Samstag, 5. Juli 2025

Samstagsnotizen: Darüber kann man nachdenken:

Es ist ein bemerkenswerter Vortrag, den Bischof Dr. Overbeck am Montag beim Tag der Mitarbeitendenvertretungen gehalten hat: Sehr entschieden stellt der Ruhrbischof klar, dass rechtsextremistische Haltungen und Aktivitäten mit dem Dienst in der Kirche nicht vereinbar sind. Und zwar deshalb, weil hier "tragende Grundsätze" des Christentums in Frage gestellt sind - allen voran das christliche Menschenbild, das jedem Menschen eine unantastbare Würde zuspricht und eng mit dem Gebot der Nächstenliebe und der gesamten christlichen Soziallehre vebunden ist. "Rechtsextreme Ideologie ist eine Form von Illoyalität gegenüber der Kirche selbst, weil sie ihren Grundprinzipien widerspricht", sagt Bischof Overbeck - und macht in seinem Vortrag auf die große Gefahr der gegenwärtigen rechtsextremen Bewegungen für unsere Demokratie und unser freiheitliches Zusammenleben aufmerksam.
zitiert nach Generalvikar Klaus Pfeffer, Bistum Essen, bei Facebook

Mehr: Katholische Kirche Bistum Essen - Bischof Overbeck: Rechtsextremismus widerspricht christlichem Menschenbild

Es gehe vor allem darum, in den kirchlichen Organisationen und Einrichtungen eine Debatte darüber anzuregen, „um ein Bewusstsein für die Bedeutung unserer Werte zu stärken und auf die Gefahren extremistischer Parteien hinzuweisen“.
Bei möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen gebe es keinen Automatismus, hob der Bischof hervor, sondern immer den Blick auf den Einzelfall: „Wir schauen hin, wir sprechen an, und wenn nötig ziehen wir Konsequenzen – abgestuft nach der Schwere des Falls und der Stellung der Person.“, so der Bischof.
Über die historische Beziehung zwischen dem rechtsextremen Gedankengut und kirchlichen Eigenarten haben wir ja schon mehrfach berichtet - und die Debatte darüber längst angestoßen. Ob auch diesbezüglich Konsequenzen folgen? Oder werden wieder nur halbherzig die Konsequenzen gezogen, die von den Mitarbeitenden zu beachten sind - bis hin zu neuartigen Loyalitätsvorgaben?


Letztendlich ist das Beibehalten der "kirchlichen Sonderregelungen" - so kontraproduktiv das für die Glaubwürdigkeit der Kirche einerseits und für die Arbeitsverhältnisse in der gesamten Branche andererseits ist - im "Neben-Arbeitsrecht" eine "Machtfrage". Die Bischöfe, die den Dritten Weg und die Ideologie der Dienstgemeinschaft verteidigen, verteidigen ein Stück "weltliche Macht", die den Kirchen nach kirchlicher Meinung *) auch durch das Reichskonkordat eingeräumt sei.
Dazu muss man dann aber mit dem emeritierten Kölner Domkapitular Robert Kümpel feststellen:
Die Hierarchie, die verantwortliche Leitung der Katholischen Kirche, kann nicht einfach nur ihre eigenen Ideen verkünden, sondern muss auch den "sensus fidelium" beachten, das gesunde Glaubensempfinden der gläubigen Massen, die in Taufe und Firmung den heiligen Geist empfangen haben.
und dann theologisch argumentierend:
Als die Mutter der beiden Zebedäussöhne Jesus bittet, ihre beiden Sprösslinge sollten die beiden ersten Machthaber neben Jesus im kommenden Gottesreich werden, da nimmt Jesus diesen Zwischenfall zum Anlass, seinen Jüngern ein Gegenmodell zum üblichen Machtverständnis seiner Zeit vor Augen zu führen. Es lohnt sich, genau hinzuhören, wenn er im Matthäusevangelium sagt: "Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Großen ihre Vollmacht gegen sie missbrauchen."
Weltliche Macht bedeutet also in der Regel Unterdrückung und Missbrauch, indem sie gegen die Bedürfnisse des Volkes eingesetzt werden. Aber: "Bei euch soll es nicht so sein", fährt Jesus dann fort...
Jesus stellt dem weltlichen Machtverständnis eine Praxis entgegen, die er selber lebt und die er auch denen auferlegt, die ihm nachfolgen wollen. Bei ihm finden wir keine Spur von Druck oder Unterdrückung, Versuche, seine Vorstellungen gegen den Willen anderer durchzusetzen, Manipulation, Gewalt oder ähnliches. Er zeigt einen hohen Respekt vor der Freiheit jedes Menschen – auch da, wo Jesus seine Gegenspieler hart kritisiert. Das kommende Reich Gottes verlangt völlig neue Grundsätze.


Anmkerung:
*) Man kann jetzt wirklich fragen, ob die Regelung der Arbeitsbedingungen einschließlich der Löhne und Gehälter in kircheneigenen Einrichtungen eine "eigene", also "interne" Angelegenheit der Kirchen ist, insbesondere dann, wenn nicht der Kirche angehörende Mitarbeitende davon betroffen sind.

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