Samstag, 31. Dezember 2022

Emeritierter Papst Benedikt XVI. ist tot

berichtet soeben die Tagesschau:
Der frühere Papst Benedikt XVI. ist tot. Wie der Vatikan mitteilte, starb er im Alter von 95 Jahren. In den vergangenen Tagen hatte sich der Gesundheitszustand des emeritierten Kirchenoberhauptes deutlich verschlechtert.
Der 95-jährige emeritierte Papst verstarb an diesem Silvestertag morgens um 9.34 Uhr in seiner Residenz in den Vatikanischen Gärten (Radio Vatikan)
Lasst uns des Verstorbenen im Gebet gedenken

Freitag, 30. Dezember 2022

So einfach wird die Kreuznacher Diakonie aus der Nummer nicht rauskommen

kommentiert heute um 16:00 Uhr der Saarländische Rundfunk die Geschehnisse:
Da haben die Beschäftigten in Saarbrücken im September erfahren, dass ihr Krankenhaus innerhalb der kommenden sechs Monate geschlossen werden soll - und dann herrscht Funkstille. Bis an Heiligabend die Abschiedspost kommt. Und zwar in einer Form, die keineswegs eine Alternative innerhalb des Unternehmens anbietet, sondern jedem Angeschriebenen quasi die Pistole auf die Brust setzt.

Ein einziger Job in einer bestimmten Station einer Einrichtung in Kirn, Simmern oder Bad Kreuznach wird da angeboten. Nach dem Motto "Friss oder stirb!" weist der nächste Absatz darauf hin, dass, wenn nicht innerhalb der nächsten drei Wochen zugestimmt wird, die angeschriebene Person sich beim Arbeitsamt zu melden hat. Sonst gibt’s kein Geld mehr.

SPARSAME UNTERNEHMENSFÜHRUNG GEHT ANDERS!
Aber so einfach wird die Kreuznacher Diakonie aus der Nummer nicht rauskommen: Viele der Angeschriebenen sind schon so lange bei dem kirchlichen Träger angestellt, dass sie sechs Monate oder mehr Kündigungsschutz genießen. ...

Dienstag, 27. Dezember 2022

... eine nicht ganz so frohe Weihnachten hat die Kreuznacher Diakonie ...

etwa 150 MitarbeiterInnen des Evangelischen Krankenhauses in Saarbrücken bereitet, wie der Saarländische Rundfunk berichtet:
Etwa 150 Beschäftigte des Evangelischen Krankenhauses in Saarbrücken haben nach Informationen von Verdi an Heiligabend ihre Änderungskündigung per Einschreiben erhalten. Betroffene zeigen Fotos der Schreiben in sozialen Netzen.
Weitere Quelle: Saarbrücker Zeitung - Mitarbeiter-Kündigung kommt Heiligabend – Kritik von Verdi und FDP an Kreuznacher Diakonie
(über die Umtriebe der Kreuznacher Diakonie haben wir bereits mehrfach berichtet)

Dazu die Aussage eines MAV-Mitgliedes, bei Facebook wiedergegeben:
Ich kann dazu nichts mehr sagen. Die haben sowas von jeglicher Moral und jedglichem Anstand und Nächstenliebe verloren ... Mir tut das für meine KellgInnen unheimlich leid und es tut mir wehr !!!!
(zitiert von Monika Schneider).

Abgesehen von der Stillosigkeit einer kirchlichen Einrichtung, solche Kündigungen an Weihnachten zustellen zu lassen:
die Einrichtungen der evangelischen Kirche und Diakonie unterlegen nicht dem Betriebsverfassungsgesetz und den Personalvertretungsgesetzen, wenn sie "caritativ", also selbstlos und uneigennützig tätig sind. Für solche Einrichtungen gilt dann das Mitarbeitervertretungsgesetz (MVG) der evangelischen Kirche.
Die kirchlichen Regelungen zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass sie weit weniger Mitbestimmungsmöglichkeiten eröffnen als die einschlägigen staatlichen Regelungen. Das wird auch damit begründet, dass solche kirchlichen Einrichtungen ja nicht (markt)wirtschaftlich tätig sind sondern caritativ, und daher ein entsprechender Schutz für die Beschäftigten gar nicht so erforderlich sei.

Freitag, 23. Dezember 2022

Hochschwanger auf der Suche nach einer Herberge

was vor gut 2.000 Jahren wohl eine Ausnahmesituation in Folge einer Volkszählung war, scheint heute fast schon zur "Normalität" zu gehören - oder wie sollen wir die aktuelle Flüchtlingssituation für ukrainische Mütter, im Mittelmeer oder auch anderen Weltregionen wie an der Grenze zwischen Mexico und den USA anders bezeichnen? Wird die Flucht vor Armut, Hunger, Kälte und Krieg dieses Jahrhundert auf Dauer prägen?
Haben damals die Hirten zu dem Paar geschaut, das da auf der Suche nach einer Herberge war? Oder haben die Hirten weggesehen, um nicht doch noch zur Hilfe genötigt zu werden? Und wer hat den Fremden dann den Stall gezeigt?

Dienstag, 20. Dezember 2022

§ Breaking news - BAG: Verjährung von Urlaubsansprüchen

das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat erwartungsgemäß *) entschieden:
Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährung. Allerdings beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Quelle und mehr: Pressemitteilung des BAG Nr. 48/22 zum Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20 –


weitere Quellen:
Frankfurter Rundschau: Grundsatzurteil gefällt: Resturlaub darf nicht einfach verfallen
n-tv: Offene Urlaubsansprüche nicht automatisch weg
Süddeutsche Zeitung - Bundesarbeitsgericht: Urlaub verjährt nicht
Tagesschau: Urlaub verjährt nicht automatisch
ZDF HEUTE: Urlaub verjährt nicht automatisch
ZEIT ONLINE: Urlaub verjährt laut Urteil nicht automatisch nach drei Jahren

Anmerkung
über die Vorabentscheidung des EuGH hatten wir bereits im September informiert

Linke Gewerkschafter feiern den Papst

berichtete gestern das DOMRADIO (Köln). Demnach forderte der Papst die Gewerkschafter zudem auf, sich auch für die Interessen der benachteiligten Nichtmitglieder einzusetzen - also das gewerkschaftliche Engagement für alle Beschäftigten und nicht nur für die Gewerkschaftsmitglieder auszuüben *):
Rund 5.000 Mitglieder des linken Gewerkschaftsbunds CGIL haben den Papst gefeiert. ...

Bei der Begegnung in der vatikanischen Audienzhalle jubelten die Arbeitervertreter, von denen viele aus dem kommunistischen Spektrum der italienischen Politik stammen, dem Papst bei einer Rede zu, die er mit dem Satz begann: "Es gibt keine Gewerkschaft ohne Arbeiter, und es gibt keine freien Arbeiter ohne Gewerkschaften!"

In seiner immer wieder von Beifall unterbrochenen Ansprache sagte der Papst, die Erwartung, dass der technologische Fortschritt zu mehr Gerechtigkeit führen würde, sei enttäuscht worden. Man müsse wieder den Wert der Arbeit zum Ausgangspunkt nehmen, wie er dies in seinen Enzykliken "Laudato si" und "Fratelli tutti" getan habe.
...
Ausdrücklich forderte der Papst die Gewerkschafter auf, sich auch für die Interessen jener Benachteiligten einzusetzen, die "nicht Mitglieder sind, weil sie das Vertrauen verloren haben".

Große Friedensdemonstration in Rom

Am Ende seiner Rede bat der Papst die Versammelten, von denen viele keine praktizierenden Katholiken waren: "Falls ihr könnt, betet für mich!" Zu Beginn seiner Ansprache hatte Franziskus den Gewerkschaftsvorsitzenden Maurizio Landini (61) nach einer kämpferischen Begrüßungsrede gelobt und ihm unter großem Gelächter bescheinigt: "Er ist ein guter Junge."

Landini hatte davon geschwärmt, dass er bei der großen Friedensdemonstration in Rom am 5. November mit großer Freude "neben den roten Fahnen der CGIL auch jene der katholischen Vereinigungen" gesehen habe. "Dieser wunderschöne Tag hat gezeigt, dass wir - die Kirchenfernen und die Katholiken - zusammenarbeiten können, um eine Gesellschaft zu verändern, die auf Konkurrenz, Egoismus und Ausbeutung aufgebaut ist."

Die "Confederazione Generale Italiana del Lavoro" (CGIL) ist Italiens linker nationaler Gewerkschaftsbund; daneben gibt es auch nationale Gewerkschaftsbünde mit gemäßigt sozialdemokratischer sowie mit christdemokratischer Tradition. Bis Ende der 1990er Jahre gehörten die CGIL-Mitglieder überwiegend der kommunistischen Partei und deren Nachfolge-Organisationen an. Mit rund 5 Millionen Mitgliedern ist die CGIL der größte Gewerkschaftsdachverband in Italien. ...
Die Adventszeit ist ja die Zeit der frohen Erwartung und Hoffnung. Ob wir auf eine ähnliche Szene in Deutschland hoffen können? Da steht wohl die unkatholische, historisch schwer belastete Idee der "Dienstgemeinschaft" mit dem "Dritten Weg" dagegen.

Sonntag, 18. Dezember 2022

Sonntagsnotizen - Glaubwürdigkeitskrise

Wenn Bischof Bätzing feststellt:
Kirche erlebt eine tiefe Glaubwürdigkeitskrise
dann hat er schlicht und einfach recht. Es ist so wie er sagt:
"Das haben wir selbst zum Großteil verschuldet, durch Skandale, vor allem den Missbrauch an Kindern und jungen Menschen."
*)

Diese Krise der Kirche auf die angesprochenen Punkte zu begrenzen, reicht aber nicht aus. Es sei denn, man nimmt den seit Jahrzehnten und schon in der Würzburger Synode beklagten fortwirkenden Skandal mit unter den Begriff der Skandale:
1. EIN FORTWIRKENDER SKANDAL

Diese beklagenswerte Tatsache findet ihren beredten Ausdruck in dem weltbekannt gewordenen Wort Pius’ XL zu Cardijn, worin der Papst es als den großen Skandal des 19. Jahrhunderts beklagt, daß die Kirche die Arbeiterschaft verloren habe.

Warum das so entstanden ist, hat die Würzburger Synode in einer historischen Exegese analysiert (Punkt 1.6. Neuerliches Versagen) - wenngleich es dieser distanzierten analytischen Betrachtung etwas an Herzblut fehlt. Auch wir haben in unserem Beitrag vom 29. Oktober 2013 den Fokus auf die historische Entwicklung gerichtet. Wir haben darüber hinaus aber auch den Widerspruch zwischen der verkündeten Lehre, insbesondere den päpstlichen Vorgaben, und der Realität des Arbeitsrechts unserer deutschen Kirche deutlich gemacht.
Dieser Widerspruch ist es letztendlich, der die Glaubwürdigkeit unserer Kirche bei der überwiegenden Mehrheit der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer in Frage stellt. Und für die Realität des Arbeitsrechts unserer deutschen Kirche kann es auch keine theologische Begründung geben. Denn die päpstlichen Sozialenzykliken, der Katechismus (2431 ff, insbes. 2435) und das universelle Kirchenrecht (can. 1286 CIC) beruhen auf theologischer Grundlage. Dann ist eine entgegenstehende Regelung ohne theologische Begründung und muss als "unkatholisch" verworfen werden.

