Freitag, 26. Juli 2024

St. Josef Klinikum in Schweinfurt - Fusion gescheitert, Schließung beschlossen

"Höchste fachliche Kompetenz gepaart mit menschlicher Zuwendung" - so wird im Internetauftritt des Schweinfurter Klinikums St. Josef geworben. Auf einer anderen Selbstdarstellung heißt es:
Das Krankenhaus St. Josef verbindet moderne und zukunftsorientierte Medizin mit traditionellen, christlichen Werten. Von seiner Einweihung im Jahr 1931 bis heute hat es sich als einziges konfessionelles Krankenhaus der Region zu einem modernen Akutkrankenhaus der Grund- und Regelversorgung gewandelt.
Seine ... Mitarbeiter versorgen und behandeln jährlich rund 13.400 stationäre und rund 20.000 ambulante Patient/innen - sowohl in den Haupt- als auch in den Belegabteilungen. Die Kooperationspartner unseres medizinischen Kompetenznetzwerkes ergänzen unser Leistungsangebot. Wir bieten unseren Patient/innen neben einer kompetenten und qualifizierten medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Betreuung eine Atmosphäre der Wertschätzung und des Vertrauens. Auch der Nachwuchs liegt uns am Herzen. In unserer Berufsfachschule für Pflege werden die Schüler/innen nach dem Modell der “Generalistischen Pflegeausbildung mit beruflichem Schwerpunkt” ausgebildet. Daneben verfügen die Fachabteilungen Zentrale Notaufnahme, Innere Medizin, Chirurgie, Geriatrie und Palliativmedizin über die Weiterbildungsermächtigungen zur Ausbildung von Fachärzten.
Ein durch und durch solides kirchliches Krankenhaus - möchte man meinen. Trotzdem haben wir bereits Ende November letzten Jahres von Problemen beim Krankenhaus berichtet.
Die "Kongregation der Schwestern des Erlösers" aus Würzburg sieht sich nicht imstande, ihr Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt weiterzuführen. Der Orden schlägt der Stadt vor, dass die Klinik künftig vom Leopoldina-Krankenhaus betrieben werden soll.
Wir hatten seinerzeit keine Einwände gegen einen solchen Trägerwechsel. Der ist vielfach der einzige gangbare Weg, wenn kirchliche Eigentümer ihre Einrichtungen mit mehr wirtschaftlich betreiben können. In einem solchen Fall müsste ohnehin das Betriebsverfassungsrecht angewendet werden. Denn von dessen Geltung sind nur die Kirche und ihre caritativ, also selbstlos tätigen Einrichungen, befreit. Und wenn eine Einrichtung schon aus wirtschaftlichen Gründen abgegeben oder geschlossen werden soll, dann belegt das doch geradezu, dass diese Einrichtung eben nicht selbstlos sondern nach wirtschaftlichen Kriterien betrieben wird.

Wir hatten aber auch auf die Probleme im Mitarbeitervertretungsrecht bei einem solchen Trägerwechsel zwischen kirchlichen und weltlichen Trägern hingewiesen.
Deutlich weniger Probleme gäbe es, wenn das Betriebsverfassungsrecht umfassend und unbezweifelbar auch für die kirchlichen Einrichtungen gelten würde.
Am Dienstag dieser Woche wurde es nun bestätigt: nach fast 100 Jahren steht die Kinik "aus betriebswirtschaftlichen Gründen" - wie es heißt - nun tatsächlich "vor dem Aus" - knapp 800 Mitarbeitende sind betroffen. Träger des St. Josef Krankenhauses ist die in Würzburg ansässige Kongregation der Schwestern des Erlösers. Daher wurde das Krankenhaus mit der Begründung, caritativ - also selbstlos und ohne Gewinnerzielung - betrieben zu werden, dem von der Kirche beanspruchten "Sonderweg im Arbeitsrecht" unterworfen.
Diese Sonderweg bedeutet unter anderem:
- weniger Mitbestimmungsrechte beim Betrieb der Einrichtung
- weniger Mitbestimmungsrechte bei der Schließung von Einrichtungen (Geltung von Mitarbeitervertretungsordnung / MAVO statt Betriebsverfassungsrecht)
- keine partnerschaftliche Problemlösung mit Gewerkschaften ("Dritter Weg" statt Tarifpartnerschaft, keine geregelte Rückbindung der Mitarbeitervertretung mit einer zuständigen Gewerkschaft)
Noch vor einigen Stunden hat ein Privatmann - nach Bekanntwerden der Schließung - eine Petition zum Erhalt des Krankenhauses gestartet. Dass eine solche Petition nichts mehr nützt, müssen wir leider eingestehen.
Was aber helfen würde, wäre, wenn die kirchlichen Einrichtungen durch das "für alle geltende Gesetz" ausnahmslos auch dem weltlichen Arbeitsrecht unterliegen würden. Hinsichtlich der Ausnahme vom Betriebsverfassungsrecht kann das der Bundesgesetzgeber mit einer einfachen gesetzlichen Änderung regeln. Und damit auch die Mitarbeitenden in den Einrichtungen der "juristischen Personen des öffentlichen Rechts" nicht benachteiligt werden, kann jedes Landesparlament das Personalvertretungsgesetz des jeweiligen Landes ändern. Warum auch sollen kirchliche Mitarbeitende in einem Ordenskrankenhaus oder einer kirchlichen KiTA weniger Rechte haben als die Mitarbeitenden einer kommunalen Klinik oder einer kommunalen Kita ?

Schweinfurt zeigt mal wieder: Wir brauchen Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte.



Weitere Links zum Klinikum Schweinfurt:
BILD-Zeitung: Pleite! Aus für Schweinfurter Krankenhaus St. Josef
Die Schwestern hatten bereits im Oktober vergangenen Jahres ihren Rückzug aus wirtschaftlichen Gründen erklärt.
„Das Vermögen der Kongregation haben die Schwestern gemeinsam in ihrer früheren Tätigkeit in der Pflege erarbeitet“ .... „Das Geld, das jetzt übrig ist, können wir nicht verspielen, das brauchen die Schwestern für ihre eigene Pflege.“
Frage: Wer hat das Vermögen erarbeitet - die Schwestern oder die Mitarbeitenden?

InFranken.de: Nach 93 Jahren: Krankenhaus in Franken schließt - "Trauer und Schmerz"
RadioPrimaton: Gesundheitsministerium kann St. Josef Krankenhaus nicht retten!
TVMainfranken.de: Übernahmegespräche gescheitert – St. Josef Krankenhaus in Schweinfurt muss wohl schließen

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