Dienstag, 21. Januar 2014

Einbindung statt Konfrontation eröffnet Chancen

Eine Anmerkung zu einigen Überlegungen in der Neuen Caritas: Thomas Vortkamp, Geschäftsführer des katholischen Krankenhausverbandes Deutschland (KKVD) und der Autor des Artikels, bringt sehr viele richtige und bedenkenswerte Überlegungen. Auf Basis dieser Überlegungen sollte direkte und informelle Gesprächen zwischen Gewerkschaften und Caritas möglich sein. Ver.di hat sich jedenfalls in der Vergangenheit wiederholt gesprächsbereit gezeigt und solche Gespräche angeboten.
In folgendem Punkt müssen wir aber einen Einwand anbringen: hier befindet sich der Autor "auf dem Holzweg", wobei er wohl noch sehr vom "Dritten Weg" geprägt ist (Zitat):
Aber wie sähe eine pragmatische Lösung aus? Je nach Organisationsgrad in den Einrichtungen und Diensten der Caritas könnte die Arbeitsrechtliche Kommission (AK) mit einer entsprechenden Anzahl von Gewerkschaftsvertreter(inne)n aufgestockt werden. In der Regel dürften dies die Verhandlungsführer oder andere Gewerkschaftsmitglieder in ähnlicher Funktion sein. ...
Hat der Autor da die Intentionen der Gewerkschaft nicht verstanden? Meint Thomas Vortkamp (vielleicht aus seinen Erfahrungen mit Mitarbeiterfunktionären nichts anderes gewohnt) wirklich, es gehe der Gewerkschaft nur um Posten und Pöstchen?
Da zermartern sich angesichts der Situation in der Region Ost anscheinend die klügsten Köpfe der Caritas, Diakonie und Kirche das Gehirn, ob jetzt ein oder zwei Vertreter einer Gewerkschaft "am Katzentisch" in der AK oder einer KODA mit dabei sein dürfen. Das Interesse der Gewerkschaft auf Pöstchen zur reduzieren ist - mit Verlaub - völliger Quark.

Es gilt zwei zentrale Fragen zu klären

=> die Refinanzierung der sozialen Dienste auf eine vernünftige Basis zu stellen und

=> damit angemessene Löhne zu finanzieren, die keinen Platz mehr für "Altersarmut" lassen.

Beides muss im Gleichklang stehen. Die reine Verbesserung der Refinanzierung, ohne im Gleichklang auch die Leistungen zu erhöhen, führt nur dazu, dass sich die gewinnorientierten Anbieter McPflege und Co die Gewinne erhöhen. Damit ist also nichts gewonnen. Die Refinanzierung muss auch bei den Beschäftigten ankommen, ohne die Kampfkassen von Aktionären zu erhöhen.

Darum geht's - und nicht um irgendwelche Postenverteilungen. Wenn wir diese Fragen gelöst haben, können sich die arbeitsrechtlichen Kommissionen zusammen setzen, wie sie wollen. Und ob da ein oder hundert Gewerkschafter drin sitzen, ist auch völlig irrelevant.

Beide Fragen werden aber nicht auf getrennten Wegen oder in der Konkurrenz zwischen "zweitem" und "drittem Weg" zu lösen sein, sondern nur mit einem allgemein verbindlichen Sozialtarifvertrag. Der legt zum einen tarifvertragliche Mindestlöhne fest, an die alle (auch die nicht tarifgebundenen) Arbeitgeber der Branche gebunden sind, und ist damit zum anderen die unangreifbare Grundlage für die maßgebliche Refinanzierung.

Dazu brauchen wir nach dem Tarifvertragsgesetz aber als Voraussetzung, dass mindestens 50 % der Beschäftigten, für die dieser allgemein verbindliche Tarifvertrag gelten soll, tarifgebunden sind. Dazu braucht es also Caritas und oder Diakonie. Und eine Tarifbindung lässt sich über allgemeine Geschäftsbedingungen wie die AVR eben nicht erreichen. Selbst, wenn die AVR den Tarifverträgen gleich gestellt wären und auf den Cent gleiche Vergütungen hätten - es wären immer noch zwei formal unterschiedliche Regelungen, und damit kommen wir im und mit dem bestehenden System der Caritas nicht dazu, die gesetzlichen Voraussetzung für einen "allgemein verbindlichen Tarifvertrag" zu erfüllen.
Darum werden sich Gewerkschaftsvertreter auch kaum in irgendeinem Gremium des "Dritten Weges" beteiligen. Jedes Engagement wäre im Hinblick auf die notwendigen Ergebnisse nicht zielführend.

Also heißt es:

Caritas und Gewerkschaft müssen primär auf anderen Wegen über das einig sein (Löhne, Arbeitsbedingungen usw.), was für die Beschäftigten mindestens gefordert wird und zu fördern wäre - und müssen sich darüber vertraglich vereinbaren. Das nennt sich dann Tarifvertrag und zieht die tarifvertragliche Friedenspflicht mit sich.
Und ob darüber hinaus zusätzliche Regelungen gelten, der Arbeitgeber ergänzende Leistungen bringt, und wie er die begründet - auch mit dem Beschluss einer arbeitsrechtlichen Kommission, deren Besetzung völlig sekundär ist - das ist für die Lösung der beiden Grundfragen völlig nebensächlich. Es geht weder um Posten oder Pöstchen, noch darum, dass eine Gewerkschaft ganz wahnsinnig erpicht darauf ist, Streikgelder zu zahlen.

3 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die klare und deutliche Darstellung!

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  2. Aber bei der Abschaffung des 3. Wegs und der Einführung eines Tarifvertrages geht es auch noch um die arbeitsrechtlichen Bedingungen der Beschäftigten: gilt dann die MAVO mit ihren deutlich beschnittenen Rechten oder endlich das Betriebsverfassungsgesetz!

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  3. Wenn die Kirchen dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegen sollen, dann müsste dieses Gesetz geändert werden. Es nimmt - im Gegensatz etwa zum Tarifvertragsgesetz - die Kirchen ausdrücklich aus. Dazu wird (nur) ein Beschluss des Gesetzgebers, also des Bundestages gebraucht. Das wäre jederzeit möglich. Auch das Vorgängergesetz der Weimarer Republik - das Betriebsrätegesetz - galt ja für die Kirchen. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Kirchen solche Ausnahmen zu ermöglichen, kann aus den fortgeltenden Regelungen der Weimarer Reichsverfassung also nicht bestehen.

    Im Übrigen könnten auch die Länderparlamente die Geltung des jeweiligen Landespersonalrechts für die Kirchen vorschreiben.

    Die Kirchen können aber jederzeit, auch ohne dass ein Parlament tätig werden müsste, einen Tarifvertrag abschließen. Dazu bräuchte es nur den guten Willen der kirchlichen Arbeitgeber (und bei der katholischen Kirche die Besinnung auf die eigene Soziallehre). Aber den guten Willen kann man ja etwas befördern. Das liegt dann an den Beschäftigten.

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