Dienstag, 22. September 2015

Um mehr Personal und eine bessere Bezahlung durch­zusetzen, ist es erforderlich, dass sich die Beschäftigten selbstbewusst zusammenschließen, sich gewerkschaftlich organisieren und für ihre eigenen Belange stark machen.

Aufwerten und entlasten - ver.di fordert gute Arbeit für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen*

Wer mit und am Menschen arbeitet,  muss anständig bezahlt  werden  und braucht gute  Arbeitsbedingungen. Personalengpass, Holen aus dem Frei, Berge von Überstunden, zu wenig  Zeit für Vor- und  Nachbe­reitung,  das Gefühl. den eigenen  fachlichen  Ansprüchen und den Erwartungen von außen nicht gerecht werden  zu können - die Liste, was Krankenschwestern. Altenpfleger, Erzieherinnen,  Heilpädagogen und Sozialarbeiterinnen belastet  und oft sogar krank  macht, ist lang. Hinzu kommt die mangelnde Anerken­nung. Eine bessere Bezahlung dieser gesellschaftlich wichtigen, verantwortungsvollen und oft auch belastenden Berufe ist überfällig. Ver.di packt es an.


Aktuell läuft  die Kampagne  zur Aufwertung im Sozial- und  Erziehungsdienst. Trotz vier Wochen Streik in kommunalen Einrichtungen ist der Ausgang offen. bei Redaktionsschluss läuft  noch die Mitgliederbefragung zum Schlichtungsergebnis. Auch für die Berufe im Gesundheitswesen verhandelt ver.di mit den kommunalen Arbeitgebern über eine neue Entgeltordnung. Unter dem Motto ,.Pflege 3000" wollen wir eine bessere Bezahlung für die Gesundheitsberufe durchsetzen. Qualifizierte Pflegekräfte. die Vollzeit arbeiten. sollen mindestens 3.000,- € im Monat verdienen. Anders als 1m Sozial·und Erziehungsdienst sind wir hier jedoch in der Friedenspflicht.

Eine besondere Herausforderung ist die Altenpflege. Die Bilanz nach 20 Jahren  Pflegemarkt freier Fall der Löhne. Es würde Jahre dauern, um aus eigener Kraft diese fatale Fehlentwicklung in den Griff zu bekommen. Es braucht aber eine schnelle Lösung. Der Pflege-Mindestlohn verhindert die ärgsten Auswüchse: 9.40 € Stundenlohn  im Westen bzw. 8,65 € im Osten sind jedoch weit weg von einem fairen Lohn für diese anspruchsvolle Arbeit. Der Pflege-Mindestlohn schützt tarifgebundene Träger auch nicht davor, im Wettbewerb  unter Druck zu kommen.  Wer niedrige Löhne zahlt.  kann mit billigen Pflegesätzen locken. Außerdem  regelt ein Tarifvertrag  natürlich viel mehr als nur den Stundenlohn. Deshalb will ver.di erreichen. dass ein allgemein­verbindlicher Tarifvertrag  die schlimmsten Folgen des wirtschaftlichen Wettbewerbs  eindämmt. Nach § 5 Tarifvertragsgesetz kann ein Tarifvertrag  für allgemeinverbindlich erklart  werden, wenn  dies im öffentli­chen Interesse liegt und den Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklungen entgegengewirkt werden soll. Wesentlich erleichtert würde dieser Weg, wenn die Kirchen, Caritas und Diakonie ihre kritische Haltung aufge­ben und einen Tarifvertrag abschließen würden. Was bereits vor Jahren in Hamburg und Schleswig-Holstein sowie aktuell in Niedersachsen mit der Diakonie gelungen ist, braucht mutige Nachahmer. Dlt Zeit ist reif. Die Wohlfahrtsverbände insgesamt könnten dann mit ver.di einen Tarifvertrag über Mindestbedingungen in der Altenpflege abschließen und dieser könnte dann für alle Anbieter für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dabei muss natürlich sichergestellt sein, dass bessere Tarifverträge weiterhin gelten  Es gilt, gemeinsam und entschlossen nach Lösungen zu suchen.

Die verschiedenen Branchen werden künftig um Schulabgänger buhlen. Um mithalten zu können, müssen die sozialen  Berufe deutlich mehr  verdienen. Dringend  notwendig ist außerdem eine gute Personalaus­stattung Eine ver di-Erhebung hat ergeben, dass in den deutschen Krankenhäusern 162.000 Stellen fehlen, 70000 davon allein in der Pflege. Der Markt wird es nicht richten. Der Gesetzgeber ist gefragt, verbindliche Vorgaben zu machen, in Kliniken genauso  wie in der Altenpflege. Mit betrieblichen Aktionen und bundes­weiten  Protesten  macht ver.di Druck. Auch für Kitas braucht es Vorgaben für die Gruppengröße. Qualität kann es in allen Arbeitsfeldern des Gesundheits- und Sozialwesens  nur mit genug Personal geben.

Um mehr Personal und eine bessere Bezahlung durch­zusetzen, ist es erforderlich, dass sich die Beschäftigten selbstbewusst zusammenschließen, sich gewerkschaftlich organisieren und für ihre eigenen Belange stark machen. Wie das geht, zeigen eindrucksvoll die Kolleginnen und Kollegen im Sozial- und Erziehungsdienst. Nachmachen erwünscht!

(*Sylvia Bühler: Gastkommentar in der ZMV - Zeitschrift "Die Mitarbeitervertretung" 3/2015, S. 182; das Heft ist im Mai 2015 erschienen, die aktuellen Bezüge beziehen sich auf die SuE-Auseinandersetzungen im 2. Quartal 2015)

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