Sonntag, 20. November 2016

Sonntagsnotizen - Gute Pflege? Ohne uns!?

BR 5 aktuell - Das Gesundheitsmagazin - befasst sich heute mit der Frage:

1000 Euro während der Pflege-Ausbildung - Wie ein allgemeingültiger Lohn die Zahl der Azubis erhöhen soll - 20.11.2016 (Podcast hier - ab 12:28 - )

Die bayerischen Wohlfahrtsverbände BRK und AWO versuchen derzeit, zusammen mit Ver.di, für die Ausbildung zur Altenpflege einheitliche Vergütungen durchzusetzen. In der BR 5 aktuell Sendung wird Herrmann Imhof mit der Feststellung zitiert, die Azubi-Vergütung in der Altenpflege betrage je nach Träger zwischen 300 und 1000 Euro brutto monatlich.*)  Der Skandal liegt aber eher in den niedrigen Vergütungen bei den privaten Trägern, der tatsächlich in dem genannten unteren Bereich liegen dürfte und dem Problem, dass die kirchlichen Wohlfahrtsverbände anständige, allgemeinverbindliche  flächendeckende Ausbildungsvergütungen nicht zu unterstützen vermögen, weil sie ihren 3. Weg gefährdet sehen. Bei der Caritas besteht der 3. Weg bekanntermaßen darin, die Ergebnisse des öffentlichen Dienstes, wenn sie dort durchgesetzt sind, zeitversetzt auch paritätisch zu beschließen.

Für die Süddeutsche Zeitung war das Thema in dieser Woche Gegenstand eines Beitrags:
 "Gleiches Geld für alle. Bayern fehlt es an Pflegefachkräften. Ein Branchentarifvertrag könnte das ändern - würden sich nur die Träger einigen"
Bereits am Samstag vor einer Woche hat Stefan Sell dem Thema in dem Beitrag

Rundreise durch die Pflege-Landschaft: Von einem ethischen Tabubruch bei Demenzkranken über Babyboomer mit Ansprüchen bis hin zu neubauenden Betreibern von Pflegeheimen

einige Anmerkungen im Zusammenhang mit den gescheiterten Verhandlungen für einen einheitlichen Tarifvertrag im Bereich der Altenpflege in Brandenburg gewidmet.
Stefan Sells Fazit hier:

"Wenn von Seiten der Gewerkschaft berichtet wird, dass »ein Teil der Gesprächspartner keine Tarifverhandlungen mit verdi führen will und zwei weitere Spitzenverbände beklagen, dass sie für eine Aufnahme von Tarifverhandlungen von ihren Mitgliedern nicht mandatiert werden«, dann kann man an diesem Beispiel das Problem erkennen, dass aufgrund der vielgestaltigen Arbeitgeberlandschaft "normale" Tarifverhandlungen so gut wie unmöglich sind, denn neben den privaten Anbietern sind die Wohlfahrtsverbände und damit die Kirchen hier besonders aktiv - und die konfessionell gebundenen Arbeitgeber beharren auf dem "dritten Weg" und den damit verbundenen Sonderrechten für die kirchlich gebundenen Arbeitgeber."

Bitter ist, dass das Thema bei den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden offensichtlich keine Rolle spielt.

Auf der Podiumsdiskussion der akmas  am 9. November in Berlin wird Matthias Möhring-Hesse mit einem Plädoyer für einen bundeseinheitlichen Tarifvertrag mit den Worten zitiert:
"Pflege wird in der Bundesrepublik zu einem großen Teil öffentlich subventioniert. Diese Subventionen sollten nur der Pflege gewährt werden, die durch tariflich geregelte Pflegearbeit geleistet wird. So wie der bundesdeutsche Sozialstaat die Qualität der Pflege kontrolliert, sollte er auch die Qualität der Arbeitsbedingungen für die Pflegenden kontrollieren – und dabei gleiche Bedingungen für alle Pflegeeinrichtungen durchsetzen."
Der Sozialstaat kann das nur dann, wenn auch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände sich substantiell daran beteiligen und die Heiligkeit ihres 3. Weges nicht ständig höher hängen als die Arbeitsbedingungen in der Pflege. Auch außerhalb der kirchlichen Wohlfahrtsverbände, nämlich in weltlichen Wohlfahrtsverbänden und bei privaten Trägern wird engangiert und fürsorglich die Barmherzigkeit realisiert, die der Sozialstaat finanziert! Und auch bei der AWO, beim BRK, sogar in Einrichtungen von Brüderles BPA arbeiten übrigens evangelische und katholische Christen.
(So wie es bei Diakonie und Caritas Heiden gibt, die es nicht vermeiden können - wie es der Theologe formuliert - "Gottes spontane, bedingungslose Güte gegenwärtig zu setzen...")

c.



*) Die Feststellung ist nicht ganz korrekt: die Vergütung nach TVöD, den von diesem abschreibenden AVR Caritas sowie nach AVR Diakonie Bayern liegen im 3. Jahr über 1100 Euro monatlich.)

1 Kommentar:

  1. Sells Fazit gilt auch für Kirche - guggst du hier: http://caritas-verdi.blogspot.de/2016/08/die-tarifautonomie-hat-sich-bewahrt.html

    AntwortenLöschen




Ihr könnt Eure Kommentare vollständig anonym abgeben. Wählt dazu bei "Kommentar schreiben als..." die Option "anonym". Wenn Ihr unter einem Pseudonym schreiben wollt, wählt die Option "Name/URL". Die Eingabe einer URL (Internet-Adresse) ist dabei nicht nötig.

Wir freuen uns, wenn Ihr statt "Anonym" die Möglichkeit des Kommentierens unter Pseudonym wählt. Das Kommentieren und Diskutieren unter Pseudonym erleichtert das Austauschen der Argumente unter den einzelnen Benutzern.