Donnerstag, 24. September 2020

Und immer wieder - Rechtsfortbildung durch die Gerichte (hier zur Altersgrenze in einer Versorgungsordnung)

Man glaubt es kaum - aber es gibt immer wieder (auch kirchliche) Versorgungsordnungen, die Altersbeschränkungen für den Zugang von Beschäftigten zur betrieblichen Altersversorgung vorsehen. So schreibt die Ruhegeld- und Versorgungsordnung für die ordinierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BEFG sowie weiterer Dienstnehmer vom Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (KdöR) in § 1 Abs. 3 vor:
Nach Vollendung des 58. Lebensjahres ist die Aufnahme ausgeschlossen.
Wie das Bundesarbeitsgericht nun urteilt, ist eine
... in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Versorgungsregelung, wonach befristet Beschäftigte nicht und Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, nur dann versorgungsberechtigt sind, wenn sie bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das xx. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ... dahin zu verstehen, dass sie auf das Lebensalter bei Beginn der Beschäftigung abstellt, wenn eine unbefristete Beschäftigung unmittelbar einer befristeten folgt. Werden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in einer Versorgungsordnung davon abhängig gemacht, dass eine schriftliche Vereinbarung über die Versorgungszusage zu treffen ist, ist dies keine echte Anspruchsvoraussetzung.
...
Quelle: Pressemitteilung Nr. 33/20 des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 22. September 2020 - 3 AZR 433/19 -
(das gleich gelagerte Urteil 432/19 wurde durch den DGB-Rechtsschutz erstritten)

Weitere Informationen dazu:
Ihre Vorsorge de - Ein Arbeitnehmer darf an der betrieblichen Altersvorsoge teilhaben, auch wenn sein Arbeitsverhältnis anfangs befristet war.
DER BETRIEB zum Urteil "Auslegung einer Versorgungsordnung"


Hinweis:
Die Entscheidung dürfte für die Beschäftigten nach AVR Caritas nicht einschlägig sein. Denn die Versorgungsordnungen der AVR Caritas sehen In § 1 (Versorungsordnung A) bzw. den §§ 1 der Versorgungsordnungen B und C (leztere in der Fassung der Beschlüsse der Bundeskommission 2/2019 vom 4. Juli 2019 in Frankfurt a. M.) unmittelbar keine Altersbegrenzung vor.
§ 1 der Versorungsordnung A verweist lediglich auf die Satzung der KZVK Köln, die über § 18 Abs. 1 Buchst. b zu § 32 führt, und die erwartbare Erfüllung einer Wartezeit von 60 Monaten (= 5 Jahren) zur Voraussetzung für die Pflichtversicherung erklärt.
Man könnte allerdings § 1 Abs. 2 Buchst. b) der VersO B und C der Anlage 8 zu den AVR anders interpretieren. Danach besteht keine Versicherungspflicht für Beschäftigte, die (Zitat) "für nicht mehr als sechs Monate eingestellt wird und wegen dieser Befristung eine Wartezeit oder Aufschubzeit des Versicherungsvertrages nach § 2 nicht erfüllen" können. Was jetzt, wenn ein solcher befristet Beschäftigter erst nach diesem Zeitraum "entfristet" wird - sich der ursprünglich befristete Vertrag also ändert?
Dann allerdings greift die o.g. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, mit der Folge, dass diese Beschäftigten rückwirkend zu Beginn des ursprünglich befristeten Arbeitsverhältnisses nachversichert werden müssen.

Zur Beitrags- vrs. Leistungszusage in der Versorgungsordnung der Caritas haben wir uns hier ausführlich geäussert. Vgl. dazu auch Wolfram Schiering zur Anlage 08, § 1 Abs. 2 Versorgungsordnung A der AVR Caritas

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