Sonntag, 1. Januar 2023

Umsetzung der neuen Grundordnung 2023

Die geänderte Grundordnung wird in weiteren Bistümern (wir berichteten) umgesetzt. Katholisch.de meldet dazu:
Die neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes soll in den meisten Bistümern bereits zum Jahresbeginn in Kraft treten. Insgesamt haben 21 Diözesen angekündigt, dass das neue kirchliche Arbeitsrecht ab dem 1. Januar gilt, mindestens 14 davon haben das nötige Änderungsgesetz bereits im bischöflichen Amtsblatt veröffentlicht.
Wir haben noch nicht überall die Inkraftsetzung dokumentiert vorliegen. Insofern ist die nachfolgende Auflistung beispielhaft und nicht abschließend. Sie muss auch nicht abschließend sein.
Zu beachten ist, dass es arbeitsrechtliche Konsequenzen aufgrund des Verhaltens - insbesondere eine verhaltensbedingte Kündigung wegen eines Loyalitätsverstoßes - nach staatlichem Recht nur geben kann, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Und wenn eine Handlung in einem Bistum als "akzeptabel" oder gar "unproblematisch" bezeichnet wird, dann darf das gleiche Verhalten in einem anderen Bistum in Deutschland nicht zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.

Zuletzt haben wir folgende Inkraftsetzungen der erneuerten Grundordnung vermerkt:

Bayern - Augsburg, Bamberg, Eichstätt, München-Freising, Passau, Regensburg, Würzburg:

München-Freising siehe Amtsblatt Nr. 14 vom 31.12.2022
Nr. 149 - Gesetz zur Änderung der "Grundordnung im kirchlichen Dienst im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" (GrO-ÄnderungsG) S. 434
Nr. 150 - Grundordnung des kirchlichen Dienstes S. 444
Nr. 151 - Änderung der "Erklärung der deutschen Bischöfe zum kirchlichen Dienst" S. 454

NRW - Aachen Essen, Köln, Münster und Paderborn: Pressemeldung im Domradio
Ab Januar gilt in allen fünf katholischen Bistümern in Nordrhein-Westfalen das neue kirchliche Arbeitsrecht. In den vergangenen Tagen hatten die Bistümer Essen, Köln, Münster und Paderborn die Umsetzung zum neuen Jahr angekündigt.

Aachen:
Die Diözese Aachen teilte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit, die geänderte Grundordnung ebenfalls mit Jahresbeginn einzuführen.
(Quelle)

Essen: Bistum Essen setzt neue Grundordnung am 1. Januar in Kraft (Pressemitteilung vom 21.12.2022)
siehe auch schon: Generalvikar Pfeffer begrüßt neue Regeln im katholischen Arbeitsrecht

Köln gemäß Sonderamtsblatt vom 15. Dezember 2022

Münster - ab 01.01.2023
Das Bistum Münster wird das neue Arbeitsrecht zum 1. Januar 2023 in Kraft setzen.
Damit müssen Kirchenmitarbeitende in zweiter Ehe oder in einer homosexuellen Partnerschaft nicht mehr mit einer Kündigung rechnen.
...
(auch im Domradio). Die Neuerungen sollen auch für pastorale MitarbeiterInnen gelten.


Anzumerken ist, dass nach Art. 7 Abs. 3 immer noch einige unklare Verfehlungen "rechtlich geahndet werden" können - wie z.B. die "Propagierung von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen, die im Widerspruch zu katholischen Glaubensinhalten stehen". Die Grundordnung bietet mit unbestimmten Rechtsbegriffen wie "kirchenfeindliche Betätigung" also immer noch Raum für Willkürmaßnahmen.

Wir möchten dies an zwei Beispielen deutlich machen, wobei wir uns bei den "katholischen Glaubensinhalten" auf den Katechismus der Katholischen Kirche (KKK) beziehen. Denn bei der katholischen Kirche kann nicht jeder Dorfpfarrer und nicht einmal jeder Bischof bestimmen, was "katholisch" sein soll. Diese abschließende Feststellung steht "unfehlbar" lediglich dem Papst zu - weshalb dem päpstlichen Lehramt (etwa in den Sozialenzykliken) eine besondere Bedeutung zukommt.

Nun also zu den Beispielen:

1. Beispiel: 
Im KKK Nr. 2357 wird die Homosexualität als "schlimme Abirrung" bezeichnet. Muss jetzt jemand, der Homosexualität als "normal und gottgewollt" empfindet und dann auch so benennt, mit "rechtlicher Ahndung" rechnen?

2. Beispiel: 
Im KKK Nr. 2435 wird der Streik als "sittlich berechtigt, wenn ..." bezeichnet. Die Grundordnung selbst schließt Streik dagegen absolut aus. Sie negiert damit sowohl die katholische Soziallehre wie auch die einschlägige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Müssen jetzt die Autoren und Verfechter der Grundordnung mit "rechtlicher Ahndung" rechnen?
Oder soll - wenn man die Grundordnung mit dem Streikverbot im Kontext liest - ein Arbeitskampf als "Widerspruch zu katholischen Glaubensinhalten" zu sehen sein? Da stehen dann nicht nur der KKK Nr. 2435 und die katholische Soziallehre, sondern auch die verfassungsrechtlich garantierte Koalitionsfreiheit mit ihren Betätigungsrechten dagegen. Und dass dieses Verfassungsrecht von der Kirche anerkannt und respektiert wird, steht schon im Reichskonkordat.
Schlicht und ergreifend: eine "Friedenspflicht" wird nicht durch einseitige kirchengesetzliche Regelungen, sondern nur aufgrund eines Tarifvertrages entstehen.

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