Dienstag, 10. Dezember 2019

Appelle zum Tag der Menschenrechte

Heute ist der internationalen Tag der Menschenrechte. Das Domradio widmet diesem Ereignis einen Artikel
Schutz für Minderheiten
Zum internationalen Tag der Menschenrechte an diesem Dienstag fordern Initiativen einen besseren Schutz von Flüchtlingen, Religionsgemeinschaften und Frauen. Ein Appell richtet sich auch direkt an die katholische Kirche.
und führt dann unter anderem weiter aus:
Umsetzung der Menschenrechte innerhalb katholischer Kirche
Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" erneute ihre Forderung nach der Umsetzung der Menschenrechte auch innerhalb der katholischen Kirche. "Der absolute Ausschluss der Frauen von Weiheämtern, das Heiratsverbot für Priester sowie die Forderung der Enthaltsamkeit an homosexuelle Menschen widersprechen in eklatanter Weise den individuellen Menschenrechten wie auch dem biblisch geprägten Menschenbild", so die Organisation.
Wir fragen uns, wo eines der wichtigsten Grundrechte überhaupt bleibt, ein Recht, das von den kirchlichen Medien anscheinend wohlweislich nicht angesprochen wird. In Artikel 23 und 24 beschreibt die All­ge­meine Erk­lärung der Men­schen­rechte nicht nur das Men­schen­recht auf Arbeit, son­dern auch grundle­gende Rechte in der Arbeitswelt. Dazu gehört u.a. die Koali­tions­frei­heit, also das Recht, Berufsvere­ini­gun­gen wie etwa Gew­erkschaften zu grün­den und ihnen beitreten, um hier­durch einen kollek­tiv­en Schutz sein­er Inter­essen etwa gegenüber dem Arbeit­ge­ber zu erre­ichen.

Artikel 23

(1) Jed­er hat das Recht auf Arbeit, auf freie Beruf­swahl, auf gerechte und befriedi­gende Arbeits­be­din­gun­gen sowie auf Schutz vor Arbeit­slosigkeit.
(2) Jed­er, ohne Unter­schied, hat das Recht auf gle­ichen Lohn für gle­iche Arbeit.
(3) Jed­er, der arbeit­et, hat das Recht auf gerechte und befriedi­gende Ent­loh­nung, die ihm und sein­er Fam­i­lie eine der men­schlichen Würde entsprechende Exis­tenz sichert, gegebe­nen­falls ergänzt durch andere soziale Schutz­maß­nah­men.
(4) Jed­er hat das Recht, zum Schutze sein­er Inter­essen Gew­erkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

Artikel 24

Jed­er hat das Recht auf Erhol­ung und Freizeit und ins­beson­dere auf eine vernün­ftige Begren­zung der Arbeit­szeit und regelmäßi­gen bezahlten Urlaub.
Wir ergänzen dazu:
Artikel 8
(1) Die Ver­tragsstaat­en verpflicht­en sich, fol­gende Rechte zu gewährleis­ten:
  1. das Recht eines jeden, zur Förderung und zum Schutz sein­er wirtschaftlichen und sozialen Inter­essen Gew­erkschaften zu bilden oder ein­er Gew­erkschaft eigen­er Wahl allein nach Maß­gabe ihrer Vorschriften beizutreten. Die Ausübung dieses Rechts darf nur solchen Ein­schränkun­gen unter­wor­fen wer­den, die geset­zlich vorge­se­hen und in ein­er demokratis­chen Gesellschaft im Inter­esse der nationalen Sicher­heit oder der öffentlichen Ord­nung oder zum Schutz der Rechte und Frei­heit­en ander­er erforder­lich sind;
  2. das Recht der Gew­erkschaften, nationale Vere­ini­gun­gen oder Ver­bände zu grün­den, sowie deren Recht, inter­na­tionale Gew­erkschaft­sor­gan­i­sa­tio­nen zu bilden oder solchen beizutreten;
  3. das Recht der Gew­erkschaften, sich frei zu betäti­gen, wobei nur solche Ein­schränkun­gen zuläs­sig sind, die geset­zlich vorge­se­hen und in ein­er demokratis­chen Gesellschaft im Inter­esse der nationalen Sicher­heit oder der öffentlichen Ord­nung oder zum Schutz der Rechte und Frei­heit­en ander­er erforder­lich sind;
  4. das Streikrecht, soweit es in Übere­in­stim­mung mit der inner­staatlichen Recht­sor­d­nung aus­geübt wird.

Artikel 11 – Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

  1. Jede Per­son hat das Recht, … sich frei mit anderen zusam­men­zuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz sein­er Inter­essen Gew­erkschaften zu grün­den und Gew­erkschaften beizutreten.
  2. Die Ausübung dieser Rechte darf nur Ein­schränkun­gen unter­wor­fen wer­den, die ge­setzlich vorge­se­hen und in ein­er demokratis­chen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicher­heit, zur Aufrechter­hal­tung der Ord­nung oder zur Ver­hü­tung von Straftat­en, zum Schutz der Gesund­heit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Frei­heit­en ander­er. Dieser Artikel ste­ht recht­mäßi­gen Ein­schränkun­gen der Ausübung dieser Rechte für Ange­hörige der Stre­itkräfte, der Polizei oder der Staats­verwaltung nicht ent­ge­gen.
Art 9 
...
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Texte aus Katholische Soziallehre


„Wohl aber hält die Kirche es für ihre Aufgabe, immer wieder die Würde und die Rechte der arbeitenden Menschen ins Licht zu stellen und die Verhältnisse anzuprangern, in denen diese Würde und diese Rechte verletzt werden, und den Wandel der Dinge in die Richtung zu lenken, dass dabei ein echter Fortschritt für die Menschen und für die Gesellschaft herauskommt.“ 
Dies sind grundlegende Aussagen von Papst Johannes Paul II (Laborem exercens 4) . Ein deutlicher Aufruf sich als Christ gesellschaftspolitisch einzumischen.

