Mittwoch, 21. März 2018

Warnstreiks im öffentlichen Dienst - Warten auf die nächste Verhandlungsrunde bei der Caritas

Während Ver.di in der aktuellen Tarifrunde nach der ergebnislosen 2. Verhandlungsrunde am 12. und 13. März in Potsdam mit Warnstreiks in mehreren Bundesländern den Druck auf die Arbeitgeber verstärkt:
...haben inzwischen auch beiden Seiten der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas über das Ergebnis ihrer Verhandlungen am 15. März in Bad Hersfeld berichtet. Über das Info der Mitarbeiterseite hatten wir bereits am vergangenen Freitag informiert. Gestern hat nun die Dienstgeberseite mit ihrem Dienstgeberbrief nachgezogen.

Erwartungsgemäß "bewerten die Dienstgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission die Forderungen der Mitarbeiterseite für die Tarifrunde 2018/2019 jedoch als wenig zukunftsorientiert...."

Noch vor der "2. Verhandlungsrunde" am 14. Juni 2018 wird für den 8. Mai 2018 ein Seminar für Dienstgeber mit dem Titel „Streik in kirchlichen Einrichtungen – Voraussetzungen und Reaktionsmöglichkeiten für Dienstgeber“ annonciert. (vgl. Dienstgeberbrief 1/2018, Seite 9)

Man beginnt sich demnach offensichtlich darauf einzurichten, dass das System des 3. Weges bei den kirchlichen Beschäftigten an Überzeugungskraft verliert und sich auch bei den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden die Arbeitnehmer auf ihre eigenen Kräfte und die Kraft der Solidarität besinnen.
Und man erinnert nochmal an das "Faktenblatt Dritter Weg" der Dienstgeberseite.
Wir nutzen die Gelegenheit gerne, auch auf unsere etwas älteren Faktenblätter zum Thema aus dem Jahre 2015 hinzuweisen:
In der Pressemitteilung der Mitarbeiterseite der AK zur Verhandlung in der vergangenen Woche heißt es aber
"Dritter Weg" bedeutet, dass die Arbeitsrechtsregelungen weder durch einseitige Arbeitgeberbeschlüsse („Erster Weg“) noch durch mit Gewerkschaften abgeschlossene Tarifverträge („Zweiter Weg“) geregelt werden.
Grundlagen des "Dritten Weges" sind:
  • eine gleichberechtigte Vertretung sowohl der Mitarbeiterseite und Dienstgeberseite in den Kommissionen
  • eine konsensorientierte Konfliktlösung
  • Verzicht auf Streik und Aussperrung
  • das im kirchlichen Recht verankerte Prinzip der Lohngerechtigkeit
Daran, dass die wesentliche Substanz und insbesondere Niveau und Tabellen des "Dritten Weges" in den vergangenen Jahrzehnten den verschmähten Tarifwerken des Öffentlichen Dienstes BAT und TVöD entnommen wurden, darf man vielleicht bei dieser Gelegenheit erinnern. Und man darf vielleicht die Prognose wagen, dass auch diesmal keine Einigung in der AK zustande kommen wird, bevor der öffentliche Dienst sich auf einen Tarifvertrag verständigt hat und dass das Tarifergebnis des Öffentlichen Dienstes dann den oberen Rand der Möglichkeiten der AVR Caritas darstellen wird.

Die "gleichberechtigte Vertretung sowohl der Mitarbeiterseite und der Dienstgeberseite" und ordnungsgesetzte Regelungen, die 3/4-Mehrheiten für wesentliche Beschlüsse vorsehen, sichert systematisch eher den Status Quo als tarifliche Erhöhungen. Den vorgeblichen "Konsens" hat es auch in der Vergangenheit selten bis gar nicht gegeben, denn immer wollten die Mitarbeiter höhere und die Dienstgeber niedrigere Steigerungen und haben sich dann in den gefundenen Kompriss gefügt, wie dies auch die Parteien im 2. Weg im Tarifvertrag getan haben.
Auf Streiks kann man leicht verzichten, wenn man diese lästige Betätigung den weltlichen Kollegen überlässt, deren Ergebnisse man dann aber übernimmt. Und das "im kirchlichen Recht verankerte Prinzip der Lohngerechtigkeit" findet seine Erfüllung seltsamerweise darin, dass exakt das zum Vorbild genommen wird, was der verachtete 2. Weg vorlegt.


Betrachtet man die Argumentationsfiguren von kirchlichen Dienstgebern und heidnischen Arbeitgebern, fallen die Vorstellungen nicht weit auseinander: leistungsgerechte Vergütung für die höheren Vergütungsgruppen und marktgerechte Vergütung für die unteren Vergütungsgruppen. Das sogenannte Matthäus-Prinzip gemeinsam hochgehalten von der großen Koalition der Arbeitgeber gegen diejenigen, die mit Mindestbeträgen die gesellschaftliche Spaltung verringern möchten.







2 Kommentare:

  1. Wenn das Prinzip "Lohngerechtigkeit" (familiengerechter Lebenslohn) bei der Caritas gelten würde, dann gäbe es die unteren Vergütungsgruppen nicht. Denn damit werden die Arbeitnehmer trotz Betriebsrente in die Altersarmut geführt. Die Mitarbeiterseite der AK Caritas verschweigt, dass der Dritte Weg allgemein verbindliche Tarifverträge verhindert und damit prekäre Arbeitsverhältnisse zur Folge hat. Aber wem mit dem Glasröhrl der Puderzucker in den Hintern geblasen wird, der kann gerne so schwadronieren.

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  2. Rolf Cleophas, Pressesprecher ak.mas26. März 2018 um 15:35

    @Hermann: Die Mitarbeiterseite der Caritas hat in der aktuellen Tarifrunde 2018 gerade in der Besserstellung der unteren Vergütungsgruppen einen Schwerpunkt gesetzt! Zum einen wollen wir die Pflegehilfskräfte besser eingruppieren, zum anderen fordern wir analog ver.di neben der linearen Gehaltssteigerung von 6 Prozent einen Mindestbetrag von 200 Euro.
    Allen Vertretern der Mitarbeiterseite in der Caritas ist dabei bewusst, dass die beste Unterstützung für unsere Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite in einem möglichst guten Abschluss im Öffentlichen Dienst liegt; weswegen wir auch nicht müde werden, unsere Kolleg*innen immer wieder auf die Zusammenhänge aufmerksam zu machen, zur Unterstützung von gewerkschaftlich organiserten Aktionen aufrufen und zum Eintritt bei ver.di ermuntern.
    Was Kritik am Dritten Weg angeht, verweigern wir uns grundsätzliche keiner Diskussion. Aber die Annahme, die AVR Caritas würden allgemeinverbindliche Tarifverträge verhindern, ist nicht richtig. Die Alternative für die meisten Einrichtungen wäre der Erste Weg: die Lohnfestsetzung durch einseitige Arbeitgeberbeschlüsse.

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