zusammenleben aufmerksam.
zitiert nach Generalvikar Klaus Pfeffer, Bistum Essen, bei Facebook

Mehr: Katholische Kirche Bistum Essen - Bischof Overbeck: Rechtsextremismus widerspricht christlichem Menschenbild

Es gehe vor allem darum, in den kirchlichen Organisationen und Einrichtungen eine Debatte darüber anzuregen, „um ein Bewusstsein für die Bedeutung unserer Werte zu stärken und auf die Gefahren extremistischer Parteien hinzuweisen“.
Bei möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen gebe es keinen Automatismus, hob der Bischof hervor, sondern immer den Blick auf den Einzelfall: „Wir schauen hin, wir sprechen an, und wenn nötig ziehen wir Konsequenzen – abgestuft nach der Schwere des Falls und der Stellung der Person.“, so der Bischof.
Über die historische Beziehung zwischen dem rechtsextremen Gedankengut und kirchlichen Eigenarten haben wir ja schon mehrfach berichtet - und die Debatte darüber längst angestoßen. Ob auch diesbezüglich Konsequenzen folgen? Oder werden wieder nur halbherzig die Konsequenzen gezogen, die von den Mitarbeitenden zu beachten sind - bis hin zu neuartigen Loyalitätsvorgaben?

Freitag, 4. Juli 2025

Kircheninfo Nr. 45 erschienen

Aus dem Inhalt:
🤓 Wieso Tarifverträge in kirchlichen Betrieben in Norddeutschland keine Seltenheit sind,
wie Ihr die anstehenden MAV-Wahlen richtig vorbereitet oder
wie Ihr den im Weimarer Appell unterstützen könnt!

Interessiert?
📲 Dann holt Euch die neue Ausgabe der Kirchen.Info hier: https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/.../++co...

Donnerstag, 3. Juli 2025

AK Caritas - gestaffelte Übernahme des Empfehlungsbeschlusses der Bundeskommission in den Region

Inzwischen haben alle Regionalkommission getagt und weitgehend - zu unterschiedlichen Zeitpunkten - die Übernahme der Empfehlung der Bundeskommission beschlossen. Noch ist die Akzeptanz des Empfehlungsbeschlusses nicht überall auch "in trockenen Tüchern".
1) Allgemeine Tarifrunde
Die RK Ost (zu der auch Hamburg gehört) hat die allgemeine Tarifrunde im Rahmen ihres Eckpunktebeschlusses bestätigt und startet also am 1. Januar 2026 mit den Gehaltssteigerungen (zzgl. 2,5% +1 Urlaubstag). In allen anderen Regionen wurden die Beschlüsse der Bundeskommission 1:1 umgesetzt; hier geht es schon im Juli 2025 los.

2) Tarifrunde für Ärztinnen/Ärzte:
In der RK NRW wurde die Tarifeinigung für die Ärzte noch nicht umgesetzt und das Vermittlungsverfahren eingeleitet. In allen anderen Regionen wurde der Beschluss der Bundeskommission 1:1 umgesetzt; hier erhöhen sich die Gehälter ab Juli 2025. Alle Ergebnisse auf www.akmas.de/tarif
Quelle: AK-MAS Facebook jetzt kommt es also (ausgerechnet in NRW auf die Vermittler und ansonsten auf die Inkraftsetzung durch die Bischöfe der einzelnen (Erz-)Diözesen an. Und dass individualrechtliche Vereinbarungen allemal vorrangig sind, müssen wir hier nicht extra betonen. Das gilt auch, wenn eine abweichende Vereinbarung gegenüber den bischöflichen Vorgaben erfolgt (§ 305 b BGB).

Wäre es da nicht sinnvoller, gleich "das Original" zu akzeptieren?

Dienstag, 1. Juli 2025

§ BAG - gleiche Tätigkeit muss nicht immer gleich bezahlt werden ... Nachfrage und Überlegungen

Darüber berichtet der SPIEGEL online:
Ähnliche Aufgaben, monatlich bis zu 550 Euro weniger Gehalt: Das kann unter Umständen rechtens sein, urteilen die Richterinnen und Richter am Bundesarbeitsgericht. Grund ist die Tarifautonomie.
und weiter berichtet der SPIEGEL:
Hierzu betonen auch die Richterinnen und Richter, dass die Tarifparteien zwar den Gleichheitsgrundsatz beachten müssen. Gleichzeitig verschaffe ihnen die Tarifautonomie aber Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielräume. Die gerichtliche Kontrolle sei daher »auf eine Willkürkontrolle beschränkt«. Eine Ungleichbehandlung sei nur dann gegeben, wenn »ein einleuchtender Grund für die Differenzierung fehlt«.

