Montag, 15. September 2014

Zum "Aufruf zur Unterstützung"

Am vergangenen Freitag stellte der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (BAG-MAV) den folgenden Aufruf unter dem Titel "Aufruf zur Unterstützung" auch ins mav-forum. 

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den hier dokumentierten Aufruf: 
in ihrer letzten Sitzung hat sich die Interessengemeinschaft Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Caritas und Kirche (IG-MICK), da sind die Leitungsgremien von AK, Zentral-KODA und BAG-MAV mit der laufenden Tarifauseinandersetzung in der Caritas befasst:
IG_MICK fordert die DiAgen und Mitarbeitervertretungen in den betroffenen Einrichtungen auf, in der laufenden Tarifauseinandersetzung bei der Caritas die Kolleginnen und Kollegen in den arbeitsrechtlichen Kommissionen auf Bundes- und Regionalebene zu unterstützen und sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an solidarischen Aktionen zu beteiligen. Ausdrücklich verweisen wir auf die Präambel in der Mitarbeitervertretungsordnung: "Weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Dienst in der Kirche mitgestalten und mitverantworten und an seiner religiösen Grundlage und Zielsetzung teilhaben, sollen sie auch aktiv an der Gestaltung und Entscheidung über die sie betreffenden Angelegenheiten mitwirken unter Beachtung der Verfasstheit der Kirche, ihres Auftrages und der kirchlichen Dienstverfassung".
mit einigen Anmerkungen zu versehen.


Unterstützung zu was bitte? Bis heute haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas noch nicht erfahren, wie der Vermittlungsvorschlag lautet. Bis heute konnten sich die Beschäftigten noch keine Meinung bilden, ob dieser Vorschlag akzeptabel sein könnte. Auch die sonst so öffentlichkeitsrege  AK-MAS hat noch keine Informationen verbreitet.
Bis heute wissen die Betroffenen nicht, welche Auswirkungen der Vermittlungsvorschlag auf die eigenen Arbeitsverhältnisse haben könnte.

Man wird jetzt natürlich einwenden, dass auch die AK-MAS sich noch keine Meinung bilden konnte - aber: ist da das "Pferd nicht vom Schwanz her aufgezäumt"? Die Vertreter der AK-MAS sollen die Beschäftigten vertreten. Sie sollen deren Meinungsbildung ermöglichen, und dann deren Interessen nach dieser Meinungsbildung vertreten - nicht anders herum.

Seit der Sitzung des Vermittlungsausschusses sind Wochen vergangen, in denen den Betroffenen der Vermittlungsvorschlag vorenthalten wurde - während die Arbeitgeberseite sicher schon heftig diskutiert und sich entsprechende "Rückkoppellungen" einholt.

Meine stellvertretende MAV-Vorsitzende in der MAV des Erzb. Ordinariates München hat es immer als "fürstbischöfliches Verhalten" kritisiert, wenn wir wieder einmal in Angelegenheiten der Mitberatung erst informiert wurden, nachdem sich die Arbeitgeberseite eine gemeinsamen, "gefestigte Meinung" gebildet hatte. Ich komme nicht umhin, mich zu fragen, ob dieser Vorwurf nicht hier auch an die AK-MAS gerichtet werden müsste.

Die Zeiten, in denen die Fürstbischöfe ihre Truppen in die Schlacht schickten, ohne dass die Soldaten gefragt werden, ob sie auch wirklch kämpfen wollen, ob es sich lohnt, zu kämpfen, sind vorbei.

Der Aufruf lässt aber nicht erkennen, das IGMICK das verstanden hat.

Es fängt mit der Überschrift an:
"Aufruf zur Unterstützung"
Hier wird selbstverständlich erwartet, dass sich die AK-MAS erst eine Meinung bildet, um dann ihre Truppen nach einem entsprechenden Aufruf in die Schlacht werfen. Und wenn die Truppen nicht folgen, dann .... ist wieder die selbstlose und bescheidene Seele der Caritäter schuld, die sich nicht dazu gewinnen lässt, für die eigenen Belange aufzustehen.

So - mit Verlaub - lassen sich keine Tarifauseinandersetzungen führen. Die Betroffenen erwarten zurecht, dass ihre Interessen vertreten werden. Und diese Interessenvertretung verlangt eine breite Meinungsbildung, eine umfassende Diskussion, und dann darauf begründet ein entsprechendes Mandat.

Nicht die Betroffenen sollen die AK-MAS unterstützen. Die Aufgabenverteilung ist genau anders herum. Die AK-MAS hat die Betroffenen zu vertreten und deren Intentionen zu unterstützen.

Ich möchte allerdings auch eine positive Anmerkung machen. Der Verweis auf die Präambel der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) geht in die richtige Richtung. Nur geht es bei der MAVO um die innerbetriebliche Mitbestimmung, und gerade eben nicht um tarifliche Auseinandersetzungen. In diesem speziellen Fall hätte ein Verweis auf die Grundordnung, speziell auf Art. 6 GrO erfolgen müssen. Denn nur gemeinsam kann eine Meinungsbildung koordiniert und zum Ziel geführt werden.

meint 
Erich Sczepanski




3 Kommentare:

  1. Und bei Ver.di werden Verhandlungsergebnisse allen Beschäftigten kundgetan bevor die Tarifkommission beschließt??
    Ist mir Neu

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  2. Dass in Tarifverhandlungen nicht jeder Verhandlungsstand stündlich oder täglich verbreitet wird: geschenkt. Nur: bei Ver.di befinden die Mitglieder sogar noch nach Beschluss der Tarifkommission über das Ergebnis. Und sie bestimmen auch vor den Verhandlungen über den Inhalt der Forderungen. Dass so etwas wie der aktuelle Vermittlungsvorschlag so lange den Betroffenen vorenthalten wird, ist für normale Tarifverhandlungen dann aber doch ziemlich ungewöhnlich.
    c.

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  3. Das wiederum ist wahr. Eine öffentliche Diskussion über das vorliegende Ergebnis müsste eigentlich zwingend zur Ablehnung durch die Mitarbeiterseite auf Druck der Mitarbeitenden führen (Die Dienstgeber gehen mit dem Ergebnis offensiver um).
    Aber mit einem Letztentscheidungsrecht haben wir Katholen ja so unsere Erfahrungen. :-))

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