Man kann die "tiefe Glaubwürdigkeitskrise" unserer Kirche erkennen und bedauern - etwas dagegen zu tun, Konsequenzen zu ziehen, dazu braucht es dann offenbar mehr als nur die Klage über die Erkenntnis.

*) Weitere Quellen:
(das Original-Interview beim "Focus" haben wir nicht online gefunden)
Domradio
Frankfurter Neue Presse

Samstag, 17. Dezember 2022

DGB-Jugend zum kirchlichen Arbeitsrecht:

Engel brauchen keine Mitbestimmung. Wir schon! Weg mit dem kirchlichen Arbeitsrecht!

Das kirchliche Arbeitsrecht ⛪️ mit seinen #Beschränkungen der #Tarifautonomie und in der #Mitbestimmung gilt für rund 800.000 Arbeitnehmer*innen in Deutschland. Die deutschen katholischen #Bischöfe haben sich nun auf #Reformen verständigt. Reichen die? Nein! Auch mit #Neuerungen mag das kirchliche Arbeitsrecht für Engel angemessen sein. 👼 Aber nicht für uns!

🚫 Noch immer keine Gleichstellung der Mitbestimmungsrechte an das weltliche Arbeitsrecht.

🚫 Keine Tarifverhandlungen auf Augenhöhe.

🚫 Keine Anerkennung des Grundrechts von Beschäftigten auf Streik.

🚫 Keine Unternehmensmitbestimmung unter Beteiligung der Beschäftigten.

Wir stellen den kirchlichen und diakonischen Auftrag nicht in Frage, wir bestehen aber darauf, dass jenen, die ihn ausführen, nicht ihre Arbeitnehmer*innenrechte genommen werden. „Die Bischöfe […] reagieren nur nach massivem öffentlichen Druck und dann auch nur mit minimalen Verbesserungen“, sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Klar ist: Die Bundesregierung kann nicht länger dulden, dass unter dem Dach der Kirche in erheblichem Ausmaße Unrecht geschieht!

#kirchlichesarbeitsrecht #arbeitsrecht #gegendiskriminierung #gewerkschaft #gewerkschaftsjugend #dgbjugend Weniger anzeigen
Quelle: Facebook

Freitag, 16. Dezember 2022

§ EuGH-Entscheidung: Niedrigerer Lohn für Leiharbeiter muss ausgeglichen werden

berichtete gestern der SPIEGEL:
Wer auf Leihbasis arbeitet, bleibt im Vergleich mit Festangestellten schlechter gestellt. Der Unterschied darf aber nicht zu krass ausfallen, wie der EuGH jetzt entschied.

Die Problematik ist auch in kirchlichen Einrichtungen bekannt: personelle Lücken werden durch Leiharbeitnehmer ausgeglichen, die nicht mehr Personalkosten verursachen sollen als die eigenen MitarbeiterInnen. Die Leiharbeitsfirma will aber auch noch etwas verdienen. Daher werden solche Leiharbeitnehmer regelmäßig schlechter bezahlt als das eigene Personal. Das ist nicht rechtmäßig, wie jetzt der EuGH bestätigt hat:
Leiharbeiter dürfen nur dann schlechter bezahlt werden als Stammbeschäftigte, wenn diese Ungleichbehandlung im Tarifvertrag in etwa ausgeglichen wird. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg (Rechtssache C-311721).
...
Der EuGH stellte dafür nun klare Regeln auf: Wenn ein Tarifvertrag einen niedrigeren Lohn für Leiharbeiter vorsieht, müssen ihnen zum Ausgleich andere wesentliche Vorteile gewährt werden. Das könnte zum Beispiel zusätzliche Freizeit sein. Andernfalls wären Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter nicht gut genug geschützt.
...

Pressemitteilung Nr. 200/22 des EuGH

Weitere Quellen:
LTO.de - Legal Tribune Online - Aktuelles aus Recht und Justiz
MDR aktuell
N-TV
Der EuGH betonte außerdem, dass es möglich sein muss, solche Tarifverträge gerichtlich zu überprüfen.
...
Der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister und der Interessenverband der Zeitarbeitsunternehmen erklärten nach dem EuGH-Urteil, nun sei es am Bundesarbeitsgericht, "sich schützend vor die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie zu stellen und die Gestaltung von Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge in der Zeitarbeit auch zukünftig zu ermöglichen, und zwar rechtssicher, praktikabel und attraktiv."
(die wollen also vom BAG Hilfe bei der Weiterführung von Lohndumping)
Tagesschau
ZEIT online

Über die im Juli d.J. gestellten Schlußanträge des Generalanwalts berichteten:
Aktuelle Sozialplitik - Blog von Prof. Stefan Sell
Beck Aktuell
Haufe.de

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Neues Arbeitsrecht: Liebe wird für Kirche zur Privatsache

berichtet heute der Bayerische Rundfunk zur neu gefassten Grundordnung und zitiert unter anderem:
... Die Präsidentin des Deutschen Caritas-Verbandes, des bundesweit größten katholischen Arbeitgebers, Eva Maria Welskop-Deffaa, sprach von einem "Paradigmenwechsel" und einer überfälligen Reform.

Ähnlich bewertete das der Verdi-Fachbereichsleiter für Gesundheits- und Sozialpolitik in Bayern, Robert Hinke. Allerdings übt der Gewerkschaftsvertreter auch Kritik. Die katholische Kirche habe endlich auf den Druck aus der Gesellschaft und der eigenen Kirchenbasis reagiert, so Hinke. Daher dränge sich auch nicht gerade der Eindruck auf, als würde die Kirche sich aus Eigeninitiative reformieren, kritisiert der Gewerkschafter. Auch der Kirchenrechtler Thomas Schüller betonte, die katholischen Bischöfe seien "Getriebene der staatlichen Arbeitsgerichte, die ihnen die bisherigen Instrumente der arbeitsrechtlichen Sanktionierung, insbesondere mit Blick auf die persönliche Lebensführung längst aus der Hand geschlagen haben".

Mittwoch, 14. Dezember 2022

Umsetzung der neuen Grundordnung - Hildesheim und Paderborn

Bereits die letzte Neufassung der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" (GrO) hat zu Problemen bei der Umsetzung geführt (wir berichteten am 1. August 2015).
In den Medien wurde nun darüber spekuliert, dass die Umsetzung der Ende November von den deutschen Bischöfen mehrheitlich beschlossenen neu formulierten Grundordnung im einen oder anderen Bistum nicht erfolgen würde. Einige Bistümer - wir berichteten - haben schon die Übernahme der Neufassung zugesagt.Wir blicken daher "zwischendurch" auf die einzelnen Bistümer und melden, wenn eine Erklärung zur Umsetzung erfolgt.
Heute: Hildesheim
Im Bistum Hildesheim gilt neues Arbeitsrecht ab Januar
Neuordnung ab kommendem Jahr
Im Bistum Hildesheim gilt das neue kirchliche Arbeitsrecht ab kommendem Jahr. Wie die Diözese mitteilte, wird Bischof Heiner Wilmer die reformierte Grundordnung zum 1. Januar 2023 in Kraft setzen.
...
und Paderborn
Neues Arbeitsrecht gilt im Erzbistum Paderborn vorläufig
Neuer Erzbischof entscheidet final
Das neue Arbeitsrecht der katholischen Kirche in Deutschland wird im Erzbistum Paderborn ab Januar zunächst vorläufig angewendet. Dies gilt solange, bis ein neuer Erzbischof abschließend über die Umsetzung entschieden hat.
...

Dienstag, 13. Dezember 2022

Notstand in Kinderkliniken - längst angekündigt

die ZEIT ONLINE weist aktuell auf die extreme Situation in den Kinderkliniken hin:
Die Betten stauen sich auf den Gängen
Die Notlage der Kliniken zeigt: Die Finanzierung der Pädiatrie funktioniert nicht mehr. Die Fallpauschale bringt auch das Berliner St. Joseph Klinikum ans Limit.

...

Ver.di warnt schon seit Jahren vor den Problemen, die u.a. durch die Fallpauschalen begründet sind. Hintergrund ist die betriebswirtschaftlich geprägte Betrachtungsweise der Ökonomen, die seit Jahren in der gesamten Pflegebranche zunehmende Probleme verursacht. Man kann halt Menschenrechte wie die Gesundheit nicht von marktwirtschaftlichen Kriterien abhängig machen.
Was nun due Kinderkliniken betrifft:
Wir haben auf unserer Unterseite "Krankenhäuser" erst kürzlich die Entwicklung exemplarisch für andere Pflegebereiche nachgezeichnet.

Montag, 12. Dezember 2022

Arbeitszeiterfassung für ALLE Arbeitnehmer - auch bei Kirchen

Wie u.a. n-tv berichtet (vgl. z.B. auch der SPIEGEL online), muss die Arbeitszeit "ab sofort erfasst werden"
Jede zweite Überstunde wird nicht bezahlt. Das Bundesarbeitsgericht verpflichtet immerhin alle Arbeitgeber, die Arbeitszeiten zu protokollieren. Die Bundesregierung will sich nun beeilen, ihren Gesetzentwurf vorzulegen. Der wäre allerdings gar nicht nötig - die Pflicht gilt bereits.

Seitdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 13. September seinen Beschluss zur Arbeitszeiterfassung verkündet hatte, wurde bundesweit diskutiert und spekuliert. Nun haben die Erfurter Richter ihre schriftlichen Entscheidungsgründe veröffentlicht. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten:

Samstag, 10. Dezember 2022

Ende der Sonderrechte der Kirche?

berichtet heute die Frankfurter Rundschau und führt dazu aus:
Keine extra Vorschriften zur Lebensweise von Angestellten

...
Der Antidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman allerdings reicht die Grundordnung nicht aus. Beschäftigte seien auch nach dem neuen Recht „leider noch nicht umfassend vor Diskriminierungen geschützt“, sagt sie. So könne eine Krankenschwester in einer katholischen Klinik „immer noch ihren Job verlieren, wenn sie aus persönlichen Gründen aus der Kirche austritt“. Tatsächlich droht die Grundordnung in der Regel mit Entlassung, wenn Mitarbeitende die Kirche verlassen. Hier verlangt Ataman Differenzierung: Kirchen sollen ihren Beschäftigten nur noch bei Jobs im „engsten Verkündigungsbereich“ Vorschriften zu Lebensweise und Mitgliedschaft machen dürfen. Dazu müsse die Kirchenklausel im AGG verschärft werden.

