Dienstag, 30. April 2024

"Romgrenze" ab morgen (1. Mai) neu geregelt

Bischöfe sind die absoluten Herrscher in ihren Bistümern? Wer das glaubt, hat nun bei katholisch.de eine bessere Information:
Bischöfe können über Kirchenvermögen nicht frei verfügen – manche Geschäfte brauchen die Zustimmung diözesaner Gremien. Wenn sie besonders teuer sind, muss sogar der Vatikan sein Okay geben. Diese "Romgrenze" wurde in Deutschland nun deutlich erhöht.
nun, dass die "Romgrenze" die Vermögensverwaltung betrifft - und nicht das Recht der Arbeitnehmer - gibt schon einen Hinweis auf die Wertigkeit. Da kann dann das universale Kirchenrecht (c. 1286 CIC) und die päpstliche Soziallehre munter verletzt werden. Es ist ja nicht genehmigungspflichtig (obwohl die zitierten Rechte der Arbeitnehmer universalkirchenrechtlich im Vermögensrecht angesiedelt sind).

Wer dann weiter liest wird eine interessante Ausführung finden:
Neben der Romgrenze wurden auch die "Akte der außerordentlichen Verwaltung" in einem eigenen Dekret neu geordnet. Für solche Sachverhalte braucht der Diözesanbischof die Zustimmung seines Vermögensverwaltungsrats und des Konsultorenkollegiums, er kann also nicht alleine handeln. Zu diesen Akten gehören nun die Errichtung, der Erwerb, die Übernahme, die Auflösung oder die Veräußerung einer kirchlichen Einrichtung, die Ablösung einer Bau- und Unterhaltungsverpflichtung sowie einer anderen Leistung eines Dritten sowie die Abgabe von Patronatserklärungen nach Maßgabe des weltlichen Rechts, also Erklärungen, dass die Körperschaft sich verpflichtet, die Erfüllung von Verbindlichkeiten einer anderen Körperschaft sicherzustellen.
die beiden hier "fett" gedruckten Sachverhalte sind im kirchlichen Alltag nicht unwichtig.
Wie oft passiert es, dass vormals kirchliche Einrichtungen an andere - weltliche - Rechtsträger abgegeben werden? Das ist wohl wesentlich öfter, als wir hier darauf hinweisen konnten (z.B. im April 2017 oder im Mai des gleichen Jahres, am 21. November letzten Jahres - und zuletzt im Mai 2024).
Brauch das alles künftig die Genehmigung eines Vermögensverwaltungsrates - und wird dieser darauf achten, dass grundlegende Schutznormen des weltlichen Betriebsverfassungsrechts eingehalten werden? Auf die rechtlichen Probleme für die Mitarbeitervertretungen haben wir unter dem Stichwort "Übergangsmandat" auchschonverwiesen (z.B. hier und hier).
Nicht uninteressant ist dann auch der zweie Punkte "Patronatserklärungen". Wir haben hier ja schon mehrfach darauf verwiesen, dass nach unserer Auffassung die Diözesen schon bisher aufgrund konzernrechtlicher Vorschriften und der Vermögensaufsicht durch die Bischöfe und deren Diözesankurie eine Haftungsverpflichtung haben - erstmals im Zusammenhang mit der Caritas-Penisonskasse im juni 2019 und zuletzt auch wieder am 19. März diees Jahres und letzendlich steht ja auch die Frage im Raum, ob eine mangelhafte Kontrolle z.B. bei kirchlichen Stiftungen auch Schadensersatzansprüche an den Kontrolleur begründet (vgl. Art. 22 f BayStG i.V. mit der kirchlichen Stiftungsordnung). Da werden die Vermögensverwaltungsräte noch so oft ihr Veto gegen eine Patronatserklärung abgeben - an den geltenden weltlichen Regelungen kommen sie nicht vorbei.

Montag, 29. April 2024

Fachkraftmangel - Quote senken ?

