Freitag, 19. März 2021

St. Josef - wider die Privatisierung der Gesundheitsvorsorge

Heute gedenkt die Kirche des Hl. Josef, des Arbeiters in der Familie Jesu.

Den "Patron der Arbeiter" und Schutzpatron der katholischen Kirche (seit 1870) hat derzeit kaum jemand so nötig wie diese Kirche. Er habe "kreativen Mut", meint Papst Franziskus, und verstehe es, "ein Problem in eine Chance zu verwandeln".

Nun wohl ans Werk:

Arbeiter? Erinnert das nicht an den Beschluss der Würzburger Synode: "Kirche und Arbeiterschaft"? Arbeiter - erinnert das nicht an die vielen päpstlichen Sozialenzykliken, in denen insbesondere das "Gewerkschaftsprinzip" hervorgehoben wird?

Wer ist Arbeiter? Die klassische Differenzierung der deutschen Sozialversicherung hat das päpstliche Lehramt sicher nicht beeinflusst. Heute würde man wohl eher vom "Arbeitnehmer" sprechen - oder vom "Dienstnehmer", wie es auf Kirchendeutsch heißt. Gemeint sind sicher diejenigen, die (lohn)abhängig beschäftigt sind, die von ihrer Arbeit und nicht von den Erträgen ihre Geldanlagen leben und damit eine ganze Familie ernähren müssen. Die Kirche, so scheint es, sollte sich mehr auf diese eigenen Wurzeln besinnen. Sie hat viel zu oft in der Geschichte den Mächtigen und Vermögenden näher gestanden als der Masse ihrer Gläubigen. Und die letzte Beschlussfassung der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas bestärkt den Eindruck, dass den Arbeitgebern in der Caritas - auf Kirchendeutsch spricht man Dienstgeber - die eigene Tasche näher liegt als die gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Aber was heißt schon "Dienstgeber" und "Dienstnehmer" - wer gibt den Dienst, und wer nimmt diesen entgegen? Schon die Sprache zeigt, wie man mit Worten der Verhältnisse verwässern und in ihre Gegenteil verkehren kann.

"Ostensus magis quam datus - Er hat mehr gezeigt als gegeben". So zitiert das Domradio zum heutigen Gedenktag die Grabinschrift eines Papstes. Und das sollte auch für die kirchlichen Einrichtungen gelten, wenn sie denn wirklich caritativ und nicht Gewinn orientiert betrieben werden. Allerdings hat man den Eindruck, dass inzwischen die Betriebswirtschaftler das Geschehen bestimmen. Betriebswirtschafter - das sind diejenigen, die in Jahresbilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen denken, die Pflegende als Kostenfaktoren sehen und damit als störend, wenn es darum geht, Erträge zu erwirtschaften.

Tatsächlich hat man den Eindruck, dass der "Sozialstaat" inzwischen zum "Zapfschwein" für kommerzielle Gesundheitskonzerne geworden ist.
Unter der Überschrift
Schwester Heuschrecke
erörtert die Wochenzeitung "Der Freitag" die Entwicklung in der "Gesundheitsbranche":
Megadeals mit Rehakliniken, Fusionen von Heimbetreibern: Private Fonds mischen den Pflegemarkt auf – zum Schaden von Patienten und Beschäftigten

Heimlich, still und unbeeindruckt von der Corona-Krise machen sich milliardenschwere Fonds im Pflegebereich breit. Private-Equity-Firmen wie Nordic Capital, Waterland, Chequers Capital, Oaktree oder Carlyle: Das sind Beteiligungsgesellschaften, die mit dem Geld ihrer Anleger Unternehmen aufkaufen, die nicht an der Börse gehandelt werden. Ihr Geschäftsgebaren hat ihnen den Beinamen „Heuschrecken“ eingebracht. Ihnen ist egal, ob sie in IT, Immobilien oder eben „Gesundheit“ investieren, entscheidend ist die Rendite, die eine Anlage erzielt. Wie kann es sein, dass ebendiesen Fonds immer mehr stationäre Altenpflege- und Reha-Einrichtungen in Deutschland gehören?
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Der Knackpunkt im Geschäftsmodell der auf Profit ausgerichteten Fonds ist, dass der „Equity“-Anteil, also das pro Deal eingesetzte Eigenkapital des Fonds, möglichst gering gehalten und mittels Krediten „gehebelt“, also vervielfacht wird. Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken macht das noch einfacher: Kredite werden billiger. Die aufgenommenen Schulden müssen dann nicht die Investoren, sondern die gekauften Unternehmen selbst – hier: eine Betreiberfirma von Altenheimen – abstottern und die Zinsen dafür bedienen. Damit steigt über die Haltezeit das Eigenkapital des Fonds, nach wenigen Jahren kann er mit Gewinn an den nächsten Investor weiterverkaufen. In einigen Fällen verdienen die Fonds auch dadurch, dass sie sich selbst – durch Schulden finanzierte – Dividenden auszahlen. Auch das ist noch nicht alles: Die vorherigen privaten oder kirchlichen Betreiber bringen meist auch Immobilien mit ein, die sich leicht vom Betrieb abspalten und in einem boomenden Markt getrennt versilbern lassen, sodass die Einrichtungen auch noch die Mieten zu stemmen haben.
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Wer die Zeche zahlt, liegt auf der Hand: die Alten und Kranken. Denn während auf der einen Seite die Profite steigen, steigen auf der anderen auch die Kosten für die Pflege im Heim.
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