Sonntag, 27. April 2014

Aus aktuellem Anlass

möchten wir heute auf die Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. und des 1963 gestorbene Papstes Johannes XXIII eingehen - und dazu unser sonntägliches "Blogschweigen" ausnahmsweise zu unterbrechen.

Es ist nicht unsere Aufgabe, uns über das Verfahren und die Voraussetzungen für eine Heiligsprechung zu äußern. Dazu und zu den beiden Päpsten, die heute im Rampenlicht nicht nur der Medien sondern der gesamten "katholischen Weltkirche" stehen, wird wohl von anderer Seite mehr oder weniger kompetent genug geäußert werden.
Wir möchten aber auf einige Punkte eingehen, die uns als gewerkschaftlich engagierte Katholiken bemerkenswert erscheinen.

Johannes XXIII. (Angelo Giuseppe Roncalli), der im Jahr 1958 zum Papst gewählt worden war, sorgte mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (das gerade während der Kuba-Krise begann) für eine Modernisierung der katholischen Kirche. Als junger Bischofssekretär in Bergamo hatte er Hilfsgelder für streikende Hüttenarbeiter organisiert und Suppenküchen eingerichtet - und die so dokumentierte Einstellung hat sich auch in seinen päpstlichen Lehrschreiben niedergeschlagen.

Der 1963 gestorbene Papst schrieb acht Enzykliken.
Für die Gewerkschafter ist Johannes XXIII. aufgrund einer Enzyklika von besonderer Bedeutung:
Diese Enzyklika, die wir auch immer wieder zitieren, ist Mater et Magistra (15. Mai 1961), über die Soziallehre der Kirche. Mater et magistra öffnet die katholische Soziallehre mit dem unverkennbar für die Mitbestimmung der Arbeiter eintretende Inhalt verstärkt der sozialen Wirklichkeit des Arbeitslebens. Die Enzyklika beschreibt die Schwierigkeiten und Aussichten der sozialen Entwicklung auf der Welt mit klaren Forderungen, unter anderem auch mit der Forderung nach Mitbestimmung und einem Bekenntnis zum Tarifvertrag.
Die Enzyklika Pacem in terris, die Friedensenzyklika vom 11. April 1963, ist nicht nur die letzten Enzyklika des "guten Papstes". Sie gilt - wohl wegen dem großen Passus über die Koexistenz von Ost und West - allgemein als die Bedeutendste dieses Papstes, wobei auch hier die Fragen, die uns bewegen, angesprochen werden (vgl. z.B. Nrn. 23 und 24).
Johannes XXIII. wirkte auch an der Entspannung der Kuba-Krise mit, und empfing die Tochter Nikita Chruschtschows, Rada Adschubej zusammen mit ihrem Mann Alexej, dem Chefredakteur der „Iswestia“ in Privataudienz. Dass er gerade in diesen Tagen der Krise um die Ukraine die höchsten kirchlichen Ehren erhält, ist - so meinen wir - ein bemerkenswerter "Zufall der Geschichte". Oder sollte da tatsächlich "mehr als Zufall" dahinter stecken?

Johannes XXIII. kann daher wohl auch als "Wegbereiter" für Johannes Paul II. - den "Gewerkschaftspapst" - bezeichnet werden.

Bereits 1979 verpflichtete Johannes Paul II. (Karol Józef Wojtyła) die kath. Kirche in seiner Enzyklika "Redemtoris Hominis" ("Erlöser der Menschen"), weltweit für die Menschenrechte, Gerechtigkeit und Religionsfreiheit einzutreten. Und dabei blieb seine Kritik an den "realen Verhältnissen" nicht nur auf die kommunistischen Staaten beschränkt, sondern galt - verstärkt nach 1989 - auch dem westlichen Kapitalismus und seiner Wirtschaft auf Kosten Anderer. Mit seiner Enzyklika "Laborem exerzens" von 1981 hat Johannes Paul II. nicht nur ein klares Bekenntnis zum Gewerkschaftsprinzip abgelegt (Nr. 20). Seine Enzyklika kann mit Fug und Recht als "Wegbereitung" für die 1980 gegründete Gewerkschaft "Solidarność" in Polen bezeichnet werden - und damit als "Startschuss" für den Zusammenbruch des totalitären Systems in Osteuropa. Das Engagement des "polnischen Papstes" hat damit letztendlich auch zur Überwindung der deutschen Teilung geführt. Und es ist aus einem weiteren Grund für Deutschland immer noch bedeutsam.
In seiner Abschiedsansprache am 14. September 2006 hat Papst Benedikt XVI., der seine deutsche Heimat kennt wie kaum ein anderer Papst, ausgeführt:
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Von diesem Bewusstsein angetrieben, hat die Kirche unter der Führung des Geistes die Antworten auf die Herausforderungen, die im Laufe der Geschichte auftraten, immer neu im Wort Gottes gefunden. Das hat sie ganz speziell auch für die Probleme zu tun versucht, die sich vor allem von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an im Zusammenhang mit der sogenannten „Arbeiterfrage“ stellten. Ich unterstreiche das bei diesem Anlass, weil gerade heute, am 14. September, der 25. Jahrestag der Veröffentlichung der Enzyklika Laborem exercens ist, in der der große Papst Johannes Paul II. die Arbeit als eine „fundamentale Dimension menschlicher Existenz auf Erden“ bezeichnet (Nr. 4) und daran erinnert hat, dass „die erste Grundlage für den Wert der Arbeit der Mensch selbst ist“ (Nr.6). Sie ist darum „ein Gut für den Menschen“, merkte er an, „weil er durch die Arbeit nicht nur die Natur umwandelt und seinen Bedürfnissen anpasst, sondern auch sich selbst als Mensch verwirklicht, ja gewissermaßen »mehr Mensch wird«“ (Nr. 9). Auf der Basis dieser Grundintuition gab der Papst in der Enzyklika einige Orientierungen, die bis heute aktuell sind. Auf diesen Text, der durchaus prophetischen Wert besitzt, möchte ich auch die Bürger meiner Heimat verweisen, weil ich sicher bin, dass seine praktische Anwendung auch für die heutige gesellschaftliche Situation in Deutschland von großem Nutzen sein wird.
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Das offiziell anerkannte Wunder:
Floribeth Mora Díaz hatte den verstorbenen Papst Johannes Paul II. am 1. Mai 2011 – dem Tag der seiner Seligsprechung – um Hilfe angefleht. Dass "der Gewerkschaftspapst" gerade am 1. Mai ein Wunder bewirkt haben soll, scheint auch bemerkenswert.

Wir denken: beide Päpste sind auch für die gewerkschaftliche Bewegung in Deutschland von Bedeutung. Und die wichtigen Sozialenzykliken beider Päpste verdienen es, nicht nur in unserem Blog immer wieder hoch gehalten zu werden. Sie sind bei aller Unterschiedlichkeit eines von mehreren Bindegliedern - ein "roter Faden", der sich seit dem letzten Jahrhundert durch die weltweite Entwicklung der katholischen Kirche zieht. Vielleicht kommt dieser "rote Faden" ja auch noch einmal in das Nadelöhr der deutschen Katholiken, die eifernd über ihre "arbeitsrechtlichen Besonderheiten" wachen. Der Aufruf Benedikts zur "Entweltlichung" kann jedenfalls nur mit viel Phantasie verbogen und wegdiskutiert werden.

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