Sonntag, 21. Juni 2020

Sonntagsnotizen - Marienhaus GmbH: uneigennützig und caritativ?

Den Kliniken der Marienhausgruppe *) haben wir schon mehrfach einen Blogbeitrag gewidmet. Jetzt mach dieser katholische Krankenhauskonzern erneut Schlagzeilen. Der SWR berichtet aktuell:
Krankenhaus Rodalben soll schließen
(Sendung vom Mi, 17.6.2020 12:00 Uhr, Am Mittag, SWR4 Radio Kaiserslautern)

Wie war das doch gleich wieder mit den kirchlichen Krankenhäusern?
Sie sind caritativ, also uneigennützig und ohne die Absicht der Gewinnerzielung tätig. Caritas sei nämlich eine "Wesensäußerung" der Kirche. Und deshalb sei der Staat verpflichtet, den Kirchen weitestgehende Freiheiten bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten zu lassen **).

Aber was ist, wenn die Kirchen diese Freiheiten nutzen, um mit ihren Einrichtungen möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften? Ist das dann immer noch christlich fundierte "Wesensäußerung der katholischen Kirche"?
Und lässt sich aus dem Subsidiaritätsgrundsatz nicht auch eine Verpflichtung zum Gemeinwohl ableiten? ***)

Wer wie ein privater, rein auf Gewinn orientierter Konzern agiert, der muss sich auch gefallen lassen, dass er wie ein rein auf Gewinn orientierter Konzern behandelt wird.



*) Anmerkung zur Marienhaus Unternehmensgruppe :
Ende 2011 haben die Waldbreitbacher Franziskanerinnen ihre Einrichtungen in die Marienhaus Stiftung überführt. Diese Stiftung, die ihren Sitz in Waldbreitbach hat, hat die Ordensgemeinschaft im Herbst 2011 gegründet. Mit diesem Schritt hat die Gemeinschaft die Weichen für die Zukunft der bisher ordenseigenen Marienhaus GmbH gestellt. - Auch wenn die Waldbreitbacher Franziskanerinnen jetzt die Letztverantwortung für ihre Werke abgeben, so sollen die Einrichtungen der Marienhaus Unternehmensgruppe auch in Zukunft im Sinne des Ordens und seiner Gründerin, der seligen Mutter Rosa Flesch, als christliche Einrichtungen weiter gestaltet und entwickelt werden.
Die Marienhaus Stiftung in Waldbreitbach ist einer der größten christlichen Träger von sozialen Einrichtungen in Deutschland.
Zum Unternehmen zählen
14 Krankenhäuser (an 24 Standorten)
20 Alten- und Pflegeheime
3 Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen
10 stationäre und ambulante Hospize
7 Bildungseinrichtungen und
4 weitere Einrichtungen

Die Einrichtungen liegen in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland, insgesamt arbeiten in der Trägerschaft etwa 13.800 Frauen und Männer.
Quelle: https://www.marienhaus.de/marienhaus-unternehmensgruppe/marienhaus/wir-ueber-uns

Wer diese zitierten Angaben mit der von der Unternehmensgruppe selbst aufgezählten Einrichtungen vergleicht (wir haben dazu den jeweiligen Link hinterlegt) muss leider feststellen, dass die Angaben der Unternehmensgruppe selbst auf der eigenen Homepage widersprüchlich sind. Ein Schlaglicht auf die Transparenz, die in der Unternehmensgruppe zu herrschen scheint …

**) Anmerkung zur kirchlichen Wesensäußerung:
Mit dieser Begründung verweigern die Kirchen in Deutschland die Kooperation mit Gewerkschaften. Dass das kirchenrechtlich - und weil das Kirchenrecht auf theologischer Grundlage aufbaut auch theologisch - nicht geboten ist, haben wir unter Bezug auf can. 1286 CIC und die päpstlichen Sozialenzykliken immer wieder deutlich gemacht. Die deutschen Kirchen machen tatsächlich nichts anderes, als die "negative Koalitionsfreiheit" auszunützen, die verfassungsrechtlich jedermann und damit auch den Kirchen zusteht. Stattdessen wird ein "zahnloser Dritter Weg" gepflegt, der anstelle von Tarifverhandlungen ein kollektives Betteln vorsieht. Deshalb wurde erst jetzt - über ein Jahr nach den Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst - auch die Gehälter der Ärzte nach AVR-Caritas erhöht (wir berichteten am Freitag). Die kirchlichen Träger verschaffen sich so zu Lasten der eigenen Mitarbeiter*Innen einen Kostenvorteil gegenüber tarifgebundenen Trägern. Früher nannte man das "Schmutzkonkurrenz".

***) Demonstration vor dem Diakonie-Krankenhaus Neunkirchen:
Auch dieses Krankenhaus soll geschlossen werden. Am Freitag Nachmittag fand eine Demonstration vor dem Krankenhaus statt: "Krankenhäuser gehören in öffentliche Hand! Wir sind systemrelevant."

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