In der letzten Woche haben wir uns rund um mit dem Fachkraftmangel insbesondere in der Pflegebranche beschäftigt. Die Fachkraftquote für Pflegeheime ist bundesweit - hier ein Bericht aus Thüringen - immer schwieriger umzusetzen. Die Hansestadt Hamburg will nun wegen Prsonalmangel die Fachkraftquote in Pflegeheimen senken (Bericht des NDR vom 23.04.2024).
Dabei sind sich Experten einig: In der Kranken- und Altenpflege sind mehr Fachkräfte nötig

Wenn man bedenkt, dass schon die bisherige Fachkraftquote eine absolute Mindestgrenze darstellt (bei weniger Fachkräften sind - so beispielsweise schon die Gesetzesbegründung etwa zu §§ 8, 9 und 16 der Landespersonalverordnung (LPersVO) Baden-Württemberg vom 1. Februar 2016 - Gefährdungen der betreuten Personen zu erwarten, Stichworte: Dehydration, Dekubitus, usw), dann scheint das der falsche Weg zu sein. Noch größere Lücken führen zur "Altersverwahranstalt" oder der Familienpflege, die wegen Mangels an Familie, deren Möglichkeit und Bedarfen schon heute nicht mehr "geht".
Und was in der Altenpflege gilt, gilt auch für die Krankenpflege. Auch dort besteht massiver Fachkraftmangel. Die Berliner Charité - z.B. - musste jetzt sehr viele Betten "mangels Personal" sperren. Die fehlenden Einnahmen führen zu einem dramatisch hohen Betriebsdefizit. (Quelle). So wird ein "Teufelskreislauf" in Gang gesetzt und aufrecht erhalten.

Aber solange die Finanzwirtschaft bestimmt, welche Pflege finanzierbar ist, solange wird der caritative Anspruch der Kirchen und der verfassungsrechtliche Anspruch an den Sozialstaat wohl weiter mit Füßen getreten. Und die kirchlichen Wohlfahrtsverbände - allen voran die Caritas und die Altenpflege - tun das ihrige, damit das so bleibt.

Samstag, 27. April 2024

Fachkräftemangel - neues Personalbemessungsinstrument in den Krankenhäusern (PPR 2.0) verabschiedet

Der Bundesrat hat heute das neue Personalbemessungsinstrument in den Krankenhäusern (PPR 2.0) verabschiedet. Die Länderkammer nahm einen entsprechenden Entwurf in der Ausschussempfehlung des Bundesrates an. Noch vor vier Wochen hatte der Gesundheitsausschuss der Kammer den Gesetzentwurf wegen weiteren Beratungsbedarfs zurückgestellt, nachdem vor allem Bayern und Brandenburg erhebliche Bedenken geäußert hatten.
berichtete gestern (26. April) die AOK und führte weiter aus:
Zuvor hatte die Gewerkschaft Verdi an den Bundesrat appelliert, das PPR 2.0 anzunehmen. „Es ist höchste Zeit, mit bedarfsgerechten und verbindlichen Personalvorgaben eine gute Patientenversorgung zu sichern und die Pflegekräfte zu entlasten“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.
...
Das PPR 2.0 war 2019 vom Deutschen Pflegerat gemeinsam mit Verdi und der Deutschen Krankenhausgesellschaft entwickelt worden. Mit Hilfe des Instruments sollen für die Pflege am Bett gesetzliche Vorgaben zur Personalbesetzung gemacht werden, die sich am tatsächlichen Versorgungsbedarf orientieren.

Die PPR 2.0 wird sicher auch für kirchliche Krankenhäuser zur Anwendung kommen. Für MAVen empfiehlt sich daher, möglichst bald entsprechende Seminare zum Umgang mit dem PPR 2.0 zu besuchen - mit ver.di natürlich, denn wer sollte besser über dieses Instrument schulen können als diejenigen, die es entwickelt haben?

