Freitag, 20. Februar 2015

Kann Gewerkschaft Sünde sein? Teil 1: Allgemein zum Einstieg

Wieder einmal verweisen wir auf den Beschluss der Würzburger Synode, den wir *hier* schon verlinkt hatten:
Es müßte selbstverständlich sein, daß der katholische Arbeiter sich gewerkschaftlich organisiert. Seine Mitarbeit ist einmal Ausdruck einer solidarischen Verbundenheit im gemeinsamen Einsatz für Menschlichkeit in den Arbeits- und Lebensbedingungen, zum anderen ist sie ein Dienst im Sinne des Weltauftrags der Kirche.
.Das Koalitionsrecht ergibt sich im Übrigen schon aus theologischen Erwägungen:
"Dem Kaiser was des Kaisers und Gott was Gottes ist" (Mk 12,17; Lk 20,25)
- die Trennung von Kirche und Staat ist also schon in der Bibel festgeschrieben. Und was aus der kirchlichen Sicht "staatlich" sein soll, hat das (für die katholische Kirche geltende) universelle Kirchenrecht im Coedx Iuris Canonici (CIC - dem "Grundgesetz der katholischen Kirche") normiert. Da der CIC auf theologischer Grundlage aufbaut, können wir mit Canon 1286 1° CIC behaupten, dass auch auf theologischer Grundlage das weltliche Arbeits- und Sozialrecht genauestens gemäß den von der Kirche überlieferten Grundsätzen zu beachten ist.
Die Kirche hat also das Arbeitsrecht dem staatlichen Rechtskreis zugeschrieben und die kirchlichen Ökonomen auf die Einhaltung dieses Rechts verpflichtet, soweit nicht überlieferte Grundsätze - namentlich der katholischen Soziallehre - entgegen stehen. Diese fördern aber ausdrücklich das Gewerkschaftsprinzip.
Wir könnten dazu beispielhaft auf Papst Paul VI. verweisen, den wir mit "Ocotogesima adveniens" zitiert hatten:
Zur Verteidigung dieser Rechte lassen demokratische Staaten grundsätzlich den gewerkschaftlichen Zusammenschluß zu ... haben sie doch zur Aufgabe, die Interessen aller Gruppen der Arbeitnehmerschaft zu vertreten, ihrer aller Zusammenspiel zum wirtschaftlichen Aufstieg des Ganzen zu fördern und ihr Bewußtsein von ihrer Mitverwantwortung für das Gemeinwohl zu vertiefen. ...
Für ein kirchliches (gewerkschafsfreies) Sonderrecht verbleibt auf dieser Grundlage kein Raum.

Bestätigt wird diese Auffassung durch die Aussagen des II. Vatikanums über das Verhältnis von Staat und Kirche, namentlich der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute "Gaudium et spes" und in der Dogmatischen Konstitution über die Kirche "Lumen gentium". Das sind authentische Aussagen des kirchlichen Lehramts, die im Zusammenhang mit den übrigen authentischen Quellen, vornehmlich dem geltenden kanonischen Recht und dem Konkordatsrecht zu sehen sind. Abweichende Meinungen sind unter Bezug auf die vorgenannten Aussagen der Bibel schlicht "unchristlich", zumindest aber "unkatholisch".

Wer "der Kirche gut will", der kann ihren Vertretern nur raten, schnellstmöglichst mit den Gewerkschaften zu einer Vereinbarung zu kommen. Nun gibt es aber von "A" wie "Allgäu" bis "W" immer wieder "katholische" Arbeitgeber, die meinen, ihren Mitarbeitern eine koalitionsmäßige Betätigung "ausreden" zu sollen. Frei nach dem Motto: "Jeder Arbeitgeber versucht gerne, seinen Beschäftigten die Gewerkschaft auszureden. Aber wenn der Pfarrer (oder Geschäftsführer der barmherzigen Gesellschaft) das sagt, dann wird das zu einer Glaubensfrage."
Diese Arbeitgeber riskieren damit aber wohl auch aus der kirchenamtlichen Sicht den gesamten "arbeitsrechtlichen kirchlichen Sonderweg", der ohnehin schon in kritischer Beobachtung durch die Öffentlichkeit steht.
"Doch setzt sie (die Kirche) ihre Hoffnung nicht auf Privilegien, die ihr von der staatlichen Autorität angeboten werden. Sie wird sogar auf die Inanspruchnahme legitim erworbener Rechte immer dann verzichten, wenn feststeht, daß sonst die Lauterkeit ihres Zeugnisses in Frage gestellt ist, oder wenn veränderte Verhältnisse eine andere Regelung erfordern."
(Pastoralkonstitution)

p.s.: Papst Franziskus@pontifex_de "twitterte" am 31. Januar:
Es ist dringend nötig, ein glaubwürdiges Zeugnis von der Wahrheit und den Werten des Evangeliums zu geben.
ob er damit auch Mk 12,17 gemeint hat?


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1 Kommentar:

  1. Nachtrag:
    Es ist richtig: die Gewerkschaft wird - im Gegensatz zu den Gremien des "Dritten Weges" nicht von den Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden finanziert und ist daher finanziell unabhängig. Sie ist nicht auf das "Wohlwollen" der Arbeitgeber angewiesen. Das ermöglicht der Gewerkschaft, unabhängiger zu agieren. Und der Mitgliedsbeitrag ergibt sich aus dem Einkommen, so dass die Gewerkschaft als Organisation auch das Interesse an guten Tarifabschlüssen hat. Aber das versteht sich als Vertretung der Mitglieder von selbst.
    Übrigens: der Fachbereich 3 (zu dem die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände gehören) hat seit Jahren steigende Mitgliederzahlen.

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