Wahl der Mitarbeitervertreter in die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes für die Amtsperiode 2022 bis 2025 mit Beteiligungsmöglichkeit von GewerkschaftenVer.di hat sich in der Vergangenheit an der AK Caritas nicht beteiligt, allerdings sind Kolleg*Innen, die Mitglieder von ver.di sind, auch in der AK Caritas vertreten. Und diese Mitglieder können selbstverständlich wie jedes ver.di Mitglied, die Unterstützung von ver.di für ihre Tätigkeiten in Anspruch nehmen.
Bis zum 30. Oktober 2021 ist die Wahl der neuen Mitglieder der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes für die am 1. Januar 2022 beginnende Amtsperiode durchzuführen.
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Der Wahlvorstand versendet spätestens sechs Wochen nach seiner Konstituierung die vom Vorbereitungsausschuss erstellten Wahlunterlagen und die Wählerliste - spätestens bis zum 11. April 2021 - an die wahlberechtigten Mitarbeitervertretungen.
Der Wahlausschuss legt den Zeitpunkt der Wahlversammlung fest, die spätestens bis zum 31. Oktober 2021 stattfinden muss.
Gewerkschaften, die sich an der Entsendung von Vertreterinnen und Vertretern in die Arbeitsrechtliche Kommission beteiligen wollen, müssen dies gegenüber dem Vorbereitungsausschuss über die Geschäftsstelle der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes Karlstr. 40 79104 Freiburg spätestens bis zum 1. April 2021 (zwei Monate nach diesem Wahlaufruf) schriftlich mitteilen.
Warum ist das so?
Zunächst einmal:
wir müssen zwischen der innerbetrieblichen Mitwirkung durch Mitarbeitervertretungen einerseits und der Entstehung von tariflichen Regelungen durch überbetriebliche Beratungsgremien andererseits ("Dritter Weg") unterscheiden.
Bei der "Arbeitsrechtlichen Kommission" geht es genau um diesen "Dritten Weg".
Die deutsche katholische Kirche hat sich nach dem Krieg entgegen der eigenen Soziallehre entschieden, keine Tarifverträge mit den Gewerkschaften abzuschließen. Sie folgte damit nicht etwa einer römischen Direktive sondern - im Gegensatz dazu - den protestantischen Kirchen in Deutschland.
Die Kirche könnten durchaus mit den Gewerkchaften kooperieren, für die katholische Kirche wäre das aus eigenem Selbstverständnis sogar geboten (vgl. Laborem exercens), und sich jederzeit auch der Möglichkeit des Tarifvertrages bedienen, wie das namentlich das päpstliche Lehramt (vgl. Mater et magistra) befürwortet und wie das weltweit - insbesondere aber auch in Italien und im Vatikan selbst - üblich ist. (Nur) "Tarifverträge sind dazu bestimmt, einen tatsächlichen Machtausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu schaffen. Sie bieten eine materielle Richtigkeitsgewähr. Normalerweise ist also davon auszugehen, daß ihre Regelungen den Interessen beider Seiten gerecht werden und keiner Seite ein unzumutbares Übergewicht vermitteln (BAG 22, 144 (151) = AP Nr. 12 zu § 15 AZO (zu IV 3 der Gründe) m. zahlr. N.)"
Die deutsche katholische Kirche macht stattdessen von dem verfassungsrechtlich jederman zustehendem Recht auf "negative Koalitionsfreiheit" gebrauch ("Recht, ein eigenes ArbeitsrechtsRegelungsverfahren zu schaffen"), verbrämt dies aber mit schwülstigem Geschwafel über eine theologisch weit überhöhte Dienstgemeinschaft.
Statt der eigenen Soziallehre zu folgen haben die Kirchen zur Verhinderung von gewerkschaftlicher Kooperation einen "Dritten Weg" begründet, dessen Ergebnis lediglich den (zweifelhaften) Wert von "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" (AGB) haben (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, z.B. BAG, Beschluss vom 23. 1. 2002 – 4 AZN 760/01 (lexetius.com/2002,2302)). Die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Kirchen und ihrer Einrichtungen haben rechtlich den Wert vom "Kleingedruckten beim Staugsaugerkauf".
Das hat Folgen:
Während Tarifverträge nur zugunsten der Arbeitnehmer geändert werden dürfen (§ 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz - TVG), gilt für die AGB´auch der Kirchen: Nach § 305 b BGB ist eine einzelvertragliche Vereinbarung vorrangig gegenüber den Regelungen zu sehen, die durch AGB zum Vertragsinhalt wurden. Die - nach mühsamen Verhandlungen und diversen Beschlussfassungen - endlich von einem Diözesanbischof in Kraft gesetzten Regelungen können also einzelvertraglich jederzeit zu Lasten der Arbeitnehmer geändert werden.
Regelungen wie die AVR können daher auch nicht herangezogen werden, wenn es darum geht, einen Tarifvertrag nach § 5 TVG allgemein verbindlich - also auch für die nicht tarifgebundenen Anbieter zwingend anwendbar - zu machen. Es fehlt schlicht und einfach an der Rechtsverbindlichkeit der entsprechenden Vertragsrichtlinien.
