Mittwoch, 10. Januar 2024

Würden Tarifverträge die Leitungsvollmacht der Bischöfe aushebeln?

In der kontroversen Diskussion um den "Synodalen Rat", den Sonderweg der katholischen Kirche in Deutschland, ist ein Hauptargument, dass dieser "die Leitungsvollmacht der Bischöfe aushebeln" würde. Der emeritierte Kurienkardinal Kasper hat diese Befürchtung jetzt in seiner Kritik erneuert (Meldung von VaticanNews und katholisch.de).
„Ein solcher Synodaler Rat wäre ohne Zweifel ein Eingriff in die sakramentale Struktur und würde die Leitungsvollmacht des Bischofs begrenzen oder gar aushebeln. Er hätte dann mehr Befugnisse als die Bischofskonferenz, welche nach dem gegenwärtigen Kodex des kanonischen Rechtes mit wenigen Ausnahmen ein Beratungsgremium ist." Ihm leuchte daher auch nicht ein, „wie man bei der Ordination ein Amt übernehmen kann und dann auf die Ausübung der Verpflichtungen, die zu diesem Amt wesentlich gehören und die man bei der Ordination öffentlich übernommen hat, verzichten kann."
Tatsächlich gibt es ja auch Hoffnungen, dass die Bischofskonferenzen durch neue, mit Laien besetzte, synodalen Kirchen-Versammlungen abgelöst werden. Und es gibt (oder zumindest gab) Bestrebungen, die Bischöfe bei der Inkraftsetzung von KODA-/AK-Beschlüssen lediglich als "Urkundesbeamte" in der Rolle von "Beglaubigern" zu sehen - was dann auch zu Überlegungen führte, die Bischöfliche Promulgation durch einen Akt der Generalvikare zu ersetzen. Das käme auch einigen Bischöfen entgegen, die mit den Regelungen des "Dritten Weges" möglichst wenig belastet sein wollen. Es sei Sache der Kommission, sich über Änderungen und neue Inhalte mit dem entsprechenden Quorum zu verständigen. Schließlich - auch das muss hier erwähnt werden - gab es in der Vergangenheit auch Beispiele, in denen sich einzelne Bischöfe weigerten, einen so gefassten Beschluss inkraft zu setzen, was dann auch zu erheblicher Unruhe im Kreis der Betroffenen geführt hat.
Das hat allerdings mit dem Abschluss von Tarifverträgen, wie das etwa in Italien für die Kirchen üblich ist, nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Genauso, wie es üblicherweise nach Tarifverhandlungen einen Zeitrahmen gibt, in dem das Verhandlungsergebnis den Tarifkommissionen der Gewerkschaften oder den Mitgliedern einerseits und den entsprechenden Verbänden der Arbeitgeberseite andererseits zur Abstimmung über eine Annahme vorgelegt wird, würde es auch bei Tarifverhandlungen im Kirchenbereich entsprechende Abstimmungsfristen geben. Und damit ist die Ausübung der Verpflichtungen, die zum Bischofsamt gehören, natürlich gewährleistet. Damit werden die Bischöfe sogar vielmehr in ihrer Leitungsvollmacht bestärkt als wenn sie lediglich zum "Abnicken" der Beschlüsse von Arbeitsrechtlichen Kommissionen dienen sollen.
Eine solche Regelung kommt auch dem Gedanken des Tarifvertrages nach, wonach sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer gemeinsam verantworteten Partnerschaft einigen. Die Angst vor einem Arbeitskampf lässt sich vermeiden - wenn man die "Vergütungsautomatik" etwa des § 20a im Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen (Erz-)Diözesen sowie weitere Hauptpflichten des Arbeitsvertrages in einem Anwendungstarifvertrag mit entsprechender Kündigungsmöglichkeit regelt. Das gibt einerseits den Arbeitgebern die Sicherheit der "tarifvertraglichen Friedenspflicht" und ebnet andererseits die Hürden des Tarifvertragsgesetzes zur Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit tarifvertraglicher Regelungen.
Aber dazu müssten die Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommissionen einerseits bereit sein, Regelungskompetenzen abzugeben - und andererseits die gewonnene Freiheit zu nutzen, um das "kirchenspezifische" einer kirchlichen Einrichtung deutlicher heraus zu arbeiten.

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