Kirche und Arbeit: „Schutz Einzelner vor Diskriminierung ins Zentrum gerückt.“

Die Bundesbeauftragte sieht den EuGH auf ihrer Seite. Der hatte tatsächlich schon im Fall des Düsseldorfer Chefarztes 2018 entschieden, dass die Kirche religiösen Gehorsam (hier: vor der Unauflöslichkeit der Ehe) nur dann verlangen dürfe, wenn das „wesentlich“ sei für die konkrete Berufstätigkeit. Das müssten die Gerichte überprüfen können. Worauf das Bundesarbeitsgericht damals entschied: Nein, für einen Chefarzt sei der Familienstand nicht relevant, seine Entlassung somit diskriminierend. Ähnlich im Fall der Sozialpädagogin Egenberger: Auch hier entschied Luxemburg, die verlangte Kirchenmitgliedschaft müsse „wesentlich“ für den konkreten Job und das gerichtlich überprüfbar sein.
...
wir fragen uns schon lange, wieso die freie Entscheidung der Kirchen zur Anwendung des regulären Arbeitsvertragsrechts dazu führen soll, dass die so begründeten Arbeitsverhältnisse eine "eigene (interne) Angelegenheit" der Kirchen sind;
wir fragen uns schon lange, wieso für diese Arbeitsverhältnisse nicht die Schranken des für alle geltenden Gesetzes gelten sollen,
wir fragen uns schon lange, woher die Kirche - entgegen Artikel 1 des Reichskonkordats, das nach Art. 123 Abs. 2 Grundgesetz weiter gültig ist - die Rechtsetzungskompetenz für Personen nimmt, die der Kirche gar nicht angehören.

Heute ist Tag der Menschenrechte. Das Wimmelbild zum Jubiläum der Menschenrechtserklärung stammt von Amnesty International ch. Auf der Vorderseite hat der Illustrator Detlef Surrey die 30 Artikel der Erklärung in ein Bild gepackt. Und auf der Rückseite können Sie Wort für Wort nachlesen, was in diesem berühmten Dokument steht.

Donnerstag, 8. Dezember 2022

KIRCHENPOLITISCHE ZWISCHENBILANZ NACH EINEM JAHR ROT-GRÜN-GELB

dazu berichtet katholisch.de in einem umfassenden Streifzug durch die unterschiedlichsten Betätigungsfelder unter anderem:
Die Ampelkoalition und die Kirchen: Eine schwierige Beziehung

...
Auch die jüngst beschlossene neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes, innerkirchlich teilweise durchaus als Meilenstein angesehen, wurde von der Ampel eher kühl aufgenommen. Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, betonte zwar, dass die neue Grundordnung "in einigen Bereichen in die richtige Richtung“ gehe. Allerdings halte sie es nach wie vor für problematisch, dass Mitarbeitende auch im verkündigungsfernen Bereich gekündigt werden könnten, wenn sie aus der Kirche austräten. "Ich würde mir wünschen, dass Menschen, die bei den Kirchen arbeiten, die gleichen Rechte und Pflichten haben wie diejenigen, die in der privaten Wirtschaft oder bei öffentlichen Arbeitgeber*innen arbeiten", so Ataman, die in diesem Zusammenhang auch die Kirchenklausel im Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz in Frage stellte. Es sei "nicht in Ordnung, dass eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmenden wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften für zulässig erklärt" werde.
...

Mittwoch, 7. Dezember 2022

Oh mei - der Reichold halt wieder (zur Reform der Grundordnung);

der profitiert mit der von ihm gegründeten "Forschungsstelle für kirchliches Arbeitsrecht" nicht nur von der Existenz dieses speziellen (Un-)Rechtsgebietes, sondern auch von weiteren Streitigkleiten in diesem Bereich. Als Berater wirkte er an der Entstehung der Reform der Grundordnung mit:
Fragen an den Tübinger Arbeitsrechtler Hermann Reichold.

...

Frage
: Auch die "Propagierung von Abtreibung" wird als Grund für Sanktionen genannt. Wie unterscheidet man eine zulässige Meinungsäußerung von einer "Propagierung"?

Reichold: Da gibt es tatsächlich noch Unschärfen. Ich bin aber überzeugt davon, dass ...
Quelle: katholisch.de

Mittwoch, 30. November 2022

Bischof Hanke (Eichstätt) zur Reform der Grundordnung

In einem Bericht des Domradio (Köln) wird Bischof Hanke dazu wie folgt zitiert:
...
Arbeitsrecht ließ sich nicht mehr anders gestalten

Das jüngst verabschiedete, neue kirchliche Arbeitsrecht sieht Hanke nüchtern. Für die Kirche als Arbeitgeberin im sozialen, caritativen, pädagogischen und administrativen Bereich mit rund 800.000 Arbeitsplätzen lasse sich der Rahmen "wohl nicht mehr anders gestalten", sagte er. Für ihn steht aber auch fest, dass in den Einrichtungen viele engagierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gute Arbeit leisteten und deren Atmosphäre prägten, selbst wenn sie nicht aus der Kirche oder aus der Mitte der Kirche kämen.

Nach den Worten des Bischofs sind Veränderungen des kirchlichen Arbeitsrechts in relativ kurzen Abständen notwendig geworden. "Als Kirche werden wir kleiner, von den Mitgliedern her, von der äußeren Gestalt her." Irgendwann stelle sich dann aber auch die Frage, ob das breite Spektrum kirchlicher Einrichtungen bleiben könne und solle. Die Kirche sei schließlich keine bloße Unternehmerin mit ethischem Profil, gab Hanke zu bedenken.

Als Bruch empfinde er im neuen Arbeitsrecht die "rechtlich zugesprochene Privatisierung des Lebenszeugnisses" für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verkündigungsbereich, erklärte der Bischof. Er sehe zwar das Anliegen, bisherige Inkonsequenzen und Heimlichtuerei zu unterlassen: "Aber ist es nicht so, dass mich eine kirchliche Beauftragung oder Sendung entprivatisiert und mich ganz in Dienst nimmt?" Das nunmehr für den Verkündigungsbereich geltende Arbeitsrecht sehe dies anders. Ein bischöflicher Mitbruder habe übrigens die Frage gestellt, ob mit diesem Schritt nicht die innerkirchliche Selbstsäkularisierung vorangetrieben werde.
Mir scheint, dem bischöflichen Mitbruder fehlt der Blick "über den Tellerrand" - in mehrfacher Hinsicht:
1. Bereits jenseits der deutschen Grenzen wird der "Dritte Weg" der deutschen Kirche nicht verstanden. Schon in Österreich gilt für die Kirchen das staatliche Arbeitsrecht uneingeschränkt. Und die Katholiken und Kirchengemeinden in Salzburg oder Kufstein sind nicht weniger katholisch als die in Freilassing oder Kiefersfelden.
2. Die Kirchen können selbst darüber (Zitat) "befinden, welche Dienste es in ihren Einrichtungen geben soll und in welchen Rechtsformen sie wahrzunehmen sind. Die Kirchen können sich dabei auch der Privatautonomie bedienen, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen und zu regeln. Auf dieses findet das staatliche Arbeitsrecht Anwendung ..." (Zitat Ende), also in Folge einer Entscheidung der Kirchen für Arbeitsverträge, einer Rechtswahl - wie das Bundesverfassungsgericht bereits am 04.06.1985 entschieden hat (-- 2 BvR 1703, 1718/83 und 856/84 -- BVerfGE 70, 138 (138)BVerfGE 70, 138 (139))
3. Den Kirchen fehlt jede Rechtsetzungsbefugnis für Personen, die ihr nicht angehören (3. Leitsatz bei Bundesverfassungsgericht vom 14.12.1965 - - 1 BvR 413/60 - (-- BVerfGE 19, 206 --)) und
4. Das universelle Kircherecht (can. 1286 CIC) verpflichtet die kirchlichen Vermögensverwalter, das weltliche Arbeits- und Sozialrecht genauestens einzuhalten - ausdrücklich unter Hinweis auf die Vorgaben der eigenen Soziallehre, die beständig unter anderem auf das Gewerkschaftsprinzip und die vollständige Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer verweist (Mater et Magistra, Laborem exercens ....) - für entgegenstehende Regelungen besteht also kein Raum.
5. Warum sollte sich Gott nicht auch der Nichtkatholiken und der staatlich bereit gestellten Werkzeuge bedienen, um sein Wirken in der Welt zu unterstützen?

e.s.

Dienstag, 29. November 2022

Strukturreform im Erzbistum Köln weitgehend entschieden

berichteten das Domradio und katholisch.de und katholisch.de führte aus:
...
Nun startet laut Erzbistum ein mehrjähriger und individuell vor Ort anzupassender Entwicklungsprozess in drei Phasen. In den territorial neu festgelegten Einheiten sollen sich die bisher dort tätigen Pfarrer und Seelsorgeteams zunächst untereinander kennenlernen und erste Abstimmungen vornehmen. In einer zweiten Phase solle es einen gemeinsamen Pfarrer und ein gemeinsam ernanntes Pastoralteam geben. In der dritten Phase werde ein Kirchengemeindeverband errichtet oder es würden alle bestehenden Kirchengemeinden zu einer Kirchengemeinde fusioniert. Mit dem Vorgehen modifiziert das mitgliederstärkste deutsche Bistum ursprüngliche Pläne Woelkis, 50 bis 60 Großpfarreien zu bilden. Diese Festlegung rechtlicher Strukturen war an der Kirchenbasis auf heftige Kritik gestoßen. (KNA)
fällt da was auf? Nein?

Frage:
HausmeisterInnen und KüsterInnen, KirchenmusikerInnen, Reinigungskräfte, Verwaltungspersonal (Leitungen, Buchhaltungskräfte, PfarrsekretärInnen) - sind diese Menschen alle im "Pastoralteam" mit erfasst, oder gibt es solche Arbeitskräfte im Erzbistum Köln gar nicht?

Das Domradio nimmt wenigstens noch an, dass es da irgendwie eine Verwaltung geben müsste:
...
eine dritte Entwicklungsphase, die durch die Errichtung eines gemeinsamen Kirchengemeindeverbandes oder der Fusion aller in der Pastoralen Einheit bestehenden Kirchengemeinden zu einer Kirchengemeinde gekennzeichnet ist. Dadurch kann die Pastorale Einheit die Verwaltung der einzelnen Kirchengemeinden und Seelsorgebereiche unterstützen und erleichtern.

Montag, 28. November 2022

Bayerische FDP will strikte Trennung von Staat und Kirche - eigenes Arbeitsrecht streichen

berichtete das Domradio (Köln)
"Den gesellschaftlichen Realitäten Rechnung tragen"
Die Kirchen haben in Deutschland viele Sonderrechte, wie das Erheben von Kirchensteuern, die Besetzung von Lehrstühlen oder ein eigenes Arbeitsrecht. Wenn es nach der FDP in Bayern geht, sollen diese Rechte gestrichen werden.
...

