Montag, 28. Oktober 2013

Die aktuelle Situation der ambulanten Pflegedienste

ist der Caritas einen Artikel wert:
Das derzeitige System der Refinanzierung belohnt Dienste, die ihre Mitarbeiter unterhalb der Flächentarife vergüten. Schlechtere Arbeitsbedingungen können zu einem Arbeits­kräftemangel, zu Versorgungslücken und einem Qualitätsverlust führen. ...

Das derzeitige System der Refinanzierung belohnt Träger, die es schaffen, Mitarbeiter(innen) im individuellen Arbeitsvertrag oder durch Abschluss von Haustarifen unterhalb von ortsüblichen Flächentarifen zu entlohnen, da diese nicht mit Abschlägen in der Refinanzierung rechnen müssen. Dies führt dazu, dass die Anbieter mit Flächentarifen zunehmend unter Druck geraten. Hier kommt es zusammen mit den beschriebenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen zu höchst problematischen Entwicklungen auf einem immer mehr umkämpften Arbeitsmarkt. Die Sicherung der derzeit noch bestehenden guten Standards der Qualität der Versorgung wird so mittelfristig gefährdet.
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Quelle (*klick*)

Die Analyse stimmt.
Die privaten Träger der ambulanten Pflege dominieren den "Markt" immer mehr (die Quote dürfte stetig steigend inzwischen bei über 60 % liegen) und da ist es objektiv für alle Wohlfahrtsverbände schwierig, alleine dagegen zu halten. Ursache ist auch, dass die langjährige Dominanz der Wohlfahrtsverbände mit ihrem 3. Weg in diesem Bereich dafür gesorgt hat, dass sich kein gewerkschaftliches Bewußtsein entwickeln konnte, das sich der beklagten Entwicklung engegenstellen hätte können. Der mangelnde Organisationgrad in einzelnen Verbänden und Organisationen schadet dem gesamten Bereich ("nam tua res agitur, paries cum proximus ardet, et neglecta solent incendia sumere vires" Horaz, Epistulae 1,18,84*)
Schauen wir doch noch den Lösungsansatz an, den die Caritas anspricht:
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Mittelfristig sind die Themen angemessene Umsetzung der Einführung einer zeitbezogenen Vergütung im SGB XI, Bürokratieabbau, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Tariftreue zu Flächentarifverträgen und die Ersetzung der Grundlohnsummensteigerung durch eine alternative Dynamisierung der Kosten beziehungsweise Pflegesätze in den Blick zu nehmen. Aufgrund der beschriebenen und sich weiter verschärfenden Problemlage dulden diese Themen keinen weiteren zeitlichen Aufschub mehr. Caritas und Diakonie in Baden-Württemberg haben dies bereits deutlich gemacht und fordern Politik und Kostenträger auf, gemeinsam für zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu sorgen.

Die Caritas muss auch diese Themen mit möglichst vielen Partnern verstärkt in die Öffentlichkeit einbringen, wie dies derzeit schon in einigen Diözesen geschieht. Es ist höchste Zeit, zu handeln!
ja, richtig - aber bitte nicht auf halbem Weg stehenbleiben.

Wenn wir die angesprochene (im Text markierte Lösung) nehmen, die uns die katholische Soziallehre anbieten würde (siehe Schwerpunktthema im Blog von der letzten Woche), dann würden wir es mit der Caritas und Diakonie sowie den verbliebenden tarifgebundenen Einrichtungen wahrscheinlich sogar schaffen, gemeinsam die Voraussetzungen für einen "allgemein verbindlichen Tarifvertrag" nach Tarifvertragsgesetz (TVG) zu erfüllen. Und diesen tariflichen Mindestlohn müssen alle Anbieter bezahlen. Der Kostenwettbewerb zu Lasten der Betreuten und der eigenen Mitarbeiter wäre auf einen Schlag beendet.
Damit ist dann auch die Basis für eine entsprechend höhere Refinanzierung gesichert.
Wer aber weiterhin gegen diese Lösung ist, auf einen "Wettbewerb der Systeme" setzt, und einen Tarifvertrag mit den Gewerkschaften ablehnt, der muss erklären, warum er die daraus folgenden prekären Löhne billigend in Kauf nimmt.

Ach ja: am Samstag twitterte Papst Franziskus:
Papst Franziskus ‏@Pontifex_de
Wir beteiligen uns zu oft an der Globalisierung der Gleichgültigkeit; versuchen wir stattdessen eine globale Solidarität zu leben.
Quelle *klick*
Globale Solidarität würd auch und gerade von den Gewerkschaften gelebt.
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*übersetzt: Denn deine Sache steht auf dem Spiel, wenn die Nachbarwand brennt, und Feuers Macht pflegt, wo man achtlos bleibt, sich auszubreiten.

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