Weitere Texte aus der Katholischen Soziallehre sind anregend für dieses Engagement.
...gilt es vor allem ein Prinzip in Erinnerung zu rufen, das die Kirche immer gelehrt hat: das Prinzip des Vorranges der Arbeit vor dem Kapital. Dieses Prinzip betrifft unmittelbar den Produktionsprozess, bei dem die Arbeit immer den ersten Platz als Wirkursache einnimmt, während das Kapital, das ja in der Gesamtheit der sachlichen Produktionsmittel besteht, bloß Instrument oder instrumentale Ursache ist. 
Laborem exercens 12.1.

Nunmehr ist es ihre Aufgabe, durch entsprechende Maßnahmen allen Arbeitern eine organische Beteiligung zu sichern nicht nur an den Früchten ihrer Arbeit, sondern auch an den Entscheidungen über wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, die für deren eigenes Los und für dasjenige ihrer Nachkommenschaft von Bedeutung sind. 
Papst Paul VI Ansprache an IAO (Internationale Arbeitsorganisation) 21

Zweifellos muss ein Unternehmen, das der Würde des Menschen gerecht werden will, auch eine wirksame Einheitlichkeit der Leitung wahren; aber daraus folgt keineswegs, dass wer Tat für Tag in ihm arbeitet, als bloßer Untertan zu betrachten ist, dazu bestimmt, stummer Befehlsempfänger zu sein, ohne das Recht, eigene Wünsche und Erfahrungen anzubringen; dass er bei Entscheidungen über die Zuweisung eines Arbeitsplatzes und die Gestaltung seiner Arbeitsweise sich passiv zu verhalten habe. 
Papst Johannes XXIII Mater et magistra 92 

In den wirtschaftlichen Unternehmen stehen Personen miteinander in Verbund, d.h. freie, selbstverantwortliche, nach Gottes Bild geschaffene Menschen. Darum sollte man unter Bedachtnahme auf die besonderen Funktionen der einzelnen, sei es der Eigentümer, der Arbeitgeber, der leitenden oder der ausführenden Kräfte, und unbeschadet der erforderlichen einheitlichen Werkleitung die aktive Beteiligung aller an der Unternehmensgestaltung voranbringen; ...
Zweites Vatikanisches Konzil - Gaudium et spes 68

Beschaffenheit und namentlich Echtheit der menschlichen Beziehungen, der Grad der Mitbestimmung und Mitverantwortung sind für die künftige Gesellschaft nicht weniger bedeutsam und wichtig als die Menge und Vielfalt der produzierten und dem Verbraucher zugeführten Güter. Hat der Mensch erst einmal die einseitige Sucht überwunden, alles nach dem Erfolg in der Gütererzeugung und im Güteraustausch, nach Macht und Nutzenbeziehung zu beurteilen und zu messen, dann will er diese quantifizierbaren Güter ersetzen durch vertiefte zwischenmenschliche Beziehungen...
Papst Paul VI, Octogesima adveniens 41

Je mehr nämlich das allgemeine Wissen und die Bildung zunehmen, um so mehr machen sich dies beide Ausdrucksformen der menschlichen Würde und Freiheit geltend: der Anspruch auf Gleichheit und der Anspruch auf Mitbestimmung. 
Papst Paul VI, Octogesima adveniens 22

Die Kirche hat das Recht auf gewerkschaftlichen Zusammenschluss anerkannt, verteidigt und gefördert ... 
Papst Paul VI, Ansprache bei der 75-Jahrfeier von „Rerum novarum“ 5 

Die Kirche will eine gerechte, immer gerechtere Welt und all diejenigen, die sich an diesem Kampf beteiligen, befinden sich auf dem Weg des Evangeliums... 
Johannes Paul II. vor italienischen Stahlarbeitern 

In dem Begriff der sozialen Gerechtigkeit drückt sich aus, dass soziale Ordnungen wandelbar und in die gemeinsame moralische Verantwortung der Menschen gelegt sind. Zur Verwirklichung von Gerechtigkeit gehört es daher, dass alle Glieder der Gesellschaft an der Gestaltung von gerechten Beziehungen und Verhältnissen teilhaben und in der Lage sind, ihren eigenen Gemeinwohlbeitrag zu leisten. 
Auszug aus: Gemeinsame Texte 9 – „Für eine Zukunft der Solidarität und Gerechtigkeit“ Nr. 12
1Wegen der Einheit des kirchlichen Dienstes und der Dienstgemeinschaft als Struktur-prinzip des kirchlichen Arbeitsrechts schließen kirchliche Dienstgeber keine Tarifverträge mit Gewerkschaften ab. 2Streik und Aussperrung scheiden ebenfalls aus.
Weitere Links:
Streik und Koalitionsfreiheit als soziale Menschenrechte
UN-Sozialpakt und Europäische Sozialcharta vor deutschen Gerichten

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