Freitag, 25. November 2022

Antidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman will Sonderrechte für kirchliche Arbeitgeber weiter beschneiden

Wie der SPIEGEL berichtet, reichen der Bundesantidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman die Lockerungen durch die Neufassung der Grundordnung nicht:
Die sogenannte Kirchenklausel im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) müsse geändert werden, sagte sie am Mittwoch in Berlin. »Anforderungen an die Religionszugehörigkeit oder an die Lebensweise von Mitarbeitenden sollte es zukünftig nur noch im engsten Verkündungsbereich geben.« Der Artikel regelt eine »zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung«.
Quelle 1; Quelle 2;
Auch die ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (Huk) kritisierte die neue Grundordnung als unzureichend. »Es bleibt ein Rätsel, warum die Bischöfe Trans*- und Inter*-Personen explizit nicht den versprochenen Schutz zusagen«, sagte Sprecher Thomas Pöschl. Er sprach von einem »gravierenden Defizit«.
berichtet der SPIEGEL selbst weiter.
Das ist nicht überraschend. Die Deutsche Welle veröffentlichte schon im August den Hinweis auf Ataman's Jahresbericht:
Ferda Ataman mahnt Regierung zu mehr Minderheitenschutz

Felix Neumann analysioert auf Katholisch.de die entsprechenden Passagen und meint dazu:
...
Sind trans Personen immer noch außen vor? Ist sexuelle Identität gleich geschlechtliche Identität?

Transgeschlechtlichkeit wird weder in der Grundordnung noch in den Bischöflichen Erläuterungen explizit erwähnt. Vor allem eine Regelung der neuen Grundordnung wird von der LSBTIQ-Community ausgesprochen kritisch betrachtet: "Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen ist eine Bereicherung. Alle Mitarbeitenden können unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein. Vorausgesetzt werden eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums und die Bereitschaft, den christlichen Charakter der Einrichtung zu achten und dazu beizutragen, ihn im eigenen Aufgabenfeld zur Geltung zu bringen." (Art. 3 Abs. 2 GO)

Im zweiten Satz werden die Merkmale aufgezählt, die auch im staatlichen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannt sind. Bei der Gesetzgebung wurde unter der Bezeichnung "sexuelle Identität" zwar auch Trans- und Intergeschlechtlichkeit verstanden. Im Zuge der Rechtsentwicklung durch die Auslegung durch die Gerichte, insbesondere durch den Europäischen Gerichtshof, hat sich die Auslegung aber dahingehend verschoben, dass Trans- und Intergeschlechtlichkeit als Aspekt des Merkmals "Geschlecht" gefasst wird, während "sexuelle Identität" enggeführt wird auf sexuelle Orientierung. Da aber das lehramtliche katholische Geschlechterverständnis von einer strikten Zweigeschlechtlichkeit ausgeht, ist fraglich, ob man diese Passage völlig in Analogie zum weltlichen AGG auslegen kann. In diesem Fall wären auch Transmenschen eingeschlossen. Wenn man aber "Geschlecht" wie das Lehramt auslegen muss, dann wären sie gerade nicht geschützt. Der Begriff, der eindeutig auch Trans- und Intergeschlechtlichkeit umfasst, wäre "geschlechtliche Identität".

Im Vergleich zum AGG ist bei der Aufzählung in der Grundordnung noch der Begriff "Lebensform" hinzugekommen, der aber nicht definiert und erläutert wird. Ob damit nur Ehen und Partnerschaften gemeint sind oder auch Ausdrücke geschlechtlicher Identität, muss sich im Zuge der Rechtsanwendung durch Gerichte und Arbeitgeber erst zeigen.

...

Donnerstag, 24. November 2022

Weitere Pressemeldungen und erste Kommentierungen zur Neufassung der Grundordnung

Die Neufassung der Grundordnung hat zu einigen Pressemeldungen geführt - aber außerhalb der kirchlichen Medien keine "Meldungswelle" ausgelöst. Wir dokumentieren exemplarisch einige Pressemeldungen.

1. Kirchliche Medien:
1.1. Radio Vatikan:
Deutsche Bischöfe beschließen neues kirchliches Arbeitsrecht
„Neues Arbeitsrecht Beitrag zu einer Kirche ohne Angst“
Neues Arbeitsrecht „überfällig“ und „Paradigmenwechsel" (Zusammenfassung anderer Meldungen)
Arbeitsrechtsreform wird vielfach umgesetzt

1.2. Domradio:
So bald wie möglich umsetzen (Bericht aus Hamburg)
Keine Angst mehr vor Kündigung (mit Hinweis auf einzelne kritische Stimmen)

1.3. katholisch.de:
Arbeitsrecht: Kirche sanktioniert private Lebensführung nicht mehr
"Überfälliger Schritt", "Teilerfolg": Stimmen zum neuen Arbeitsrecht
Immer mehr Bistümer kündigen Umsetzung von neuem Arbeitsrecht an

1.4. Kirche und Leben:
Bischöfe beschließen neues Arbeitsrecht - Privatleben bleibt privat
Bischof Felix Genn: Bistum Münster wird neues Arbeitsrecht einführen
Viel Erleichterung – Queere Katholiken sehen aber nur „Teilerfolg“
#OutInChurch: Kein Ende der Willkür im katholischen Arbeitsrecht

1.5. und als "Schmankerl" das schon bisher durch extremistische Aussagen aufgefallene kath.net (eine privat betriebene Agentur selbst ernannter Rechtgläubiger aus Österreich):
Callboys, Nutten und Drogenjunkies - Wie wärs mit einem (Neben)job in der ‚deutschen Kirche‘?

2. Säkulare Medien:
BUND-Verlag:
Reform des kirchlichen Arbeitsrechts

Münchner Merkur
Bischöfe ändern kirchliches Arbeitsrecht
„Der Teufel steckt im Detail“: Neues Arbeitsrecht

Der SPIEGEL:
Wiederheirat und gleichgeschlechtliche Ehe führen nicht mehr zur Kündigung
One Love, two Love – die katholische Kirche erlaubt's! – Immerhin fähig zu Reformen beim Arbeitsrecht?

Süddeutsche Zeitung:
Bischöfe ändern kirchliches Arbeitsrecht
Neues Arbeitsrecht: Reformbewegungen sehen "Teilerfolg"
"Der Teufel steckt im Detail": Neues Arbeitsrecht
Homosexuelle kritisieren Arbeitsrecht in katholischer Kirche

WELT:
Das kann ein Aufbruch zu einer neuen Kirche sein (Kommentar)

ZDF - heute:
Angstfrei arbeiten in der katholischen Kirche (Kommentar)



Soweit ersichtlich wird an folgenden allgemeinen Regelungen Kritik geübt:
Was als „kirchenfeindliches Verhalten" (Art. 7 Abs. 3 Grundordnung) mit einer Kündigungssanktion zu verstehen ist, bleibt nach wie vor offen. Der in der Grundordnung verwendete Begriff "insbesondere" weist darauf hin, dass es sich hier um keine abschließende sondern eine beispielhafte Auflistung handelt.
Kirchenfeindliche Betätigungen erfassen Handlungen, die öffentlich wahrnehmbar sind und sich gegen die Kirche oder deren Werteordnung richten. Hierzu zählen insbesondere
- das öffentliche Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche (z.B. die Propagierung der Abtreibung oder von Fremdenhass),
- die Herabwürdigung von katholischen Glaubensinhalten, Riten oder Gebräuchen,
- die Propagierung von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen, die im Widerspruch zu katholischen Glaubensinhalten stehen, während der Arbeitszeit oder im dienstlichen Zusammenhang, auch die Werbung für andere Religionsoder Weltanschauungsgemeinschaften
Katholisch.de schreibt dazu:
Unter den dafür aufgezählten Beispielen ist weiter das "öffentliche Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche" und in neuer Formulierung die "Herabwürdigung" statt der "Verunglimpfung" von katholischen Glaubensinhalten, Riten oder Gebräuchen. Im staatlichen Strafrecht wird von "Herabwürdigung" im Zusammenhang schon von einfachen Beleidigungen gesprochen, während das Wort "Verunglimpfung" vor allem der Schmähung des Bundespräsidenten, des Staates und seiner Symbole, aber auch des Andenkens Verstorbener vorbehalten ist. An dieser Stelle scheinen Sanktionen also früher zu drohen als im Entwurf vorgesehen.
Wenn man diesen Artikel weiter liest kommt man auch zur Ausführung:
Sicher ist, dass die Kritik von gewerkschaftlicher Seite am kirchlichen Arbeitsrecht nicht abreißen wird. Keiner der Forderungen vor allem der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die sich aber auch der Deutsche Gewerkschaftsbund zu eigen gemacht hat, wird erfüllt: Weiterhin gilt eine eigene Mitarbeitervertretungsordnung statt dem Betriebsverfassungsgesetz, weiterhin bleibt Streik tabu, weiterhin gibt es keine Tarifverträge, weiterhin keine unternehmerische Mitbestimmung. Wo es Änderungen in den Artikeln zum kollektiven Arbeitsrecht gibt, wurden lediglich in Formulierungen explizit gemacht, was ohnehin schon so praktiziert wird, etwa wenn nun ausdrücklich betont wird, dass vor kirchlichen Arbeitsgerichten allen Beteiligten ein Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt wird.
Katholisch.de verweist im Kontext also auf das kirchliche Streikverbot und die Verweigerung von Tarifverträgen (Art. 9 Abs. 3 der Grundordnung, was sich weder auf die eigene Soziallehre noch auf den Katechismus und damit auch nicht auf theologische Grundlagen stützen kann)
Streik und Aussperrung widersprechen diesem Grunderfordernis und scheiden daher aus. Kirchliche Dienstgeber schließen keine Tarifverträge mit tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen (Gewerkschaften) ab
Kann es noch so weit kommen, dass die verfassungsrechtlich garantierte gewerkschaftliche Betätigung als "kirchenfeindliches Verhalten" bezeichnet wird?

