Sonntag, 22. Oktober 2017

Sonntagsnotizen - Kirchliches Arbeitsrecht in den Medien

katholisch.de nimmt noch einmal differenziert Bezug auf die öffentlichen Diskussionen, die durch den Warnstreik an der Ottweiler Marienhausklinik ausgelöst wurde.

"Lauterbach für Streiks in kirchlichen Krankenhäusern
Das kirchliche Arbeitsrecht muss nach Aussage des Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion angepasst werden. Schlecht besetzte Krankenhäuser seien eine Gefahr, auf die man hinweisen müsse, so Lauterbach."

Bezug genommen wird dabei auf einen Artikel in Christ & Welt, in dem Karl Lauterbach zitiert wird.

Der Christ & Welt-Artikel selbst (online bislang nicht öffentlich zugänglich):

Weimar verpflichtet
 Die Gewerkschaften greifen das kirchliche Arbeitsrecht an. Gerade deshalb müssen die Kirchen ihre alten Sonderrechte überzeugender verteidigen.
argumentiert historisch erstaunlich unbedarft: in der Weimarer Republik gab es definitiv kein Sonderarbeitsrecht der Kirchen!


Auf Domradio.de verbittet sich der Katholische Krankenhausverband die Einmischung der Gewerkschaft: Verdi solle sich nicht einmischen, die Gewerkschaft störe den sozialen Frieden.

Im Katechismus liest sich das zwar anders
"Solche Organisationen [Gewerkschaften] sind nicht Träger eines angeblich unausweichlichen Klassenkampfes, sondern einer echten Solidarpartnerschaft. Gewerkschaften, die sich für die wirtschaftlichen Ansprüche der Arbeitnehmer einsetzen, führen keinen Kampf gegen andere, sondern nehmen teil am Kampf für die soziale Gerechtigkeit (LE 20)."
Der Vorwurf an die Gewerkschaften, sie würden den sozialen Frieden stören, ist wohl so alt wie die Gewerkschaften. Es stimmt ja auch: Gewerkschaften stören den Frieden. Der Arbeitgeber.


Die Saarbrücker Zeitung berichtet inzwischen unter der Überschrift "Verdi lässt Krankenhausstreit eskalieren", dass die "Chefetage" der Marienhausklinik demnächst 10 Pflegekräfte zum Gespräch bitten wolle "um sie zu überzeugen, dass die Teilnahme an solchen Streikmaßnahmen nicht der geeignete Weg ist, um die Situation in der Pflege zu verbessern".


4 Kommentare:

  1. Wenn die "Chefetage der Marienhausklinik" die Grundordnung ernst nehmen würde, müsste es gar nicht erst zu solchen Streikmaßnahmen kommen.

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  2. Naja, wenn das alles so einfach wäre.
    ver.di schließt auch Haustarifverträge mit "freien Trägern" ab, die unterhalb TVöD liegen.
    Caritas hat auch "AVR-Flüchtlinge"
    Arbeitsbedingungen Pflege sind deutlich schlechter als Arbeitsbedingungen im Sozial- und Erziehungsdienst.
    Das sind alles auch "Wahrheiten".
    Liegt nicht das Hauptproblem zum einen in der politisch gewolten Unterfinanzierung des Krankenhaus- und Pflegebereichs und zum zweiten in der politisch gern gesehenen Unterorganisation der Beschäftigten in diesem Bereich?
    Macht es Sinn, wenn Mitarbeitervertreter und Gewerkschaftsvertreter sich gegenseitig aufrechnen, wer denn "besser" sei und nicht gemeinsam gegen die aufstehen, die den ganzen Mist zu verantworten haben?
    "Divide et impera" - teile und herrsche- das Prinzip funktioniert hier offensichtlich bestens.
    Vielleicht wären hier Demonstrationen auch der passendere Weg, so lange es in Deutschland keine Möglichkeit für politische Streiks gibt.

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  3. Hallo Stephan,
    Du hast ja recht - seit dem sich der Staat die sozialen Leistungen beim Billigstbieter einkauft und damit die Kosten drückt, zersplittert die Tariflandschaft immer mehr. Inzwischen muss auch ver.di schauen, wie mit Haustarifverträgen (aktuell z.B. beim BRK) der Anschluss an den TVöD gehalten werden kann - und je schlechter der Organisationsgrad, desto geringer der Druck, der ausgeübt werden kann, und desto schwieriger ist es, den Anschluss zu halten. Und jeder Arbeitgeber schaut dann auf den anderen, und jeder Kämmerer schaut auf die einzelnen Anbieter und sagt "die machen es aber billiger". Früher nannte man das "Schmutzkonkurrenz", aber inzwischen ist der Billigstjakob politisch gewollt.
    Tatsächlich werden wir uns entweder in Haustarifverträgen noch weiter verzetteln, oder über politische Mindestbedingungen (z.B. Mindestlöhne) eine Untergrenze einziehen können - aber damit schaffen wir allenfalls Minimalregelungen, und keine richtige Aufwertung.
    Tatsächlich gibt es nur einen Weg, die Problematik zu lösen. Das ist ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag nah Tarifvertragsgesetz (TVG). Und dazu braucht es die kirchlichen Wohlfahrtsverbände und deren Einrichtungen. Denn nur, wenn die Hälfte aller Beschäftigten tarifgebunden sind (entweder direkt oder über einen Anwendungstarifvertrag), kann die Allgemeinverbindlichkeit gefordert werden - und die gilt dann für alle Anbieter in der Branche, auch für die, die nicht tarifgebunden sind oder einen alten Haustarifvertrag haben. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht, aber die Phantasie im Arbeitsrecht ist ja grenzenlos, wie vor allem die Arbeitgeber überall immer wieder neu demonstrieren.
    Nun erleben wir gerade in Ottweiler, dass der größte Krankenhauskonzern der Caritas aus ideologischen Gründen (als ob das ordentliche Lehramt und die kath. Soziallehre nicht auch dort gelten würden) schon Gespräche mit der Gewerkschaft verweigert. Die Konzernleitung nimmt also aus ideologischen Gründen die schlechten Arbeitsbedingungen der Pflege und die folgenden Auswirkungen auf die Patienten billigend in Kauf.
    Ob das jetzt christlich ist, oder gar der Glaubwürdigkeit der Kirche generell dient, muss jeder für sich selbst beurteilen. Ich persönlich denke zunehmend an die "Freiburger Rede" Benedikts XVI. im September 2011. "Entweltlicht Euch" im Sinne von "verzichtet auf die (weltliche) Arbeitgebermacht, die Euch (nur) in Deutschland zugestanden wird.
    Aber ich weiß, wenn ein deutscher Papst in einer deutschen Stadt auf deutsch zur versammelten Nomenklatur der deutschen Funktionärskatholiken spricht, dann meint er natürlich Nicaragua. Oder war das doch anders gemeint? Gerade bin ich in Johannisthal, und lese das Buch "Mitteilungen Insitut Papst Benedikt XVI." (Hrsg. Rudolf Voderholzer u.a.). Achim Buckenmaier nimmt darin auch zur "Konzerthausrede" Stellung - aber so weit bin ich noch nicht.

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  4. Papst Franziskus hat wohl kürzlich Benedikts Appell zur Entweltlichung aufgegriffen: http://de.radiovaticana.va/news/2017/10/13/frühmesse_„das_ist,_was_der_teufel_will_-_weltlichkeit“/1342727 (Bericht aus seiner Predigt zur Frühmesse: „Das ist, was der Teufel will - Weltlichkeit“)

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