Freitag, 23. September 2022

Ist die Tätigkeit eines MAV-Mitgliedes oder von MAV-Vorsitzenden die Ausübung eines Kirchenamtes?

Ämter der Kirche - was ist das?
(ein Blick in's Gesetz erleichtert die Rechtsfindung)

1. Was sagt das universelle Kirchenrecht?
Can. 145 CIC
§ 1 Kirchenamt ist jedweder Dienst, der durch göttliche oder kirchliche Anordnung auf Dauer eingerichet ist und der Wahrnehmung eines geistlichen Zweckes dient. ....
...

Can 146 CIC
Ein Kirchenamt kann ohne kanonische Amtsübertragung nicht gültig erlangt werden.

Can 147 CIC
Die Übertragung eines Kirchenamtes geschieht durch freie Amtsübertragung seites der zuständigen kirchlichen Autorität, durch die von dieser vorgenommene Einsetzung ...

Can. 149 CIC
§ 1 Damit jemand zu einem Kirchenamt berufen werden kann, muss er in der Gemeinschaft der Kirche stehen ....
...

Can. 157 CIC
Wenn nicht etwas anderes ... ausdrücklich festgelegt ist, ist es Sache des Diözesanbischofs, durch freie Amtsübertragung die Kirchenämter in der eigenen Teilkirche zu besetzen.
Fragen: wird ein MAV-Mitglied oder ein MAV-Vorsitz durch den jeweiligen Arbeitgeber oder gar den Bischof übertragen - oder werden MAV-Mitglieder durch den jeweiligen Arbeitgeber oder gar den Bischof eingesetzt bzw. ernannt?
Sind einmal gewählte MAV-Mitglieder "auf Dauer" tätig?
Dient diese Tätigkeit einem geistlichen, also seelsorgerlich-theologischen Zweck?
Können nur Katholiken zu MAV-Mitgliedern gewählt werden?

Nein für alle vier oder auch nur eine der Fragen?

Warum soll dann die Tätigkeit eines MAV-Mitgliedes oder gar von MAV-Vorsitzenden die Ausübung eines Kirchenamtes sein?

2. Wie stellt sich das aus der Sicht des Staatskirchenrechts dar?
Art. 123 GG
...
(2) Die vom Deutschen Reich abgeschlossenen Staatsverträge, die sich auf Gegenstände beziehen, für die nach diesem Grundgesetze die Landesgesetzgebung zuständig ist, bleiben, wenn sie nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen gültig sind und fortgelten, unter Vorbehalt aller Rechte und Einwendungen der Beteiligten in Kraft, bis neue Staatsverträge durch die nach diesem Grundgesetze zuständigen Stellen abgeschlossen werden oder ihre Beendigung auf Grund der in ihnen enthaltenen Bestimmungen anderweitig erfolgt.
Artikel 1 RKonk
(1) Das Deutsche Reich gewährleistet die Freiheit des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der katholischen Religion.
(2) Es anerkennt das Recht der katholischen Kirche, innerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten und im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ihre Mitglieder bindende Gesetze und Anordnungen zu erlassen.

Artikel 14 RKonk.
Die Kirche hat grundsätzlich das freie Besetzungsrecht für alle Kirchenämter und Benefizien ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinden, soweit nicht durch die im Artikel 2 genannten Konkordate andere Vereinbarungen getroffen sind. ...
Quelle: Reichskonkordat

Art. 140 GG
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.
Fußnote
(+++ Nichtamtlicher Hinweis: Die aufgeführten Artikel der deutschen Verfassung vom 11.8.1919 - ebenfalls abgedruckt unter der FNA Nr. 100-2 (siehe juris-Abk: WRV) - lauten wie folgt:
Art. 137
(1) Es besteht keine Staatskirche.
(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.
(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.
Fragen: wie sollen - vor dem Hintergrund von Art. 1 Abs. 2 RKonk - kirchliche Regelungen für Nichtkatholiken oder Nichtchristen rechtsverbindlich werden?
Gelten die Mitwirkungsregelungen nach MAVO und die unter Mitwirkung einer MAV entstandenen Entscheidungen und Normen nur für Katholiken?

Umgekehrt wird "ein Schuh" daraus. Der Staat hat durch eine Vielzahl von staatlichen, für alle geltenden Gesetzen - insbesondere auch im Bereich des Arbeits- und Arbeitsschutzrechts - auch Aufgaben für kirchliche Mitarbeitervertretungen normiert. Damit ist klar, dass es sich hierbei nicht um eigene Angelegenheiten der Kirchen handelt.

Wir schreiben das heute, weil am 23. September 1122 das "Wormser Konkordat" unterzeichnet wurde - in dem erstmals klar zwischen einem geistlichen und einem weltlichen Bereich unterschieden wurde. Das heißt, geistliche Ämter werden nur von Geistlichen vergeben. Wenn also noch heute in der deutschen Verfassung und den Konkordatsvereinbarungen von "Ämtern der Kirche" geschrieben wird - dann meint das immer noch das geistliche Amt, das grundsätzlich nur von Geistlichen - also geweihten Klerikern - ausgeübt werden kann.
Der teleologische Sinn der entsprechenden Regelungen ist, die Trennung von Kirche und Staat zu gewährleisten.
Diese Interpretation wird durch die historische Entwicklung gestützt.

Wo sich kirchlicher und staatlicher Rechtskreis überlagern, handelt es sich um gemeinsame Aufgaben, nicht aber um eigene, interne Angelegenheiten der Kirche. Hier ist keine "kirchliche Selbstbestimmung" mehr möglich. Dies ist auch beim Recht der Mitbestimmung in kirchlichen Einrichtungen der Fall.
Die Tätigkeiten eines MAV-Mitgliedes oder auch von MAV-Vorsitzenden ist keine Ausübung eines Kirchenamtes.

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