Mittwoch, 23. November 2022

Ver.di-Pressemitteilung zur Grundordnung

wie wir gestern bereits berichteten, haben die Bischöfe der katholischen Kirche in Deutschland mehrheitlich auf der Beibehaltung des eigenen Arbeitsrechts geeinigt. Ver.di hat dazu eine Medieninformation „Katholische Kirche beharrt auf diskriminierendem Arbeitsrecht - Gesetzgeber muss eingreifen“ erstellt:
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisiert die heute von der Vollversammlung der Diözesen Deutschlands beschlossene neue Grundordnung der katholischen Kirche. „Die beschlossene Reform ist völlig unzureichend. Es darf nicht länger akzeptiert werden, dass die katholische Kirche in die Lebensführung ihrer Beschäftigten eingreift, Menschen diskriminiert und ihnen weiterhin grundlegende Rechte verweigert“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Die Bischöfe scheinen in einer völlig anderen Welt zu leben als der überwiegende Teil der Bevölkerung. Sie reagieren nur nach massivem öffentlichen Druck und dann auch nur mit minimalen Verbesserungen. Die Bundesregierung kann nicht länger dulden, dass unter dem Dach der Kirche in erheblichem Ausmaße Unrecht geschieht.“

So könne Beschäftigten der katholischen Kirche oder ihres Wohlfahrtsverbandes Caritas gekündigt werden, wenn sie aus der Kirche austreten. „Glaube ist eine sehr persönliche Angelegenheit, es darf doch nicht sein, dass man als Krankenschwester im Krankenhaus oder als Erzieherin in der Kindertagestätte seine Stelle verliert, wenn man sich entscheidet, nicht mehr einer Kirche anzugehören. Schließlich gibt man bei einem Kirchenaustritt weder die berufliche Professionalität noch das Engagement ab“, so Bühler. Ein weiterer Kündigungsgrund sei sogenannte „kirchenfeindliche Betätigung“. Was gegen die Werteordnung der Kirche verstoße, lege diese selbst fest. „Es kann zum Beispiel Kündigung drohen, wenn jemand für die Abschaffung der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen demonstriert. Das ist nicht hinnehmbar“, stellte die Gewerkschafterin klar. Tarifverhandlungen auf Augenhöhe erteile die Kirchenspitze mit der neuen Grundordnung erneut eine Absage. Sie weigere sich weiterhin, das Grundrecht der Beschäftigten auf Streik anzuerkennen und bestehe auf einer schwächeren betrieblichen Mitbestimmung als im weltlichen Arbeitsrecht, auch Unternehmensmitbestimmung unter Beteiligung der Beschäftigten ist nicht in Sicht.

„Diese Realitätsverweigerung ist erstaunlich“, kritisierte Bühler. „Die rund 25.000 karitativen Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialwesen finanzieren sich fast ausschließlich aus öffentlichen Mitteln. Trotzdem dürfen die katholischen Arbeitgeber mit Billigung des Staates ihren Beschäftigten Rechte vorenthalten, die in jedem anderen Betrieb gelten. SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag die Prüfung des kirchlichen Sonderrechts vereinbart. Die Bischöfe haben erneut gewichtige Argumente für ein Eingreifen des Gesetzgebers geliefert. Die Bundesregierung muss die nötigen Konsequenzen zu ziehen.“

Quelle: Ver.di-Pressemitteilung vom 22.11.2022



Die Beschlussversion der Grundordnung vom 22.11.2022 unterscheidet sich in den für abhängig Beschäftigte wesentlichen Punkten kaum vom bekannten Entwurf (siehe auch die Stellungnahme der EXPERTENINITIATIVE RELIGIONSPOLITIK zum Entwurf). Die ausführliche gewerkschaftliche Stellungnahme zum Entwurf für eine geänderte Grundordnung steht als PDF-Download hier zur Verfügung: https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/kirchliche-betriebe/++co++116ec17a-6685-11ed-a39e-001a4a160100
Die neue Fassung der Grundordnung kann hier https://www.dbk.de/ueber-uns/verband-der-dioezesen-deutschlands-vdd/dokumente angesehen werden. Auch das Bistum Limburg hat den Entwurf veröffentlicht.
Dazu die Pressemeldung | Nr. 188 der deutschen Bischofskonferenz zur Neufassung "klick"

Dienstag, 22. November 2022

BREAKING NEWS - Grundordnung, Verpatzte Chance

wie katholisch.de soeben berichtet, ist die Neufassung der Grundordnung mehrheitlich beschlossen worden:
Die deutschen Bischöfe haben das kirchliche Arbeitsrecht mit dem Beschluss einer neuen Grundordnung des kirchlichen Dienstes grundlegend reformiert. Wie die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) am Dienstag mitteilte, hat der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) in seiner Vollversammlung die Musterordnung mit der notwendigen Mehrheit verabschiedet. Künftig soll damit der "Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre", rechtlichen Bewertungen entzogen werden, heißt es in der Grundordnung. Für eine zweite Ehe oder eine gleichgeschlechtliche Beziehung droht auch für katholische Beschäftigte nicht mehr die Kündigung. Damit die Grundordnung nun geltendes Recht wird, muss sie von den einzelnen Diözesanbischöfen für ihr Bistum als bischöfliches Gesetz in Kraft gesetzt werden. Zusammen mit der Grundordnung wurden auch "Bischöfliche Erläuterungen" veröffentlicht, die das kirchliche Arbeitsrecht theologisch begründen und Hinweise zu seiner Anwendung geben.
...

Streiks und Verhandlung von Tarifverträgen ausgeschlossen

Keine grundlegenden Veränderungen gibt es im Bereich des kollektiven Arbeitsrechts, wo die Kirche weiterhin auf den "Dritten Weg" setzt und das Betriebsverfassungsgesetz nicht anwendet. Auch künftig bleiben Streiks und die Verhandlung von Tarifverträgen also ausgeschlossen, die Kirche verzichtet auch nicht auf eigene Mitarbeitervertretungsordnungen und eine eigene kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit für das kollektive Arbeitsrecht.
(Quelle)
Die deutsche katholische Kirche bleibt also weiter auf protestantischen Pfaden. Im Widerspruch zum universellen Kirchenrecht der römisch-katholischen Kirche (can. 1286 CIC) wird weiterhin ein gewerkschaftsfeindliches eigenes Arbeitsrecht propagiert - und die im Katechismus (Nr. 2435) dokumentierte Glaubensvorgabe für katholische Mitarbeiter'Innen ausser Kraft gesetzt. Dass ein solches Streikverbot - wie das Bundesverfassungsgericht bestätigt hat - unwirksam ist (weil das verfassungsrechtlich gewährleistete Koalitionsrecht beschränkt würde), schert die Bischöfe nicht im Geringsten.

Montag, 21. November 2022

Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) berät über kirchliches Arbeitsrecht

Wie wir bereits vor einigen Tagen angekündigt haben, berät die Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) heute und morgen über die Entwicklung der Grundordnung als Basis eines eigenen, vom staatlichen Recht abweichenden "Kirchlichen Arbeitsrechts". Dass die katholische Kirche in Deutschland - entgegen can. 1286 CIC - Regelungsbefugnisse für ein eigenes Arbeitsrecht beansprucht, haben wir immer wieder beklagt. Und wir beklagen weiter, dass diese Normen entgegen den Vorgaben der eigenen Soziallehre - etwa zum Gewerkschaftsprinzip - stehen. Sie sind also "durch und durch unkatholisch".
Dennoch ist der Anspruch der Kirche erst durch die weltlichen Arbeitsgerichte "gestutzt" worden. Denn viele der Bestimmungen sind mit dem "für alle geltenden Gesetz" - etwa dem Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes - unvereinbar. Das zeigt aber auch: erst durch Druck scheint sich die Kirche zu bewegen, von sich aus ist diese Kirche zu einer eigenständigen Reform wohl nicht in der Lage. Das schreibt nun so auch katholisch.de
... bislang verknüpft die Kirche das Angestelltenverhältnis mit bestimmten Pflichten, die weit über das hinausgehen, was ein normaler Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern verlangen kann.

So durften kirchliche Angestellte, gleich ob es sich um eine Ärztin oder um einen Kirchenmusiker handelt, noch bis vor wenigen Jahren nach einer Scheidung nicht wieder zivil heiraten. Das offene Zusammenleben mit gleichgeschlechtlichen Partnern war ebenfalls nicht gestattet – sofern das, wie es im derzeit noch gültigen kirchlichen Arbeitsrecht heißt, Anlass zu einem "erheblichen Ärgernis im beruflichen Wirkungskreis" gab. Denn dabei handelt es sich aus Sicht der Kirche um "schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlungen".

In Doppelmoral eingerichtet

Diese Auflagen führten dazu, dass sich viele kirchliche Angestellte in einer Doppelmoral einrichteten: Hier wurde eine homosexuelle Partnerschaft heimlich gelebt, da eine zweite Ehe nicht vor dem Standesamt beglaubigt. Und wenn es dann doch "herauskam", reagierte der kirchliche Arbeitgeber oft mit einer Kündigung. Etliche solcher Fälle landeten vor dem Arbeitsgericht, meist von kritischen Medienberichten begleitet. Und vor Gericht bekam die Kirche immer seltener Recht – insbesondere dann, wenn die Fälle bis vor europäische Instanzen gingen.
...
Die Reformbereitschaft "unter Druck" endet dann freilich auch, wenn der Druck nicht mehr als drückend empfunden wird. Die Kirche reformiert nur so weit, wie sie sich getrieben und gezwungen sieht. Und der Druck besteht derzeit beim persönlichen Intimleben der kirchlichen Mitarbeiter*Innen. Das ist auch die Erkenntnis von katholisch.de
Zwar stehen die Bischöfe unterschiedlich zur geplanten Lockerung, die einen begrüßen sie, andere finden sie problematisch. Aber einen "Flickenteppich" im kirchlichen Arbeitsrecht wollen offenbar die meisten vermeiden. Denn der würde dazu führen, dass etwa ein in zweiter Zivilehe lebender Arzt seinen Klinikjob im "sittenstrengen" Bistum A kündigt und ins "liberale" Bistum B wechselt.

Deshalb erwarten Beobachter, dass sich die Bischöfe bei ihrem Ständigen Rat am 21. und 22. November trotz aller Meinungsunterschiede zum Thema Sexualmoral doch auf eine einheitliche Grundordnung einigen, in der künftig das Liebesleben der kirchlichen Angestellten außen vor bleibt.
Die Bischöfe werden dann also auch nur die minimalen Reformen vorsehen, die von allen Bischöfen mit getragen werden können. Das kennen wir ja auch aus den Verhandlungen im "Dritten Weg". Verbesserungen bei den arbeitsvertraglichen Regelungen werden nur soweit akzeptiert, wie alle Vertreter der Arbeitgeberseite bereit sind, diese mit zu tragen und umzusetzen. Das viel beschworende "Mehrheitsprinzip" bei der Beschlussfassung gibt es erfahrungsgemäß nicht - weil sich alle Vertreter der Arbeitgeberseite regelmäßig zu einer gemeinsamen "Bankabstimmung" abstimmen. Dass da einmal ein Vertreter ausschert, kommt vor - ist aber eine Ausnahme, für die sich die jeweiligen Vertreter dann oft auch noch entschuldigen, nach dem Motto "mein Bischof hat mich leider ausdrücklich beauftragt" ... .

Weitere Meldungen:
Ver.di:
Chance nutzen

Domradio:
Liebesleben soll privat bleiben
Euphorie mit Einschränkungen
Radikale Reform oder kleine Korrektur?

Sonntag, 20. November 2022

Sonntagsnotizen - Gedanken zu Christkönig

Vielleicht verwundert es den einen oder anderen User, dass wir dem "Synodalen Weg" hier so wenig Aufmerksamkeit widmen. Tatsächlich - Auseinandersetzungen über Glaubenswahrheiten oder Sakramente sind theologische Fragen. Uns interessiert im Wesentlichen das Arbeitsrecht, wobei wir auch hinterfragen, ob so manche scheinbar theologisch begründete Anforderung wirklich eine theologische Grundlage hat. Daher werden Sie auch heute in unserem Blogbeitrag keine weiteren Ausführungen zum "Synodalen Weg" und dem Rapport-Besuch der Deutschen Bischöfe in Rom finden.