Weitere Quellen:
Ausschussempfehlung zum PPR 2.0 im Bundesrat
Verdi-Pressemitteilung
AOK - Hintergrund zur Personalbemessung

Freitag, 26. April 2024

75 Jahre Tarifvertragsgesetz

Vor 75 Jahren, im April 1949, verabschiedete die damalige Bundesregierung das Tarifvertragsgesetz. Einen Monat später wurde Artikel 9 Absatz 3 in das Grundgesetz aufgenommen, der die Grundlage für die Tarifautonomie der Bundesrepublik bildet. 1952 folgten schließlich die gesetzlichen Bestimmungen zur betrieblichen Interessenvertretung durch Betriebs- und Personalräte. Seither bestimmen diese Rechtsgrundlagen das deutsche System der Arbeitsbeziehungen.
- so zitieren wir heute das Magazin des Instititues für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
Nach den Ausführungen des Magazins ist dieses Jubiläum - leider - kein Grund mehr, optimistisch zu feiern. Denn die Tarifbindung nimmt kontinuierlich ab:


Die mangelnde Tarifbindung führt zu "Tarifflucht" - und damit zu prekären Beschäftigungsverhältnissen, wie etwa die KAB beklagt.

Dass die kirchlichen Wohlfahrtsverbände in ihrer Branche eine traurige Vorreiterrolle spielen haben wir oft genug angeprangert. Wir erinnern nur an das Drama um den Mindestlohn-Tarifvertrag für die "Altenpflege". Was die vorgeblichen "Tarife" der kirchlichen Wohlfahrtsverbände selbst betrifft: das sind Allgemeine Vertrags Richtlinien (AVR), die als "Allgemeine Geschäftsbedingungen" gelten. Deren Unverbindlichkeit haben wir zuletzt am Montag dieer Woche angesprochen.

Bei den kirchlichen Einrichtungen wird die historisch schwer belastete "Dienstgemeinschaft" trotz der klaren Vorgabe insbesondere der katholischen Soziallehre als theologisch verbrämte Alternative hoch gehalten.
Bei nährem Hinsehen wird im "Dritten Weg der Caritas" aber nur mit hohen Kosten versucht, sich mehr oder weniger an den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes zu orientieren - ohne dabei die Entscheidungsmacht abzugeben. Denn das ist das Kennzeichen des "Dritten Weges" in der katholischen Kirche: es geht nicht um partnerschaftlichen Umgang mit den eigenen Mitarbeitenden, sondern um den Machterhalt der Diözesanbischöfe und der kirchlichen "Dienst-" oder besser "Arbeitgeber". Der Blockadehaltung kann nur durch "kollektives Betteln" (so das Bundesarbeitsgericht) überwunden werden.

Das bereits eingangs zitierte Magazin schreibt zur "Tariforientierung" kurz und schmerzlos:
Die Tariforientierung ist qualitativ nicht vergleichbar mit der Tarifbindung

Für rund 49 Prozent der westdeutschen und 56 Prozent der ostdeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gab es im Jahr 2023 keinen Tarifvertrag. Rund die Hälfte dieser Beschäftigten wurde jedoch indirekt von Tarifverträgen erfasst, da sich ihre Arbeitgeber nach eigenen Angaben an den jeweiligen Branchentarifverträgen orientierten (siehe Abbildung 2).
Allerdings lehnt sich nur ein Teil dieser Betriebe in allen relevanten Punkten – etwa Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Arbeitszeiten oder Dauer des Jahresurlaubs – an den jeweiligen Branchentarif an und gewährt der Mehrheit der Beschäftigten im Betrieb diese Konditionen. Nur in diesen Betrieben dürften die Beschäftigten also Arbeitsbedingungen vorfinden, die mit denen in branchentarifgebundenen Betrieben annähernd vergleichbar sind. Auf Basis von Auswertungen des IAB-Betriebspanels 2020 traf dies im Westen auf rund 23 Prozent und im Osten auf rund 13 Prozent der nicht tarifgebundenen Betriebe zu (lesen Sie dazu einen 2021 erschienenen Artikel von Peter Ellguth und Susanne Kohaut).