Das veritable Eigentor der Arbeitgebervertreter in der AK Caritas um tarifvertragliche Regelungen für die Altenpflege hat zudem die systemische Schwäche des Systems "Dritter Weg" aufgezeigt. Für jeden Beschluss ist mehrfach (Bundes- und Regionalkommissionen) die Zustimmung der Arbeitgeber erforderlich. Gegen deren Blockadehaltung kann keine Beschlußfassung erfolgen. Ein solches System der "gewährten Gnadenakte" ist nicht mehr als "kollektives Betteln", wie das Bundesarbeitsgericht schon 1980 (Az. 1 AZR 168/79, Rd.Nr. 22) festgestellt hat. Schließlich sind Ausstände das wichtigste Druckmittel der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften, um bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Kardinal Reinhard Marx hat es in seinem Buch "Das Kapital" S. 78 fso formuliert:
"Erst die staatliche Arbeiterschutzgesetzgebung, die Entstehung von Gewerkschaften und die gesetzliche Anerkennung des Arbeitskampfrechts und der Tarifautonomie haben die Arbeitnehmerseite in den Stadt versetzt, auf gleicher Augenhöhe mit den Arbeitgebern Verträge auszuhandeln.Genau diese Grundlagen fehlen beim "Dritten Weg" der Kirchen. Warum sollen sie den eigenen Mitarbeiter*Innen vorenthalten werden?
... Tatsächliche Arbeitsvertragsfreiheit ist deshalb erst mit der rechtlichen Anerkennung und Garantie der Tarifautonomie erreicht worden. ..."
Die Gremien des "Dritten Weges" sind zumindest bei der katholischen Kirche auch nicht "Wirkmächtig". Jeder Beschluß muss erst durch einen Diözesanbischof "inkraft gesetzt" werden, bevor er "empfehlend wirksam" wird (Art. 7 Abs. 1 Satz 3 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes). Die Kommissionen sind also nichts anderes als "Beratungsorgane der Diözesanbischöfe" im Sinne der Bestimmungen des Can. 127 Codex Iuris Canonici - CIC). Die Bischöfe können einen Empfehlungsbeschluss inkraft setzen - müssen aber nicht. Und sie können die Regelungen über diese sogenannten "Beispruchsrechte" der Arbeitsrechtlichen Kommissionen jederzeit ändern oder die Kommission auch aufheben und stattdessen etwas anderes vorsehen.
Nun können Gewerkschaftsvertreter "am Katzentisch" der Kommission mitberaten. Eine Beteiligung der Gewerkschaften in einer Arbeitsrechtlichen Kommission ändert aber an dieser systemischen Schwäche nichts. Die beteiligte Gewerkschaft hätte weder maßgeblichen Einfluss auf die Beschlussfassung des Gremiums noch auf die Entscheidung der Diözesanbischöfe zur Inkraftsetzung eines solchen Beschlusses. Die Gewerkschaftsvertreter im bischöflichen Beratungsgremium wären lediglich "nach außen mitverantwortlich", ohne "mitentscheidend" zu sein.
Dazu gibt es nicht unerhebliche offene Fragen. Was ist etwa, wenn ver.di einen Vertreter in das Beratungsgremium entsendet, der - aus welchen Gründen auch immer - aus der Kirche ausgetreten ist. Während gleichzeitig ein "gewähltes Kommissionsmitglied" durch den Austritt aus der katholischen Kirche einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß begeht, der nach Art. 5 Abs. 2 Nr. 2a und Abs. 3 der Grundordnung zu dessen Kündigung führt?
Ver.di hat also den Grundsatzbeschluss gefasst, als säkulare Gewerkschaft nicht Bestandteil eines solchen rein innerkirchlichen Beratungsgremiums zu sein.
Siehe "Faktenblätter" hier im Blog
Wie könnten Brücken gebaut werden?
Wir können hier nicht für ver.di sprechen. Wir stellen nur fest:
a) die Kirchen befürchten offenbar einen Streik in ihren Einrichtungen (Art. 7 Abs. 2 S. 2 der Grundordnung), obwohl dieser nach dem Katechismus und der päpstlichen Soziallehre ausnahmslos - also auch in kirchlichen Einrichtungen - erlaubt wäre,
b) sie verzichten aber auf den Schutz der "tarifvertraglichen Friedenspflicht".
c) Der Gewerkschaft geht es nicht um "Streik als Selbstzweck", sondern um die Möglichkeit, gute Arbeitsbedingungen in der gesamten Branche zu sichern.
d) Wäre es da nicht möglich, eine "Grundlagenvereinbarung" zwischen der Gewerkschaft und der Kirche zu schließen, in der einerseits die Anwendung der Vergütungstarife, Arbeitszeitregelungen u.a. maßgeblicher Regularien aus dem TVöD im kirchlichen Bereich vereinbart wird - auch als Grundlage für eine "Allgemeinverbindlichkeitserklärung nach TVG" -, und die Gewerkschaft andererseits entsprechend der "tarifvertraglichen Friedenspflicht" während der Geltung dieser "Grundlagenvereinbarung" auf die Ausübung des Streikrechs verzichtet?
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