Stattdessen erlauben wir uns einen "Schlenker" zum heutigen Christkönigsfest.
1935 wurde das Reichssportfest auf den Sonntag nach Pfingsten (dem Dreifaltigkeitssonntag, den sogenannten Bekenntnissonntag) gelegt und den jungen Christen die Möglichkeit genommen, den Bekenntnissonntag zu feiern. Als Alternativtermin wählten sie deshalb das Christkönigsfest Ende Oktober. Dieser Termin hatte einen starken Symbolcharakter: mit ihrem deutlichen Bekenntnis zu Jesus Christus, dem König der Welt, erteilten sie dem Führerkult der Nationalsozialisten eine deutliche Absage.
(Quelle und mehr - klick)

Der Christkönigssonntag ist also gerade in Deutschland eine klare Absage an den Führerkult der Nationalsozialisten und ihre Ideologie, die sich in den Begriffen wie "Volksgemeinschaft", "Betriebsgemeinschaft" und "Dienstgemeinschaft" niederschlug. Stattdessen steht das Bekenntnis zur "Gemeinschaft der Kirche" und dem päpstlichen Lehramt, das sich etwa in den Sozialenzykliken ausdrückte. Umso trauriger ist es, dass sich die katholische Kirche in Deutschland den unselige Begriff der "Dienstgemeinschaft" zu eigen gemacht hat.
Wie das historisch erfolgte und einzuordnen ist, haben wir im Beitrag "Dienstgemeinschaft – Idee und Wirklichkeit" heraus gearbeitet. Und dabei nicht übersehen, dass diese Entscheidung - in Anlehnung an die evangelischen Kirchen - schon damals gegen ausdrückliche päpstliche Mahnungen erfolgte.

Darüber sollte man nachdenken.

Freitag, 18. November 2022

Entwurf der katholischen GRUNDORDNUNG FÜR DEN KIRCHLICHEN DIENST mit gewerkschaftlicher Stellungnahme

Am 21./22. November wird die Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD), deren Mitglieder auch die 27 Ortsbischöfe als alleinige kirchliche Gesetzgeber sind, darüber entscheiden, ob es eine neue Grundordnung geben wird und - falls ja - inwieweit sich diese verändert. Der ver.di-Kirchenfachrats hat eine gewerkschaftliche Stellungnahme zum Entwurf dieser überarbeiteten katholischen Grundordnung erarbeitet.
Auf der Homepage von ver.di ist eine Kurzversion eingestellt. Die ausführliche Bewertung des ver.di-Kirchenfachrats inkl. Erläuterungen steht dort auch als PDF-Download zur Verfügung: https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/kirchliche-betriebe/++co++116ec17a-6685-11ed-a39e-001a4a160100

Siehe auch:
katholisch.de: Gewerkschaft ver.di sieht Grundordnungsreform als verpasste Chance

ERZBISTUM KÖLN: SOLIDARITÄT MIT HILDEGARD DAHM

openPetition hat zu Unterschriften an die Kirchenleitung mit dem Erzbischof eingeladen https://www.openpetition.de/petition/online/erzbistum-koeln-solidaritaet-mit-hildegard-dahm
Begründung:
Es darf keinerlei arbeitsrechtliche Sanktion gegen Frau Dahm geben. Zeuginnen und Wistleblower müssen durch die Öffentlichkeit vor unverhältnismäßigen Massnahmen geschützt werden.
Auch sollte der Erzbischof sein Amt ruhen lassen, wenn es staatsantwaltschaftliche Ermittllungen wegen des Anfangsverdachtes einer falschen eidesstattlichen Versicherung gegen ihn eingeleitet worden sind.

Donnerstag, 17. November 2022

Kirchliche Sonderregelungen abschaffen - Mitarbeitervertreter fordern mehr Mitbestimmung

berichtet katholisch.de unter der Überschrift
BUNDESREGIERUNG SOLLE KIRCHLICHE SONDERREGELUNGEN ABSCHAFFEN
und führt dazu aus:
KASSEL ‐ Weniger Mitbestimmmungsrechte, besondere Loyalitätspflichten, Kündigung bei Kirchenaustritt: Kirchliche Mitarbeitervertreter fordern ein Ende der arbeitsrechtlichen Sonderregelungen für die Kirchen in Deutschland.

Mitarbeitervertreter haben auf einer Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht die Bundesregierung zur Abschaffung der Sonderregelungen für die Kirchen aufgefordert. Frank Bsirske, Bundestagsabgeordneter von Bündnis90/Die Grünen und früherer Bundesvorsitzender der DGB-Gewerkschaft ver.di, kündigte am Dienstag in Kassel vor rund 220 Tagungsteilnehmern an, dass die Bundesregierung im April über eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts beraten wolle. ...
Quelle und mehr: katholisch.de (klick)
ebenso berichtet das Domradio (Köln)

Mittwoch, 16. November 2022

Kircheninfo Nr. 40 erschienen

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

liebe Freundinnen und Freunde des ver.di-Kircheninfos,

wir freuen uns, mit euch gleich zwei Jubiläen feiern zu können: Das Kirchen.info Nr. 40 ist fertig und bereits online bzw. für Besteller*innen auch in Printform auf dem Weg in den Briefkasten. Sein aktueller Titel „Zeit, zusammen zu halten“ hält wieder spannende Informationen und Berichte über gewerkschaftliche und kirchenrechtliche Entwicklungen in konfessionellen Betrieben in dieser krisengeschüttelten Zeit für euch bereit. Hier gelangt ihr direkt zur PDF des Kirchen.infos und einer Auswahl online gestellten Artikeln der neuen Ausgabe: www.kircheninfo.verdi.de

Des Weiteren fand vom 14.-15. November die 20. Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht in Kassel statt. Dieses Mal unter dem Motto: „Das kirchliche Arbeitsrecht abschaffen? – Was sonst? Dort forderten die 220 teilnehmenden Kolleg*innen aus Mitarbeitervertretungen das Ende der kirchlichen Privilegien im Arbeitsrecht. Sie überreichten eine Resolution an die Bundestagsabgeordneten Kaweh Mansoori (SPD) und Frank Bsirske (Bündnis90/Die Grünen), die zu einer Podiumsdiskussion eingeladen worden waren. Die Pressemitteilung und die Resolution der Fachtagung in Kassel findet ihr als PDF online hier: Kirchliche Privilegien beseitigen! – ver.di (verdi.de)

Im Namen der Redaktion Kirchen.info wünsche ich euch eine interessante Lektüre. Für Fragen oder Hinweise stehe ich euch gern zur Verfügung.

Solidarische Grüße

Mario Gembus
Gewerkschaftssekretär

ver.di Bundesverwaltung
Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft
Kirchen, Diakonie und Caritas
Paula-Thiede-Ufer 10
10179 Berlin

Telefon: 030 6956 -1049
Fax: 030 6956 -3420
Mail: mario.gembus@verdi.de
aus dem Inhalt z.B. "Engagement in kirchlichen Betrieben: Tarifrunde öffentlicher Dienst - Engagement auch aus kirchlichen Betrieben gefragt"
Sozial- und Erziehungsdienst - KiTA Beschäftigte streiken mit
Betriebsseelsorger*innen unterstützen Streik für Entlastung - »Wir stehen solidarisch an ihrer Seite«
Katholische "Grundordnung des kirchlichen Dienstes" - Eine verpasste Chance?

Dienstag, 15. November 2022

Erzbistum Köln verbietet Solidaritätsbekundungen in E-Mail-Signatur

berichtete gestern katholisch.de
Das Erzbistum Köln hat Mitarbeitenden per Dienstanweisung untersagt, Solidaritätsbekundungen in die dienstliche E-Mail-Signatur zu übernehmen. Wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" am Dienstag berichtete, hatten zuvor Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Erzbistums eine rote Linie und den Hashtag "#SolidaritätMitFrauDahm" in ihre Signatur aufgenommen. Damit wollten sie demnach Unterstützung für Hildegard Dahm bekunden, der das Erzbistum nach einem Interview arbeitsrechtliche Konsequenzen gedroht hatte. "Mit dieser Signatur möchte ich zeigen, dass für mich eine rote Linie im Erzbistum Köln überschritten wurde", heißt es in einem Vorschlag für einen Standard-Begleittext.
Auf Anfrage von katholisch.de am Dienstag verwies das Erzbistum auf die Dienst- und Geschäftsordnung des Generalvikariats. "Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 DGO müssen intern und extern verwendete E-Mail-Signaturen einem vorgegebenen Muster folgen und allein die Identität und Kontaktdaten des Absenders beinhalten." ...
Es kann durchaus möglich sein, dass das Erzbistum solche Signaturen verbieten kann. Wir möchten daher auf erprobte Solidaritätsbekundungen aus der gewerkschaftlichen Praxis verweisen.
So wäre es z.B. möglich, die "rote Linie" solidarisch durch ein entsprechendes Kleidungsstück zu symbolisieren. Ein roter Schal, ein rotes Hemd, roter Pullover - viele solche Kleidungsstücke finden sich in den Garderoben von vielen Mitarbeitenden. Und niemand kann den Mitarbeitenden verbieten, in entsprechender Kleidung zum Dienst zu erscheinen.
Meint jedenfalls
Erich Sczepanski

Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke warnt vor hohen Erwartungen an den am Montag begonnenen Vatikanbesuch der deutschen Bischöfe.

Das berichtete heute das Domradio unter der Überschrift "Auf dem Hinweg mutiger als auf dem Rückweg" - mit einer bemerkenswerten Aussage zum kirchlichen Arbeitsrecht
Zudem hätten sie bislang nicht umgesetzt, was sie aus ihrer eigenen Amtsgewalt heraus könnten, etwa eine Öffnung des kirchlichen Arbeitsrechts. Er sehe "keinen deutschen Bischof, der wirklich den Namen Reformbischof verdiente", erklärte Lüdecke.
dem ist nichts hinzuzufügen.

Anmerkung:
Der sogenannte "Ad-limina-Besuch" ist die kirchenrechtlich vorgeschriebene Verpflichtung der Bischöfe, in mehrjährigen Abständen den vatikanischen Ministerien (Dikasterien) und dem Papst persönlich Bericht zu erstatten.

Samstag, 12. November 2022

MAV des Erzbischöflichen Generalvikariats Köln fordert Hinweisgebersystem, wie es die EU in ihrer Richtlinie 2019/1937 („Whistleblower-Richtlinie") vorgibt

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit Befremden haben wir die Stellungnahme des Erzbistums bzw. die persönliche Einlassung seines Sprechers vom 09.11.2022 (pek221109-jkl) zur Kenntnis genommen.