Diese Begründung lässt aufhorchen - denn kirchliche Regelungen sind keine Tarifverträge, sondern nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nur "Allgemeine Geschäftsbedingungen" (AGBs - §§ 305 ff BGB), also vom Arbeitgeber einseitig bereitgestellte Regelungen. Daran ändert auch nichts, dass vor einer Inkraftsetzung durch die Bischöfe als "Kirchenrecht" irgendwann einmal in irgendeiner Form irgendwie bestimmte Vertreter der Mitarbeitenden beratend eingebunden waren (wie das geschieht ist für jeden der "Dritten Wege" unterschiedlich geregelt). Das macht neugierig - sollte diese "Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz" in AGBs nicht gelten, auch oder selbst, wenn diese kirchlichen AGBs das vorliegende Tarifvertragsrecht des öffentlichen Dienstes mehr oder weniger detailgetreu abschreiben?

Ein Blick in das Urteil (und letztendlich in das Gesetz) erleichtert die Rechtsfindung.
Also erst einmal das Urteil:

Montag, 30. Juni 2025

§ - das gilt auch bei Kirchens: Fehlgeburt: Neues Gesetz schützt auch Auszubildende

Eine Auszubildende erleidet eine Fehlgeburt – eine Situation, die für alle Beteiligten schwierig ist. Bislang gab es nur die Krankschreibung, doch ein neues Gesetz ändert das grundlegend. Was Ausbildungsbetriebe und deren Auszubildende über die neuen Schutzfristen wissen müssen.
Quelle und mehr "klick"

Donnerstag, 26. Juni 2025

Papstansprache an die Bischöfe - Mahnung zur Einheit

Gestern hat es eine interessante Papstansprache an Bischöfe gegeben. RadioVatikan berichtet hier in amtlicher deutscher Übersetzung, was Papst Leo XIV. bei der Begegnung mit den Bischöfen sagte, die er diesen Mittwoch im Rahmen ihrer Heilig-Jahr-Feier empfangen hat.
...
Prinzip der Einheit
Der Bischof ist vor allem das sichtbare Prinzip der Einheit in der ihm anvertrauten Teilkirche. Es ist seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie in der Gemeinschaft all ihrer Glieder und mit der universalen Kirche aufgebaut wird, ...

Den zweiten Aspekt, den ich – weiterhin ausgehend von Christus als Leitbild für das Leben des Hirten – betrachten möchte, würde ich wie folgt definieren: Der Bischof als Mann geistlichen Lebens, d.h. als ein Mensch, der sich ganz dem Wirken des Heiligen Geistes fügt, welcher in ihm den Glauben, die Hoffnung und die Liebe weckt und diese wie eine Flamme in den verschiedenen Lebenssituationen nährt.
...
dass der "Dritte Weg" der katholischen Kirche in Deutschland (mit der historisch schwerst belasteten Ideologie der "Dienstgemeinschaft" und der Ablehnung des Gewerkschaftsprimats) weder mit dem universellen Kirchenrecht noch mit der eigenen Soziallehre übereinstimmt, haben wir hier schon wiederholt bemerkt.

Und dass es primär Aufgabe der Bischöfe ist, sich seelsorgerlich auf theologischer Grundlage zu betätigen und nicht nach fürstbischöflicher Coleur auch noch weltliche Macht auszuüben, erinnert an den drängenden Aufruf zur Entweltlichung von Papst Benedikt.
Aber wie geschrieben steht: wenn ein deutscher Papst in einem deutschen Konzerthhaus an die versammele Nomenklatur der deutschen Kirche spricht, dann meint er - natürlich - Nicaragua.

Video-Link

Dienstag, 24. Juni 2025

Pfingsten ist vorbei - wir melden uns langsam wieder zu Wort, auch in der Hoffnung, dass der Heilige Geist ...

.... auch einmal den Weg in seine Kirche findet. Denn was da alles an Sonderregelungen erfunden wird, um die Arbeitgeber stark, die Mitarbeitenden klein und die Gewerkschaften draußen zu halten, ist unbeschreiblich.

