Dienstag, 21. August 2018

Arbeitsgericht: Kündigung eines Mitarbeiters der Caritas in zweiter Ehe glücklich gescheitert

Die Westfalenpost hat am vergangenen Dienstag über einen interessanten Fall beim Caritasverband Hagen berichtet.
Unter der nicht ganz korrekten Überschrift *) "Caritas muss Mitarbeiter nach zweiter Ehe weiterbeschäftigen" wird von einem siebenfachen Vater berichtet, der nach über 25 Jahren Beschäftigung bei der Caritas außerordentlich "mit sozialer Auslauffrist" gekündigt werden sollte, weil er nach einer Scheidung erneut geheiratet hatte.
Geholfen hatte dem Beschäftigten wohl auch, dass die kündigende Dienstgeberin zweimal urlaubsbedingt nicht in der Lage war, persönlich vor Gericht zu erscheinen.

Ansonsten erlaubt die 2015 neu gefaßte Grundordnung des kirchlichen Dienstes in ihrem Artikel 5 auch weiterhin die Möglichkeit einer (allerdings nicht mehr automatisch erfolgenden) Kündigung. Für die Anwendung dieser Norm hat die Deutsche Bischofskonferenz in Abs. 4 und 5 des Artikels 5 GO die Einrichtung einer zentralen Stelle vorgesehen, bei der Stellungnahmen eingeholt werden können, die dann 2020 überprüft werden sollen.

Auch katholisch.de berichtet (unter dem eherechtlich korrekten Titel "Caritas muss Mitarbeiter in zweiter Ehe wieder einstellen") über den Fall.

In gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen geht man davon aus, dass Artikel 5 der Grundordnung in zahlreichen nachehelichen Beziehungen von Caritasbeschäftigten ein extrem beliebtes Gesprächsthema und geeignet ist, das Eingehen einer weiteren Ehe mit Angst und Schrecken zu betrachten. (Obwohl die Folgen ehelichen Scheiterns nicht mehr die Dramatik haben wie zu Zeiten Heinrich VIII...)



*) Anmerkungen:
Die Überschrift ist deswegen nicht ganz korrekt, weil nach dem katholischen Kirche- bzw. Eherecht nicht die Beendigung etwa einer zweiten Ehe das Problem darstellt, sondern das Bestehen dieser zweiten [Zivil-]Ehe; im Text ist dann richtig dargestellt, dass die erneute Heirat zur Kündigung führen sollte.

Weiter möchten wir anmerken, dass das kirchliche Arbeitsrecht zunehmend unter richterlichen Druck gerät. Die noch von Richardi u.a. vorgegebene Lehrmeinung, die Kirche sei autark und unabhängig, steht schon seit jeher auf "tönernen Füßen".
Die Rechtsprechtung des EuGH mach das deutlich - und kippt das "Kartenhaus kirchliches Arbeitsrecht" nun schon bei den untersten Gerichten. Wir verweisen hier beispielhaft auf unsere Blogbeiträge
- vom 20.04.2018: "EuGH Urteil näher betrachtet: Diskriminierungs- und Willkürverbot auch bei Kirche - staatliche Gerichte zur Kontrolle berufen"
- vom 31.05.2018: "High Noon an Fronleichnam - Chefarzturteil zum ... wieviele waren es jetzt schon?"

Wer da noch von verfassungsrechtlich geschützter Selbstbestimmung schwadroniert, bewegt sich auf "sehr dünnem Eis".

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