Samstag, 15. Januar 2022

Samstagsnotizen: Wie weiter mit unserer Kirche (3)

Die Vorsitzende der Münchner Aufarbeitungskommission - Psychologin Michaela Huber zweifelt an Reformbereitschaft der Kirche.
Sie müsse einsehen, "dass sie kein eigener Kosmos sein kann, der außerhalb der Gesellschaft existiert, der seine eigenen Rechte, seine eigene Justiz hat". Dies sei "nicht zeitgemäß". Zugleich zweifelt die 57-Jährige an der Reformbereitschaft der Kirche. Ein hierarchisches System von der Basis her zu verändern, sei fast unmöglich. "Das Einzige, das die Kirche tun kann, ist, dass sie sich sofort einem anderen Menschenbild verschreibt und sich oben an der Kirchenspitze etwas ändert."
berichtet "Kirche und Leben".
Man kann daran zweifeln, ob - selbst angesichts der explodierenden Austrittszahlen, sei es in Köln oder in Münster - tatsächliche "Reformbereitschaft" besteht.
Wir haben schon mehrfach deutlich gemacht, dass die "Mißbrauchsdebatte" nur extrem deutlich die Fehler aufdeckt. Diese Fehler sind in
- einem irrigen Menschenbild und
- einem systemischen Vertuschungsverhalten (was nicht sein darf, kann auch nicht sein)
zu suchen.
Das Priestertum ist nun mal ein Leitungsdienst. Insofern verleiht es denen, die es innehaben, Macht über diejenigen, die es nicht innehaben. ...
Dr.Dr. Rothe, "Missbrauchte Kirche", S. 84

Das Priestertum ist darauf angelegt, zwischen den Mächtigen und den dienstbaren Personen zu unterscheiden. Dementsprechend fallen Kleriker auch nicht unter die Grundordnung (Artikel 2 Abs. 3 GrO). Sie sind zwar Teil der "Dienstgemeinschaft", aber als "Herrschende", als "Dienstherren" (oder wie es unter Verdrehung der Wortbedeutung heißt, als "Dienstgeber") und nicht als diejenigen, die den Dienst leisten - im Sinne von "dienstbaren Geistern", von Dienstmägden und Dienstknechten. Was in der "Männerkirche" für die Frauen gilt, gilt für alle Laien gleichermaßen. Eine faire Partnerschaft auf Augenhöhe kann es solange nicht geben, solange die Bischöfe nicht bereit sind, ihre Macht als "Dienstherren" über die "dienstbaren Geister" abzugeben und zu teilen.

Warum kann man nicht einfach feststellen, dass auch Kleriker - bis hin zu den Bischöfen - schlicht und einfach primär "Menschen" (vgl. Phil. 2,7; Katechismus Nr. 463) sind? Und darum Ängste und Schwächen haben? Menschlich halt ...

Weil aber der Priester als Kleriker die Stellvertreter Gottes sein sollen, darf der Priester auch nicht menschlichen Anfechtungen - gar Keuschheitsanfechtungen - ausgesetzt sein. Es gilt, den Anschein der Standhaftigkeit zu wahren und keinen Schatten auf das Licht der "Heiligen Kirche" fallen zu lassen.
  • Daher wird bei Klerikern, den "Brüdern im Nebel" vertuscht und unter den Teppich gekehrt. Möglichst wenig wissen und möglichst keine Verantwortung übernehmen und die Wahrheit mit Chiffreen verklausulieren ist die systemische Reaktion. Das Fehlverhalten des Klerikers könnte ja einen Schmutzfleck auf dem Mantel der Kirche bilden. "Das eigene Nest wird nicht beschmutzt" lautet die Devise. Dass aber das Nest ggf. bereits beschmutzt ist, und der Schmutz ausgekehrt werden muss um wieder ein sauberes Nest zu haben, wird bei klerikalen Tätern geflissentlich übersehen. "Augen zu und durch" scheint die Devise.
  • Daher wird in Art. 4 der Grundordnung von den eigenen MitarbeiterInnen, den Dienstboten, schon ein "Heiligenmäßiges Leben" bis hin in das häusliche Schlafzimmer gefordert. Und damit das auch eingehalten wird, behalten sich die Verkünder der "frohen Botschaft" gegen die Nichtkleriker entsprechende Sanktionen bis hin zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vor (Art. 5 GrO). Druck und Nötigung statt "frohe Botschaft"?

Was für den Mißbrauch gilt, ist im spezifisch kirchlichen Arbeitsrecht des III. Weges ebenso angelegt. Einerseits behalten sich die Bischöfe eine Letztentscheidung und damit die Macht über arbeitsrechtliche Regelungen vor (Art. 7 Abs. 1 S. 3 GrO). Andererseits wird die Verantwortung auf Kommissionen abgeschoben, in denen die Dienstherren einerseits und die abhängig beschäftigten andererseits zu einem Konsens finden müssen - und ohne Zustimmung der Dienstherren geht gar nichts. "Kollektives Betteln" also, wie das Bundesarbeitsgericht urteilte.

Ja, die Kirche braucht umfassende Reformen. Sie muss sich zu fairem und partnerschaftlichem Umgang auch und gerade mit ihren arbeitenden MitarbeiterInnen bekennen. Und das geht - so das päpstliche Lehramt - mit den Gewerkschaften. Damit könnte man ja schon einmal anfangen. Nicht heute und sofort - morgen (wortwörtlich) reicht, zumindest mit einem ersten Gesprächsangebot seitens der Bischöfe.

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