Wundert sich da jemand, dass die gesamte Wohlfahrtsbranche unter Arbeitskräftemangel leidet (wir erinnern an unseren Beitrag vom letzten Mittwoch)?

Mittwoch, 24. April 2024

Pflegeberufe - auch künftig großer Mangel

In seinem Blog "Aktuelle Sozialpolitik" greift Prof. Dr. Sell die Ausbildungszahlen der Pflegeberufe auf:
Angesichts des heute schon überall beobachtbaren Mangels an Pflegefachkräften und mit Blick auf den weiter zunehmenden Bedarf an professionellen Pflegekräften ist es eine offensichtlich alarmierende Entwicklung, die sich hier hinter den nackten Zahlen verbirgt.
Wir zitieren Sell weiter:
Man kann bereits der Abbildung erste Hinweise auf wunde Punkte beim Thema Ausbildung von Pflegefachpersonal entnehmen. Zum einen der Blick auf das quantitative Niveau, denn offensichtlich stagniert die Zahl der neuen Ausbildungsverhältnisse für angehende Pflegefachfrauen und -männer. Dies kann aus zweierlei Gründen Sorgenfalten beim Blick in die Zukunft produzieren:

➔ Zum einen kann und muss man davon ausgehen, dass der Bedarf an Pflegefachkräften allein aufgrund der demografischen Entwicklung kontinuierlich ansteigen wird, so dass man zukünftig mehr Pflegefachpersonal brauchen wird als gestern und heute, also im Vergleich zur gegenwärtig vorhandenen Anzahl zusätzliche Pflegefachkräfte.

➞ Wir müssen hier auf einer rein quantitativen und Deutschland insgesamt umfassenden Ebene von enormen nicht zu deckenden Bedarfen ausgehen. Dazu beispielsweise aus der Pflegekräftevorausberechnung des Statistischen Bundesamt: »Auch wenn sich die positiven Entwicklungen der 2010er-Jahre im gleichen Maße fortsetzen würden, wird der Bedarf an Pflegekräften bereits in zehn Jahren um rund 90.000 Pflegekräfte höher sein als das dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehende Angebot. Bis zum Jahr 2049 wird sich diese Lücke nach den Ergebnissen der Trend-Variante der Vorausberechnung weiter auf voraussichtlich 280.000 Pflegekräfte vergrößern. ....
wenn man berücksichtigt, dass eine hohe Zahl von Auszubildenden - im Blog sind für NRW fast 50 % genannt - vorzeitig die Ausbildung abbricht, dass viele Fachkräfte vorzeitig aus dem Beruf ausscheiden, dass ...

Nun ja, es wäre ja schön, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und umfassende tarifliche Grundlagen zur Förderung der Pflegeberufe zu schaffen. Solange die Kirchen mit ihren Wohlfahrtsverbänden aber an ihrem "Dritten Weg" festhalten, lässt sich das auf breiter Basis - leider - nicht erreichen.