Dabei sind die kirchlichen Wohlfahrtsverbände genauso wie öffentliche und private Träger gemeinsam in einer Branche aktiv, die im Wesentlichen die gleichen Probleme hat. Warum also das Dritte Rad am Moped immer neu erfinden? Voneinander lernen heißt, siegen zu lernen - und gemeinsam für seine Rechte und sein Wohlergehen zu streiten, hat noch niemand geschadet. Ein Beispiel ist die Behindertenhilfe: ja, es gibt auch kirchliche Einrichtungen in der Branche.
inklusiv.aktiv
Zweimal im Jahr erscheint die ver.di-Zeitung inklusiv.aktiv mit spannenden Artikeln für Beschäftigte in der Behindertenhilfe, den Teilhabe- und Inklusionsdiensten.

Montag, 9. Juni 2025

Sonntagsgedanken - ausgerechnet der Samariter ...

Niemand, nicht einmal der Levit, eilt dem Opfer zur Hilfe – gerettet wird er von einem „Sünder, einem Heiden, der dem Wirt sogar anbietet, für seine Pflege zu bezahlen“.
so berichtet VaticanNews von Erzählungen durch Papst Franziskus zu Begegnungen Jesu. Die Episode wurde im Rahmen einer Sendereihe am Ostersonntag 2022 zur Hauptsendezeit auf Rai Uno ausgestrahlt. VaticanNews weiter:
Besonders eindrucksvoll ist die Betonung der sechs Figuren: nicht nur der Samariter steht im Zentrum, sondern auch diejenigen, die sich ihrer Verantwortung entziehen. Es ist ein Gleichnis über das Handeln – oder das Versagen – angesichts von Leid. Dass gerade der religiös und gesellschaftlich Ausgegrenzte zur Barmherzigkeit fähig ist, während die „frommen“ Repräsentanten des Volkes versagen, ist eine starke Provokation.

Tiefe, theologische Dimension
Jesus erzählt dieses Gleichnis nicht nur, um zu einem guten Leben zu ermahnen. Die Deutung am Ende – der Samariter als Bild für Christus selbst – eröffnet eine tiefere, theologische Dimension. „Einige alte Theologen sagten, in dieser Stelle sei das ganze Evangelium enthalten“, so Franziskus. Jeder von uns ist der Verwundete. Und Christus, der sich „die Hände schmutzig macht“, der uns auf sein „Reittier“ hebt, uns in Sicherheit bringt und sich weiter um uns kümmert, steht für eine Liebe, die keine Grenzen kennt.

Die Parabel ist ein Aufruf zur konkreten Tat – unabhängig von Status, Konfession oder Herkunft. Der Wirt, der staunend zusieht, ist der Spiegel des modernen Menschen: überrascht, ja irritiert vom Maß dieser Barmherzigkeit.

In einer Welt, die oft Spaltung und Abgrenzung fördert, ist das Gleichnis vom barmherzigen Samariter eine bleibende Provokation. Es fordert uns auf, unsere Rollen zu überdenken: Sind wir Helfende, Gleichgültige oder gar Wegsehende? Oder lassen wir uns verwandeln und handeln wie der, den man am wenigsten erwartet hätte?

Lassen wir uns das Gleichnis doch bei der Betrachtung der kirchlichen Arbeitswelt durch den Kopf gehen:
Hätte der "Barmherzige Samariter", der Sünder, der Heide, heute in kirchlichen Arbeitsverhältnissen eine Chance – unabhängig von Status, Konfession oder Herkunft?
Wenn es um die aktive und gemeinsame Eingrenzung des Dumpingwettbewerbs in der Wohlfahrtsbranche geht - sind wir Helfende, Gleichgültige oder gar Wegsehende?

