Mittwoch, 30. September 2020

Umbrüche im Kardinalskollegium

darüber berichtet das Domradio mehrfach
28.09.2020
Im Senat des Papstes gibt es Bewegung
Kardinalsdämmerung im Vatikan?

Es rumort gegenwärtig im Kardinalskollegium. Nach dem Rücktritt von Giovanni Angelo Becciu in der vergangenen Woche reist nun George Pell nach Rom. Währenddessen wartete Joseph Zen Ze-kiun vergeblich auf eine Audienz bei Papst Franziskus.
und
29.09.2020
Warum Franziskus freimütiger mit dem Kardinalstitel umgeht
"Hire and Fire"?
Der Rücktritt eines Kardinals war bis zum Pontifikat von Papst Franziskus fast unvorstellbar. Nun hat mit Giovanni Becciu schon der dritte Purpurträger seinen Titel verloren. Warum geht Franziskus mit Kardinälen anders um als seine Vorgänger?
sowie
30.09.2020
Vatikanexperte Politi über Kardinalsrücktritte und Vatikanfinanzen
Die eiserne Faust des Papstes
Es rumort im Vatikan. Ein hoher Kardinal verliert wegen dubioser Finanzgeschäfte sein Amt und seinen Titel. Für den Vatikankenner Marco Politi ein klares Zeichen, dass Papst Franziskus im Kirchenstaat aufräumt.
...
Die bisherigen Demissionen stehen demnach in Zusammenhang mit Finanzskandalen und der unzureichenden Finanzkontrolle im Vatikan (Inspektoren der europäischen Anti-Geldwäsche-Kommission Moneyval sehen sich die nächsten zwei Wochen in Büros der päpstlichen Finanzaufsicht um) oder dem sexuellen Missbrauch. Damit wird allerdings nur ein Teil der Probleme angesprochen, die unsere Kirche bis in's Mark erschüttern. Beide Bereiche sind Bestandteil eines größeren Problems, das im allgemeinen als "klerikaler Amtsmissbrauch" bezeichnet wird. Damit meinen diejenigen, die diesen Begriff verwenden, in der Regel einen Missbrauch von Machtstrukturen, die den "Mächtigen" aufgrund ihres klerikalen Standes zugestanden sind. Das klassische Beispiel einer solchen Machtstruktur ist die Regelung des "kirchlichen Arbeitsrechts" in Deutschland. Das wird schon in Südtirol nicht mehr verstanden und ist offenbar auch im Vatikan ein "Buch mit sieben Siegeln" (Prot. n. 54864/20 VT MONACEN.ET FRISINGEN). Sonst könnte man dort die Besetzung eines bischöflichen Beratungsgremiums (KODA) nicht als "Mitarbeitervertretung" bezeichnen.
Dass der kirchliche "Dritte Weg" in Deutschland mit dem päpstlichen Lehramt und dem Primat des Gewerkschaftsprinzips in der katholischen Soziallehre (einschließlich der Forderung nach Tarifverträgen in "Mater et magistra" nicht übereinstimmt, haben wir hier des öfteren beklagt.
Dennoch macht sich auch Franziskus nur daran, "mahnende Worte" zu finden. So wird Bischof Nunzio Galantino, in einem Interview mit dem „Corriere della Sera“ wie folgt zitiert):
Er erinnerte an den Brief des Papstes vom 6. November 2018 an Kardinal Reinhard Marx; der Erzbischof von München und Freising ist auch Koordinator des Wirtschaftsrates des Heiligen Stuhls. In dem Brief habe der Papst darum gebeten, „zu vermeiden, dass es mehrere Stellen gibt, an denen Geld gelagert wird“. Er habe sich außerdem, „soweit möglich“, für „ein einziges Zentrum für Ausgaben und Investitionen“ ausgesprochen.
Wer die Situation im Erzbistum kennt, der weiß, dass die wesentlichen Vermögenswerte des Erzbistums auch unter Kardinal Marx in mehrere rechtlich selbstständige Stiftungen "ausgelagert" wurden.
Die Vermögenslage der Erzdiözese war nach eigenen Quellen damit wie folgt einzustufen:
Erzdiözese als KdöR: Eigenkaptial: 2.605.156 TEur (Haushaltsbericht 2018, S. 90) bzw. 2.720.196 TEur (Haushaltsbericht Ausgabe 2019, S. 91
Erzbischöflicher Stuhl: Anlagevermögen 26.547.363,15 Euro (Jahresabschluss 2017 S. 06) 1)
Knabenseminarstiftung: Anlagevermögen: 13.232.278,80 Euro (Jahresabschluss 2017 S. 38) 2)
Klerikalseminarstiftung: Anlagevermögen 71.562.884,59 Euro (Jahresabschluss 2017 S. 08) 3)
Emeritenanstalt: Anlagevermögen: 292.249.173,83 Euro (Jahresabschluss 2017 S. 06) 4)
Bischof-Arbeo-Stiftung: Anlagevermögen: 651.009.732,99 Euro (Jahresabschluss 2017 S. 08) 5)
St. Antonius-Stiftung: Anlagevermögen: 665.574,111,68 Euro (Jahresabschluss 2017 S. 38) 6)
St. Korbinian-Stiftung: Anlagevermögen: 669.158.726m97 Euro (Jahresabschluss 2017 S. 66) 7)


Anmerkungen:
1) Der Erzbischöfliche Stuhl ist traditionell das mit dem Bischofsamt verbundene Vermögen, um die den Bischof obliegenden Verpflichtungen - etwa zum Unterhalt der Kleriker - erfüllen zu können.
2) Die Knabenseminarstiftung dient traditionell dem Betrieb und Unterhalt von Seminaren für Knaben, die geeignet sind, zum Priesteramt herangeführt zu werden.
3) Die Klerikalseminarstiftung dient traditionell dem Unterhalt der Priesterseminare.
4) Die Emeritenanstalt dient traditionell der Versorgung von emeritierten (aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen) Priestern.
5) Die Bischof-Arbeo-Stiftung wurde 1993 neu gegründet, um aus den Vermögenserträgen die kirchlichen Schulen und Bildungshäuser in der Erzdiözese finanziell zu sichern.
6) Die St. Antonius-Stiftung wurde 1997 neu gegründet, um die caritativen Aufgaben in der Erzdiözese aus den Stiftungserträgen zu finanzieren.
7) Die St. Korbinian-Stiftung wurde 2015 neu gegründet, um aus den Stiftungserträgen die Seelsorge im Erzbistum zu fördern.
All diese Stiftungen - die teilweise aus Kirchensteueraufkommen finanziert wurden - unterliegen nicht mehr der Kontrolle des diözesanen Steuerausschusses (DiStA), dem "Parlament der Kirchensteuerzahler".

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen




Ihr könnt Eure Kommentare vollständig anonym abgeben. Wählt dazu bei "Kommentar schreiben als..." die Option "anonym". Wenn Ihr unter einem Pseudonym schreiben wollt, wählt die Option "Name/URL". Die Eingabe einer URL (Internet-Adresse) ist dabei nicht nötig.

Wir freuen uns, wenn Ihr statt "Anonym" die Möglichkeit des Kommentierens unter Pseudonym wählt. Das Kommentieren und Diskutieren unter Pseudonym erleichtert das Austauschen der Argumente unter den einzelnen Benutzern.