Montag, 22. April 2024

Verbindlichkeit des "Dritten Weges" auch innerkirchlich in Frage gestellt

die Behauptung ist bekannt - die Verfechter des Dritten Weges vertreten die Auffassung, dass die Ergebnisse des "Dritten Weges", die von den Bischöfen als "Kirchenrecht" in Kraft gesetzt werden, absolut verbindlich sind - und daher eine hohe "Tarifbindung" besteht. Ausnahmen bedürften der ausdrücklichen Genehmigung des jeweiligen Diözesanbischofs. Leichte Zweifel an dieser Verbindlichkeit hat Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 20. November 2012 (- 1 AZR 179/11 -) bereits anklingen lassen. Im Jahresbericht des BAG (wir berichteten) wurde dann auch betont dargelegt, dass eine Gewerkschaft nur dann "im Dritten Weg" nicht zum Arbeitskampf aufrufen darf,
soweit Gewerkschaften in dieses Verfahren organisatorisch eingebunden sind und das Verhandlungsergebnis für die Dienstgeberseite als Mindestarbeitsbedingung verbindlich ist.
Mit der Mähr von der Verbindlichkeit der Regelungen des "Dritten Weges" wird nun in einem kleinen Nebensatz vom Bericht aus der Vollversammlung des Landeskomitees der Katholiken in Bayern auf Schloss Hirschberg bei Beilngries aufgeräumt.
Nach Angaben des Landeskomitees sind fast eine Million Menschen in Bayern in katholischen Verbänden engagiert, die meisten ehrenamtlich. Es brauche jetzt Maßnahmen und langfristige Festlegungen, heißt es in der Stellungnahme. Dies gelte nicht zuletzt für Personalkostensteigerungen. Verbandsangestellte müssten auch weiter genauso nach Tarif bezahlt werden wie andere kirchliche Beschäftigte. Die Bischöfe müssten mit den Verbänden eine Strategie entwickeln, die die Landesgeschäftsstellen dauerhaft sichere. (rom/KNA)
Die Regelungen des Dritten Weges scheinen also für die Mitarbeitenden der kirchlichen Verbände in einem Ausmaß verletzt zu sein, das sich sogar das Landeskomitee der Katholiken in Bayern zu einer Stellungnahme genötigt sieht.

Dass diese Verbindlichkeit rein formalrechtlich in der gegenwärtigen Ausgestaltung des "Dritten Weges" auch gar nicht möglich ist, wird schon bei einem Blick in das Gesetz deutlich.
1. Regelungen des Dritten Weges sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie gelten nur, wenn die Geltung ausdrücklich vereinbart wird (§ 305 Abs. 2 BGB).
2. Regelungen des Dritten Weges sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Individualrechtliche Vereinbarungen sind daher vorrangig, auch wenn diese zu Lasten der Mitarbeitenden sind (§ 305 b BGB).

Die vom BAG und nun auch vom Landeskommitee geforderte tarifliche Bindung lässt sich nur erreichen, wenn die kirchlichen Tarife auch die Rechtsqualität von Tarifverträgen haben. Denn nur auf Grundlage des Tarifvertragsgesetz (TVG) zustande gekommene Tarife sind Mindestbedingungen (§ 4 Abs. 3 TVG). Dazu bedarf es aber der Kooperation mit den Gewerkschaften (§ 2 Abs. 1 TVG), die von den Bischöfen nach der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" (GrO) beharrlich verweigert wird (Art. 9 Abs. 3 S. 3 GrO - hier die Fassung aus Hamburg).

Montag, 15. April 2024

Zurück aus den Ferien

das ist ein guter Zeitpunkt. um zu eruieren, was wir alles nicht gepostet haben. Dabei hat es auch in den kirchlichen Medien einige Meldungen zum Arbeitsrecht in kirchlichen Einrichtungen gegeben.
Die Lage der kirchlichen Mitarbeiter verdient mehr Aufmerksamkeit
VERÖFFENTLICHTE KATHOLISCH.DE am 08.04.2024. Pater Max Cappabianca widmete sich dem Priestermangel und meinte dann:
Doch das ist nicht nur ein Problem des Klerus. Auch Laientheologinnen und -theologen fehlen. Immer öfter bleiben Stellen von Pastoral- oder Gemeindereferenten unbesetzt, weil sich schlicht keiner bewirbt. Die verschwindende Zahl der Studienanfänger lässt für die Zukunft Böses ahnen. Theologen: Eine vom Aussterben bedrohte Zunft?
- und das macht dann auch die Problematik der Auseinandersetzung deutlich:
Mitarbeitende in kirchlichen Einrichtungen sind nicht nur die angesprochenen Laientheologen: von den Fachkräften der verfassten Kirche - Buchhaltung, Reinigungsdienste und Verwaltung - ist in der Sicht des Kommentators nicht die Rede, geschweige denn, dass er die kirchlichen Wohlfahrtsverbände und deren MitarbeiterInnen berücksichtigt.
Man mag ja einwenden, dass ein Kommentar nicht allzu viel Text ermöglicht. Wir brauchen für unsere Darstellungen ja auch mehr als einen Blogbeitrag. Wer aber so tut, als gäbe es ausserhalb der Laientheologen - die nur einen verschwindend geringen Prozentsatz an Mitarbeiter*Innen umfassen - keine weiteren Mitarbeitenden im kirchlichen Dienst, der springt nicht mal zu kurz, der startet nicht mal einen "Hüpfer" zum Ziel. Die Erkenntnis
Die katastrophale Reputation wird zu einem Problem für die Rekrutierung kirchlichen Personals. Wer will schon in einer Institution arbeiten, die spätestens seit der Missbrauchskrise von der Öffentlichkeit als mafiös wahrgenommen wird? Nicht nur werden neue Mitarbeitende abgeschreckt: Denen, die bereits da sind, fällt es immer schwerer, "loyal" zu bleiben.
ist richtig, aber sie trifft für ALLE Mitarbeitenden zu.
Und nicht nur die kirchlichen Mitarbeitenden leiden an der Glaubwürdigkeitsschere, die sich zwischen den Sozialenzykliken einerseits und der kirchlichen Praxis andererseits ergibt. Die Blockadehaltung der kirchlichen Arbeitgeber stürzt die gesamte Branche in Probleme - man braucht nur an das Stichwort "Altenpflege" zu denken (wir berichteten).