Donnerstag, 5. Juni 2025

Nur Tabellenerhöhungen - orientierender Empfehlungsbeschluss der Bundeskommission zur AVR Caritas

Die Caritas-Mitarbeitenden in Deutschland erhalten zum 1. Juli mindestens 3 Prozent mehr Gehalt. Zum 1. Februar 2026 ist eine weitere Erhöhung um 2,8 Prozent vereinbart. Neben den Gehältern sollen auch Zulagen für Schichtarbeit, Zulagen für Pflegekräfte sowie weitere Vergütungsbestandteile steigen.
Für Ärzte in Caritaskliniken und -einrichtungen gilt ein eigener Abschluss: Er sieht eine Erhöhung um 4 Prozent zum 1. Juli, um 2 Prozent zum 1. Dezember und um weitere 2 Prozent zum 1. Januar 2026 vor.
Die Tarifvereinbarungen sehen auch höhere Zuschläge für Nachtschichten sowie kurzfristige Dienstplanänderungen vor.
wir zitieren aus einer Meldung des DOMRADIO und den Aktuellen Meldungen der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission (AK-MAS).
Die Mitarbeiterseite spricht zudem einige "Fehlstellen" an:
„In einem zweiten Teil der Tarifrunde müssen wir weitere Elemente umsetzen, die im Öffentlichen Dienst erstrittenen wurden: zum Beispiel einen Tag mehr Erholungsurlaub und die Erhöhung der Jahressonderzahlung.“
(Foto: Facebook)

Das Verhandlungsergebnis der Caritas bleibt also - wieder einmal - hinter dem öffentlichen Dienst zurück. Auf diese Weise wird der ruinöse, kostenorientierte Dumpingwettbewerb in der Branche nicht beseitigt. Dafür bräuchte es "allgemein verbindliche Tarifverträge". Dann wäre Qualität und nicht der Billigpreis die Grundlage für einen faireren Wettbewerb aller Anbieter - und diesen Wettbewerb bräuchten die kirchlichen Wohlfahrtsverbände wohl nicht zu scheuen.

Wir weisen zudem darauf hin, dass mit diesem abgespecktem Beschluss noch nicht alles "in trockenen Tüchern" ist.
Denn nun sind die Regionalkommissionen am Zug, die Empfehlung der Bundeskommission durch eigene Beschlüsse um zu setzen. Und danach können die Bischöfe das Ergebnis in kirchenrechtlichen Vorschriften umsetzen - wenn sie denn wollen.

Mit diesem Beitrag melden wir uns zugleich für die anstehenden bayerischen Pfingstferien ab. Voraussichtlich werden wir uns dann in der 26. KW wieder zu Wort melden.

Sonntag, 1. Juni 2025

Sonntagsnotizen - "Glaubwürdigkeit statt Perfektion"

Katholisch.de berichtet von der ersten Priesterweihe, die Papst Leo XIV. vorgenommen hat. Diese erste Priesterweihe zeigt auch, welche Intentionen der Papst den Klerikern für ihr Amt besonders ans Herz legt. In dem Bericht wird aus der Predigt zitiert:
... Es gelte, "die Glaubwürdigkeit einer verwundeten Kirche wiederherzustellen, die zu einer verwundeten Menschheit in einer verwundeten Schöpfung gesandt ist", sagte Leo XIV. in seiner Predigt vor rund 5.500 Menschen im Petersdom. "Perfektion ist nicht wichtig, Glaubwürdigkeit ist jedoch unerlässlich." ...

Auch Radio Vatikan weist im Bericht über die Weihe ausdrücklich auf diesen Aspekt hin:
... „Ihr wisst, wie ich in eurer Mitte war“ – ein Satz des Apostels Paulus, den Leo XIV. als Maßstab für priesterliche Authentizität deutete. „Es ist nicht wichtig, perfekt zu sein, aber es ist notwendig, glaubwürdig zu sein.“ ...
Die Predigt ist von Radio Vatikan zur Gänze im Wortlaut dokumentiert.

Wir können uns der Forderung nach "Glaubwürdigkeit" nur anschließen. Schließlich haben wir die fehlende Glaubwürdigkeit der Kirche im Kontext mit der eigenen Soziallehre einerseits und dem Handeln der kirchlichen Arbeitgeber andererseits oft genug beklagt. Und der Verlust der Glaubwürdigkeit ist das Schlimmste, was einer Religionsgemeinschaft passieren kann.

Mittwoch, 28. Mai 2025

Fachkräftemangel - auch bei der Caritas

wie katholisch.de
Der Deutsche Caritasverband kämpft mit einem großen Fachkräftemangel. "Aktuell ist jede fünfte Stelle unbesetzt. Und es wird noch dramatischer, weil in den nächsten Jahren etwa 200.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Ruhestand gehen werden", sagte der Sprecher der Caritas-Dienstgeber, Johannes Brumm, am Dienstag bei der Vorstellung des "Caritas-Panels 2024" in Berlin. Insgesamt arbeiten bundesweit rund 740.000 Personen für den katholischen Wohlfahrtsverband.
und das Domradio übereinstimmend berichten:
200.000 Caritasmitarbeiter gehen bald in Ruhestand
Enormer Fachkräftemangel erwartet
Der katholische Wohlfahrtsverband sucht nach Antworten auf den Fachkräftemangel. Eine neue Umfrage zeigt, wie viele neue Mitarbeiter im wachsenden Pflegebereich gebraucht werden. Ein Schlüssel ist eine gute Bezahlung.