Darin werden neben der Bestätigung des Sachverhaltes, dass aufgrund von Hinweisen einer ehemaligen Mitarbeiterin im Haus die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eines Anfangsverdachts gegen unseren Erzbischof aufgenommen hat, Vorwürfe und Unterstellungen gegenüber dieser Kollegin erhoben, die schließlich in der Ankündigung gipfeln, arbeitsrechtliche Konsequenzen zu prüfen, die sich letztlich auch an uns alle richtet. Die öffentliche Ankündigung solcher Maßnahmen empfinden viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als einschüchternd und bedrängend.

Die MAV-EGV tritt entschieden für das Recht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, Missstände bzw. Missbräuche offen und frei zu benennen, zumal wenn dies nicht in geeigneter Form intern möglich ist. Die vorliegende Stellungnahme führt bei vielen Mitarbeitenden zu Angst, Unsicherheit und Empörung, sodass in der Folge kein angstfreier Umgang und keine offene Kommunikation möglich erscheint.

Sie beweist vielmehr die Dringlichkeit der Einführung eines Hinweisgebersystems, wie es die EU in ihrer Richtlinie 2019/1937 („Whistleblower-Richtlinie") fordert. Dazu ist die Kirche nicht nur verpflichtet, sie wäre auch gut beraten, hier zügig voranzugehen – im Dienste eines vertrauensvollen und freien Umgangs miteinander und in der Hoffnung, verlorengegangene Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen.

Ihre MAV EGV
Quelle: Facebook vom 11.11.2022

Anmerkung:

Donnerstag, 10. November 2022

Tarifregelungen in der Pflege: ver.di kritisiert geschichtsvergessene Wortwahl des Dienstgeberverbandes der Caritas

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisiert den Dienstgeberverband der Caritas, der in einer Pressemitteilung von einer „Gleichschaltung der Tariflandschaft anhand einer Allgemeinverbindlicherklärung“ gesprochen hatte, auf das Schärfste. „Der Begriff der Gleichschaltung wurde in der Zeit des Nationalsozialismus geprägt und bezeichnet die erzwungene Vereinheitlichung des gesamten politischen Lebens. Ihn in Zusammenhang mit Tarifregelungen in der Pflege zu verwenden, ist völlig inakzeptabel, und wir erwarten eine öffentliche Erklärung der Caritas dazu“, sagte Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. Angesichts des heutigen Gedenktages an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 mache es sprachlos, dass sich die Dienstgeber der Caritas eins rhetorischen Mittels bedienten, das von offensichtlicher Geschichtsvergessenheit zeuge.

Der jahrelange Prozess hin zu einer tariflichen Lösung für die stationäre und ambulante Pflege habe durch die Arbeitgebervertreter der Caritas einen herben Rückschlag erlitten, so Bühler weiter. Dass davon abgelenkt werden solle, sei nachvollziehbar, rechtfertige aber nicht die Verwendung inakzeptabler Begriffe. „Die weiterhin ablehnende Haltung der Caritas zu einer Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrages in der Pflege ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten.“ Das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz sei dazu keine Alternative, und es schaffe auch keine Tarifbindung. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag würde hingegen Untergrenzen definieren und den Tarifvertragsparteien darüber hinaus ausreichend Spielraum für weitere Regelungen lassen.

Weitere Informationen und Link zum Offenen Brief an die Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas:

https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/mein-arbeitsplatz/altenpflege/++co++897d6c2a-602c-11ed-936e-001a4a160100 

Quelle: Ver.di-Pressemitteilung vom 9.11.2022


(Zur Erinnerung: praktisch alle namhaften katholischen Sozialethiker hatten sich in einer "Sozialethischen Stellungnahme zur Weigerung der Caritas, einem einheitlichen Tarifvertrag Altenpflege zuzustimmen" im März 2021 positioniert: 

Sozialethische Stellungnahme zur Weigerung der Caritas...)



Mittwoch, 9. November 2022

Kirchliche Zusatzversorgungskassen gut aufgestellt

bestätigte Berlins Finanzdirektor anlässlich einer Festveranstaltung zum 25-jährigen Jubiläum kommunaler Zusatzversorgungskassen des ÖD (wo mit einem tarifvertraglich geregelten und an Kapitaldeckung orientierten Punktemodell die Berechnung des Umlagesatzes auf 100 Jahre Deckungsabschnitt kalkuliert wird.)in Ostdeutschland. An der Tagung nahm unter anderem auch Ulrich Mitzlaff AKA und KZVK Köln, teil:
Bernd Jünemann, Finanzdirektor des Erzbistums Berlin, sieht die kirchlichen Kassen von ihrer Struktur mit weitgehender Kapitaldeckung gut für die Zukunft aufgestellt.
Quelle: Pressebericht „Never change a running System“

dbb-Tarifvorstand Geyer (Kein gutes Modell für die Zukunft sei jedoch die reine Beitragszusage) und Verdi-Tarifexperte Norbert Flach erteilten Wünschen nach einer Beschränkung der Zusage auf Betriebesrente eine klare Absage:
„Eine Garantie ist immer nötig“. Die Bayerische ZVK sei mit ihrem Hybridmodell *) sehr erfolgreich. Da brauche es kein „pay and forget“ und auch keine „Kapitalanlage rein in Aktien“, so Flach mit Blick auf den geplanten Aktien-Kapitalstock in der GRV.
.

*)
Das "Hybridmodell" der bayerischen ZVK zeichnet sich insbesondere durch eine Mischfinanzierung aus - Kapitaldeckung und Umlage ergänzen sich so, dass die ZVK nicht von den Erschütterungen und Zufälligkeiten der Finanzmärkte abhängig ist. Wie sich die Orientierung auf die Kapitaldeckung auswirkt, haben wir unter dem Stichwort "Caritas Pensionskasse" im Blog dokumentiert.

Dass gelegentlich auftretende Problemchen einzelner Kassen gemeinsam partnerschaftlich gelöst werden können, haben ver.di und kommunale Arbeitgeber im Übrigen anlässlich der letzten Verwaltungsratssitzung am 20. Oktober in Neustadt an der Weinstraße gezeigt.

Dienstag, 1. November 2022

Drei Jahre VDD Verbandsrat

Nach der Reform des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) zum 1. November 2019 ist der neu geschaffene Verbandsrat ein auf Partizipation ausgerichtetes, zentrales Beratungs- und Entscheidungsorgan installiert, das mindestens drei Mal im Jahr tagen soll.
...
Nach seiner Konstituierung im Frühjahr 2020 wird sich der Verbandsrat mit grundsätzlichen Fragen und Herausforderungen der katholischen Kirche in Deutschland befassen müssen.
Hierzu zählen unter anderem
...
  • Klärung, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Kirche in Deutschland die grundgesetzlich zugestandenen Autonomiebereiche eigenständig ausfüllen kann und will (etwa im Bereich des Arbeits- und Datenschutzrechts).
Es ist schon erstaunlich - nach Jahren bzw. nach Jahrzehnten der kirchlichen Rechtsetzung setzt sich der VDD nun erst einmal mit den Fragen auseinander, inwieweit kirchliche Autonomiebereiche etwa im Bereich des Arbeits- und Datenschutzrechts bestehen, und ob es überhaupt kirchliches Interesse ist, diese Autonomiebereich auch auszuschöpfen (wann war jetzt gleich wieder die Freiburger Rede zur "Entweltlichung"?)
Die Zusammensetzung des Verbandsrates vom 1. November 2019 bis zum 31. Oktober 2022 ist von der Vollversammlung des VDD beschlossen worden.
...
  • Bischof Dr. Georg Bätzing (Limburg), Vorsitzender der Vollversammlung seit 3. März 2020
  • Kardinal Reinhard Marx (München und Freising)
  • Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln)
  • Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg)
  • Bischof Dr. Franz Jung (Würzburg), Vorsitzender des Verbandsrates (seit 25. Juni 2020)
  •  Bischof Dr. Felix Genn (Münster)
  •  Bischof Dr. Ulrich Neymeyr (Erfurt)
  •  Generalvikar Dr. Roland Batz (Regensburg)
  •  Generalvikar Alfons Hardt (Paderborn)
  •  Generalvikar P. Manfred Kollig SSCC (Berlin)
  •  Generalvikar Klaus Pfeffer (Essen)
  •  Generalvikar Dr. Clemens Stroppel (Rottenburg-Stuttgart)
  •  Generalvikar Andreas Sturm (Speyer)
  •  Finanzdirektorin Kirsten Straus (Trier)
  •  Finanzdirektor Dr. Josef Sonnleitner (Passau)
  •  Finanzdirektor Gerhard Stanke (Fulda)
  •  Prof. Dr. Thomas Sternberg (Zentralkomitee der deutschen Katholiken)
  •  Hildegard Müller (stellvertretende Vorsitzende des Verbandsrates seit 25. Juni 2020, Zentralkomitee der deutschen Katholiken) (beratend)
  •  Dr. Beate Gilles (Geschäftsführerin des VDD) (beratend)
  •  Dr. Matthias Meyer (stellv. Geschäftsführer des VDD und Leiter der Geschäftsstelle)
Quellen: Deutsche Bischofskonferenz

Erst einmal: Klasse - da entscheiden die Generalvikare und Bischöfe (also die Arbeitgeber) darüber, ob es weiterhin in "kirchlichem" Interesse liegt, gewerkschaftliche Betätigungen in den eigenen Einrichtungen zu blockieren.
Toll - sowas wünscht sich jeder Arbeitgeber.

Nach nunmehr drei Jahren sollte der Verbandsrat zumindest eine Klärung erreicht haben, inwieweit dem "zugestandenen Autonomiebereich" Grenzen gesetzt sind, und wo kirchliche Regelungen diese Schranken überschreiten. Es ist nicht "Fünf nach zwölf" - es ist schon deutlich später. Und anscheinend wurde der Weckruf von den Beteiligten über lange Jahre hin nicht gehört.

Montag, 31. Oktober 2022

Oswald von Nell-Breuning weiterdenken: zum kirchlichen Arbeitsrecht

Im Anschluß an eine Fachtagung in der Hochschule Sankt Georgen aus Anlass des 30. Todestages von Oswald von Nell-Breuning hat sich ein Themenband "Oswald von Nell-Breuning weiterdenken. Solidarische Perspektiven für das 21. Jahrhundert" mit Anregungen aus seinem Denken befasst.

Das Buch ist im Buchhandel erhältlich und auch im Internet als OpenAccess zugänglich: https://doi.org/10.5771/9783748932420

Zwei Beiträge befassen sich auf dem Hintergrund von Nell-Breunings sehr kritische Position zum kirchlichen Arbeitsrecht aus sehr unterschiedlichen Positionen mit dem kirchlichen Arbeitsrecht und dem "Dritten Weg"

  • Thomas Schüller: Nell-Breunings bleibende Impulse für eine grundlegende Überarbeitung des kirchlichen Arbeitsrechts
  • Stefan Greiner: Kirchliches Arbeitsrecht: Anfragen an den "Dritten Weg"

Die beiden Beiträge beschreiben gut das Spektrum, das man aktuell wahrnehmen kann, von der Erinnerung an die sehr grundlegende Kritik Nell-Breunings am kirchlichen Sonderarbeitsrecht und seine Aktualität (Thomas Schüller) bis zu den aktuellen Versuchen, das kirchliche Sonderarbeitsrecht zu retten (Stefan Greiner). 