Auf diesem Widerspruch zwischen "Sein und Schein" - zwischen wohlklingenden Aussagen und der nackten Realität weist im Grundsatz auch die Bochumer Dogmatikerin Gunda Werner hin.
Kirche ruft nach Menschenrechten und verwirklicht sie nicht
berichtete KATHOLISCH.DE am 09.04.2024.
Die Erklärung "Dignitas infinita" stellt die UN-Menschenrechtserklärung in die Kontinuität der Gottesebenbildlichkeit. Die Bochumer Dogmatikerin Gunda Werner ist im Interview nicht überzeugt von der Erklärung – sie vermisst eine ehrliche Selbstreflexion der Kirche.
(vgl. auch katholisch.de: "Dignitas infinata stellt die Menschenwürde auf den Kopf" - Gastbeitrag der Theologin Ursula Wollasch)  

Wenn die Umsetzung des hier betonten Bekenntnisses zu Menschenwürde genauso lange dauert wie die Umsetzung der eigenen Soziallehre, dann wird es noch Generationen dauern, bis sich die Kirche auch nur minimal bewegt hat. 

Kirche - so der zunehmende Eindruck - bewegt sich nur, wenn sie getrieben wird.

Auf die Selbsterkenntnis - geschweige denn die Selbstheilung - kirchlicher Funktionärslobby kann man wohl lange warten. Aber Kirche denkt ja bekanntlich in Ewigkeitsmaßstäben. Da ist es dann kein Wunder, dass die kirchlichen Mitarbeitenden inzwischen zur Selbsthilfe greifen.
Die Gewerkschaft Verdi fordert eine weitgehende Angleichung des kirchlichen Arbeitsrechts an die für alle Arbeitnehmer geltenden Regeln. Eine entsprechende Petition wurde nun an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil übergeben.
Quellen:
Medienankündigung ver.di
Domradio vom 05.03.2024
katholisch.de vom 05.03.2024
Wer meint, eine solche Petition einfach aussitzen zu können, der hat sich - gründlich - getäuscht. Denn die Bemühungen der Gewerkschaft gehen weiter. Damit schließt sich der Kreis unserer Beiträge mit einem Verweis auf den bereits eingangs zitierten Pater Cappabianca, der bereits im vorletzten Jahr vorgeschlagen hat:
Während in Deutschland die Diskussion über das kirchliche Arbeitsrecht anhält und eine Reform angestrebt wird, folgt Pater Max Cappabianca dem Vorschlag, das kirchliche Arbeitsrecht ganz abzuschaffen – und das kirchliche Profil anders zu stärken