Samstag, 27. Juli 2024

Rückblick: Trägerwechsel anders rum - Caritas übernimmt Klinikum Donaustauf

Bisher haben wir es meist erlebt und darüber berichtet, dass kirchliche Eigentümer ihre Einrichtungen abgeben - dass es auch einmal anders herum kommt, ist eher seltener. Denn meistens sind es witschaftliche Gründe, die für die Abgabe der Trägerschaft (= Verwaltung) einer Einrichtung angeführt werden. Wenn keine ausreichende Rendite mehr erwirtschaftet wird, dann wird die (ach so "caritativ tätige") Einrichtung abgestoßen. Sollen sich halt andere mit dem Defizit und den Refinanzierungsfragen herum schlagen. Schließlich dienen gerade die Betriebe mancher Ordensgemeinschaften auch der Altersversorgung der Ordensmitglieder. Und das in der Vergangenheit erwirtschaftete und aus dem Betrieb gezogene Vermögen darf nicht einfach wieder zur Betriebserhaltung finanziert werden.
Um so überraschender ist es, wenn es plötzlich "anders rum" läuft.
Die Klinik Donaustauf ist ein hoch spezialisiertes Fachkrankenhaus mit einem sehr weiten diagnostischen und therapeutischen Angebot für Erkrankungen der Atmungsorgane und einer selbstständigen Akutabteilung für psychosomatisch erkrankte Patienten. Zudem sind wir kooperierende Lehr- und Forschungseinrichtung der Universität Regensburg
(Quelle).
Die Klinik wurde bisher von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bayern Süd betrieben.
Es war eine der Schlagzeilen, Mitte Januar, diesen Jahres: “Steht die Klinik in Donaustauf vor dem Aus?”. Ende Januar kam dann die erlösende Nachricht: “Die Klinik ist gerettet”. Und zwar: durch die Caritas. Bereits Mitte Februar hatte das bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales dem beabsichtigten Trägerwechsel zugestimmt. Gestern (Freitag) wurde nun die Übernahme vollzogen.
Sie wird künftig St. Maria gGmbH heißen. Die Caritas übernimmt alle Mitarbeitende und alle Mietverhältnisse und möchte die Klinik weiterentwickeln.
(Quelle: Pressemitteilung Caritas Deutschland: DRV Bayern Süd übergibt die Klinik Donaustauf an die Caritas)

Nun kann man in einer Pressemitteilung viel Positives schreiben. Dafür sind ja die Pressestellen da - eine möglichst positive Darstellung zu erbringen. Wir verweisen hier aber gerne auf diese Pressemitteilung der Caritas, weil viele Punkte angesprochen werden, die uns im Kontext mit einem "Trägerwechsel" auch interessieren. So heißt es bei der Caritas:
Die DRV Bayern Süd hatte für die Überleitung ein Projekt ins Leben gerufen. Zahlreiche Handlungsfelder von "Beschaffungen" über "Personal" bis hin zu dem Punkt "Gebäude, Grundstücke und Mieter" wurden systematisch abgearbeitet. Gemeinsam gemeistert wurden dabei auch Herausforderungen wie die Aufnahme der neuen Klinik in den Krankenhausplan, die Übertragung von Fördermitteln, die Anmeldung beim Bundeskartellamt sowie - auf Grund der vielen Regularien - die Abstimmung mit zahlreichen anderen Stellen.

Weitere Quellen:
Mittelbayrische.de: „Für uns ist das heute ein Anfang“: Klinik Donaustauf startet in ihre neue Zukunft
Radio Charivari: Caritas Regensburg übernimmt Lungenklinik Donaustauf
tvaktuell-TVA Journal vom 26. Juli 2024: Klinik Donaustauf an Caritas übergeben und "Caritas-Krankenhaus St. Maria": DRV Bayern Süd übergibt Klinik Donaustauf

Wir freuen uns - primär natürlich über den Erhalt der Arbeitsplätze und den weiteren Bestand einer überörtlich bekannten Spezialkilinik, und dass wohl auch die rechtlichen Probleme eines Trägerwechsels zwischen "weltlichem" und "kirchlichem" Träger gemeistert wurden. Wie diese konkret gelöst wurden interessiert uns allerdings schon auch.
Sind denn die Mitarbeitenden, die bisher in einem weltlich geprägten Haus tätig waren, nunmehr durch den Eigentümerwechsel "zwangsweise" Mitglieder der Dienstgemeinschaft geworden?
Bestimmt denn tatsächlich ein reiner Eigentümerwechsel, und der damit möglicherweise verbundene Wechsel von Geschäftsführung / Leitungspersonal, ob eine Einrichtung plötzlich den "religiösen Auftrag der Kirche" zu erfüllen hat?
Wie geht die Caritas mit Mitarbeitenden um, die nach der aktuellen Grundordnung - etwa wegen eines zurückliegenden Kirchenaustritts - gar nicht erst eingestellt oder nun gekündigt werden müssten?
Gibt es für eine bestehende Personalvertretung ein weiter besehendes Mandat, um im Falle einer Kündigung nach Kündigungsschutzgesetz beteiligt zu werden?
Was passiert mit den bisherigen tarifvertraglichen Bindungen in den Arbeitsverträgen und mit Dienstvereinbarungen, die auf tarifvertraglichen Ermächtigungen beruhen?
...

Wir werden die Situation sicher beobachten. Mag sein, dass der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und dem Caritasverband Regensburg vorbildliche Lösungen gelungen sind. Es kann auch sein, dass die einen oder anderen Stolpersteine noch zu bewältigen sind - aber auch daraus kann man nur lernen.
Einer unserer Lerneffekte ist gar nicht mal so neu: es wäre deutlich leichter, wenn für die Mitarbeitenden von Anfang an "Gleiches Recht" gelten würde - auch in kirchlichen Einrichtungen.
Und wir meinen:
1. Auf die Eigentümerschaft kann es gar nicht ankommen. Denn wenn das Bistum Eichstätt die Aktienmehrheit an einem Automobilwerk in Ingolstadt erwirbt, wird aus dieser Fabrik keine caritative oder religiöse Einrichtung. => Das hat der Bayerische VGH in seinem Urteil zur Personalratsbildung bei der Klosterbrauerei Andechs schon längst entschieden. Und das hat sich nicht geändert.
2. Auf das Tätigkeitsfeld kann es auch nicht ankommen. Denn Alten- und Behinderteneinrichtungen, Kindertagesstätten und Kliniken lassen sich auch von privaten Trägern mit Renditeüberlegungen führen.
3. Und auch der Caritas zugehörige Einrichtungen "kochen mit Wasser". Sie unterliegen genauso den marktwirtschaftlichen Regularien wie reine Wirtschaftsbetriebe. Caritativ, also selbstlos und ohne Absicht zur Gewinnerzielung, ist da schon lange nichts mehr.

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