Mittwoch, 26. Oktober 2022

Ländermonitor KiTA-System vor dem Kollaps

Was wir schon lange befürchten, hat nun die Bertelsmann Stiftung in ihrem Ländermonitoring Frühkindliche Bildung bestätigt. Das Kita-System steht vor dem Kollaps.
❌ In Zahlen bedeutet das:
Voraussichtlich bis zu 383.600 fehlende Kita-Plätze 2023 bundesweit; 362.400 im Westen und 21.200 im Osten. Planungssicherheit für Eltern und Entlastung für Erzieher*innen sieht anders aus.
Die Folgen: Permanente Überarbeitung der Beschäftigten, viel Frustration auf allen Seiten und Kinder, die nur schwer fachmännisch in Bildung und Entwicklung begleitet werden können.

➡️➡️ Was es jetzt braucht? Unsere stellvertretende Vorsitzende Christine Behle bringt es auf den Punkt: „Dringend notwendig sind der Ausbau des sozialpädagogischen Ausbildungssystems, eine Erhöhung der Attraktivität der Ausbildung bei gleichbleibendem Niveau des Abschlusses und die Verbesserung der Rahmenbedingungen, insbesondere durch eine bessere Personalausstattung.“
Alle Infos dazu findet ihr hier: https://kurzelinks.de/gvw9



Bitte beachtet in dem Zusammenhang auch unsere "Unterseite" Sozial- und Erziehungsdienste, Behindertenhilfe und Kitas - Kindertagesstätten im Blog. Dort bringen wir immer wieder vertiefende und ergänzende Beiträge.

Montag, 24. Oktober 2022

§ BAG-Urteil: Fortbestand der Schwerbehindertenvertretung, wenn die Anzahl der schwerbehinderten Beschäftigten unter fünf Personen absinkt

Gerade bei kirchlichen Einrichtungen passiert es öfter, dass die Anzahl der schwerbehinderten Beschäftigten während einer Wahlperiode auf weniger als fünf Personen sinkt. Das Bundesarbeitsgericht hat nun zum Fortbestand der einmal gewählten Schwerbehindertenvertretung entschieden:
Die Schwerbehindertenvertretung ist die Interessenvertretung der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten. Sie wird nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX* ua. in Betrieben mit wenigstens fünf – nicht nur vorübergehend beschäftigten – schwerbehinderten Menschen für eine Amtszeit von regelmäßig vier Jahren gewählt. Sinkt die Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter im Betrieb unter den Schwellenwert von fünf, ist das Amt der Schwerbehindertenvertretung nicht vorzeitig beendet.
Quelle und mehr: BAG Pressemitteilung 41/22 vom 19.10.2022 zum Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 19. Oktober 2022 – 7 ABR 27/21 –

* Hinweis:
Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist im Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) geregelt. Es handelt sich um ein "für alle geltendes Gesetz", das somit auch für kirchliche Einrichtungen anzuwenden ist. § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX lautet:
„In Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, werden eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt, das die Vertrauensperson im Falle der Verhinderung vertritt.“

Freitag, 21. Oktober 2022

Parteitag der Grünen: Keine Ausnahmen im kirchlichen Arbeitsrecht!

Manchmal bringen wir Beiträge zu einer konkreten Uhrzeit, um symbolisch etwas auszudrücken. Wenn wir uns jetzt zu einer fast mitternächtlichen Stunde melden, dann zeigt das, dass der Abend schon längst angebrochen ist. Die Kirchen haben "nur noch wenige Minuten", ihre Position zu überdenken, und endlich selbst aktiv zu werden.
„Wir Grüne fordern für die Beschäftigten der Kirchen und kirchlicher Einrichtungen Gleichbehandlung im Arbeitsrecht mit allen anderen Arbeitnehmer*innen. Das individuelle und das kollektive kirchliche Arbeitsrecht müssen dringend und umfassend reformiert werden. Anstelle innerkirchlicher Regelungen muss der Staat seiner Verantwortung als Gesetzgeber gerecht werden.“

Das haben wir auf dem Parteitag am letzten Wochenende beschlossen. Ich bin stolz darauf, Teil einer Partei zu sein, die sich für die Rechte aller Arbeitnehmer*innen, unabhängig vom Arbeitgeber, einsetzt!
Quelle: Facebook-Eintrag von Frank Bsirske

Medienmeldungen dazu:
Domradio: Kölner Caritas für Reformen im kirchlichen Arbeitsrecht - Ein guter Wink der Grünen?
Kirche und Leben: Grüne: Missbrauch in Seelsorge regeln und Kirchen-Arbeitsrecht streichen


Es kann natürlich sein, dass ganz andere Faktoren selbst in den kleinsten Bistümern das "Ende des Dritten Weges" (und damit der "teuersten Kopieranstalt Deutschlands") beschleunigen.

Dienstag, 11. Oktober 2022

Vor 60 Jahren: Zweites Vatikanisches Konzil

Am 11. Oktober 1962 begann mit dem „feierlichen Einzug von über 2.000 Konzilsvätern in den Petersdom“ das Zweite Vatikanische Konzil. Unter dem Stichwort „aggiornamento“, „Verheutigung“, sollte die katholische Kirche dazu übergehen, die christliche Wahrzeit zeitgemäß zu verkünden.
Zu den Konzilsdokumenten gehört etwa die Konstitution "Gaudium et spes", die in Rd.Nr. 68 feststellt:
...
Eines der grundlegenden Rechte der menschlichen Person ist das Recht der im Arbeitsverhältnis stehenden Menschen, in voller Freiheit Organisationen zu gründen, die sie echt vertreten und imstande sind, zur rechten Gestaltung des Wirtschaftslebens einen wirksamen Beitrag zu leisten, wie auch in diesen Organisationen sich frei zu betätigen, ohne Gefahr zu laufen, deswegen irgendwelchen Nachteilen ausgesetzt zu sein. Durch eine solche geordnete Beteiligung, verbunden mit steigendem wirtschaftlichem und sozialem Bildungsstand, werden bei allen das Verständnis der eigenen Aufgabe und das Verantwortungsbewußtsein ständig zunehmen; das wird weiter dazu führen, alle - gemäß den Anlagen und Fähigkeiten eines jeden - ihrer Verbundenheit im gemeinsamen Bemühen um das allumfassende Werk des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und um die allseitige Verwirklichung des Gemeinwohls inne werden zu lassen.
Wo der Gegensatz wirtschaftlicher oder sozialer Interessen zu kämpferischen Auseinandersetzungen zu führen droht, müssen alle Bemühungen dahin zielen, eine friedliche Lösung zu finden. An erster Stelle muß immer die ehrliche Aussprache der Beteiligten stehen. Nichtsdestoweniger wird auch unter den heutigen Verhältnissen der Streik, wenn auch nur als letzter Behelf, unentbehrlich bleiben, um Rechte der Arbeiter zu verteidigen oder berechtigte Forderungen durchzusetzen. So schnell als möglich muß dann aber versucht werden, den Weg zur Wiederaufnahme von Verhandlungen und gemeinsamen Überlegungen über eine Verständigung zu finden.
...
Die Aufbruchstimmung übertrug sich - auch auf die deutsche katholische Kirche. Mit der Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, so der offizielle Titel der Würzburger Synode, wurde von 1971 bis 1975 in Würzburg der Schwung aus Rom aufgenommen. Einer der wesentlichen Beschlüsse - unter dem Titel "Kirche und Arbeiterschaft" - wird von uns immer wieder zitiert:
Die Förderung der Lebenslage der Arbeiter ist ohne Gewerkschaften nicht möglich. Angesichts der Stellung der Gewerkschaften ... wäre ein regelmäßiger Kontakt auf den verschiedenen Ebenen der Kirche, von Organisationen und Gremien zu den Gewerkschaften erwünscht.
...
Es müßte selbstverständlich sein, daß der katholische Arbeiter sich gewerkschaftlich organisiert. Seine Mitarbeit ist einmal Ausdruck einer solidarischen Verbundenheit im gemeinsamen Einsatz für Menschlichkeit in den Arbeits- und Lebensbedingungen, zum anderen ist sie ein Dienst im Sinne des Weltauftrags der Kirche.
(Text zitiert aus der Veröffentlichung der DBK, S. 345 - heute würde man Arbeitnehmer statt Arbeiter sagen).

Montag, 10. Oktober 2022

Ökumenischer Betriebsräte-Empfang 2022 am 18. Oktober 2022 in Frankfurt

Das Haus am Dom in Frankfurt/Main lädt am 18. Oktober zum Ökumenischen Betriebsräte-Empfang. 

Wir weisen gerne auf die Veranstaltung hin; das Haus am Dom steht für attraktive Veranstaltungen!

( So schön diese Veranstaltung auch sein wird - schön und gut wäre es auch, wenn das Bewußtsein der "Einen Welt" sich auch bei den Kirchen in Form der Akzeptanz von Arbeitnehmervertretungen, die sich an den gesetzlichen Regelungen, die für alle anderen auch gelten, orientieren, insbesondere dem Betriebsverfassungsgesetz! Statt mit den Systemunterschieden  -zwischen BetrVG, den Personalvertretungesgesetzen und den unzähligen regionalen Mitarbeitervertretungsgesetzen und Mitarbeitervertretungsordnungen - könnten man sich dann mit allen gemeinsamen Herausforderungen befassen...)


Ökumenischer Betriebsräte-Empfang 2022

MEHR DEMOKRATIE WAGEN!
ERWEITERTE MITBESTIMMUNG GESTALTEN!

Di 18. Oktober 2022, 18:00-21:00 Uhr

In diesem Jahr laden die beiden Stadtdekane, Dr. Achim Knecht und Dr. Johannes zu Eltz, ins Haus am Dom zum Ökumenischen Empfang für Betriebs-, Personalräte und Jugendvertretungen ein.

Thematisch wird in diesem Jahr die Krisenbewältigung und sozialökologische Transformation aus Sicht der abhängig Beschäftigten im Mittelpunkt stehen: Mehr Demokratie wagen! Erweiterte Mitbestimmung gestalten! Christiane Benner, Gewerkschafterin und zweite Vorsitzende der Industriegewerkschaft IG Metall wird dazu sprechen.

Dr. Gunter Volz von der Pfarrstelle für Gesellschaftliche Verantwortungbeim evangelischen Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach und Dr. Thomas Wagner, Studienleiter „Arbeit und Soziales in der Einen Welt“ in der Katholischen Akademie, moderieren.

Weiter Informationen:

https://hausamdom-frankfurt.de/beitrag/181022-18-21-uhr-mehr-demokratie-wagen/