Freitag, 2. Dezember 2016

Wir zahlen nicht mit unserer Gesundheit für Steuergeschenke



Ergänzend zum Thema Entlastung:

Heute im Bundestag 30.11.2016:
Betriebsräte beklagen Pflegenotstand
Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) In den Krankenhäusern besteht nach Darstellung von Betriebsräten ein gefährlicher Pflegenotstand. Anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages über einen Antrag der Fraktion Die Linke (18/7568) am Mittwoch appellierten Arbeitnehmervertreter an den Gesetzgeber, verbindliche Personalstandards in den Kliniken einzuführen. Die Betriebsräte warnten in ihren schriftlich an den Ausschuss übermittelten Appellen, für Pflegekräfte seien die zumutbaren Belastungsgrenzen längst überschritten. Dies berge erhebliche Gefahren für das Personal wie auch für die Patienten.
Die Mitarbeitervertretung des St. Marien-Krankenhauses in der Erzdiözese Berlin sprach von "unhaltbaren Zuständen". Seit Jahren verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege. Immer mehr Arbeit solle von immer weniger und geringer qualifizierten Pflegekräften bewältigt werden, bei steigenden Qualitätsanforderungen. Mitarbeiter müssten kurzfristig einspringen und würden genötigt, Dienste zu übernehmen. Die Folge seien steigende Krankmeldungen und psychische Erkrankungen sowie ein immenser Anstieg von Überstunden. Die Pflegekräfte würden zwischen Selbstausbeutung und Fremdausbeutung zerrieben.
Der Betriebsrat der AKH-Gruppe Klinikum Peine warnte, die viele Arbeit sei für die Beschäftigten nicht zu schaffen. Das bedeute für die Patienten konkret eine verzögerte Abgabe von Medikamenten und eine völlig unzureichende Versorgung. Für die Fragen von Angehörigen, allgemeine Informationen oder Zuwendung für Demenzpatienten gebe es keine Zeit. Viele Kollegen litten unter Schlafstörungen und Angstzuständen, weil sie befürchteten, eine Verordnung während der Schicht vergessen zu haben. An Pausen oder einen pünktlichen Feierabend sei nicht zu denken. Nur mit einer gesetzlichen Personalbemessung und einer adäquaten Finanzausstattung der Kliniken könnte das nötige Personal bereitgestellt werden.
Nach Angaben des Betriebsrates des Gesundheitszentrums Odenwaldkreis droht die "Abwärtsspirale für Mitarbeiter und Patienten" völlig aus dem Ruder zu laufen. Nach jahrelanger Leistungsverdichtung, Reduzierung der Fachkraftquote bei gleichzeitiger Fallzahlsteigerung und zunehmend multimorbiden Patienten glaubten Pflegekräfte nicht mehr daran, dass der Krankenhausträger allein für eine ausreichende Personalausstattung sorgen könne. Vielmehr erwarteten die Beschäftigten konkrete Hilfe vom Gesetzgeber.
Auch der Betriebsrat des Elisabeth Klinikums Schmalkalden monierte, der Kosten- und Leistungsdruck werde von oben nach unten durchgereicht. Die zu dünne Personaldecke, ein hohes Durchschnittsalter der Pflegekräfte und hoher Krankenstand brächten viele Mitarbeiter an ihr Limit. Es sei inzwischen eine echte Herausforderung, Fachkräfte aller Bereiche und geeignete Auszubildende in der Krankenpflege zu finden. Das "Holen aus dem Frei" gehöre zum Alltag in der Pflege, jeder Krankheitsfall bringe die Dienstplaner in Not. Das Pflegestellenförderprogramm habe sich als nutzlos erwiesen.
Die Gewerkschaft verdi machte die Einführung der Fallpauschalen (DRG) in den Kliniken für die Entwicklung mitverantwortlich. Die Abrechnungsmethode beinhalte einen massiven Anreiz zum Personalabbau, auch in der Pflege. Derzeit fehlten in den Kliniken 162.000 Vollzeitstellen, darunter 70.000 in der Pflege. Besonders kritisch sei die Personalsituation nachts. Es werde über gefährliche Situationen berichtet, die mit mehr Personal hätten verhindert werden können. Eine Gewerkschaftssprecherin sagte in der Anhörung: "Ohne verbindliche Vorgaben hat das Fass keinen Boden." Nötig sei eine kurzfristige Entlastung, der Markt allein richte es nicht.
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