Montag, 28. August 2023

§ ArbG Lübeck: Kündigungsschutzklage eines Kirchenmusikers nach verpasster Trauerfeier erfolgreich

manchmal gibt es doch Besonderheiten des Arbeitsrechts in der Kirche - etwa, wenn es um die kirchenspzifischen Berufe geht. Dazu gehört der Beruf der Mesner oder auch der Kirchenmusiker, die liturgische Hilfsfunktionen wahrnehmen. Aber auch da landen dann Kündigungsschutzklagen vor den staatlichen Gerichten. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass auch bei arbeitsrechtlichen Problemen in diesen Berufen nicht um kircheneigene Angelegenheiten geht, infolge der Rechtswahl des kirchlichen Arbeitgebers für die Privatautonomie des staatlichen Arbeitsrechts - wie das Bundesverfassungsgericht schon 1984 im ersten Leitsatz festgestellt hat.
Ein etwas kurioser Fall einer Kündigung landete nun vor dem Arbeitsgericht Lübeck (Urteil vom 15.6.2023 - 1 Ca 323 öD/23, PM vom 16.8.2023). Es ging um einen wohl etwas "verpeilten" Kirchenmusiker, einen Künstler halt, der
bei einer Kirchengemeinde seit mehr als 25 Jahren beschäftigt ist. Aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung ist er ordentlich unkündbar. Im Dezember 2022 sagte der Kläger gegenüber dem Gemeindebüro verbindlich die musikalische Begleitung einer vier Tage später stattfindenden Trauerfeier zu. Noch am gleichen Tage sprach der zuständige Pastor die für die Trauerfeier vorgesehene Liederauswahl auf den Anrufbeantworter des Klägers. Dieser erschien aber nicht zur Trauerfeier und war auch telefonisch nicht erreichbar. Einer Bitte des Pastors um Rückruf kam er auch nicht nach. Drei Tage später entschuldigte sich der Kläger per E-Mail und begründete sein Fehlen mit einem seit Tagen anhaltenden Dauereinsatz für ein Kindermusical.
Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben:
Das fahrlässige Übersehen der Trauerfeier, die fehlende Erreichbarkeit und das Verhalten im Nachhinein seien zwar gravierende Vertragsverstöße, reichten aber ohne eine vorherige thematisch einschlägige Abmahnung nicht zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung aus.
(kommentiert von Prof. Dr. Markus Stoffels in der Beck-Community, veröffentlicht am 21.08.2023)

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