Im konkreten Fall hatte das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung (EWDE) die Berlinerin Vera Egenberger, die sich im Jahr 2012 auf eine Referentenstelle beim EWDE beworben hatte, nicht für ein Vorstellungsgespräch eingeladen, weil sie kein Kirchenmitglied ist. Dagegen hatte sie mit Unterstützung von ver.di erfolgreich geklagt. Der EuGH und in der Folge das BAG hatten das Vorgehen der Diakonie als Diskriminierung gewertet und klargemacht, dass weltliche Gerichte die kirchliche Einstellungspraxis überprüfen können.
„Selbstverständlich können die Kirchen ihre religiösen Angelegenheiten selbst regeln. Doch das rechtfertigt nicht, den mehr als eine Million Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen grundlegende Rechte vorzuenthalten“, betonte Bühler. „Kirchliche Betriebe sind kein rechtsfreier Raum. Es ist gut, dass der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht dies klargestellt haben.“ Auch im Falle des Chefarztes einer katholischen Klinik, der gekündigt wurde, weil er nach seiner Scheidung erneut geheiratet hatte, entschieden EuGH und BAG kürzlich im Sinne des Betroffenen.
„Weder für individuelle Diskriminierung noch für den Sonderweg im kollektiven Arbeitsrecht gibt es eine überzeugende Rechtfertigung“, stellte Bühler klar. Die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände müssten beim Arbeitsrecht endlich dieselben Standards anlegen wie andere öffentliche und freigemeinnützige Träger. „Das gilt auch für den Abschluss von Tarifverträgen und die Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes."
Quelle: Ver.di-Pressemitteilung vom 19.03.2019
Aus Chronistenpflicht:
hier die Meldung von evangelisch.de und hier von katholisch.de.
Auch beim Domradio (Köln) wird aus katholischer Sicht über die Klage der Diakonie berichtet. Unter der Überschrift
Kirchliches Selbstbestimmungsrecht wieder Fall für Karlsruhewird abschließend ausgeführt:
Riesige Akzeptanzprobleme" für das kirchliche Arbeitsrechtwir möchten dann doch zwei Punkte anmerken:
Die katholische Kirche treibt das Thema in ähnlicher Weise um. 2015 liberalisierten die Bischöfe ihr Arbeitsrecht. Die strengen Loyalitätsanforderungen - etwa die Einhaltung des kirchlichen Eheverständnises - sollen nur noch für verkündigungsnahe Berufe gelten.
Was dazu zählt, ist auch nicht immer eindeutig. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck etwa sieht weiterhin "riesige Akzeptanzprobleme" für das kirchliche Arbeitsrecht. Nach seinen Worten ist das christliche Profil von kirchlichen Häusern künftig wichtiger als das "individualethische Verhalten" ihrer Mitarbeiter.
Nicht zuletzt geht es bei dem nun anstehenden Verfahren auch um die Rolle des Bundesverfassungsgerichts. Sowohl im Diakonie- als auch im Chefarzt-Fall hatte das Bundesarbeitsgericht jeweils dem Europarecht Vorrang vor dem nationalen Recht eingeräumt.
Karlsruhe könnte nun darüber nachdenken, die Autonomie der Kirchen als Teil der deutschen Verfassungsidentität zu interpretieren. Dann müsste das Europarecht zurücktreten. Wie sich das inzwischen personell veränderte Gericht nun entscheidet, bleibt indes abzuwarten.
1. Im Verfassungstext steht nicht "Selbstbestimmung" sondern "Selbstordnung und Selbstverwaltung", was deutlich weniger ist
und
2. Dieses Recht steht unter dem Vorbehalt der "Schranken des für alle geltenden Gesetzes". Wieso das Diskriminierungsverbot der EU für alle gelten soll, nur nicht für die Diakonie Berlin, hat uns noch niemand so richtig überzeugend erklären können.
siehe dazu auch unser Blogbeitrag zum EuGH Urteil >EuGH Urteil näher betrachtet: Diskriminierungs- und Willkürverbot auch bei Kirche - staatliche Gerichte zur Kontrolle berufen<
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