...
Es fehlt jetzt schon dramatisch an Fachkräften - und die Problematik wird sich in den nächsten Jahren massiv verschärfen.

Wäre es da arg vermessen, den Caritas-Arbeitgebern den guten Rat zu geben, gemeinsam mit der Vertretung der organisierten und damit interessierten Mitarbeitenden nach Lösung zu suchen?
Ach so, ich vergaß - die Bischöfe erlauben des Caritas-Arbeitgebern ja nicht, mit den Interesenverbänden der Mitarbeitenden, also den Gewerkschaften, zu kooperieren. Beim entscheidenden Schritt steht der ideologisch begründete "Dritte Weg" dagegen. Ideologie - auch wenn sie historisch schwer belastet ist - steht halt auch bei den Katholiken höher als die eigene Soziallehre.
Und das Geschwafel von der "Tarifbindung bei der Caritas" können wir nicht mehr hören. Die Caritas hat keine Tarife, sondern "Allgemeine Vertags Richtlinien" (AVR), also Allgemeine Geschäftsbedingungen. Da kann schon rein rechtlich keine Tarifbindung entstehen. Verar...schen, liebe KollegInnen etwa bei katholisch.de, können sich die Caritas-Mitarbeitenden auch selbst. Dazu braucht es das Salbadern über eine "Tarifbindung im Dritten Weg" nicht.

Samstag, 24. Mai 2025

Zehn Jahre Umwelt- und Sozialenzyklika "Laudato si"

Am 24. Mai, dem Hochfest von Pfingsten im Jahr 2015, hat Papst Franziskus seine Enzyklika "Laudato si" publiziert. Es war nicht nur die erste "Umweltenzyklika", sondern ausdrücklich auch als Sozialenzyklika gedacht - so der Papst selbst in einer Stellungnahme für Argentinien (Quelle: Domradio https://www.domradio.de/themen/papst-franziskus/2021-08-24/die-gesamte-tragweite-erkennen-papst-franziskus-sieht-laudato-si-auch-als-sozialenzyklika).
Das 2015 veröffentlichte Schreiben "Laudato si" gilt als erste päpstliche Umweltenzyklika. Zugleich enthält der Text soziale Aspekte, mit denen Franziskus für eine "ganzheitliche Ökologie" aus Sicht der Ärmsten wirbt.
Tatsächlich beschreibt Franziskus eine "ganzheitliche Ökonomie", die Ökologie und Soziales verbindet - und dabei bezieht er sich ausdrücklich auch auf die Gewerkschaftsenzyklika "Laborem exercens" (Rd.Nr. 124).
Der Text der Enzyklika ist vom Vatikan veröffentlicht:
ENZYKLIKA
LAUDATO SI’
VON
PAPST FRANZISKUS
ÜBER DIE SORGE FÜR DAS GEMEINSAME HAUS
Es lohnt sich, den prophetischen Text mit heutigem zeitlichem Abstand neu zu lesen.

Montag, 19. Mai 2025

Ausflug in die "hohe Politik": bei der Papst-Amtseinführung war die russische Kulturministerin nicht dabei

meldet das "Domradio" und führt aus:
Weil es Probleme mit der Anreise gegeben haben soll, fehlte Russlands Kulturministerin bei der Amtseinführung von Papst Leo XIV. Auch der Außenamtschef der russisch-orthodoxen Kirche blieb der Zeremonie fern.
Bei der Amtseinführung von Papst Leo XIV. am Sonntag war Russland lediglich durch seinen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Iwan Soltanowski, vertreten. Eigentlich sollte Kulturministerin Olga Ljubimowa für die russische Staatsführung an der Messe auf dem Petersplatz teilnehmen. Sie habe aber wegen Problemen mit der Reiseroute nicht nach Rom fliegen können, erklärte ihr Ministerium laut russischen Medien. ...
Nun, manches lässt sich verifizieren - und wir haben tatsächlich einen ergänzenden Bericht bei aerotelegraph gefunden.
Warum drehte der russische Regierungsflieger über dem Mittelmeer ab?
Ein russisches Regierungsflugzeug verließ Moskau mit Kurs auf Rom – kam dort aber nie an. Warum drehte die Ilyushin Il-96 über dem Mittelmeer um?


