Donnerstag, 25. Juli 2019

"Arbeiterbischof" Ketteler: Für das Streikrecht

zu unserem Beitrag "Sommergespräch: Das tun was wir predigen ..." und der Glaubwürdigkeitsdebatte in und an der katholischen Kirche möchten wir heute auf einen Beitrag eines katholischen Mediums verweisen:
 
Vor 150 Jahren: "Magna Charta der christlichen Arbeiterbewegung"

"Arbeiterbischof" Ketteler: Für das Streikrecht, gegen Kinderarbeit

Vielen kam die erste päpstliche Sozialenzyklika "Rerum novarum" 1891 zu spät. Doch es war bereits der "Arbeiterbischof" Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811-1877), der der katholischen Kirche in Zeiten großen Elends den Weg in ihre sozialpolitische Verantwortung wies. Aus dieser Initialzündung entstand eine wirkmächtige katholische Soziallehre - und in ihrer Folge das bis heute prägende Modell der Sozialen Marktwirtschaft.

Vor 150 Jahren, am 25. Juli 1869, hielt der Mainzer Bischof eine vielbeachtete Predigt auf der Liebfrauenheide bei Offenbach vor etwa 10.000 Fabrikarbeitern zu sozialer Gerechtigkeit und der Zukunft der Arbeit. Und tags darauf, am 26. Juli, legte er der Fuldaer Bischofskonferenz einen umfassenden Bericht über "Die Fürsorge der Kirche für die Fabrikarbeiter" vor. Dieser gilt heute als "Magna Charta der christlichen Arbeiterbewegung".

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Die Predigt auf der Liebfrauenheide und die Vorlage für die Bischofskonferenz 1869 waren seine reifsten und seine letzten großen Äußerungen zur Arbeiterfrage. Vor den Fabrikarbeitern verlangte Ketteler unter anderem Lohnerhöhungen, kürzere Arbeitszeiten, den freien Sonntag; ein Verbot von Kinderarbeit; keine Arbeit von Müttern und jungen Mädchen. Streik - damals noch ein sehr anrüchiges Wort - wertete Ketteler als ein legitimes Mittel zur Erreichung gerechterer Arbeitsbedingungen, ebenso legitim wie die Gewerkschaften. Ein für die damalige Zeit noch erstaunliches sozialpolitisches Bekenntnis eines hohen Kirchenvertreters.

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Da die allermeisten Priester bis heute nichts von der Sozialen Frage wüssten, so Ketteler, müsse sie fester Ausbildungbestandteil werden. Sozialarbeit vor Katechese: ein totaler Paradigmenwechsel für die kirchliche Seelsorge.

Von Alexander Brüggemann (KNA)

 
 
Man hat den Eindruck, dass die katholische Kirche in Deutschland seit 150 Jahren nichts dazu gelernt hat - sie pflegt immer noch ein eigenes Arbeitsrecht, mit dem explizit ein Streikverbot einhergehen soll. Wie das mit dem universellen Kirchenrecht und der katholischen Soziallehre (einschließlich dem päpstlichen Lehramt) - die ja auf theologischer Grundlage aufbauen - einhergehen soll, ist logisch nur mit einem klerikalen Amtsverständnis und damit einhergehendem Machtmißbrauch begründbar.  
Und wieso die Kirche meint, einer Gewerkschaft, die kein Kirchenmitglied ist, durch Kirchenrecht den Streik verbieten zu können, erschließt sich auch nicht. Wenn die Kirche - was legitim ist ("negative Koalitionsfreiheit") - entgegen ihren eigenen Vorgaben Tarifverträge mit Gewerkschaften ablehnt, dann muss sie halt damit leben, dass keine tarifvertragliche Friedenspflicht besteht und die Bechäftigten - bis hin zum Erzwingungsstreik - alle Möglichkeiten ausnutzen können, die das weltliche Arbeitsrecht für einen solchen Fall bereit hält.  
 
Es ist "fünf vor zwölf" ...

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