Mittwoch, 18. November 2015

Wohlfahrt intern feiert 10jähriges:

Wir möchten gratulieren und darauf hinweisen, dass Kritik - vielfach auch von uns geübt - nicht über etwas oder an etwas erfolgt, dass den Kritikern gleichgültig ist.
Insofern war unsere Kritik vom 11. Juni 2013
Caritas schlägt Verdi? Wie Wohlfahrt Intern mit großen Tabellen die Realität in ihr Gegenteil verkehrt
durchaus auch ein Zeichen der Wertschätzung. Damals - zur Erinnerung - haben wir an den scheinbar willkürlich gewählten Vergleichszeitpunkten heftige Kritik geübt. Denn nur aufgrund eines gewählten Vergleichszeitpunktes konnte "die Lokomotive Verdi vom Waggon Caritas überholt" werden.

Leider müssen wir feststellen, dass sich die seinerzeit kritisierte Methodik der Tarifvergleiche nicht geändert hat - und die Gelegenheit nutzen, den ärgerlichen Erziehervergleich (im aktuellen Jubiläumsheft - 11/2015, S. 47) aufs Korn zu nehmen:
man nimmt als Bezugsmonat den August 2015, berücksichtigt die Veränderungen, die bis 31. Mai klar waren und kommt dann zur Identität TVöD/AVR-Caritas; unterschlagen wird, dass der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst rückwirkend zum 1.7.2015 greift.

Wir haben am 29. Oktober über dieses Ergebnis der Urabstimmung berichtet. Dh. seit 1.7.2015 liegen die Erziehervergütungen im TVöD definitiv über den Erziehervergütungen in den AVR Caritas! Ob, wie und wann die Caritas nachzieht, kann man bislang nicht sagen.

Nimmt man sich das Jahr 2014 zum Vorbild, dann ist mit Verlusten bei der Caritas zu rechnen. 2014 lagen auf den Jahreszeitraum betrachtet, die Vergütungen bei der Caritas deutlich unter denen des TVöD, weil die Vergütungen
- erstens die Mindesterhöhung erst später vorgenommen haben und
- zweitens die Erhöhung um 3 % in allen Regionen erst vier Monate später erfolgt ist.

Auf diese Weise wird auch in der Genauigkeit suggerierenden 30-Jahre-Betrachtung unterschlagen, dass die Caritas immer erst später nachzieht, und dass dieses verspätete Nachziehen nicht immer, aber häufig mit temporären, in der Summe aber bleibenden Verlusten einhergeht. Hätte man bei der 30-Jahre-Betrachtung das ganze Jahr 2014 zugrundegelegt und die Verhältnisse entsprechend hochgerechnet, wären die Differenzen erheblich.

Immerhin hat es in diesem Jahr keine Hefttitel geben wie "Diakonie vor allen..." (2014) oder "Caritas schlägt Verdi..." (2013). Für beide Wohlfahrtsverbände gilt, dass sie sich die Mühen des tariflichen Engagement sparen bzw. sie an den öffentlichen Dienst delegieren und sich dann an den Früchten delektieren.

Ob es 2015 mit der rückwirkenden Erhöhung bei der Caritas hinhaut, bleibt eine spannende Frage.
Jetzt erst beginnen die Verhandlungen bei der Caritas zur Übernahme des Tarifergebnisses,
- erst in der Bundeskommission
- dann auf dieser Basis in den Regionalkommissionen
- und vor die Wirksamkeit eines so zeitverzögert erfolgten Beschlusses haben die Bischöfe noch ihren Promulgationsakt gesetzt.

Mit der Übernahme des Tarifabschlusses aus dem öffentlichen Dienst ist also bei der Caritas nicht vor 2016 zu rechnen. Das ist dann - im Vergleich zu den Kommunen - mehr als ein halbes Jahr Verzögerung, und selbst eine rückwirkende Inkraftsetzung wird den Beschäftigten der Caritas-KiTAs Zinsverluste, und den KiTA-Trägern gleichermaßen Zinsgewinne bescheren (wie "Hermann" in seinem Kommentar vom 6. November herausgearbeitet hat).

Dennoch: Wohlfahrt intern lesen wir regelmäßig und gerne, denn der Dschungel der Sozialwirtschaft wird hier überdeutlich dargestellt, auch wenn die Darstellung immer wieder zu plakativ gerät und der genaue und analytische Blick auf die Differenzen nicht zu den Spezialitäten der Zeitschrift zählt. Wir selber wünschen uns Flächentarife, die viele Beiträge in Wohlfahrt intern überflüssig machen würden. Da seien dann Sozialwirtschaftsvertreter wie Bernd Meurer vor, die Flächentarifverträge für planwirtschaftliches Teufelszeug halten, wie man ebenso dankenswerter Weise Wohlfahrt intern entnehmen kann.

Solange wir den neoliberalen sozialwirtschaftlichen Tarifdschungel haben, bleibt Wohlfahrt intern unverzichtbar; die Differenzen der Vergütungen in den unterschiedlichen Vergütungssystemen und in unterschiedlichen Regionen, wie sie von Wohlfahrt intern sehr deutlich dargestellt werden, sind und bleiben skandalös: 300.000 Euro Differenz bei der Kitaleiterinnen zwischen dem höchsten (TVöD) und niedrigsten Einkommen (Diakonie Sachsen) nach 30 Jahren! Man kann nur hoffen, dass die diakonischen Kitaleiterinnen in Sachsen den letztjährigen Wohlfahrt-Intern-Titel "Diakonie vor allen..." nicht gelesen haben...

In diesem Sinne an die Redaktion von "Wohlfahrt intern":
Alles Gute - wir bleiben euch als kritische Leser treu!

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