18.05.25 - 13:05
Das Ziel war Rom. Am Samstagnachmittag (17. Mai) um 14 Uhr Ortszeit startete die Ilyushin Il-96 mit dem Kennzeichen RA-96014 der Spezialflugstaffel Russlands am Flughafen Moskau-Vnukovo. Und eigentlich hätten die Insassen - die Einheit befördert Regierungsmitglieder, hohe Beamte und Militärs der Russischen Föderation - um 20:40 Uhr abends in der italienischen Hauptstadt aussteigen sollen.

Doch dort kam die Ilyushin Il-96 nie an. Denn nachdem sie die Türkei überflogen hatte und sich über dem Mittelmeer befand, drehte sie um. Dort flog der russische Regierungsflieger dann zwei Schleifen. Statt danach weiter nach Rom zu fliegen, kehrte sie um. Nach rund neun Stunden Flugzeit landete der Vierstrahler wieder in Moskau.
Wer sich an Bord der russischen Regierungsmaschine befand, ist nicht bekannt. Auch ist nicht bekannt, weshalb sie nach mehr als der Hälfte der zurückgelegten Strecke umdrehte. Die Meldung wird aber mit möglichen Erklärungen versehen. Eine (die dort zuerst genannte) Möglichkeit ist demnach, dass der Ilyushin Il-96 ein Einflug in den italienischen Luftraum verweigert wurde.

Auch die Caritas-Präsidentin fordert mehr Einsatz für soziale Politik

wie Radio Vatikan berichtet:
Die Caritas ist einer der wichtigsten Partner des Staates in der Sozialpolitik, ihre Appelle haben deshalb Gewicht. Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa hat die schwarz-rote Koalition zu mehr Anstrengungen in der Sozialpolitik aufgerufen. Sie äußerte sich am Donnerstagabend nach einer Aussprache zur Regierungserklärung.
Wir möchten in diesem Zusammenhang auf unseren Beitrag vom Dienstag letzer Woche Kirche unterstützt Pläne zu einer Pflegereform und den vorhergehenden Beitrag zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai verweisen.

Sonntag, 18. Mai 2025

Die heutige Predigt von Leo XIV. zur Amtseinführung

ist von RADIO VATIKAN hier im Wortlaut publiziert worden. Sie enthält mehrere bedenkenswerte Aussagen. Wir möchten an dieser Stelle auf den letzten Absatz, den Schlußakkord, der Betrachung hinweisen:
...
Lasst uns im Licht und mit der Kraft des Heiligen Geistes an einer Kirche bauen, die auf der Liebe Gottes gegründet und ein Zeichen der Einheit ist, an einer missionarischen Kirche, die ihre Arme der Welt gegenüber öffnet, die das Wort verkündet, die sich von der Geschichte herausfordern lässt und die zum Sauerteig der Eintracht für die Menschheit wird.

Gehen wir gemeinsam, als ein Volk, alle Brüder und Schwestern, auf Gott zu und lieben wir einander.

(vatican news)
Dem Aufruf zur Einheit möchten wir uns insbesondere im Hinblick auf die merkwürdigen Sonderwege hinweisen, die manche nationale Kirchen bezüglich der Vermögensverwaltung und des anzuwendenden Arbeitsrechts beschreiten - und die mit der eigenen, kirchlichen Soziallehre nicht vereinbar sind.
Can. 1286 — Die Vermögensverwalter haben:

1° bei der Beschäftigung von Arbeitskräften auch das weltliche Arbeits- und Sozialrecht genauestens gemäß den von der Kirche überlieferten Grundsätzen (Anm.: also der kirchlichen Soziallehre mit dem durchgehend verankerten Gewrkschaftsprinzip und dem Bekenntnis zu Tarifverträgen in "Mater et Magistra) zu beachten;

2° denjenigen, die aufgrund eines Vertrages Arbeit leisten, einen gerechten und angemessenen Lohn zu zahlen, so daß sie in der Lage sind, für ihre und ihrer Angehörigen Bedürfnisse angemessen aufzukommen.

Sonntagsnotizen - päpstliches Lehramt und kirchliche Soziallehre

In unseren Blogbeiträgen weisen wir immer wieder darauf hin, dass der gewerkschaftsfeindliche "Dritte Weg" der deutschen Kirche nicht mit den katholischen Sozialenzykliken konform ist und daher dem päpstlichen Lehramt widerspricht. Das "päpstliche Lehramt" - was ist das?
Es ist ein "Spezifikum" der katholischen Kirche und damit ein Unterschied zu protestantischen Gemeinschaften.
Das "päpstliche Lehramt" soll bei unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten Orientierung geben. Es „steht nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert ist“ - erklärt Kirche+Leben.
Und katholisch.de stellt fest:
Kein Gläubiger kann gezwungen werden, ihm auch tatsächlich im Glauben zuzustimmen. Entsprechenden Lehren des Papstes ist jedoch sehr wohl "religiöser Verstandes- und Willensgehorsam" entgegen zu bringen; "nämlich so, dass sein oberstes Lehramt ehrfürchtig anerkannt und den von ihm vorgetragenen Urteilen Anhänglichkeit gezollt wird, entsprechend der von ihm kundgetanen Auffassung und Absicht", heißt es in den Worten "Lumen gentiums" (LG 25).
Von den Gläubigen wird damit gefordert, sich zunächst äußerlich an die verkündete Lehre zu halten. Das bedeutet auch, "sorgsam zu meiden, was ihr nicht entspricht", wie es im Kirchenrecht heißt. Darüber hinaus sollen die Katholiken sich jedoch auch bemühen, eine authentische Lehre als ihre persönliche Überzeugung zu übernehmen. Die "hartnäckige Ablehnung" einer Aussage des authentischen Lehramts, und damit ein Bruch der Gehorsamspflicht, ist unter Strafandrohung verboten. Gläubigen, die eine entsprechende Lehraussage trotz allem für falsch halten, rät etwa der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller zu Gehorsam und Schweigen.
Das päpstliche Lehramt wird insbesondere durch die päpstlichen Enzykliken konkret dargelegt.
Im Bereich der kirchlichen Soziallehre und damit des kirchlichen Arbeitsrechs - also unserem Blogthema - sind das insbesondere die Sozialenzykliken, sowie ergänzende Ansprachen und Briefe, die wir in unserem Beitrag vom 2. Mair des Jahres angesprochen haben.
Wer diese Verlautbarungen liest muss feststellen: das "kirchliche Arbeitsrecht" der deutschen katholischen Kirche steht im eklatanten Widerspruch zu den Vorgaben der eigenen Soziallehre. Das gefährdet nicht nur die eigene Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche. Der "Dritte Weg" trennt die deutsche Kirche von der weltweit aktiven katholischen Kirche.

Papst Leo XIV. hat nun - so Radio Vatikan - sein Verständnis des päpstlichen Lehramtes erläutert:
Leo XIV.: „Das Lehramt ist ein gemeinsamer Weg zur Wahrheit“
In seiner Rede vor der Stiftung „Centesimus Annus Pro Pontifice“ hat Papst Leo XIV. an diesem Samstagvormittag die Bedeutung der Soziallehre der Kirche als Weg der Reflexion und des Dialogs unterstrichen. Im Zentrum stand seine Ermutigung, das kirchliche Lehramt nicht als starr, sondern als lernfähig, offen und dialogbereit zu verstehen – ein Beitrag zur Erneuerung von Glaube und Gesellschaft.


Literaturhinweis:
Herter: Das päpstliche Lehramt auf dem Prüfstand der Geschichte

Donnerstag, 15. Mai 2025

Petition: Mehr als 143.000 Unterschriften für eine starke Pflege!

💪 Mehr als 143.000 Unterschriften für eine starke Pflege! Zum Internationalen Tag der Pflegenden, hat der DGB zu dem auch ver.di gehört, gemeinsam mit weiteren Organisationen eine Petition übergeben. Die Forderungen an die Bundesregierung sind klar: Pflegebedürftige und ihre Angehörigen brauchen Unterstützung und Sicherheit und die Pflege verlässliche Finanzierung.
👉 Hier geht´s zur Petition “Mach dich stark für Pflege”: https://weact.campact.de/petit.../mach-dich-stark-fur-pflege